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Kongress zu Digitalisierung

Nutzen erkennen und vorn sein

„Digitalisierung in der Grünbranche: Pflicht oder Kür?" hieß der Titel des jährlich stattfindenden Kongresses „netzwerk_G", den der gleichnamige Verbund im September in Zürich für Unternehmer veranstaltete. In Vorträgen und Workshops wurden die digitale Sicherheit, die Entwicklung von effektiven Arbeitsprozessen und Visualisierungen bei der Gestaltung diskutiert.

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Die SRF-Fernsehstudios in Zürich boten einen perfekten Rahmen für den netzwerk_G-Kongress.
Die SRF-Fernsehstudios in Zürich boten einen perfekten Rahmen für den netzwerk_G-Kongress.Mirco Dalla Lana
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Neues verunsichert und der Mensch tut sich mit grundlegenden Veränderungen meist schwer, so auch mit der fortschreitenden Digitalisierung. Es gibt viele Tools, doch nur ihr sinnvoller Einsatz macht sie wertvoll. Die Unternehmen müssen sich darauf einlassen und hierfür werden Mut, Offenheit und Neugierde benötigt. Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Wandel? Macht man einen scharfen Schnitt und stellt das Unternehmen komplett auf digitale Beine oder ist ein langsamer Prozess die bessere Wahl? An welchen Stellen ist Digitalisierung überhaupt sinnvoll und wo bleibt das Analoge die bessere Wahl? Viele dieser Fragen konnten die rund 40 anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmer für sich nach den zwei Kongresstagen beantworten.

IT-Sicherheit hängt entscheidend vom User ab

Die bedeutendste Schwachstelle im Bereich der IT-Sicherheit ist der Mensch, so Fridel Rickenbachers Einstieg in das Thema. Bei unglaublichen 90 % aller Angriffe hilft der Anwender aktiv mit, dem Täter ein Erfolgserlebnis zu verschaffen. Meist ist es ein zu schneller Klick auf einen Link oder Anhang oder ein zu schwaches Passwort, was fatale Folgen haben kann. Komplex, zielgerichtet und äußerst effektiv, so lasse sich die heute meist verwendete Angriffsart einer Cyber-Attacke beschreiben, im Fachjargon auch als APT bezeichnet (Advanced Persistent Threat).

Rickenbacher ist Mitglied der execure ag/Swiss IT Security Gruppe und hat mittlerweile einen großen Erfahrungsschatz. „Wenn das System erst mal lahmgelegt ist, kann dies zu großen Lieferverzögerungen bis hin zu hohen Konventionalstrafen führen", öffnet Rickenbacher den Zuhörern die Augen. Am Schlimmsten sei neben dem wirtschaftlichen Schaden der Reputationsschaden für das Unternehmen. Gottvertrauen sei hier komplett fehl am Platz. Er empfiehlt die Null-Vertrauens-Strategie, das sei definitiv sicherer.

Die Arbeitswelt, aber auch das private Leben streben auf eine immer massivere digitale Vernetzung zu. Bereits jetzt ist vieles miteinander verbunden, was uns häufig nicht bewusst ist. Ein Beispiel ist die automatische Bewässerungsanlage, die sich per App steuern lässt. Genau hier docken die Unternehmen mit an, die für den Unterhalt oder die Pflege zuständig sind.

Virenprogramme schützen nur gegen bekannte Infekte, die Hacker kennen die Sicherheitslücken immer vor dem Hersteller, erklärte Rickenbacher. „China ist Hersteller von Software und großen Servern. Die teils eingepflanzten Chips – fähig, komplette Unternehmensdaten auszuspionieren – wurden vom chinesischen Staat toleriert." Neben China seien Russland und die USA im Spiel.

Enorm wichtig sei es, Menschen durch klare Regeln der Kommunikation im Netz zu sensibilisieren. Mitarbeiter, die sich außerhalb eines geschützten Netzwerks befinden, sind leichter angreifbar. Eine Software für Schnittstellen mit entsprechender Voreinstellung biete deshalb einen besseren Grundschutz laut Rickenbacher, der zu einer mehrschichtigen Sicherheitsstrategie rät: „Ein Backup (englisch für Datensicherung) im Betrieb, eines außerhalb des Firmengeländes und eine Sicherheitskopie in der Cloud sind das Minimum." Backup, Backup, Backup sowie die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bei E-Mails sind seine Devise. Diese Kombination macht recht immun gegen kriminelle Erpressung im Netz. Grundsätzlich solle man Cloud-Lösungen vertrauen, denn die dort herrschenden Sicherheitsvorkehrungen könne sich kein Einzelunternehmen leisten. Die gesamte Smartphone-Technologie basiere auf Cloud-Lösungen.

Sicherheitstipps für Unternehmen

Im Workshop gab Rickenbacher weitere wertvolle Tipps, wie es gelingt, die Mitarbeiter zu sensibilisieren. „Da reicht es manchmal schon aus, auf dem Parkplatz einen USB-Stick zu verlieren, auf dem das Wort „vertraulich" klebt. Die Neugierde sei die größte Versuchung und mit ziemlicher Sicherheit werde es einen Mitarbeiter geben, der diesen ungeprüften Stick in den Rechner steckt. Das ist dann ein guter Einstieg, die Gefährlichkeit solcher Aktionen zu kommunizieren."

Auslandsaufenthalte der Geschäftsleitung regten Kriminelle häufig dazu an, gefälschte Überweisungsaufträge mit hohen Summen im Namen des Chefs an die Buchhaltung zu schicken. Meist mit einem extremen Zeitdruck versehen, seien die Mitarbeiter überfordert und agierten somit ohne jegliches Hinterfragen, obwohl die Adresse des Absenders nicht exakt mit der des Chefs übereinstimmt. Schulungen seien hier hilfreich und auch der Hinweis, dass alles, was einem nicht ganz koscher vorkommt, vom IT-Service zu überprüfen ist.

Wer außerhalb des gesicherten Netzwerks unterwegs ist, habe sich an genaue Kommunikationsvorgaben zu halten. Auch erzwungene Kennwortänderungen in kurzen Rhythmen für alle Angestellten machen es Angreifern schwerer (ebenso ein schwer zu knackendes Passwort aus Zahlen, Groß- und Kleinbuchstaben, Anm. d. Red.). Eine vierte verschlüsselte Datensicherung, die nur dann sichert, wenn der Systemstatus auf Grün steht, senkt das Risiko weiter. „Ein Prozent Risiko bleibt aber immer bestehen, egal, was man unternimmt", so der Sicherheitsexperte. Bei Vernetzungen mit Kunden rät Rickenbacher ebenfalls zur Aufklärung und proaktiver Kommunikation, die man sich durch eine Unterschrift bestätigen lässt, denn sonst haftet der GaLaBau-Unternehmer sogar mit.

Vision Room beschleunigt Kundenentscheidungen

Architekt Dario Pfammatter studierte an der ETH in Zürich und ist Mitinhaber der Cresco Real Estate Group AG in Zug/CH, die führend in der Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette in der Projektentwicklung ist. Eine dieser Firmen ist die obra visual AG. Hier entwickelte Pfammatter zusammen mit Martin Horvat das Tool „Vision Room", welches einen Raum auf 12 m 2 in komplexer dreidimensionaler Technik visualisiert. „Wir digitalisieren nur Sinnvolles. Wenn eine Skizze ausreicht, dann ist diese analoge Technik wunderbar und bedarf keiner Programmierung. Geht es allerdings um komplexe Entscheidungen, wie den Kauf einer Eigentumswohnung, dann kann die digitale Strategie den Prozess extrem beschleunigen. Der Kunde sieht, wie verschiedene Fußböden mit den Wandfarben harmonieren oder ob die Raumaufteilung seinen Wünschen entspricht. Viele Menschen haben dieses räumliche Vorstellungsvermögen nicht. Dabei sind alle Materialen gleich mit Artikelnummern und Hersteller hinterlegt", beschreibt Pfammatter den Mehrwert.

Alles ist 1 : 1 erlebbar, man kann im Vision Room, der Schnittstelle zwischen Daten und realer Welt, sogar unter den Tisch schauen. „Wenn dann noch jemand soundtechnisch an einem vorbeiläuft oder Katze und Hund durch den Raum oder den Garten springen, kommt es zur emotionalen Bindung."

Das neue Projekt Scalar dient dagegen der schnellen Datenerfassung aus dem baurechtlichen Bereich. Das Tool stellt binnen Sekunden die Topografie sowie das Bauvolumen dar, lässt sich anschließend im Vision Room abbilden und beschleunigt den Bewilligungsprozess des Bauvorhabens. „Ist das Baurechtliche abgeschlossen, bleibt den Architekten viel mehr Zeit für Kreativität", so Pfammatter. Die Digitalisierung stupider Teilbereiche wie des Baugesetzes sei hier absolut sinnvoll. Landschaftsarchitektur und GaLaBau haben noch mal eine andere Komplexität, aber inzwischen lassen sich laut Pfammatter sogar 20.000 m 2 Park darstellen. Wichtig sei die fotorealistische Landschaft, sonst gehe die Seele der Planung und der Pflanzen verloren, beschreibt der Architekt. Bei 120 Bildern pro Sekunde ist sogar fließendes Wasser darstellbar.

Intelligente Gebäudebegrünung

Die analoge Schnittstelle zwischen Architektur und Natur bedient Gerhard Zemp, Architekt, Gartenbauingenieur und Gründer der aplantis AG in Bern (www.aplantis.ch), eines spezialisierten Architekturbüros für Gebäudebegrünung. Zemp überträgt Naturprinzipien ganzheitlich auf modernste Gebäudetechnik und steuert damit Sonnenschutz, Akustik, Luftfeuchte und Temperatur. Natürliche und technische Systeme unterstützen sich, das ist das Ziel der Projekte.

Für die Kreativität sammeln alle seine Mitarbeiter ihre Ideen und Gedanken, mit Stichworten versehen, in einer Datenbank, die beim Entwerfen schon oft wertvollen Input geliefert hat. „Wenn Architekt und Landschaftsarchitekt bereits beim ersten Entwurf an einem Tisch sitzen, können neue intelligente Kombinationen entstehen, die das Wohlbefinden der Menschen, die Regenwasserabführung und -nutzung, die Schalldämmung, die Luftfeuchte, die Kühlung sowie die Feinstaubbelastung im Blick haben", erklärt Zemp. Für die richtige Pflanzenauswahl helfen mittlerweile Datenbanken, die detaillierte Auskunft zu Klimaansprüchen geben. Naturphänomene mit moderner digitaler Technik zu kombinieren führe zu einer Neuinterpretation der Gebäudebegrünung und sorge für eine sehr ökologische Energiebilanz. Dafür müsse den Menschen bereits in der Projektentwicklung die Angst vor dem Grün genommen und es müssten die genialen Möglichkeiten dank der digitalen Vernetzung aufgezeigt werden. Messpunkte im Gebäude seien im laufenden Betrieb mit speziellen Mechanismen verknüpft und steuerten die Gebäudetechnik. „Eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit mit der Herstellerindustrie empfinden wir dabei als wertvolle Unterstützung", verrät Zemp.

Das sagen die Teilnehmer

Reto Schneider, Inhaber der Firma Woodness aus Udlingenswil/CH (woodness.ch), war beeindruckt von der Qualität des Kongresses und der Expertise der Referenten, die seinen Wissensdurst mehr als befriedigt haben. Das Woodness-Büro läuft bereits zu 80 % papierlos. Die Vernetzung von Stammdaten mit den Programmen und Projekten steht als Nächstes an, auch für ein besseres Kundenbeziehungsmanagement. Ebenso auf dem Plan stehen schnittstellenarme Instandhaltungsanleitungen für den Unterhalt jeglicher Bauten und Projekte. „Der Digitalisierungstopf ist nach diesem Kongress gefüllt mit Ideen und neuen Ansätzen und steht zur Umsetzung bereit", freut sich Schneider.

„Die Digitalisierung ist Pflicht, und wer das Gegenteil behauptet, der hat andere Branchen, wie die Medien- oder die Autoindustrie, nicht wirklich beobachtet", so Raphael Erl von Ganz schön Spross (www.spross.com) aus Zürich. Für ihn hat die Digitalisierung zwei Seiten: „Die Betriebsorganisation mit digitalem Rapportwesen, ein durchgängiges ERP-System, die Ressourcenplanung und ein standortunabhängiges Arbeiten für die Bauführer sind Bereiche, in denen jedes Unternehmen selbstständig vorankommen muss, und hier sind wir mit Spross schon sehr weit. Das operative Geschäft, also die Umsetzung der Projekte mit BIM, wurde auf dem Kongress intensiv diskutiert und hat gezeigt, dass ein interdisziplinäres Vorgehen von Vorteil ist. Hier stehen wir mit dem GaLaBau noch ganz am Anfang, wollen allerdings nun zusammen mit unserer Immobilienabteilung ein eigenes Bauprojekt BIM-basiert abwickeln."

Wissensverbund und Kongress
Info

Das netzwerk_G

Das netzwerk _G aus der Schweiz sieht sich als Berater, Wissensvermittler und Schnittstelle zwischen den Interessegruppen im Bereich Digitalisierung der Grünbranche. Beteiligt sind:

  • der Unternehmerverband JardinSuisse
  • die Hochschule für Technik Rapperswil
  • „Bauen digital Schweiz" – Plattform für digitale Transformation der Schweizer Bau- und Immobilienwirtschaft, Partner von buildingSMART International (bSI), dem Verband für Weiterentwicklung und Standardisierung des offenen herstellerneutralen Informationsaustausches in BIM-Projekten
  • die Unternehmen Creabeton Baustoff und ComputerWorks (Vectorworks)

netzwerk_G ist auch der Name des jährlichen Kongresses, der sich an GaLaBau und Landschaftsarchitektur richtet. Organisiert wird netzwerk_G von der APS Advanced Productions & Support AG in Wallisellen/CH. „Als Initianten und Mitorganisatoren der Giardina kennen die Köpfe von APS die Themen, Trends und Akteure der Gartenbranche seit über 20 Jahren", heißt es auf ihrer Homepage.

  • netzwerkg.ch
Info

Hinweis

Einen großen Teil des Kongresses nahm das Thema BIM (Building Information Modeling) ein. Den Bericht dazu und Stimmen von Teilnehmern werden Sie in Ausgabe DEGA 2/2020 lesen können.

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