Kjell Gutzke: „Das Volumen entwickelt sich in Richtung öffentliche Hand“
Kjell Gutzke von Kretschmer Garten und Landschaftsbau in Langenhagen engagiert sich beim VGL Niedersachsen-Bremen für die Region Hannover. Für campos regional nord haben wir den Unternehmer gefragt, wie er die Lage am Markt einschätzt.
von Kjell Gutzke erschienen am 15.08.2024In unserem Neubaubereich, der ausschließlich öffentliche und gewerbliche Auftraggeber bedient, ist die Auftrags- und Marktlage noch gut, obwohl wir jetzt schon merken, dass sich unser Auftragsvolumen wieder in Richtung der öffentlichen Auftraggeber verlagert, auch, weil in Hannover gerade viel in Schulen investiert wird und dementsprechend auch die Schulhöfe und oder Schulsportanlage um- oder neu gebaut werden. Es kommen außerdem Projekte auf den Markt, deren Umsetzung die Kommunen bisher nicht geschafft haben: Ein Beispiel – wir haben im November 2023 den Umbau einer Bezirkssportanlage begonnen, wo die Leistungen 2023 ausgeschrieben worden sind, die Maßnahme heißt „Sanierung Sportflächen 2019 Sportplatzbauarbeiten 2023“. Also wir haben eine Maßnahme begonnen, wo ein Teil der Gelder schon 2019 bereitgestellt wurde.
Wir haben auch gerade zwei Neubauprojekte an Schulen, bei denen wir den Auftrag schon lange vorliegen haben, die jedoch stark zeitverzögert starten werden (das eine Projekt über ein Jahr später, das andere mindestens ein dreiviertel Jahr später), da der Hochbau einfach massiv hinterherhängt und wir keine Baufreiheit haben. Dass der Bauherr das vereinbarte Baufeld nicht zur Verfügung stellen kann, trifft uns teilweise jedoch überraschend und stellt uns vor die Aufgabe, dann für ein Team kurzfristig Arbeit beschaffen zu müssen, und dann im Nachgang, wenn wir Baufreiheit bekommen haben, natürlich die Kostensteigerungen geltend zu machen, da die ursprüngliche vertraglich vereinbarte Bauzeit ja schon abgelaufen ist.
Jedoch merken wir, dass sich im Wohnungsbau die Nachfrage deutlich abkühlt, obwohl Hannover mit der Wasserstadt Limmer sowie dem Baugebiet Kronsrode zwei große städtebauliche Projekte verwirklicht. Diese kann man wie eine Sonderkonjunktur sehen, allerdings ist dort der Verlauf der noch ausstehenden Baumaßnahmen eher ungewiss.
Wir haben auch gerade im gewerblichen Bereich mit einer GU-Insolvenz zu kämpfen, in der wir zwar relativ gut durch eine Handwerkersicherungsbürgschaft aufgestellt sind, allerdings sich hier noch ein langer Weg einstellen kann, bis wir tatsächlich unser Geld bekommen.
2026 wird in unserer unmittelbaren Nachbarschaft die Landesgartenschau in Bad Nenndorf eröffnet und hier werden circa 12 Mio. € für landschaftsgärtnerische Arbeiten in den Markt geworfen, dessen Abwicklung hauptsächlich ins Jahr 2025 fallen wird. Selbst wenn wir hiervon keine Scheibe abbekommen, so ist das jedoch Umsatz, den andere Kollegen abarbeiten werden. Und somit Luft auf anderer Seite schafft. Bei der Vergabe des ersten Loses, Baufeldvorbereitung sowie Baustraßen, war Submissionserster jedoch kein Landschaftsgärtner aus der Region, sondern ein Abbruch- und Erdbauunternehmen aus dem Raum Hamburg. An dem Preis, den dieses gemacht hat, kann man sehen, dass die Not in diesem Bereich gerade schon wesentlich größer ist als im Landschaftsbau. Und dies zieht sich gerade etwas durch die Ausschreibungen, ein oder zwei sind immer dabei, an deren Preisbildung man sieht, dass diese den ganz spitzen Bleistift herausgeholt haben, und wenn man dann nur Zweiter oder Dritter wird, ist man irgendwann selber so weit, dass man den ganz spitzen Bleistift rausholen muss. Dies drückt natürlich auf den Ertrag des Neubaus.
Bezüglich des Fachkräftemangels ist es so, dass wir zwar immer noch Mitarbeiter suchen, jedoch hier unser Anforderungsprofil etwas enger gezogen haben. Wir suchen nun wirklich Fachkräfte mit Erfahrung und keine ungelernten Arbeitskräfte mehr oder Arbeitskräfte mit wenig Erfahrung.
„In der Baumpflege merkt man, dass die Kommunen immer mehr Leistungen an Unternehmen abgeben.“ Kjell Gutzke
In der Baumpflege merkt man, dass die Kommunen oder größere Einrichtungen, wahrscheinlich bedingt durch den Fachkräftemangel, immer mehr Leistungen an Unternehmen abgeben, die dadurch gut ausgelastet sind. Die Nachfrage in der Baumpflege unterliegt zwar saisonalen Schwankungen, aber wir sind hier gut ausgelastet und können auch Preissteigerungen – bedingt zum Beispiel durch Tarifrunden – am Markt durchsetzen. Die Baumgesundheit ist auch bei vielen größeren Unternehmen in den Fokus gerückt, eine Mitarbeiterin ist nur mit Baumkataster und Baumkontrollen beschäftigt. Die Nachfrage nach Baufeldräumungen für Neubauten ist jedoch schon vorletzten Winter rückläufig gewesen.
In der Objektpflege gestaltet es sich ähnlich wie in der Baumpflege, obwohl hier der Preisdruck, der durch Facilitymanager oder ähnliches ausgeübt wird, ein anderer ist wie in der Baumpflege, wo hauptsächlich Fachfirmen unterwegs sind.
Als Fazit kann man sagen: Seit drei oder vier Jahren reden alle davon, dass dieses Jahr noch gut werden wird, aber das nächste Jahr dann schlecht. Wie lange dies noch dauert und mit welcher Wucht uns die Krise treffen wird, ist mir aber immer noch ungewiss, dies hemmt aber natürlich auch meine Investitionsbereitschaft in Maschinen und Anlagen.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.