Senkung der Mehrwertsteuer - was bringt's?
Teil des neuen Konjunkturpakets der Bundesregierung ist die Senkung der Mehrwertsteuer ab Juli bis Ende des Jahres (siehe auch S. 46). Wie stehen Sie zu der Maßnahme? Werden Sie mit dem Rabatt werben - auch für Pflegeleistungen oder Instandhaltungsmaßnahmen? Wie setzen Sie das im Unternehmen um?
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Dank EDV einfach machbar
Es ist für ein kleines Garten- und Landschaftsbau-Unternehmen gerade im Verwaltungsbereich nicht immer so einfach, alles unter einen Hut zu bekommen. Bei der Umstellung des Mehrwertsteuersatzes sollte man zusehen, dass man alle abrechenbaren Leistungen sich vom Kunden abnehmen lässt und diese zum Monatsende in Rechnung stellt. Bei den größeren Projekten, die noch laufen ist das natürlich schwierig, einen sauberen Schnitt zu machen. Alle Leistungen, die bei größeren Projekten noch nicht fertig sind, fallen dann leider unter dem neuen herabgesetzten Mehrwertsteuersatz an. Das wäre für uns als Unternehmer natürlich ein Verlust. Moralisch gesehen muss ich aber sagen, dass wir im GaLaBau bisher doch glimpflich davon gekommen sind und wir dies als unseren Beitrag sehen sollten, der Wirtschaft wieder auf die Füße zu helfen. Es wird immer welche geben, die dabei profitieren. Aber leider gibt es auch viele andere, die darunter leiden. Natürlich habe ich als Unternehmer auch nichts zu verschenken und bin um jeden Mehrertrag glücklich. Aber wenn ich letztendlich aus dem Ganzen mit einem niedrigen Steuersatz manchen Auftrag dann doch bekomme, wird ein Ausgleich dabei stattfinden. Von der Abrechnungsabwicklung ist das Ganze, dank der EDV, relativ einfach einzustellen.
Alexander Tilburgs ist Inhaber von Tilburg Garten & Landschaftsbau in Schmitten im Taunus.
Sinnloser Aktionismus
Die ganze Maßnahme mit der MwSt-Senkung um 3 % für sechs Monate ist für mich nur sinnloser Aktionismus der Regierung. Ich erwarte nun das nächste halbe Jahr nur verärgerte oder enttäuschte Kunden und viele Diskussionen, wie Baumaßnahmen abgerechnet werden können. Wie das bei Baumaßnahmen laufen soll, die von Juni 2020 bis Januar 2021 dauern, kann mir noch keiner sagen. Erste AZ 19 %, zweite AZ 16 %, Schlussrechnung wieder 19 %. Richtig wäre eine dauerhafte Absenkung der Mehrwertsteuer. Da wir recht voll mit Aufträgen sind, kommen nur die Kunden in den Vorzug, die schon den Auftrag erteilt haben. Werben werden wir nicht mit dieser Maßnahme.
Rolf Denzel ist Chef eines GaLaBau-Unternehmens in Singen.
Große Ratlosigkeit
Nein, ich bewerbe diese Ankündigung nicht, da ich noch keine konkrete Handlungsanweisung aus unserem Steuerbüro vorliegen habe und somit überhaupt nicht bewerten kann, wie das konkret funktionieren soll. Meine Projekte inklusive Planung ziehen sich über Wochen, Monate, teils über den Jahreswechsel hinweg. Die Schlussrechnung wird manchmal erst Wochen nach den letzten Fertigstellungsarbeiten und Kontrollen herausgeschickt. Einige Kunden haben allerdings sofort nachgehakt, ob sie denn nun bei uns mit dieser Steuerminderung rechnen dürften. Diese Sparfüchse habe ich entweder ausgebremst mit der Bitte sich zu gedulden, oder in einem Fall habe ich die 3% in Form eines Dankeschön-Rabatts abgezogen nur um die Kundin nicht zu enttäuschen und die Debatte abzukürzen. Ich warte immer noch auf einen konkreten Hinweis vom Steuerberater. Mir persönlich ist es schleierhaft, wie das gehen soll, wenn schon Ende des Jahres wieder Schluss ist mit dieser Aktion.
Soeben habe ich von unserem Arbeitgeberverband VGL Bayern e.V. einen Sonderrundbrief erhalten, fünf Seiten Text zum Thema Steuerrecht und 18 Seiten Mitteilung der obersten Finanzbehörden inklusive Anwendungs- und Übergangsregelungen. Es sind sogar Hinweise enthalten, wie beim Umtausch von Waren oder Gegenständen zu verfahren ist! Es wird dringend darauf aufmerksam gemacht, Unterstützung durch den eigenen Steuerberater einzuholen. Wer kommt für den finanziellen Aufwand auf, den wir Unternehmer jetzt betreiben sollen? Ich kann mir das alles aus Zeitgründen gar nicht leisten. Momentan haben wir eine Woche Betriebsurlaub, alle Mitarbeiter haben eine verdiente Pause, aber ich als Unternehmerin sitze am Schreibtisch, lese seitenlange Hinweise in verschwurbeltem Amtsdeutsch und habe immer noch keine Ahnung, wie das gehen soll.
Christine Hall-Walleser ist GaLaBau-Unternehmerin in Schrobenhausen-Hörzhausen.
Ohnehin ausgebucht
Die Senkung der Mehrwertsteuer werden wir, wie es die gesetzlichen Vorgaben ermöglichen, komplett an unsere Kunden weitergeben. Wir werden diesen möglichen Steuervorteil jedoch nicht für Werbe- oder Marketingzwecke nutzen, weil wir für den Zeitraum des niedrigeren Steuersatzes keine zusätzlichen Kapazitäten bereitstellen können und wir für die nächsten sechs Monate ausgebucht sind. Die derzeit begonnenen und im Vorteilszeitraum fertiggestellten Leistungen werden abgenommen und dann mit dem günstigeren Steuersatz verrechnet, so haben unsere Kunden eine zusätzliche „Ersparnis“. Ob wegen des Vorteils von 3 % Kunden zusätzliche Aufträge erteilen, darf bezweifelt werden. Den „Corona Effekt” spüren wir schon seit dem Frühjahr durch eine erhöhte Nachfrage, weil Kunden ihr Urlaubsbudget in die Aufwertung ihrer Gartenanlagen stecken anstatt es für Reisen zu investieren.
Erhard Anger ist Chef von Anger Gartenanlagen in Freudenstadt.
Zwischenaufmaß ist die Lösung
Bei den Aufträgen der Stadt Hildesheim wird zu Ende Juni ein Zwischenaufmaß erstellt, damit klar ist, was zu welchem Mehrwertsteuersatz abgerechnet werden muss. So haben wir das bei den letzten Mehrwertsteueränderungen auch gehandhabt. Ein Zwischenaufmaß ersetzt aber nicht eine Teilabnahme, die ist davon unabhängig.
Martina Bertram im Auftrag des Oberbürgermeisters der Stadt Hildesheim.
Kein Einfluss
Wir sind so ausgebucht, dass wir keine neuen Kunden mehr annehmen können. Deswegen hat die MwSt-Senkung keinen Einfluss, aber mit der Senkung können wir die notwendige Anpassung der Stundensätze etwas „netter“ vornehmen.
Georg Dangel ist Inhaber von Natur und Form in March.
Haben keinen Vorteil
Wir werden auf Wunsch eines Auftraggebers (AG) eine Abschlagsrechnung zum 30. Juni erstellen, um eine Abgrenzung der Leistung in Bezug zur MwSt darzustellen. Da für gewerbliche AG die MwSt ein durchlaufender Posten ist, sind von dieser Regelung primär private und öffentliche AG betroffen. Der bürokratische Aufwand wird für uns sicherlich nicht unbedeutend sein. Leider haben wir als Unternehmen keinen Vorteil von dieser Maßnahme. Der hier entstehende Mehraufwand müsste demnach in die zukünftigen Gemeinkosten eingepreist werden.
Björn Kuhn ist Chef eines GaLaBau-Betriebs in Menden.
Soli abschaffen wäre besser
Der Aufwand für uns ist als eher hoch einzuschätzen: Infos lesen, Gespräch mit Steuerberater, Einpflegen in die Buchhaltung usw. Kosten, die für uns keiner übernimmt! Daher halte ich die Maßnahme für unseren Bereich eher für ungeeignet, da eben auch noch ziemlich stichtaggenau abgerechnet werden muss. Die Abschaffung des Soli für alle wäre geeigneter, konsequenter und (hoffentlich) einfacher umzusetzen. Bei unseren Kunden werden wir mit der Mehrwertsteuerabsenkung nicht aktiv werben, da momentan eh ein langer Auftragsvorlauf vorhanden ist. Alles Weitere ergäbe sich aber bei einem persönlichen Kundengespräch.
Peter Rose ist Geschäftsführer eines GaLaBau-Unternehmens in Münster-Nienberge.
Brauchen zum Glück kein Konjunkturprogramm
Wir werden das Ganze nicht als Konjunkturprogramm nutzen, da wir in der grandiosen Lage sind, sie nicht nutzen zu müssen. Wir haben Aufträge bis in den Herbst hinein und für Aufträge im kommenden Jahr bringt es nicht viel. Wir werden in der Abrechnung versuchen, alles genau zu splitten und zum Ende der 19%-Periode die Leistungen aus diesem Zeitraum abzurechnen. Ansonsten ist auch unser Steuerbüro fit und hat schon Merkzettel und Hinweise zum Verfahren verschickt. Wir sind gespannt, wie es weitergehen wird.
Bettina Engelstädter ist Gartenbautechnikerin bei GartenBildt in Michendorf bei Berlin.
Emotionslos abgehakt
Wir halten die Maßnahme für äußerst kontraproduktiv und verstehen sie nicht. Dennoch kommen wir nicht ins Jammern, sondern ins Handeln. Unsere Software-Firma ist bereits am Programmieren für eine smarte Lösung. Da dies über eine Servicepauschale abgewickelt wird, die wir sowieso bezahlen, kostet uns das nichts. Das Personal wird mehrfach intensiv geschult, dass keine falschen Rechnungen rausgehen. Es ändert weder etwas an unserer Netto-Preisgestaltung noch ändern wir das Marketing. Der Kunde ist über die Presse darüber informiert und wir nehmen es als einfachen Verwaltungsakt, der gemacht werden muss, um sich an Gesetze zu halten. Und haken das Thema emotionslos ab.
Torsten Hainmüller ist Inhaber von Hainmüller Gartengestaltung in Steißlingen.
Viel ändert sich nicht
Es werden sich ein paar Aufträge mehr hinzufügen, da die Kunden jetzt sparen können. Aber viel ändert sich nicht, auch nicht in meinem Aufwand.
Wolfgang Schorr ist Chef eines Betriebs in Nürnberg.
Ansporn zur Auftragserteilung im alten Jahr
Wir möchten die Phase der Mehrwertsteuersenkung für die Etablierung von schriftlichen Abnahmen bei allen Aufträgen, auch bei Kleinaufträgen nutzen – und das nach dieser begrenzten Zeit so fortführen. Für das Ende der Mehrwertsteuersenkung werden wir unseren Kunden zusagen, dass die Erhöhung der Mehrwertsteuer für laufende Aufträge wohl zu unseren Lasten geht. Damit wir nicht zu sehr unter Zeitdruck gesetzt werden mit den Ausführungsfristen. Außerdem ist das ja dann zum Jahresende und vielleicht ein Ansporn, den Auftrag noch im alten Jahr zu erteilen, obwohl die Ausführung erst im neuen Jahr möglich ist.
Karin Nonnenmann ist kaufmännische Leiterin der Nonnenmann GaLaBau GmbH in Mühlacker.
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