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GaLaBau-Hochwasser-Hilfe 2021

"Die Menschen auch jetzt nicht alleine lassen"

Einen Tag, nachdem Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen schwere Schäden angerichtet hatte, eröffnete Günter Müller auf Facebook die Gruppe „GaLaBau-Hochwasser-Hilfe 2021“. Das animierte und motivierte viele Kollegen aus dem GaLaBau, in den betroffenen Gebieten zu helfen. Wir haben mit einigen der freiwilligen Helfer gesprochen.

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Änlich wie hier in Iversheim verursachte die Flutwelle in vielen Orten an Ahr und Erft sowie vielen weiteren Flüssen in NRW und Rheinland-Pfalz verheerende Schäden.
Änlich wie hier in Iversheim verursachte die Flutwelle in vielen Orten an Ahr und Erft sowie vielen weiteren Flüssen in NRW und Rheinland-Pfalz verheerende Schäden.Mark Dellen, Alpen
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Am 14. Juli kamen die Feuerwehren in Teilen von Rheinland-Pfalz (RP) und Nordrhein-Westfalen (NRW) an ihre Grenzen: Heftige Regenfälle ließen Flüsse über die Ufer treten, die Wassermassen rissen Bäume, Autos und Brücken mit, zerstörten Häuser und töteten Menschen. Im Laufe des nächsten Tages wurde das Ausmaß nach und nach sichtbar. Wenige Stunden später wurde auf Facebook die Gruppe "GaLaBau-Hochwasser-Hilfe 2021“ eröffnet. "Allerdings war das gar nicht meine Idee", stellt Günter Müller, Inhaber von SKM-Galabau in Gemünden, erst einmal klar. "Andreas Vongries aus Wehrheim rief mich an und fragte, ob ich Zeit hätte, eine Gruppe auf Facebook zu erstellen, er würde gerne Hilfe organisieren."

Was daraus wurde, hätte sich Müller nicht träumen lassen. "Ich habe nicht mit dieser Resonanz gerechnet." Viele Landschaftsgärtner wollten helfen. Die galt es nun, sinnvoll zu organisieren. Drei Stunden Schlaf pro Nacht – mehr war in der ersten Woche für Müller kaum drin. "Ich habe dann gemerkt, dass ich das alleine nicht schaffe." Anna Hammer, Galabau-Unternehmerin aus Willich, stand ihm mit der Moderation zur Seite. "Ich habe irgendwann kaum noch durchgeblickt, was wo zu tun ist", sagt Müller. "Anna hat dann die Koordination übernommen und macht das bis jetzt wirklich hervorragend."

Müller selbst war einige Tage nach dem Hochwasser am Nürburgring. "Die Idee war, Hilfe von dort aus zu koordinieren." Vor Ort waren auch Feuerwehr, Technisches Hilfswerk (THW), Rotes Kreuz (DRK) und Polizei. Statt schneller Entscheidungen habe es allerdings erst mal jede Menge Kompetenzgerangel gegeben. Etwas, was Müller und viele Helfer aus dem GaLaBau im Laufe der Zeit immer wieder erlebt haben, wenn auch nicht überall. "In der Südeifel hat es zum Teil mit den Organisationen und auch mit den Bürgermeistern super funktioniert."

Selbstorganisation und Ideenreichtum

Planlose Helfer und Organisationen, die Verantwortlichkeiten hin- und herschieben – das war der erste Eindruck, den Günter Kowalski in Dernau bekam. Der Betrieb des Landschaftsgärtners ist in Bad Laasphe, die Eifel und das Ahrtal kennt Kolwalski von Motorradtouren sehr gut. Zweimal sieben Tage, also insgesamt zwei Wochen war Kowalski insgesamt unterwegs. Geplant war zunächst nur ein Wochenende. Gemeinsam mit Galabau-Kollegen und anderen Handwerkern half Kowalski vor allem in Dernau. Was sich dort auf den Straßen und in den Gärten aufgetürmt hatte, war nahezu unbeschreiblich. Von einem Grundstück transportierten er und andere Helfer mehr als 200 Lkw voll Schwemmgut. "In einem Garten befand sich Müll, ein Wohnmobil, dazu Baumstämme, ein Öltank...".

Der Öltank im Garten entpuppte sich als schwieriger Fall. "Wir haben das THW angesprochen, das uns an die Feuerwehr verwiesen hat. Die Feuerwehr hat gesagt, dafür seien sie nicht zuständig." Mit dem beherzten Einsatz von Helfern, die den Öltank dann vom Garten auf die Straße zogen, wurde das private Problem schließlich kurzerhand zu einem öffentlichen. "Auf der Straße muss sich eine offizielle Stelle darum kümmern", sagt Kowalski.

Während der Hilfseinsätze haben sich ein paar Familien herauskristallisiert, die Kolwalski auch über die ersten Aufräumarbeiten hinaus weiter betreut, "so lange, wie es nötig ist", betont er. Der Landschaftsgärtner richtete ein Spendenkonto ein, um vor allem denen zu helfen, die keine Versicherung haben. Für eine Familie organisierte er einen Elektriker, für zwei weitere einen Schreiner, der neue Innentüren sponsert. Es sind auch Kleinigkeiten, die helfen. So haben zwei Hauskatzen einer Familie auf dem Balkon nun ein vernetztes Katzenparadies für die Dauer der Sanierung. "Vor allem für den Aufbau werden jetzt Handwerker benötigt", sagt Kowalski. Doch auch die Aufräumarbeiten sind immer noch nicht erledigt. "An manchen Ecken sieht es immer noch aus wie am ersten Tag." Für die Menschen dort eine Tragödie. "In der Zeit, in der ich im Ort war, haben sich allein fünf Menschen das Leben genommen."

Dort helfen, wo man lebt

Mike Trautmanns Galabaubetrieb befindet sind in Kall, einem Ort im Kreis Euskirchen, der vom Hochwasser getroffen wurde. Der Landschaftsbau-Unternehmer hatte Glück: „Wir blieben verschont. Hundert Meter weiter stand das Wasser drei Meter hoch.“ Häuser und Autos wurden zerstört, Teerdecken abgetragen, Zäune umgeknickt. Vom Ausmaß der Schäden sah Trautmann zunächst nichts. „Vor unserer Firma befindet sich eine Häuserreihe, die den Blick in den Ort versperrt. Lediglich zwei Radlader-Schaufeln voll Geröll lagen auf der Straße.“ Auf dem Weg zu einem Kunden wurde schnell klar: die Ortsdurchfahrt ist unpassierbar. „Wir haben dann erst mal eine Erkundungsfahrt gemacht um zu sehen, wie es im Dorf überhaupt aussieht.“ Anschließend machte sich Trautmann mit Radladern, Baggern und seinen Mitarbeitern auf den Weg, um anzupacken, wo nötig. „Uns wurde am Freitag erst so richtig bewusst, was überhaupt passiert war“, erinnert sich Trautmann.

Noch schlimmer getroffen hatte es das 25 Kilometer entfernte Bad Münstereifel, den Geburtsort von Trautmanns Frau. Auch dort halfen einige Mitarbeiter bei den Aufräumarbeiten. Mike Trautmann kehrte zurück nach Kall und kümmerte sich vor Ort auch darum, dass Hilfesuchende und Helfer zueinander fanden. Anders als bei den offiziellen Organisationen wie Feuerwehr, Technisches Hilfswerk (THW) und Bundeswehr war das unbürokratisch möglich. „In Kall war das THW mit einem Lkw mit Radlader und Bagger angerückt, den sie nicht abladen durften, weil es keine offizielle Order gab. Und in Bad Münstereifel, wo die Bundeswehr mit 300 Mann vor Ort war, haben wir Koordination vermisst.“ So wurden mehr als 100 freiwillige Helfer von der Bundeswehr lediglich mit Fischdosen und Salzbrezeln verköstigt, weil nichts anderes organisiert werden konnte.

Trautmann war selbst Bundeswehrsoldat. „Eigentlich hätte es innerhalb einer Woche möglich sein müssen, einen vernünftigen Krisenstab einzurichten.“ Schnell mit der "Organisation" wiederum waren allerdings die Tankstellen. "Kurz nach der Flut stieg der Dieselpreis in der Gegend um 20 Cent. So etwas müsste man meiner Ansicht nach politisch unterbinden."

Mit Lkw und Kran Treibholz beseitigen

Thorsten Heller, dessen Baumpflegebetrieb sich in Zweibrücken befindet, erfuhr über Freunde bei der Feuerwehr vom Ausmaß der Zerstörungen in der Eifel. „Sie waren als Helfer am Nürburgring und in Bad Neuenahr und haben schnell festgestellt, dass sie dort mit den Händen wenig ausrichten können. Also haben sie mich nach einem Radlader gefragt.“ Den stellt Heller zur Verfügung und wechselte sich bei der Hilfe mit den Freunden ab - sie von Montag bis Donnerstag, er von Freitag bis Sonntag. Denn Heller ist nicht nur Unternehmer, sondern auch noch bei der Stadt Ludwigshafen angestellt, was die Einsätze aufs Wochenende beschränkt.

Vor der Abfahrt in die Katastrophengebiete rüstete sich Heller mit Notstromaggregaten und Motorsägenketten aus. Als Inhaber eines Baumpflegebetriebes hat er zudem einen Lkw mit Kran. „Das macht es uns einfacher, beispielsweise Treibholz zu beseitigen.“ Hilfreich sind die Kenntnisse der Baumexperten vor allem dort, wo Holz unter Spannung steht, also beispielsweise bei angeschobenen Bäumen.

Die Eindrücke aus dem Ahrkreis wirken bei ihm noch nach. "Im Fernsehen ist es sah es schon furchtbar aus, vor Ort ist das nochmal schlimmer." Zunächst einmal galt es, die Straßen freizuräumen. "Diese Arbeit hörte erst mal nicht auf", erinnert sich Heller. War das Treibgut abgefahren, landete der Hausrat auf der Straße. War der entsorgt, kam der Schlamm. "Wir haben jede Straße mindestens drei- bis viermal geräumt. Der Baumpfleger will auch weiterhin in den betroffenen Gebieten helfen. "Heizung, Gas, Strom und Wasser - das wird dort in den nächsten Wochen noch ein großes Problem", ist er sich sicher.

Weiterhin Zeichen setzen

Mark Dellen will zukünftig ebenfalls noch helfen. "Auch nach dem Aufräumen können wir in unserer Branche dort Zeichen setzen", ist er überzeugt. Als der Inhaber eines Galabaubetriebes im nordrhein-westfälischen Alpen im Juli den Aufruf der GaLaBau-Hochwasser-Gruppe sah, machte er sich spontan mit einem Mitarbeiter auf den Weg nach Iversheim. "Ich habe dort als Kind bei einem Freund immer meine Sommerferien verbracht." Dieser Freund hatte nun innerhalb einer Nacht alles verloren.

Dank Ortskenntnissen fand er trotz zerstörter Straßen und Brücken einen Weg in den Ort. "Wir haben uns dann einfach von Haus zu Haus vorgearbeitet, um die Straßen von den Trümmern freizubekommen." Ab und zu habe er mit seinem Bagger ein wenig abseits parken und tief durchatmen müssen, erzählt Dellen. "In einem Neubaugebiet waren fast alle Häuser zerstört. Diese oft jungen Familien haben alles verloren. Und wenn man dann ein Haus sieht, in dem ein Pritschenwagen im zweiten Stock steht, wird einem klar, welche Wucht das Wasser hatte."

Trümmerberge durchsuchen und abfahren - das hatte erst einmal oberste Priorität. "Wir haben sorgfältig geschaut, was sich dort befindet. Vor dem Haus eines etwa 80-Jährigen Herrn, dessen Wand gefehlt hat, haben wir noch ein Fotoalbum in den Trümmern gefunden mit Bildern, auf denen er als etwa 30-Jähriger zu sehen war. Bei der Übergabe liefen dann auch bei uns die Tränen." Erschwerend bei den Aufräumarbeiten kam hinzu, dass in einem Logistiklager oberhalb des Ortes Säcke mit Chemikalien gelagert hatten, die in den Ort geschwemmt worden waren. "Es war erstmal gar nicht klar, was da überhaupt drin ist."

Dellen half in Iversheim, Mitarbeiter von ihm waren in Bad Neuenahr und Kreuzberg. Einige Baustellen wurden daher verschoben, doch die Kunden hatten Verständnis. "Ich hätte mich ohnehin nicht von jetzt auf gleich auf die Arbeit konzentrieren können, dazu erlebt man dort zuviel." Vom Zusammenhalt der Landschaftsgärtner ist der junge Unternehmer begeistert. "Da wurden Maschinen abgegeben an völlig Fremde, das ging alles auf Vertrauensbasis", nennt er ein Beispiel. Doch er hat auch einen Betriebsinhaber erlebt, der die Katastrophe ausnutzen wollte, um Werbung für sich und seinen Betrieb zu machen. "Er war mit seinem Fahrzeug immer da, wo eine Kamera war, aber nie dort, wo geholfen werden musste." Gott sei Dank seien das Einzelfälle gewesen, wenn auch ärgerliche.

Marc Dellen half nicht nur, sondern organisierte auch. "Ich habe Aufrufe an Bekannte über Facebook und WhatsApp gestartet." So organisierte er in seinem Umfeld weitere Firmen, darunter andere GaLaBau-Kollegen, einen Landmaschinenmechatroniker und Mitarbeiter eines Landmaschinenservice. Gemeinsam mit zwei seiner Mitarbeiter und den anderen Helfern und ausgestattet mit sieben Baggern und acht Radladern ging es im September in Richtung Erft. Ohne die sozialen Medien, vor allem über die Facebook-Gruppe wäre deutlich weniger Hilfe gekommen", ist Dellen sicher. Nach dem Aufräumen kann er sich vorstellen, auch beim Aufbau und der Begrünung von Privatgärten mitzuhelfen. "Wenn Müll und Schutt weg sind und der Wiederaufbau beginnt, dann brauchen die Menschen auch Hoffnungszeichen."

Aus Tagen werden Wochen

Eigentlich wollte Sebastian Twele nur ein paar Tage mithelfen, die Folgen des Hochwassers zu beseitigen. Daraus sind vier Wochen geworden. „Ich war vielleicht insgesamt 3 Tage mal zu Hause, um Klamotten zu wechseln“, erzählt er. Er unterstützt seine Frau Stefanie Twele seit einigen Jahren im Galabau-Betrieb im ostwestfälischen Petershagen. Als er den Aufruf der GaLaBau-Hochwassserhilfe auf Facebook sah war ihm klar, dass er bei den freiwilligen Helfern mit dabei ist. „Ich habe dann über die Gruppe Kollegen aus der Gegend gesucht, die ebenfalls helfen wollen und das dann schließlich über WhatsApp organisiert.“ Zunächst ging es mit einigen Kollegen, drei Baggern, einem Radlader und zwei Lkw ins 300 Kilometer entfernte Iversheim.

Twele war lange bei der Bundeswehr, hat das Elbhochwasser miterlebt und war im Kosovo. „Dieses flächige Ausmaß und die Gewalt der Zerstörung war neu für mich. In diesen Situationen fangen Sie dann erst mal an, zu funktionieren.“ Selbstorganisation war gefragt. „Wir haben uns die Maschineneinsätze selbst gesucht und abgearbeitet.“ Zunächst einmal hieß das vor allem, die Schwemmguthaufen zu durchsuchen und abzutransportieren. „Die Haufen waren zum Teil fünf mal zehn Meter groß und bis zu dreieinhalb Meter hoch aufgetürmt“, erinnert sich Twele. „Bei einem Landwirt haben wir die Anbaugeräte für seinen Traktor rausgezogen. Und natürlich hat man immer Angst, ein Auto zu finden, in dem jemand gestorben ist.“ Dass ihm das nicht passierte, dafür ist er sehr dankbar.

In den vier Wochen war Twele noch in Dorsel, Altenahr, Schuld, Gemünd, Kall, Schleiden und Urft. Auch seine Eindrücke der offiziellen Organisationen sind nicht unbedingt positiv. "Oft konnten sie nicht helfen, weil sie mit falschem Gerät vor Ort waren oder niemand die vorhandenen Maschinen bedienen konnte. Es waren genug Leute wie wir dort, die mit Maschinen umgehen konnten. Nur hat sich keine der Organisationen dieses Wissen zu eigen gemacht. Wenn ich die Kräfte, die da sind, nicht sinnvoll einsetze und organisiere, hat das meiner Meinung nach einen faden Beigeschmack."

Großer Zusammenhalt

Trotz all des Unglücks, das in den Hochwasser-Gebieten herrscht: "Es war eine gute Erfahrung", sagt Daniel Steuder. Sein erster Hilfseinsatz führte den GaLaBau-Unternehmer aus Ransbach-Baumbach nach Antweiler, Kreuzberg und Dernau. "Da war etwas, das mir lange gefehlt hat: eine große Hilfsbereitschaft, ein unglaublicher Zusammenhalt der Gewerke und eine große Dankbarkeit der Menschen."

Was er zu Beginn bei den Aufräumarbeiten erlebte, hat ihn allerdings schon erschüttert. "Wir sollten dort die Schwemmguthaufen sortieren. Uns wurde dann gesagt, was wir tun sollen und wen wir benachrichtigen sollen, wenn wir dort noch Leichen finden." Diese Information entschleunigte die Arbeit erst einmal erheblich. "Unsere Baggerlöffel sind nicht geeignet, um Menschen irgendwo herauszufischen", sagt Steuder. "Zwischendurch vergisst man das immer mal wieder und arbeitet einfach, dann wieder fällt einem ein, was passieren könnte." Eine Leiche hat er Gott sei Dank nicht gefunden, im Gegensatz zu anderen, die ein Auto mit einer Familie bargen oder bei denen ein Toter auf dem Baggerlöffel lag.

Während sich die Helfenden verschiedenster Gewerke mit Maschinen und Fahrzeugen selbst organisierten, war auf offizieller Seite wenig Struktur vorhanden. "Was mich wirklich genervt hat waren das Kompetenzgerangel. Die Feuerwehr will nicht fürs THW arbeiten, das THW nicht für die Bundeswehr und so weiter." Die Erkenntnis, die Steuder mitnimmt: "Es muss bei Katastrophen einen Verantwortlichen geben, der alle Hilfsorganisationen befehligen darf. Die jetzigen Befehlsstrukturen sind selbst eine totale Katastrophe."

Dem ersten Einsatz folgten zwei weitere. "Am zweiten Wochenende haben wir Hausrat geladen und abgefahren,  am dritten Wochenende war ich mit der Kehrmaschine unterwegs", sagt Steuder. So groß die Hilfsbereitschaft anfänglich war: Mittlerweile hat es merklich nachgelassen. "Alle waren gerne da, nun merkt man allerdings, dass die Stimmung umschlägt. Viele Helfer und Unternehmer packen ihre Sachen, denn auch nach fünf, sechs Wochen ist immer noch nicht klar, ob Kosten der Helfer übernommen werden." Dabei geht es nicht um die Arbeitszeit, sondern um ganz praktische Dinge wie Sprit, einen kaputten Reifen oder – wenn es schlimmer ist – auch einen Hydraulikschaden am Bagger. Unklar ist, was aus den Menschen dort wird, wenn die Hilfsbereitschaft nachlässt. "Viele dort sind noch im Schock. Sie lachen, sind zuversichtlich und haben glaube ich noch gar nicht wirklich registriert, was sie erlebt haben."

Hilfe auch weiterhin unbedingt notwendig

Auch sechs Wochen nach der Flut gibt es immer noch Menschen, die bisher noch keinerlei Hilfe bekommen haben, weiß Anna Hammer. So hat sie beispielsweise von einem älteren Herrn erfahren, dessen unteres Stockwerk im Haus komplett zerstört wurde und er seither in der oberen Etage lebt. "Das ist schon die dritte Wohnung diese Woche, in der noch keine Helfer waren und auf die wir nur zufällig aufmerksam geworden sind." Anna Hammer ist Admin der GaLaBau Hochwasser-Hilfe, bringt Hilfesuchende und Helfer zusammen, koordiniert, organisiert, verteilt und bündelt – und kommt seit Wochen mit sehr wenig Schlaf aus. "Aktuell habe ich etwa 50 Baustellen, inklusive meiner eigenen", sagt die GaLaBau-Unternehmerin. Drei Mitarbeiterinnen helfen, die Anfragen und Anrufe zu bewältigen, die über alle möglichen Kanäle kommen. Helfer wollen wissen, wo ihre Arbeit gebraucht wird und überall gibt es täglich Veränderungen, die kommuniziert werden wollen. "Da wechselt plötzlich der Ort der Essenausgabe, der Reparaturdienst befindet sich heute hier und morgen dort", sagt Hammer.

Was sie auf keinen Fall will ist, dass Helfer frustriert wieder abziehen, weil es nichts zu tun gibt. "Wenn du irgendwo 20 Leute vor Ort hast, die anpacken wollen, das ist doch Gold wert." Also sorgt sie dafür, dass jeder, der helfen will, auch helfen kann. Sie kümmert sich um Ersatzmaschinen, um Einsätze, um Schlafgelegenheiten. Da bei Anna Hammer sowohl Informationen von Helfern als auch Nachrichten von Hilfesuchenden ankommen, hat sie umfassende Eindrücke von der Situation der Betroffenen bekommen. "Was vielen von uns gar nicht klar ist: die Menschen dort können sich nicht Tag und Nacht um ihre Häuser kümmern. Sie haben zwar ihre Wohnung verloren, aber nicht ihren Job."

Viele sind verzweifelt, weil sie immer noch nicht wissen, wie es weitergeht. "Wer ein Haus hatte, das noch nicht abbezahlt war, muss Raten an die Bank bezahlen für etwas, was nicht mehr existiert." Als Soforthilfe gibt es sowohl in Rheinland-Pfalz als auch in Nordrhein-Westfalen maximal 3.500 € pro Haushalt, davon 1.500 € als Sockelbetrag für eine Person und 500 € für jede weitere. Was zukünftig an finanzieller Unterstützung kommt, ist noch völlig unklar. "Es gibt Familien, die momentan zu fünft in der 30 qm-Studentenwohnung der ältesten Tochter wohnen", weiß Anna Hammer. Es fehlt momentan an allem: an Bautrocknern, an Heizungen, an der Stromversorgung, an Handwerkern für den Innenausbau. Doch die Hilfsbereitschaft lässt merklich nach – für Anna Hammer die nächste Katastrophe nach der Flutwelle. "Es ist absolut wichtig, dass dort weiterhin geholfen wird."


> Spendenkonten für Material von Helfern:

Hatten hilft e.V.

Kontonummer

DE 12 2805 0100 0093 5629 32

Landessparkasse zu Oldenburg

 

> Spendenkonto für Familien ohne Versicherung in Dernau:

"Siegen-Wittgenstein für Dernau“

IBAN: DE83 4605 3480 0000 0496 84

Sparkasse

 

> Spendenkonto des VGL Rheinland-Pfalz/Saarland

Volksbank Rhein-Nahe-Hunsrück eG

IBAN DE41 5609 0000 0002 3219 24

Stichwort: Katastrophenhilfe „Der GaLaBau hilft“

 

> Spendenkonto des VGL Nordrhein-Westfalen

Sparkasse Hamm

IBAN DE35 4105 0095 0000 1899 51

Stichwort: Katastrophenhilfe „Der GaLaBau hilft“

 

Redaktionelles Danke schön!

Die von Günter Müller gegründete und zusammen mit Anna Hammer sowie unter anderem Daniel Steuder und Torsten Struß moderierte facebook-Gruppe "GaLaBau-Hochwasser-Hilfe 2021" koordinierte in den letzten drei Wochen viele Hilfsleistungen, organisierte Technik, Manpower, Kontakte zu örtlichen Einsatzstellen und Verpflegung. Während die Arbeiten an der öffentlichen Infrastruktur mittlerweile im offiziellen Rahmen abgewickelt werden, sind immer noch viele private Flutopfer auf Hilfe angewiesen und dankbar für die Unterstützung. Deswegen geht die Arbeit der Koordinatoren auch weiter und Leute, die helfen möchten, dürfen sich weiter über die Seite anmelden.

Für unseren Text haben wir ein paar der zahllosen Helferinnen und Helfer herausgegriffen. Darüber hinaus möchten sich wir uns stellvertretend bei allen Firmen und Einzelkämpfern bedanken, die sich zum Teil mehrfach oder für längere Zeit engagiert haben; teilweise persönlich, oder durch Freigabe von Mitarbeitern, Fahrzeugen, Geräten und Betriebsmitteln. Die Liste der Firmen würde jeden Rahmen sprengen. Wir möchten trotzdem zusätzlich einige Firmen erwähnen, die uns persönlich aufgefallen sind:

Garten- und Landschaftsbau Aladdin (Willich), Roman Arndt (Vaihingen), A und S GrünBau (Moers), Bagger Becker KG (Angelburg), Frank Behle (Stadt Kelkheim), Burggraf (Bad Münstereifel), BMT Baggerbetrieb (Mühlberg), Elektroservice Bergmann (Alfdorf), Melanie Borgmann, Borgmann GaLaBau (Ankum), Max Breitfeld (Marl), Pit Schumacher, Bremer Baumdienst (Bremen), Janto Böhme (Waren), Mark Dellen (Alpen), Floratec (Saarlouis), Garten- und Landschaftsbau Udo Gebauer, Dennis Geibig (Alzenau), Maximilian Görht (Hildrizhausen), Gräfe GmbH (Bonn), Wilhelm Hartmann (Fulda), Heim GaLaBau (Tübingen), Thorsten Heller Baumpflege (Zweibrücken), Michael Holzweiler (Bielefeld), Jochen Keller (Wehrheim), Knappmann (Essen), Jesse König (Cuxhaven), Garten- und Landschaftsbau Kowalski (Bad Laasphe), Robert Kramer Garten- und Landschaftsbau (Waltrop), Daniel Kretzer/Kretzer Montage Service (Haiger), Sascha Kübler/Kübler Erdarbeiten (Husum), NicO's Außenanlagen, (Nico Osthushenrich, Kastellaun), Jonas Porth (Geisenheim), Schmitz (Reifferscheid), Kai Uwe Schöttner (Bad Schwalbach), Schraps & Vogel Garten- u. Landschaftsbau, Peter Schraps (Kempen), Spessart Baum (Aschaffenburg), Stein und Flora (Köln), Daniel Steuder (Ransbach-Baumbach), Frank Teitz (Heinsberg), Andreas Thielen KG (St. Sebastian), Alexander Tilburgs (Schmitten), TLS GmbH Abbruch, Erdbau (Loßburg), Garten & Landschaftsbau Trautmann, Mike Trautmann (Kall), TueMaTec GmbH (Brilon), Sebastian Twele (Petershagen), Andreas Vongries (Wehrheim), Gartenservice Wietkamp (Südbrookmerland), Garten- und Landschaftsbau Hubert Wirtz (Linnich-Gevenich), Christian Wrede (Brilon).

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