Großer Auftritt für die Nachhaltigkeit
Nach zwei Jahren Pause gab es wieder einen erfolgreichen Neustart: Das 22. GaLaBau-Symposium in Münster-Wolbeck konnte mit einem stringenten Programm, spannenden Vorträgen und gutem Besucherzuspruch punkten. Dabei stand „Nachhaltigkeit konkret“ auf dem Programm.
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Organisator Markus Reher von der Landwirtschaftskammer NRW setzte gleich zu Anfang des Tages den Ton und meinte: „Wir sollten milder im Urteil gegenüber der im Klimaschutz engagierten Jugend sein. Verzweifelung sei besser als Gleichgültigkeit. Zielsicher führte er wieder als Moderator durch das folgende Programm.
VGL NRW-Präsident Josef Mennigmann freute sich, dass die Verantwortlichen das Format über Corona am Leben erhalten hatten. Nachhaltigkeit sei für den GaLaBau eine große Chance. Dazu müssten aber auch ausreichend Leute vorhanden sein, um die Aufgaben abzuarbeiten. Er appellierte an die Kolleginnen und Kollegen, mehr zu tun, um neues Personal zu gewinnen. „Wir müssen auch mehr tun, um die Leute abzuholen“, sagte er. Der Markt habe sich drastisch verändert.
Als Hauptredner konnte Reher Peter Wohlleben gewinnen. In seinem Vortrag „Wie enkelgerecht leben und wirtschaften wir?“ setzte sich der namhafte Forstmann und Buchautor für mehr Naturwald und weniger Holznutzung ein. Seine Thesen, dass alle Bäume miteinander vernetzt sind und füreinander sorgen, sind durchaus umstritten; ebenso wie die Tatsache, dass die Wurzelspitzen „das Gehirn der Pflanzen“ bilden und Bäume Gefühle haben. Bei vielen Sachverhalten sagte Wohlleben: „Wir wissen es schlichtweg noch nicht.“ Er riet den Landschaftsgärtnerinnen und -gärtnern auch Stadtbäume eher in Gruppen zu pflanzen und nicht neben Laternen zu setzen („Auch Bäume schlafen nachts.“). Wenig hält er vom Einsatz fremder Baumherkünfte und züchterisch bearbeiteter Gehölze im Wald. Auch den starken Rückschnitt von Bäumen lehnt er ab. Die Art der Ausbildung der Forstleute verglich er mit jemandem, „der einen Streichelzoo eröffnen will und vorher ein Praktikum bei Tönnies machen muss.“
Der Marler Unternehmen Ludwig Scheidtmann ging dann unter der Überschrift „So machen wir das!“ wirklich auf den GaLaBau ein. Als (ehemaliges) Mitglied des VGL Präsidiums hat er am Leitfaden Nachhaltigkeit mitgewirkt und das Konzept dann gleich auf den Betrieb übertragen. In Beispielen zeigte er, was sich aus seiner Sicht schon umsetzen lässt und, was noch nicht funktioniert. So hat die Elektrifizterung zwar schon die Kleingeräte, Jobräder und Pkws (in Kürze 14 E-Autos und 19 Ladepunkte) erfasst, nicht aber die Baumaschinen. Regenwasserversickerung, Beton- und Bodenrecycling, Wiederverwendung anfallender Baustoffe und Photovoltaik (in Kürze 156kwp) sind Maßnahmen, die in Marl schon umgesetzt werden. Auch das Thema soziale Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle. „Wir sind ein Team“, versicherte der Unternehmer und stellte seinen Einsatz für innerbetriebliches Gesundheitsmanagment und Arbeitssicherheit vor (seit 2018 AMS zertifiziert). Er verabschiedete sich mit dem emotionalen Clip: „Wir bauen Heimat“
Prof. Dr.-Ing. Heiko Meinen machte klar „Das rechnet sich!“ Nachhaltigkeit sei kein Nischenthema mehr, sondern ein weltweiter Megatrend. Der Druck, nachhaltig zu werden, nehme zu und komme gleich aus mehreren Richtungen“, erklärte Meinen und zählte die Finanzwirtschaft, die Mitarbeiter, das Branchen-Image, die Kostenfaktoren, den Unternehmenswert, die private Nachfrage sowie die Regulierungen der Auftraggeber als treibende Kräfte auf, nachhaltiger zu arbeiten. Der größte Druck käme dabei von der Finanzwirtschaft, die günstige Kredite in Zukunft nur noch für nachhaltige Projekte und Unternehmen vergebe. „Wenn man jetzt nicht anfängt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, macht man etwas falsch“, zeigte sich Meinen überzeugt.
Prof. Thomas Brunsch musste wegen einer Terminkollison per Teams aus Freising zugeschaltet werden, was nach anfänglichen Tonstörungen leidlich gut funktionierte. „Schwarze Zahlen im grünen Bereich? Ökobilanzierung im GaLaBau“ lautete sein Vortragstitel. Die Appelle, etwas zu verändern, würden etwa so gut funktioniere, wie die Schock-Bilder auf Zigarettenpackungen – nämlich gar nicht. Selektiver Opportunismus und kognitive Dissonanz würden die Menschen am Handeln hindern. Er stellte seine Erfahrungen aus dem Carbon-Footprint-Projekt der süddeutschen GaLaBau-Verbände vor, die einem Leitfaden zusammengefasst sind. Bei den direkten Einflussfaktoren (Scope 1) konnte im Rahmen des Projektes ermittelt werden, dass 50 bis 90% der Treibhausgase im GaLaBau durch Diesel verursacht werden.Er gab dem Auditorium sieben Handlungsempfehlunge mit auf den Weg, die von der Frage, ob der Eingriff zwingend notwendig ist, über den Ratschlag energieaufwändige Projekte ebenso zu vermeiden, klimaschädliche Projekte, fossile Energieträger durch Elektrizität zu ersetzen, Energie-„Geiz“ zu entwickeln, mehr grüne Projekte, weniger graue Projekte durchzuführen, bis zu dem Dreiklang aus Reduce. Re-use. Recycling (Reduktion, Wiederverwendung, Kreislaufwirtschaft) reichten.
Den Abschluss machte Prof. Dr.-Ing. Hendrik Laue von der Hochschule in OWL in Höxter, der unter der Frage „Ab jetzt: nur noch nachhaltige Freianlagen?“ einen Bogen von seiner Herkunft aus einem Gemüsebaubetrieb zur Erarbeitung von Checklisten für nachhaltige Freiflächen spannte. Laue nutzte die Entwicklung des väterlichen Betriebes von kleinteiligem Anbau, über die Produktion für einen Discounter zurück zur nachhaltigen Bewirtschaftung als Leitbild und zeigte, wie schwierig es ist, klare Bewertung zu treffen, was nachhaltig ist und was nicht, und, wie manipulierbar Ökobilanzen sein können. Er riet den Unternehmen: „Handeln Sie vorausschauend! Setzen Sie auf qualitative und quantitative Werte! Folgen Sie innovativen Utopien!“ meinte der Referent und rief dazu auf, quantifizierbare, qualifizierbare und künstlerischer Ansätze zu kombinieren.
Insgesamt betrachtet, gelang es dem GaLaBau-Symposium das Thema von unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und die Notwendig des Handels herauszuarbeiten. Die Menge der Veranstaltungen zum Thema macht deutlich, dass die Relevanz für die Branche ein neues Niveau erreicht hat. Der Ton ist überall eindringlicher geworden.
DEGA GALABAU unterstützt das GaLaBau-Symposium traditionell als Medienpartner und Stichwortgeber. Die 23. Ausgabe findet am 14. Februar 2024 statt.
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