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Neue Besen kehren (nur scheinbar) gut

Feingefühl in der Führung ist gefragter, denn je, meint Tjards Wendebourg in Bezug auf das Auswechseln von Menschen in Spitzenpositionen. Das Problem liegt oft ganz woanders.
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Tjards Wendebourg
Tjards WendebourgBarbara Sommer
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Personalrochaden sind immer auch ein Zeichen, dass irgendetwas nicht rund läuft. Denn Menschen neigen dazu, lieber das Personal zu wechseln, als sich mit vorhandenen Problemen zu beschäftigen. Das macht der FC Bayern ebenso wie Putins Russland, die Linkspartei oder die meisten Konzerne. Die Unvergleichbarkeit der Glieder dieser Reihe zeigt nur, wie weit diese menschliche Angewohnheit verbreitet ist. Obwohl sie in der Regel wahnsinnig teuer ist, obsiegt ganz oft die Hoffnung, dass mit neuen Leuten alles besser wird. Führung hat eben auch viel mit Psychologie zu tun.

Wenn aber der Wechsel in Führungspositionen zuletzt gefühlt zugenommen hat, liegt das nicht nur an dem Glauben, dass neue Besen besonders gut kehren. Es sind ganz unterschiedliche Gründe, die die Wechsel motivieren. Und doch sind sie Zeichen der Zeit und untrügliches Zeichen von Unruhe.

Jüngstes Beispiel ist die Abberufung von Oliver Range, dem Vorstand der Gärtner von Eden. Nach gut zweieinhalb Jahren ist Schluss für den Ko-Chef der Genossenschaft. Range hatte für ziemlich viel Tempo gesorgt, zahlreiche Projekte angestoßen – und die Mitglieder wohl ein bisschen schwindelig gelaufen. So jedenfalls ist es zwischen den Zeilen zu lesen.

Abgesehen von anzunehmenden zwischenmenschlichen Differenzen, die fast jeden Personalwechsel begleiten, ist auch dieser Fall  ein Indikator für etwas Größeres: Range wollte der Behäbigkeit Beine machen und ist damit gescheitert. Denn die Wirklichkeit ist: Viele Menschen – auch Unternehmerinnen und Unternehmer – sind psychisch am Limit. Jeder umfallende Reissack wird mittlerweile auf den Schreibtisch gespült, jeder Laienkommentator belastet den öffentlichen Raum mit Unsinn, dazu massenweise sich zuspitzende Konflikte gepaart mit Personalmangel, Krisengerede und der Herausforderung, konkurrenzfähig zu bleiben. Da liegen bei vielen die Nerven blank. Wenn dann einer kommt, der noch mehr Ideen hat, noch mehr Digitalisierung will und für noch mehr Geschwindigkeit sorgt, setzt automatisch Widerstand ein, und wenn er nur auf Selbstschutz gründet.

Vielleicht macht es in diesem Zusammenhang noch einmal Sinn zu betonen, dass für die meisten Kolleginnen und Kollegen gilt: Die Digitalisierung bietet uns an ganz vielen Stellen Chancen und Vorteile – aber sie ist nicht unser größtes Problem. Bis auf die Stellen, wo Staat und Geschäftspartner Vorgaben machen (zum Beispiel E-Rechnung, Online-Banking etc.) möchte ich mal behaupten, dass so manche Struktur auch noch über Jahre ohne digitale Abläufe auskommt – wenn die Leistung und das Produkt stimmen. Das Problem, um das wir uns wirklich Sorgen müssen, ist „der Faktor Mensch“ – weil er an allen Ecken und Enden fehlt, weil ihm oft die Fähigkeiten abgehen, die wir brauchen würden, und weil er unter dem Druck der Jetztzeit leidet. Auf diesen sensiblen Faktor müssen wir uns konzentrieren.

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