Impulse für die Nachfolge
Wer gedacht hat, dass das Thema „Nachfolge“ nur eine kleine Gruppe direkt Betroffener interessiert, durfte sich auf den Baubetriebstagen 2015 an der Hochschule Osnabrück eines Besseren belehren lassen. Mit regem Publikumszuspruch und einer perfekte Dramaturgie ging die Veranstaltung am 6. und 7. Februar über die Hörsaal-Bühne. Am Ende des zweiten Tages wirkte selbst der so beredte Moderator Prof. Dr. Martin Thieme-Hack ergriffen und sparte sich seine sonst übliche Zusammenfassung.
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Berührt hatten ihn und die knapp 200 Zuhörer besonders die Geschichten der Senior-Unternehmer und Nachfolger, die in großer Offenheit ihre Erlebnisse im eigenen Betrieb erzählt hatten. Der Auftritt der Unternehmer und der heutigen Abteilungsleiterin Hannelotte Hecker bildeten den Höhepunkt der gut geplanten Spannungskurve mit theoretischen Betrachtungen aus Wissenschaft Und Lehre am ersten Tag sowie den Protagonisten der Nachfolge am zweiten.
Viele Unternehmer suchten ja keinen Nachfolger, sondern einen Denkmalpfleger, meinte Prof. Dr. Birgit Felden süffisant. Die meisten Nachfolgen scheiterten daran, dass im Vorfeld nicht über die Zielvorstellungen gesprochen worden ist. Das von Feldens Institut EMF entwickelte Nachfolgewicki und der Nachfolg-o-mat (siehe dega 2602) helfen Beteiligten, Nachfolge und Betriebsübernahme zu planen.
Prof. Dr. Arist von Schlipp meinte, dass man sich in Familienunternehmen viele Konflikte erspart, wenn man davon ausgeht, dass das Missverständnis der Regelfall und nicht die Ausnahme ist. Oft gebe es parallel eine Logik des Unternehmens und eine der Familie – manchmal sogar noch eine Eigentümer-Logik. Im Familienunternehmen sei es gar nicht so einfach, familiären und professionellen Kontext zu trennen.
Dass es dabei oft einfach nur um die Anerkennung der Leistung des anderen geht, helfe, sich vieler Probleme bewusst zu werden, meinte Thomas Salz von der Sparkasse Osnabrück. Und Prof. Dr. Heiko Meinen von der Hochschule Osnabrück erklärte in seinem bereits in DEGA (dega2605) veröffentlichten Vortrag die Bedeutung der Wandlungsbereitschaft und -fähigkeit für die Veränderungsprozesse (Change-Management) im Zuge der Nachfolge.
Prof. Heiko Hellwege riet den Zuhörern, einen Notfallkoffer für die Nachfolge zu packen, denn kaum jemand würde an den „Sudden death“, den plötzlichen Ausfall des Unternehmers, denken. In den Koffer gehörten zum Beispiel alle wichtigen Versicherungsunterlagen, eine Liste mit Passwörtern, eine Vorsorgevollmacht (getrennt nach geschäftlicher und gesundheitlicher) sowie der Namen eines Geschäftsführers für den Fall des Falles. Auch gelte es früh, das Erbe so zu regeln, dass die Firma entscheidungsfähig und liquide bleibe.
Manfred Junicke, der trotz eines Schicksalsschlags im Nachfolgeprozess (siehe dega2603) seine Übergabe an Tochter Anja Junicke als gelungen bezeichnen darf, gab den anwesenden Senioren in spe einige Ratschläge mit auf den Weg. Für ihn sei die Übergabe generell die Krönung einer unternehmerischen Laufbahn. „Feiern Sie das!“, meinte der Braunschweiger. Dazu riet er den Unternehmern:
sich rechtzeitig nach einer Aufgabe umzusehen, die einen auch nach der Unternehmertätigkeit ausfüllt,
sich auch im Unternehmen eine Aufgabe zu suchen, die nicht tagesaktuell ist,
die Arbeitszeit schrittweise zu reduzieren,
notfalls am Anfang eine lange Reise zu machen, wenn das Loslassen schwerfällt,
sich Veränderungen nicht zu verweigern und am Ball zu bleiben,
den Nachfolger auch mal zu loben,
ihm/ihr nicht bei externen Entscheidungen in den Rücken zu fallen, sondern
den oder die Nachfolger/-in zu unterstützen, ohne ihm/ihr ins Handwerk zu pfuschen.
Auch der Bauunternehmer Helmut Echterhoff aus Osnabrück (Adoptivvater auf Sohn), der ehemalige BGL-Präsident Hanns-Jürgen Redeker (sukzessive Übergabe an leitenden Mitarbeiter) und der Everswinkeler Unternehmer Reinhard Schulze-Tertilt (Vater auf Sohn) konnten von erfolgreichen Übergaben berichten.
Bei den Vertretern der Nachfolgegeneration sorgte gleich zu Beginn eine Frau für besondere Atmosphäre. Die Unternehmenserbin Hannelotte Hecker erzählte, wie sie die vom Vater übernommene Baufirma in die Insolvenz begleiten musste. „Ich möchte Ihnen auch Mut machen, nein zu sagen, wenn Sie nicht voll und ganz dahinter stehen“, sagte sie an potenzielle Nachfolger gerichtet. Die 40-Jährige ist heute Personalleiterin in der Baufirma, die die wichtigste Abteilung der väterlichen Firma gekauft hat. Ihr mutiger Auftritt prägte auch die Stimmung im Saal für die folgenden Referenten. Zwar hatten die alle eine mehr oder weniger erfolgreiche Übernahme hinter sich, verheimlichten aber auch nicht die Schwierigkeiten – oft menschlicher Art –, die mit der Nachfolge einhergingen. So stellte Benjamin Küsters die Probleme einer Übergabe innerhalb der Familie am Beispiel des väterlichen Unternehmens in Neuss dar (siehe dega2604). „Man muss Interesse sowohl am Unternehmen haben als auch an dem, der übergibt“, ist der Rheinländer überzeugt. Wer Lust auf so eine Aufgabe habe, werde kaum Probleme haben, sich ihr erfolgreich zu stellen.
Für Markus Theß (Sieg + Partner, Wermelskirchen) kamen die schwierigen Momente erst nach der Übernahme; einerseits der Wechsel von der Position des Kollegen in die des Chefs und anderseits bei der Übernahme von Kunden- und Lieferantenbeziehungen. Da beides an persönlichen Beziehungen des Seniors hängt, lässt es sich nur bedingt mit der Firma übertragen.
Und für Mark Hofschrör, der das väterliche Bauunternehmen gleichberechtigt mit seinem Bruder übernahm, verlief die Übernahme auch deshalb so gut, weil der Vater die beste Option wählte: Er ist eine „positive Identifikationsfigur für die Firma“ geblieben, ohne sich weiter einzumischen. Hofschrör rät Nachfolgern, die guten Werte und Ablaufprozesse beizubehalten, sich kreativ und offen für neue Geschäftsfelder zu zeigen sowie gute Mitarbeiter zu führen und führen zu lassen.
Einer der Höhepunkte war wie in den Jahren zuvor der „Baubetriebstreff“ in der Hausbrauerei Rampendahl. Die Veranstaltung ist seit Beginn der Baubetriebstage eine zentrale Informationsplattform und ermöglicht es, viele Erkenntnisse des ersten Tages durch persönliche Gespräche noch einmal zu vertiefen.
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