Gruß an den Verkehrtminister
Mit ihren Verkehrsministern hatte die Bundesrepublik noch nie so richtig Glück. Über Jahrzehnte schleuste die CSU über das Ministerium Gelder nach Bayern und auch vom aktuellen Amtsinhaber ist nicht viel Positives zu berichten. Nun verantwortet Volker Wissing einen neuen Husarenstreich: In dem von seinem Haus entworfenen Bundesfernstraßenmautgesetz haben die Verantwortlichen eine Ungerechtigkeit eingebaut, die ihresgleichen sucht und eine ganze Branche benachteiligt.
von Tjards Wendebourg erschienen am 23.04.2024Nach derzeitigem Stand müssen nämlich ab 1. Juli GaLaBau-Betriebe Maut zahlen – Handwerksbetriebe aber nicht; obwohl sie dieselben Betriebsabläufe und Struktur der Tätigkeiten haben. Schließlich gibt es in GaLaBau und Handwerk eine Dienstleistung, einen Auftraggeber, eine Baustelle mit An- und Abfahrt sowie Lieferfahrten zum Einbau- oder Pflanzort. Die Tätigkeitengleichheit ist so eindeutig, dass die beschlossene Gesetzeslage unweigerlich zur höchstrichterlichen Klärung führen muss – sollte der Minister nicht vorher noch einlenken. Denn das Prinzip der Gleichbehandlung wird grob verletzt.
Das Dilemma ist nur: Die Zeit drängt und tausende Unternehmerinnen und Unternehmer im GaLaBau stehen vor der Situation, dass sie sich eigentlich auf die neue Gesetzeslage einstellen müssten; inklusive der Mehrkosten für Ausstattung und Fahrten, die ja innerhalb neuer Kalkulationen zu berücksichtigen wären.
Gleichzeitig – und das lässt eine Antwort auf unsere Presseanfrage erkennen – gibt es innerhalb des Ministeriums keinerlei Anzeichen für ein Einlenken. Dass die Verantwortlichen an den Mittelstand gedacht haben – schließlich geht es hier auch um Kernklientel der Wissing-Partei – lässt sich ja grundsätzlich an der Idee der „Handwerkerausnahme“ erkennen. Denn die Urheber haben damit anerkannt, dass die ausgenommenen Betriebe nicht viel mit dem Güterverkehr zu tun haben und deshalb nicht belastet werden sollten. Dass sie den GaLaBau vergessen haben, ist also wahrscheinlich weniger böse Absicht, als vielmehr eine Unkenntnis der Branche. Ganz offensichtlich haben sie sich einfach an der BiBB-Liste der Handwerksberufe orientiert. Jahrelanges Trommeln für den GaLaBau hat also noch nicht gereicht, den Beruf sicher im politischen Umfeld zu platzieren.
Viel schlimmer als die offensichtliche Wissenslücke ist aber der Umgang mit dem Defizit. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) schiebt den schwarzen Peter dem Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) zu, sagt aber gleichzeitig: „Das BALM nimmt selbst keine Einordnung vor, welcher Beruf bzw. welches Gewerbe dem Handwerk zugehörig ist oder nicht.“ Nö, lieber Minister, das muss es ja auch nicht. Der Gesetzgeber muss einfach vorher gründlich darüber nachdenken, was das Ziel ist und wer innerhalb der Zielerreichung mit eingeschlossen werden muss. Und wenn man dann wen vergessen hat, dann schüttet man Asche auf sein Haupt und justiert nach, statt starrsinnig auf irgendeiner historischen Berufsgruppenzuordnung zu beharren.
Lustigerweise sagt das BMDV selbst: „Auf die Frage, ob im Einzelfall gewerblicher Gütertransport erfolgt, kommt es hierbei im Rahmen der 1. Alternative (…) nicht an, sondern auf die objektive bauartbedingte Zweckbestimmung des Fahrzeuges.“ Meint: Ein Auto, das zur Baustelle fährt, ist kein Güterverkehr. Man darf sich also ziemlich sicher sein, dass der Ausschluss des GaLaBau spätestens vor Gericht gekippt wird. Leider stehen davor ziemlich viel Verunsicherung, Ärger, Kosten – und ein weiterer Imageschaden für Minister Wissing.
- RudiP 26.04.2024 17:56Eine verzwickte Situation. Man muss wohl gerichtlich mit einer Eilverfügung vorgehen.Antworten
- OlifAntje 26.04.2024 16:46Wer erwartet jemals eine für alle tragbare Lösung von einem Minister, der seinen Fokus auf sein Bundesland legt und sich einen feuchten Kehrricht schert wie eine vernünftige Bundesregierung zusammenarbeitet? Dieses Mal fordere ich alle betroffenen Berufsskollegen und sämtliche Handwerksbetriebe, die sich mit den Gärtnern solidarisch erweisen wollen, gerne auch Bauern, wenn die noch Zeit finden dazu auf alle Nicht-Mautstraßen ab dem 01.07.2024 zu blockieren. Ob nun ziviler Ungehorsam oder angemeldete Demo spielt für mich in so einem krassen Fall von Ungerechtigkeit keine Rolle mehr. Eigentlich sollte man sich bei den Klimaklebern informieren wie das funktioniert, die haben da Erfahrung.Antworten