Auf das Wesentliche konzentrieren
Ich war unlängst in einem kleinen Unternehmen zu Gast, in dem der Inhaber vor zwei Jahren beschlossen hatte, in die Selbstständigkeit zu starten und alles anders zu machen. Zwanzig Jahre hatte er als Angestellter in unterschiedlichen Unternehmen gearbeitet und dort gelernt, was er garantiert nicht mehr machen wollte. Alltag kann nicht immer Spaß machen. Es gibt immer Hoch- und Tiefpunkte. Wichtig ist, dass man das Gefühl hat, grundsätzlich das Richtige zu tun und dieses Gefühl durch positive Erlebnisse immer wieder bestätigt wird.
„Alles anders“ heißt in seinen Augen, sich Zeit zu nehmen, die Dinge mit Leidenschaft zu tun, mit Menschen zu arbeiten, auf die man vertrauen kann und mit denen man sich wohlfühlt, sich dabei auf das Wichtigste zu konzentrieren und Menschen für die eigenen Ideen zu begeistern. Das klingt erst mal nach einem sehr einfachen Konzept, aber wir wissen alle aus unserem Alltag, dass es gar nicht so einfach ist, es zu leben. Allein die Tatsache, dass dieses Konzept als „anders“ wahrgenommen wird, belegt, wie schwierig das scheinbar Einfache ist.
Auch die gesamte gesellschaftliche Stimmung beweist, wie schwer es ist. Die Republik scheint in die Selbstfindungsphase geraten zu sein, voller Selbstzweifel und Unzufriedenheit. In Wahrheit tun wir uns schwer, eine neue Rolle zu finden. Das, was über Jahrzehnte funktioniert hat, funktioniert so selbstverständlich nicht mehr, die Konkurrenz ist größer geworden und die Bereitschaft, sich mit neuen Techniken auseinanderzusetzen, geringer. Das macht viele Menschen mutlos, manche auch wütend. Da ist der Unternehmer, der anders sein will, schon deshalb erfrischend anders, weil er für sich das Rezept für Zufriedenheit gefunden hat.
Er hat Erfolg damit, bei Menschen Vertrauen zu schaffen und wird dafür nicht nur mit guter Bezahlung, guten Kundenbeziehungen und engagierten Mitarbeitenden belohnt – er bekommt damit auch die Freiheit, seine Ideen umsetzen zu dürfen. Und weil ihm seine handwerkliche Tätigkeit wichtig ist, er eine Affinität zu Pflanzen und Natursteinen hat, sind das seine Zutaten, um gestalterisch zu arbeiten. Denn am Ende sind viele Kunden ja relativ undefiniert – sie wollen verstanden werden und ihr Geld für etwas ausgeben, mit dem sie sich wohlfühlen und auf das sie stolz sein können. Vertrauen ist dafür die ausschlaggebende Geschäftsgrundlage.
Prof. Dr. Heiko Meinen von der Hochschule Osnabrück erzählte unlängst in einem Social-Media-Post von einer Exkursion mit Studierenden in das bettelarme Malawi. Er war beeindruckt, wie die Menschen dort mit einfachsten Mitteln auskommen und dabei eine große Zufriedenheit ausstrahlen. Da ist es geradezu beschämend, uns in unserer permanenten Unzufriedenheit zu beobachten. Ich glaube, es wird Zeit, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren und das halbleere Glas halbvoll zu machen. Und statt immer Schuldige für irgendwas zu suchen, sollten wir das Schicksal lieber selber wieder mehr in die Hand nehmen.
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