Den Alltag im Clip erzählen
Florian Otto aus Xanten hat sich in den sozialen Netzwerken YouTube und Instagram eine beachtliche Reichweite aufgebaut. Den Landschaftsgärtner vom Niederrhein treibt der Spaß daran, seine Leistungen als Bewegtbilder zu verbreiten. Schöne Nebeneffekte: spannende Projekte, ein Vertrauensvorschuss und eine Perspektive, aus der Influencer-Karriere ein neues Geschäftsmodell abzuleiten.
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>> Video: Florian Otto im YouTube-Kurz-Interview
Es fing an mit einer guten Idee: Florian Otto wollte seiner Familie zeigen, was er den Tag über auf der Baustelle treibt. In kurzen Clips nahm er einzelne Gewerke auf und lud die Videos auf YouTube hoch. Weil sich auch viele andere die Videos anschauten, wurde daraus „Florians Gartenwelt“- ein Nebenerwerb mit Perspektiven. Mittlerweile folgen Otto auf YouTube über 60.000 Menschen. Auf Instagram sind es sogar gut 100.000. Auch wenn das in der Welt der Influencer überschaubar ist – für den GaLaBau ist es viel; zumal Ottos Instagram-Account in den letzten Monaten alleine um 40.000 Follower gewachsen ist.
Angefangen als Krankenpfleger
Als der heute 33-Jährige Ende der 2000er mit dem Abi fertig war, war sein Ziel, Menschen zu helfen und Krankenpfleger zu lernen. Doch die Ernüchterung kam schnell: „Ich dachte, es geht um die Menschen, aber in den Krankenhäusern muss in erster Linie das Geld stimmen“, war sein Eindruck. „Das konnte ich nicht mehr mit meinen Vorstellungen vereinbaren.“
Otto orientierte sich um und hatte Glück: Die Mitarbeiterin vom Arbeitsamt interessierte sich für die Hobbys und Leidenschaften ihres Klienten und war sich schließlich sicher, dass der Gartenbau passen könnte. Sie fand 30?km entfernt einen ausbildungswilligen Betrieb, der dem damals 22-Jährigen ermöglichte, ein verlängertes Praktikum bis zum Ausbildungsstart zu absolvieren. Auch da begann es mit monotonen Arbeiten und Handlangertätigkeiten. Aber bei Heike Püttgen-Evers von Freiformat in Goch lernte Otto die Vielfalt des Landschaftsbaus kennen. Das Unternehmen war im Privatgartenbereich tätig und hatte deshalb ein breites und hochwertiges Leistungsspektrum. „Ein naturverbundener Mensch war ich eigentlich schon immer“, sagt Otto heute. Damals sah er sich im richtigen Beruf angekommen. „Dieses Gefühl, draußen etwas im Team zu schaffen, hat mich begeistert.“
Social Media als Erzählplattform
Otto kommt aus einer Beamtenfamilie. Ohne dass das jemand erwartet hätte, war der Bildungsweg für ihn und seine fünf Geschwister vorgezeichnet: Abi und danach ein Studium. „Das wollte ich nie“, erzählt der GaLaBau-Unternehmer, der als einziger in der Familie einen handwerklichen Beruf ergriff. Um Eltern und Geschwistern zu zeigen, was er macht, fing Otto früh an, mit dem Handy Video-Clips von seinen Gewerken zu drehen.
Im Anschluss an die Ausbildung hatte er eine kleine Orientierungsphase eingelegt, kurz in einen Produktionsbetrieb und ins Greenkeeping reingeschaut, um dann 2014 ein Gewerbe anzumelden. Parallel zur Teilzeit-Klasse in der Meisterschule arbeitete er die ersten eigenen Aufträge ab und schon bald taten sich Baustellen auf, auf denen sich Filme drehen ließen. „Ich habe mit YouTube angefangen, um der Familie wie in einem Bilderbuch zu zeigen, was ich mache“, blickt Otto zurück. Das funktionierte als Bewegtbild natürlich besonders gut. Instagram kam als Zweitplattform dazu. Hier zeigte er den Baustellenalltag anhand von Bildern und Reels (Kurzvideos).
Und plötzlich Influencer
Heute lässt Otto regelmäßig die Kamera mitlaufen. Aus den Erzählfilmen sind ein kleines Geschäft und eine Marketingstrategie geworden. Dabei treibt den Landschaftsgärtnermeister die Motivation an, interessierten Laien die Vielfalt des Berufs und die bautechnischen Herausforderungen zu zeigen. Seine Reels und Clips werden tausende von Malen geklickt. Ein Video zur thermischen Unkrautbekämpfung kommt auf fast 1 Mio. Clicks – Unkrautbekämpfen ist eine deutsche Leidenschaft.„Das Ganze ist ein Selbstläufer geworden. Aber das war nicht mein ursprünglicher Gedanke“, gesteht Otto.
Die Hauptzielgruppe seien die Leute, die sich zutrauen, den Garten selber zu bauen. „Vielleicht auch solche, die nicht den nötigen Taler haben, den Landschaftsgärtner zu holen“, schmunzelt er. Das werde unter Kollegen durchaus kritisch betrachtet. „Ich habe mal einen gehört, der hat gesagt: Du nimmst uns ja die Arbeit weg“, staunt Otto. „Wie soll ich denn auf diese Weise Arbeit wegnehmen?“, fragt er. „Das ist eine kleine Berufskrankheit im GaLaBau – die Angst, dass man etwas weggenommen bekommt.“ Er selbst sieht eher die Chancen, dass die Leute sehen, was man alles machen kann und ein Gefühl dafür bekommen, wie viel Arbeit es auch ist. Es hat sich für ihn ohnehin bisher immer ausgezahlt: „Der Riesen-Vorteil der Sozialen Netzwerke ist – du hast einen Vertrauensvorschuss, wenn du später für Leute arbeitest, die dir schon mal zugeschaut haben.“ Da müsse man über vieles nicht mehr diskutieren. Das sei ein netter Begleiteffekt.
Lieber authentisch
Für Otto ist es wichtiger, dass seine Filme authentisch sind. „Die Leute sagen, hier macht ein Handwerker die Videos und genau das wollen wir eigentlich sehen“, hat er festgestellt. Einerseits wäre es ein nicht zu leistender Aufwand, perfekt zu schneiden, andererseits würde er mit den Clips dann in Konkurrenz zu den Videos der Baumärkten stehen. „Wenn das authentisch ist, ist das viel mehr wert“, ist er überzeugt. So setzt er auf Zeitraffer und kleine Erklärvideos – wobei sich die Zeitraffer mit deutlich weniger Aufwand produzieren lassen.
Vor allen Dingen will Otto auch bestimmen können, was gezeigt wird. Die tristen Neubaugebiete mit Stabmatte, Kirschlorbeer und anthrazitfarbenen Betonsteinen will er mit fröhlicheren Alternativen kontern können. Schließlich will er selbst so etwas auch nicht bauen.
Und noch etwas ist dem Gärtnermeister vom Niederrhein wichtig: „Ich mache die Videos und Instagram-Beiträge auch, um junge Menschen für den Beruf zu begeistern“, betont er und sieht diese Art von „Nachwuchsförderung“ nicht nur auf den GaLaBau ausgerichtet, sondern allgemein auf das Handwerk.
Am Ende ein Geschäftsmodell?
Grundsätzlich muss Otto sich irgendwann entscheiden, wohin die Reise gehen soll. Denn selbst mit reduziertem Aufwand ist das Drehen, Bearbeiten und Hochladen der Bilder und Filme Arbeit. „Ich war eigentlich immer in einer Findungsphase“, lacht der Xantener. Der Erfolg auf Social Media hat ihm nicht nur spannende Aufträge und Mitarbeiteranfragen gebracht. Auch erste Werbepartner zeigen sich interessiert, von Ottos Reichweite zu profitieren. Eine Unternehmensberatung und ein bundesweit agierender Baustoffhändler haben schon Angebote gemacht. Doch der Unternehmer möchte nicht zum Werbepartner für Leistungen und Produkte werden, deren Qualität er entweder nicht vertritt, oder nicht abschätzen kann. „Das passt einfach nicht zu meiner Firmenphilosophie, am Ende Billig-Werkzeuge bewerben zu müssen“, sagt Otto. Bisher ist er nur bereit, das oberschwäbische Unternehmen Halder zu unterstützen. Deren Schonhämmer der Marke Simplex hat er schon in seiner Ausbildung schätzen gelernt. Mit der Firma Stabila hat er ebenfalls seit Beginn 2023 eine Kooperation. Die Messinstrumente des südbadischen Traditionsherstellers gehören ebenfalls von Beginn seiner Karriere an zu seinen Lieblingswerkzeugen. Bisher ist das alles nur ein Anfang. Er hat einen Shop aufgesetzt, in dem er zukünftig Dinge anbietet, zu deren Qualität er steht.
Entschieden hat er sich bereits, was die Anfragen aus fernen Regionen anbelangt. Seit Ende letzten Jahres ist Otto Vater eines Sohns. Montagebaustellen kann er sich nicht mehr vorstellen. Auch planen, und dann an Betriebe vor Ort vermitteln, will er nicht. „Ich empfehle nur Leute, deren Leistung ich kenne“, sagt er. Anfragen aus der Ferne werden deshalb freundlich abgelehnt.
Auch für andere ein Weg?
Kann man auch anderen empfehlen, die Existenzgründung über Social Media zu pushen? „Ich kenne ja den Weg, den man gehen muss, um richtig Reichweite zu haben“, meint er und würde trotzdem jedem empfehlen, sich mehr mit den Kanälen zu befassen. Instagram sei da die einfachste Lösung. „Die Möglichkeit darüber an Leute ranzukommen, war ja noch nie so einfach wie heute“, ist Otto überzeugt. Aber man müsse schon irgendeine Nische abdecken, meint er und erzählt von „James, dem Gärtner“, einem YouTuber, der mit britischem Akzent und Humor in kürzester Zeit eine große Reichweite aufgebaut hatte, bevor er vor einem Jahr vom einen auf den anderen Tag wieder von der Bildfläche verschwand. „Letztlich hat er gemacht, was andere auch machen, aber die Art war entscheidend. Die hat ihn megasympathisch gemacht“, findet er. Allerdings sei das eben nicht seine Rolle: „Dieses Humording konnte ich noch nie so bedienen. Deswegen ist TikTok auch nichts für mich“, gesteht der Gärtnermeister. Das sei nur noch alberne Unterhaltung. „Diesen Comedy-Faktor könnte ich gar nicht authentisch an den Mann bringen“, ist er überzeugt. „Das wäre nicht mehr ich und dazu habe ich keine Lust.“
Wenn man sich dafür entscheidet, einen oder mehrere Kanäle zu bespielen, dürfe man es jedenfalls nicht zwanghaft versuchen und müsse Bock darauf haben. Auch mit negativen Kommentaren, merkwürdigen Menschen im Netz und der Menge der Rückmeldungen sollte man klarkommen können. „Wenn ich jemandem eine Vorgehensweise empfehlen würde, würde ich raten, es einfach als Dokumentation anzulegen“, sagt Otto. „Wenn die Arbeit gut ist, kommt die Reichweite von alleine. Man muss nur gute Ideen haben.“ Dabei würden übrigens besonders bei Instagram Menschen bei der Arbeit viel besser funktionieren, als dasselbe Gewerk ohne Menschen.
„Ich habe noch total viele Themen“, lacht Otto. „Das ist das, wo ich meine Reise hin sehe – mehr Videos zu produzieren“, verrät er; schon weil er selber durch Zusehen gelernt hat. „Ich war auch so ein Typ, der am meisten dadurch lernt, wenn er es sieht – ganz gleich ob im Video oder beim Meister während der Arbeit.“ Zu zeigen, wie es geht, ist ihm so wichtig, dass er mittlerweile Seminare gibt. Beim Pflasterseminar im Oktober waren 23 Menschen zu Gast, die aus dem gesamten Bundesgebiet kamen; darunter auch eine GaLaBau-Firma mit ihren Azubis. Beim Seminar „Fachgerechter Schnitt von Sträuchern und Bäumen“ gab es ebenfalls so regen Zuspruch, dass kommendes Jahr weitere Seminare folgen werden.
Die Zeit für diese Aktivitäten will Otto durch das Reduzieren der Präsenz auf der Baustelle gewinnen. Auch seine Frau Tamara kann sich vorstellen, mit einzusteigen. Ob es aber noch mehr wird, mit dem Influencertum, will Otto in Ruhe abwarten. „Ich habe gesagt: Mach doch einfach kleine Schritte und schau mal, wo die Reise hingeht“, sagt er. „Auf der einen Seite bin ich aus voller Überzeugung Gärtner, auf der anderen – und das kann ich ja nicht leugnen – bin ich auch irgendwie Influencer; auch wenn ich den Begriff nicht mag.
Text: Tjards Wendebourg, Redaktion DEGA GALABAU
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