Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Unterhalt: Vernachlässigte Leistung

Erst die Pflege macht den Garten komplett

Das Ansehen der Pflege ist bei vielen Landschaftsgärtnern nicht besonders hoch. Dabei ist sie die Voraussetzung dafür, dass ein Garten oder eine Außenanlage so wird, wie es dem Kunden einmal versprochen wurde. Selbst vermeintlich einfache und regelmäßige Arbeiten sind wichtig, weil sie häufigen Kontakt zu Kunden und damit eine Chance auf größere Aufträge bedeuten.

Veröffentlicht am
/ Artikel kommentieren
Der frisch bepflanzte Garten …
Der frisch bepflanzte Garten …Christine Andres
Artikel teilen:

Als ich mich kürzlich mit dem Chef eines größeren Unternehmens über Gartenpflege unterhielt, erklärte er mir, dass er überwiegend bautechnische Leistungen durchführe und seine vegetationstechnischen Arbeiten in der Regel mit der Pflanzung enden. Er sei zwar im gehobenen Segment, fast ausschließlich bei Privatkunden tätig, aber auf Pflege sei er nicht eingerichtet. Von mir darauf angesprochen, dass Pflege doch weitaus mehr ist als nur simples Rasenmähen und Hecken schneiden, räumte er ein, dass das sicherlich interessant sein könnte. So richtig wollte er an dieses Thema trotzdem nicht heran. Wie viele andere Betriebe eben auch.

Wenn ich an die Firmen denke, bei denen ich angestellt war oder freiberuflich gearbeitet habe, so ergab sich immer ein ähnliches Bild. Die Pflege war mehr oder weniger das Stiefkind. Es wurden nie die besten Mitarbeiter geschickt, sondern fast immer nur die Hilfskräfte. Die Gelernten brauchte man schließlich auf den Baustellen, zum Baggern, Pflastern und Mauernbauen. In die Pflege kamen sie nur, wenn etwa im Winter der Baumschnitt anfiel.

Während meiner Lehre war es nicht anders. Die neuen Auszubildenden kamen erst mal wochenlang in die Pflege. Dafür müssen sie schließlich noch nichts können. Und als meine Tochter, viele Jahre später, ihr erstes Praktikum im GaLaBau absolvierte, landete auch sie erst mal in der Pflege zum Unkrauthacken. Von Stauden und Wildkräutern keine Ahnung, schickte sie mir tagsüber Fotos über WhatsApp, damit sie nicht die falschen Pflanzen entfernt. Immerhin, sie wusste sich zu helfen.

Pflege betriebswirtschaftlich hochinteressant

Förderlich, um die Pflege zu dem zu machen, was sie eigentlich ist oder sein könnte, sind solche Methoden ganz bestimmt nicht. Rein sachlich und betriebswirtschaftlich betrachtet, ist es die Pflege, die in aller Regel die höchsten Deckungsbeiträge bringt und damit für jeden Betrieb höchst interessant sein müsste. Ich erinnere mich noch gut, wie unsere Pflegebaustellen so manches Minus von irgendwelchen Großbaustellen ausgleichen mussten. Und trotzdem sah man deren Potenzial nicht. Wenn Maschinen zum Einsatz kommen, sieht das halt gleich viel beeindruckender aus. Würde jemand auf Social Media seine unscheinbare Ausrüstung zur Gartenpflege posten, würde das keinen vom Hocker reißen. Wird dagegen der Fuhrpark mit Lkw, Bagger und Radlader aus allen Perspektiven gezeigt, reißen die Likes und Herzchen nicht ab.

Dabei haben wir es als Branche doch selbst in der Hand, die Pflege in ein anderes Licht zu rücken und als das darzustellen, was sie ist. Nämlich unser absolutes Herzstück, das uns Gärtner von Branchen wie Tief- und Pflasterbau deutlich abgrenzt. Gartenpflege ist nicht nur ein wunderbares Mittel, um hohe Deckungsbeiträge zu schaffen, sie ist auch das Mittel der Wahl für eine gute und dauerhafte Kundenbindung. Denn wo sonst hat man so einfach die Möglichkeit, über Jahre hinweg mit dem Kunden im Gespräch zu bleiben und immer wieder aufs Neue seine Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit zu beweisen?

Dass sich daraus auch in schöner Regelmäßigkeit Folge- und Zusatzaufträge ergeben, ist nicht nur ein netter Nebeneffekt, sondern kann durchaus zur Strategie werden, um konkurrenzlos Aufträge zu generieren. Denn ein zufriedener Stammkunde wird nicht auf die Idee kommen, Angebote von Mitbewerbern einzuholen.

Selbst Fertigstellungspflege oft missachtet

Dass jedes Unternehmen, das vegetationstechnische Arbeiten durchführt, rein rechtlich zumindest zur Fertigstellungspflege verpflichtet ist, weil eine Pflanzung oder Raseneinsaat immer erst mit erfolgter Abnahme Monate später vollständig erbracht ist, dürfte inzwischen den meisten bekannt sein. Und trotzdem findet man noch immer jede Menge Leistungsverzeichnisse, in denen die Pflege nicht einmal erwähnt, geschweige denn, wie es korrekt wäre, angeboten wird. Auch einen Hinweis auf die rechtlichen Folgen in Hinblick auf die fehlende Gewährleistung im Fall einer Nichtbeauftragung sucht man in den meisten Angeboten vergeblich. Dabei gibt es von den Verbänden gutes Infomaterial und passende Vorlagen. Was also ist der Grund, dass man die Gartenpflege noch immer nicht mit der Ernsthaftigkeit behandelt, wie sie es eigentlich verdient hätte?

Ich selbst habe zu Beginn meiner Selbstständigkeit nahezu jeden Planungsauftrag angenommen. Hauptsache, das Auftragsbuch war voll. Häufig habe ich auch Kunden angenommen, die meine Planung später in Eigenleistung umsetzen wollten. Später habe ich solche Kunden abgelehnt. Nicht, weil diese Aufträge wenig lukrativ waren, sondern weil meine Entwürfe seltenst fachgerecht umgesetzt wurden und die spätere Pflanzung und Pflege katastrophal waren. Und dafür wollte ich nicht mit meinem Namen stehen.

Kunden allein überfordert

Im Laufe meiner Selbstständigkeit hatte ich auch mit vielen Kunden zu tun, die noch nie in ihrem Leben etwas mit Garten und Pflanzen zu tun hatten. Sie waren häufig völlig überfordert, wenn man ihnen irgendwelche Stauden oder Gehölze vorschlug. Sie konnten sich weder unter dem einen, noch unter dem anderen etwas vorstellen. In ihrem Garten eine Pflanzung durchzuführen und sie dann alleine zu lassen, hätte nur kurzfristig einen Erfolg gebracht. Sie wären mit der Pflege komplett überfordert gewesen und die Pflanzung hätte sich nicht wie geplant entwickeln können. Solche Kunden, die im Übrigen gar nicht so selten sind, weiterhin zu begleiten und zu unterstützen, kann also durchaus nicht nur wirtschaftlich, sondern auch im gärtnerischen Sinne sehr zielführend sein.

Natürlich gibt es auch Kunden, die ein gutes Grundwissen und den grünen Daumen mitbringen. Aber auch sie kommen als Laien irgendwann an ihre Grenzen, und sei es nur beim späteren Gehölzschnitt. Wenn wir einen Garten neu- oder umgestalten, haben wir doch immer einen Grundgedanken dabei. Wir haben nicht den neu angelegten Garten vor Augen, sondern den im eingewachsenen Zustand. Perspektiven und Ansichten zeichnen wir schließlich nicht mit frisch gepflanzten Junggehölzen, sondern wir stellen immer den Zustand nach Jahren dar. Und letztendlich ist es ja genau das, was wir unseren Kunden verkaufen. Die Aussicht auf einen toll entwickelten Garten, in dem nahezu das ganze Jahr etwas blüht und grünt, die Pflanzen vital und prächtig gedeihen.

Den Wunschzustand des Gartens anstreben

Um diesen Zustand zu erreichen, braucht es aber ein gutes gärtnerisches Fachwissen. Denn Pflanzen entwickeln sich nicht linear. Es ist ein stetiger Prozess mit einer gewissen Dynamik. Bestimmte Arten werden sich nicht wie gewünscht entwickeln und absterben. Andere dagegen wachsen umso schneller, und wiederum andere breiten sich möglicherweise unerwünscht aus. Hier gilt es, immer mal wieder einzugreifen, um ein gutes Gesamtbild zu schaffen, das vom ursprünglich geplanten Zustand vielleicht sogar abweicht, das aber trotzdem den eigentlichen Grundgedanken, wie auch die Wünsche der Kunden wiedergibt und ihn letztendlich zum begeisterten Stammkunden macht.

Lasst uns doch an dieser Stelle wieder zum Gärtner werden, zu dem, was unseren Berufsstand ausmacht. Nichts gegen Pflaster- und Mauerbau, aber bei der Pflege werden wir genauso gebraucht. Und dazu braucht es eben auch gut ausgebildete Mitarbeitende, die Freude an der Pflege haben und sie nicht als unterqualifizierte Strafarbeit verstehen. Es liegt an jedem einzelnen von uns, Pflege als etwas zu vermitteln, das nicht nur gute Pflanzenkenntnisse, sondern auch ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen, Kommunikationsfähigkeit, einen geschulten Blick und einen ausgeprägten Sinn für Ästhetik erfordert.

Text und Bilder: Christine Andres, Dettingen unter Teck

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren