Wie haben Sie die Hochwasserkatastrophe erlebt?
Haben Sie auch vor Ort geholfen, und wenn ja, in welcher Form?
Was haben Sie erlebt? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Welche Rückmeldungen gab es von MitarbeiterInnen und KundInnen?
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„Wir waren ab dem ersten Tag dabei“
Wir sind mit der vollen Belegschaft (18 Angestellte + Chef) im Hochwassereinsatz, welcher bis jetzt seit gut 2,5 Wochen anhält. Unser Betriebssitz ist auch lediglich 6 km von dem Ort Schuld entfernt. Als wir mitbekamen, welches Ausmaß der ergiebige Starkregen in unserer Region mit sich brachte, war für uns sofort klar, dass ab dem nächsten Tag für uns die Arbeit auf den Baustellen zum Erliegen kommt und wir uns erstmal um unsere „Nachbarn“ kümmern müssen. Wir waren seit dem ersten Tag damit beschäftigt, Straßen wieder passierbar zu machen und die gewaltigen Berge an Unrat zu sortieren und auf Sammelplätze zu bringen. Nach wie vor ist die ganze Geschichte für uns keine Eintagsfliege und wir werden mit allen verfügbaren Mitteln versuchen, den Betroffenen zu helfen. Unsere Kunden haben dafür auch volles Verständnis und kommen mit dem Pausieren auf den Baustellen klar.
Patrick Weiler, Walter Schmitz in Reifferscheid
Die Hilfe übertrifft alle Erwartungen
meine Heimatregion, das Ahrtal, ist auf einer Länge von fast 50 km in hohem Maße verwüstet. Wir sind Gott sei Dank nicht betroffen und durch einen Hügel von der Ahr getrennt. Unser langjähriger Mitarbeiter Moritz hatte Wohnung und Keller unter Wasser. Ein Subunternehmer wollte seinen Lkw retten und wurde von einer 2-3 m hohen Wasserwand mitgerissen. Irgendwann bekam er ein Gerüst zu fassen, kletterte hoch in einen Rohbau und wurde nach 20 Stunden befreit. Von solchen Geschichten gibt es ganz viele. Leider gibt es auch die, die nicht gut ausgehen. Zu oft steht man auch da und ist wie gelähmt. Was am besten hilft, ist etwas Sinnvolles tun. Also begann ich 1000 l Fässer Wasser an Bedürftige zu liefern, die ich in Westum mit dem Quellwasser der alten Wasserversorgung füllen konnte.
Inzwischen häuften sich die Anrufe, wie geht es? Was macht deine Region? Wie kann ich helfen? Und die Anteilnahme und Hilfe übertrifft alle Erwartungen und macht wieder Mut! Ein Kunde schickte sofort einen Lkw mit neuen Wassertanks.
Die Firma Oase schickt Pumpen. Ein Unternehmer liefert Stromaggregate. Sonntagmorgens um 8 Uhr steht Flo aus Bayreuth vor der Tür, wir kennen uns nicht, er ist um 2 Uhr losgefahren und bringt einen Sprinter voll Hilfsgüter. Von Anfang an sieht man viele aus unserer Branche, die helfen. Einer der ersten ist Denis Heim und sein Team. Er ist mit Bagger und Lkw angereist und räumt die einzig funktionierende Brücke in Ahrweiler frei. Baumpfleger aus dem Raum Bonn räumen mit ihren Geräten und Lkw enge Gassen in der Ahrweiler Altstadt. Mein Sohn kommt aus der Schweiz und arbeitet sich mit seinen Freunden entlang der Ahr vor. Und noch viele sind da und helfen mit Hand und Verstand. Die Betroffenen sagen, dass die freiwilligen Helfer das meiste leisten. Die offiziellen Helfer sind auch sehr präsent, warten aber oft auf einen Einsatzbefehl. Auch unser Verband ist im Hintergrund aktiv und hat sofort die Not erkannt. Wir suchen Wege, den Betrieben unbürokratische finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen, damit diese weiterhelfen können. Die Leitung liegt beim Land, aber die Politiker aus Mainz kommen und fahren wieder, ohne das Notwendigste sofort zu veranlassen. So wie der Innenminister am Tag der Katastrophe um 19 Uhr. Ich telefonierte mit Denis Heim, er sagte, wenn ich weiß, dass ich wenigstens meine Betriebskosten bezahlt bekomme, komme ich und helfe weiter.
Peter Berg, GartenLandschaft Berg, Sinzig
„Einige unserer Mitarbeiter sind betroffen“
Die Flutopfer haben unser volles Mitgefühl. Da das Unwetter auch in unserer Region viel Schaden angerichtet hat, haben wir mit allen Kräften unseren lokalen Mitmenschen, ehrenamtlich, geholfen. Einige unserer Mitarbeiter und Betriebsfahrzeuge waren auch von dem Ereignis betroffen. Die Arbeiten zur Beseitigung der Schäden und zur Präsentation laufen weiter fort. Wir wünschen allen betroffenen Geduld und Kraft!
Mehmet Gürenc, Gürenc Gartenbau OHG in Erkrath
„Wir helfen im Kleinen, wo wir können“
Einer unserer Mitarbeiter ist direkt am Donnerstag, als das Hochwasser noch hochaktiv war, ins Ahrtal gefahren. Er ist auch ursprünglich aus dieser Region. Wir als Unternehmen haben uns dann spontan dazu entschieden, die Kosten zu übernehmen und seine Arbeitszeit zu bezahlen. Insgesamt haben wir das weder in Social Media noch sonst irgendwo kommuniziert. Natürlich kommt es uns auch zu Ohren, dass die offiziellen Stellen wohl nicht sauber funktionieren da oben. Wir wählen aber den Weg, uns sehr stark zurückzuhalten in der Kommunikation. Wir helfen im Kleinen, wo wir können und gehen davon aus, dass die offiziellen Stellen ihr Bestmögliches tun. Wir wollen die Stimmung nicht weiter aufheizen.
Torsten Hainmüller, Hainmüller Gartengestaltung in Steißlingen
Mit Manpower angepackt
Wir waren in den ersten Tagen in Leichlingen vor Ort und haben mit unseren Maschinen Erste-Räum-Hilfe geleistet. Auch in den folgenden Tagen war unser Radlader zum Beispiel auf dem Sperrmüll-Sammelplatz im Einsatz. Mit Manpower haben wir zudem bei betroffenen Bekannten und Verwandten angepackt. Es herrscht eine enorme Hilfsbereitschaft untereinander, was meines Erachtens auch die Hoffnung für die Opfer erhält. Die Motivation lag in der räumlichen Nähe zu unserem Betriebshof und zuhause, Bekannte und Verwandte sind betroffen und uns selbst geht es gut, wir haben Geräte, Maschinen und Know-how und das alles wird dringend an jeder Ecke benötigt. Aktuell erörtern wir Möglichkeiten, nochmals mit Lkw und Co. an die Ahr zu fahren, um dort ebenfalls zu helfen. Wir verfolgen hier auch diverse organisierte Hilfstrupps von Kollegen oder Landwirten, denen wir uns anschließen konnten. Ob es ein Wandel ist, kann ich nicht sagen. Klar ist aber: es gab kein Wenn und Aber bei der Entscheidung zu helfen und den nächsten Rasen eben erst später zu mähen. Weder bei uns noch bei unseren Kunden.
Henning Wenderoth, TsuboNiwa GaLaBau in Leverkusen
Ehrenamtliche Hilfe ist selbstverständlich
Ich bin in unserem Ort zweiter Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr und bei uns begann das Hochwasser. Unser erster Einsatz begann am Donnerstag, den 08.07.2021 ab 21.30 Uhr in Krassolzheim (der Einsatz ging durch Rundfunk/Presse und war im Bayerischen Fernsehen zu sehen), weitete sich dann über weitere Ortschaften aus und endete am Samstagabend um 22 Uhr. Der Katastrophenfall wurde bereits am Freitagvormittag ausgesprochen, von unserer Firma war die Hälfte der Mitarbeiter ehrenamtlich im Einsatz. Für uns ist es selbstverständlich, der Gemeinschaft etwas zurückzugeben und zu helfen. Seit vielen Jahren setzen wir uns für die Menschen in unserer Gemeinde ein und helfen auch mit unserem Fuhrpark. Im Gegensatz zu vielen anderen verrechnen wir für den Einsatz unserer Geräte, Maschinen oder Fahrzeuge nichts der Gemeinde. Auch werden wir den Einsatz unserer Mitarbeiter bei dieser Hochwasserkatastrophe den Hochwasseropfern in der Form zukommen lassen, dass wir der Feuerwehr eine Spende geben, damit für das nächste Hochwasser spezielle Pumpen oder Sauger angeschafft werden, um den Menschen schneller und besser helfen zu können.
Wir haben auch nach dem Hochwasser eine Mitarbeiterin mit unserem Radlader dazu abgestellt, bei den Aufräumarbeiten zu helfen. Jeder kann der Gemeinschaft, wo er wohnt, etwas zurückgeben und helfen ist befriedigend, auch wenn einige Einsätze schwer emotional zu verarbeiten sind. Mein Team und ich sind der Meinung, dass es normal sein sollte, anderen ehrenamtlich zu helfen, denn wenn ich, meine Familie oder meine Mitarbeiter einen Unfall haben und Hilfe brauchen, bin ich auch froh, dass jemand für mich alles stehen und liegen lässt und mir, meiner Familie oder meinen Mitarbeitern hilft. Es muss wieder ein Umdenken in der Gesellschaft erfolgen, wenn jeder bereit ist etwas zu geben, dann wird das Leben für alle leichter.
Ralf Edelhäuser ist Gärtnermeister bei edelhäuser in Sugenheim.
Lilien für Flutopfer
Ja, ich bin aktiv mit der Aktion: Lilien als Hoffnung für Flutopfer. Als aktiver Feuerwehrmann habe ich einige Flutkatastrophen, auch bei uns vor Ort, mitgemacht. So 2007 in Bubenreuth und oftmals in Erlangen. Nein, in das betroffene Gebiet fahre ich aus gesundheitlichen Gründen nicht. Ich werde weiterhin aktiv Spendengelder sammeln. Meine Kunden sind super. Viele von ihnen waren selbst Opfer, oder haben aktiv beim Mulde Hochwasser, in Passau, Regensburg oder Deggendorf mit aufgeräumt. #lilienhelfenflutopfer
Stefan Strasser, Lilien-Arche in Erlangen
Zu lange kein THW vor Ort
Ja, wir waren selbst vier Tage an der Ahr im Ort Antweiler zum Helfen, mit Bagger, Radlader, Lkw und Traktor mit Anhänger. Wir haben vier Tage Sperrmüll und Bauschutt aus den Straßen und Gassen abtransportiert. Außerdem haben wir den vielen Betroffenen zugehört und dem ein oder anderen auch Trost gespendet. Obwohl einem der Anblick und das Leid der Menschen selber stark strapaziert hat.
Wir mussten uns vor Ort selbst organisieren. Unterstützung gab es nur durch die örtliche Freiwillige Feuerwehr, die mit der Situation auch gefordert und vor allen Dingen überfordert war. Am fünften Tag nach der Katastrophe wurde immer noch kein THW oder sonstige offizielle Vertreter des Krisenstabs vor Ort gesehen.
Meine beiden Söhne konnten durch einen Aufruf und ihren Kontakten in den sozialen Medien jedoch einige Berufskollegen und Landwirte mit Maschinen und fleißigen Händen zur Hilfe bitten, die dies auch unverzüglich umsetzten. Wenn man sieht, mit welcher Gewalt die Natur zuschlägt und was sie zerstört, wie Familien auseinandergerissen oder komplett ausgelöscht werden, wie Menschen alles verlieren, außer das, was sie am Körper tragen in so kurzer Zeit, dann fragt man sich schon, ob der Luxus und die Perfektion, der Egoismus in der Gesellschaft das ist, wonach wir streben. Sowohl unsere Mitarbeiter wie auch ich selbst konnten in diesen Tagen nicht viel schlafen und zur Ruhe kommen, weil die Gedanken an die Menschen und das Chaos, die Hilflosigkeit es nicht zulassen. Trotzdem werden wir in den nächsten Tagen / Wochen noch einmal helfend in dem Katastrophengebiet unterwegs sein.
Wilfried Theisen ist Inhaber bei Gartengestaltung&Pflege in Anschau.
Hilfe für Firma Wershofen
Ja, wir sind auch im Katastrophengebiet im Einsatz, unser Kollege Wershofen mit 45 Mitarbeitern liegt mitten in diesem Gebiet (Ahrweiler). Wir hatten am Freitag,16.07., ein kurzes Telefonat mit unserem Kollegen Dirk Weber aus Sinzig, der uns mitteilte, dass die Firma Wershofen komplett abgesoffen sei. Daraufhin haben wir zwei Lkw mit Anhänger mit Radlader, Bagger und Kleinwerkzeug bestückt und sind am gleichen Tag noch nach Ahrweiler gefahren und haben angefangen den Betrieb von Schlamm, Geröll und angetriebenen Baumstämmen zu befreien. Am zweiten Tag kamen schon die Freiwilligen von unserer Feuerwehr mit dorthin, die dann die Wohnungen, Gebäude und Keller leerpumpten und uns halfen aufzuräumen, bis Sonntag jeweils spät in die Nacht.
Wir waren von Freitag bis Sonntag mit etwa 8-10 Leuten vor Ort, Montag bis Donnerstag war dann Dirk Weber mit seinem Team dort, wir übernahmen wieder am Freitag, 23.07. bis 30.07.
Wir mussten komplette Pflanzen- und Warenbestände vernichten, wir säuberten, rissen zerstörte Bürogebäude und Gewächshäuser ab, haben diese auf Traktorenanhänger und Vierachser Lkw verladen, die das ganze Material dann entsorgten.
Das Wichtigste war aber die Betreuung der Familie Wershofen, Trost zu spenden, Bittbriefe und Gespräche mit den Verbänden GaLaBau Verband Rheinland-Pfalz und dem Landesverband Gartenbau zu führen, die uns alle ihre bestmögliche Hilfe versprachen. Sie haben alle Verbände deutschlandweit um Hilfe gebeten, diese haben wir dann an die Firma Weshofen weitergeleitet, seien es Sachspenden, Geld oder Manpower.
Wir danken allen, die uns unterstützt haben: Firma Dirk Weber aus Sinzig, Firma Walter Schmitz GaLaBau aus Reiferscheid, Firma Beutlhauser, unsere Freiwillige Feuerwehr aus St. Sebastian und natürlich unsere Mitarbeiter, ebenso unseren Verbänden. Die Firma ist nun besenrein und mit Wasser ausgespült.
Firma Wershofen bleibt stark, wir sind auch weiterhin für euch und eure Familie und Nachbarn da.
Die Firma Wershofen, Ralf und Hannah, ihre Söhne Michael und Thomas, Mitgeschäftsführer, mit 45 Mitarbeitern, davon sind zurzeit nur 10 Mitarbeiter da, die restlichen Mitarbeiter sind gerade selbst betroffen und haben fast alles verloren, so wie ihre Chefs. Ein Mitarbeiter hat dem Chef Ralf Wershofen und dessen Frau seine Wohnung überlassen, damit sie ein Dach über dem Kopf haben.
Andreas Thielen, Inhaber bei Josef Thielen KG in St. Sebastian
Aufbruchstimmung ist spürbar
Wir sind gestern mit einigen Mitarbeitern aus Altenburg im Ahrtal zurückgekommen.
Für drei Tage waren wir mit zwei Lkw, drei Baggern und einem Radlader dort.
Das Lagezentrum in Altenburg hat mittlerweile eine erkennbare Struktur und gute Akzeptanz, sodass Hilfegesuche an die freiwilligen Helfer gut verteilt werden.
Es gibt viel zu tun und wenn man einmal angefangen hat, kommen laufend weitere Anfragen von weiteren Anliegern.
Dies ist direkte Hilfe, die direkt ankommt. Die Betroffenen sind super dankbar. Einer sagte mir, dass er, wenn es die vielen freiwilligen Helfer nicht gäbe, sein Leben schon beendet hätte.
Aber so ist Tatendrang zu verspüren und eine Aufbruchstimmung.
Allerdings gibt es auch viele Traumatisierte, die völlig am Ende sind, oder sich jetzt, zwei Wochen nach der Katastrophe, über die Folgen der ansonsten vom Tourismus lebenden Region bewusst werden.
Es dauert noch Jahre bis die touristische Infrastruktur wieder steht, aber wie viele Hotels und Restaurants machen überhaupt wieder auf?
Wer kommt von den Bewohnern zurück? Wer war versichert, wer kann sich den Wiederaufbau leisten, wer schafft es psychisch vielleicht nicht das Trauma zu bewältigen und kann nicht wieder dort wohnen?
Das sind aufkommende Zukunftsfragen, die sich ganze Dörfer stellen.
Wir als Landschaftsgärtner können weiterhin gut unterstützen. Grün ist leben und bringt Hoffnung. Es geht nicht nur ums Aufräumen.
Dörfer im „Rohbauzustand“ müssen wiederbelebt und begrünt werden. Dabei zu unterstützen und die positive Stimmung zu erhalten, wird für uns Gärtner eine wichtige Aufgabe sein.
Alle, die von uns da waren sind dankbar, dass sie helfen konnten, und jeder hat es gerne gemacht.
Wir werden wieder hinfahren und weiterhin helfen.
Friedrich Klute ist Geschäftsführer bei Klute in Sundern.
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