Wo Garten gelebt wird
Im äußersten Südwesten, da, wo Deutschland in die Schweiz übergeht, profitiert Hügel Gartenbau von den guten Rahmenbedingungen der Region. Aber der Erfolg hängt mehr an der Schlüssigkeit des Konzeptes als am Wohlstand der Umgebung. Wir haben mit Markus und Claudia Hügel über die Leidenschaft für ihre Arbeit, familiäre Unternehmensführung und die Wirkung der Kombination von Handel, Gastronomie und Dienstleistung gesprochen.
von Tjards Wendebourg, Redaktion DEGA GALABAU erschienen am 10.10.2024Es ist Donnerstagmittag in Rümmingen. Etliche Tische sind besetzt. Trotz schlechten Wetters sind eine ganze Reihe Gäste raus zu den Hügels gekommen. Sie nutzen das gemütliche Ambiente, um sich zum Plausch zu treffen. Denn die Firma betreibt nicht nur einen erfolgreichen GaLaBau-Betrieb, sondern auch ein Gartencenter mit Café – oder ein Café mit Gartencenter; je nachdem, wie man das Ganze betrachtet. Dort, wo man in anderen Betrieben mit ein bisschen Pech erst mal auf dem Betriebshof steht, wird man bei Hügel mehr Garten von einem kleinen, aber feinen Glashaus empfangen, in dem Gastronomie und Handel auf angenehme Art und Weise miteinander verschmelzen. Wer bei Waffeln und anderen Spezialitäten eines lokalen Bäckers die Firma kennenlernt und bei Kaffee und Kuchen die Leistungsfähigkeit im Schaugarten studieren kann, hat die erste Hürde auf dem Weg, Auftraggeber zu werden, bereits überwunden. Und mit jedem Besuch wächst das Vertrauen. Die Hügels und ihr Angebot kann man unverbindlich kennenlernen, bevor man einen Auftrag erteilt.
Den Traum von der Pflanzenproduktion verwirklicht
„So, wie wir es da verwirklicht haben, habe ich es schon früh als Vision gesehen“, erzählt Markus Hügel. Der Landwirtssohn, der seine Karriere mit einer Landschaftsgärtnerlehre begonnen hat und über einen Job in einer Baumschule 1992 in die Selbstständigkeit gestartet ist, hat sich dabei nie vorstellen können, einmal Chef eines Unternehmens mit 60 Mitarbeitenden zu werden. Aber mit seiner ansteckenden Begeisterung für Pflanzen und Qualität, einem offenen Zugehen auf Menschen und guten Ideen ist der Betrieb beständig gewachsen; unter anderem, weil er früh auf Ausbildung gesetzt hat und viele seiner Lehrlinge geblieben sind. Das beste Beispiel ist Marius Abels (35), der von einem der ersten Lehrlinge zum Mitgesellschafter aufgestiegen ist und heute als eine Art Oberbauleiter den Bereich Neubau leitet. Hügel hatte immer eine besondere Leidenschaft für Pflanzen und noch heute lässt er es sich nicht nehmen, viele Gehölze, die das Gartencenter verkauft oder der Landschaftsbau verplant, selbst weiter zu verschulen. In mehreren Baumschulquartieren rund um den Standort stehen zahllose unterschiedliche Gehölze zur Auswahl; viele davon in Airpots für die ganzjährige Verwendbarkeit. Etliches kaufen die Hügels in Italien oder Norddeutschland zu und sorgen für weitere Veredelung auf den eigenen Flächen.
Das Bauchgefühl hat nicht gelogen
Markus Hügel sagt, bei vielen unternehmerischen Entscheidungen sei er Bauchmensch. Die betriebswirtschaftliche Stringenz findet innerhalb von Kostenstellen statt. Das gilt für jede der 13 Kolonnen im GaLaBau genauso wie für das Gartencenter, das ebenfalls als solche geführt wird. Mit dem Handel hatte er es schon früh versucht, aber erst mit seiner heutigen Ehefrau und einem rund 1,75-Mio.-Neubau 2009 – damals hatte das Unternehmen rund 20 Mitarbeiter – bekam das Ganze richtig Drive. Mittlerweile ist alles schon wieder viel zu klein. Für das Gartencenter bedeutet das zum Beispiel, sich zu beschränken, auf manches schlichtweg zu verzichten. So ist ein besonderes Sortiment entstanden, was unter anderem durch das Leistungsspektrum im Landschaftsbau, die besondere Nachfrage der Café-Besucher nach Dekoartikeln und Claudia Hügels Leidenschaft für schöne Dinge geprägt wird. „Für Werkzeug haben wir zum Beispiel überhaupt keinen Platz“, sagt die Ladenchefin und so ist die Felco das einzig wirklich praktische Alltags-Utensil im Angebot. Auch Erde, Dünger oder Saatgut gibt es nur in reduzierter Form. Breit ist dagegen das Angebot an Dekoartikeln, die Claudia Hügel und Silke Ruckdäschel auf Fahrten zu Messen oder Großhändlern einkaufen. Ein breites Sortiment halten die Hügels auch an Pooltechnik vor, denn Poolbau und -pflege sind wichtige Komponenten im Leistungsspektrum des GaLaBau-Betriebs. Damit macht die Firma etwa ein Drittel des Umsatzes und kümmert sich neben dem Neubau mit eigenen Anlagenmechatronikern um 150 bis 200 Poolanlagen im Jahr. Als Neumitglied bei der Genossenschaft Pool4Nature sollen nun auch noch Naturpools dazukommen.
„Das ist ja der Vorteil, dass wir das zwischen uns drei aufgeteilt haben: Jeder hat so seinen Bereich, um den er sich kümmert.“ Markus Hügel
Der Schaugarten als Zugpferd
Um den Anspruch zu untermauern hat die Firma bei der Umgestaltung des Schaugartens dieses Jahr einen P4N-Pool eingebaut. Direkt angrenzend an die Gastronomie ist eine schicke kleine Anlage entstanden, die bei schönem Wetter von den Café-Besuchern mitgenutzt werden kann. Überhaupt ist der Schaugarten fester Konzeptbestandteil – und natürlich auch große Leidenschaft. Dabei gehen Pflanzenausstellung des Gartencenters und gestaltete Daueranlage fast nahtlos ineinander über. In den Schaugarten haben die Hügels auch den Garten integriert, den die Firma bei der kleinen Gartenschau in Rheinfelden 2007 gezeigt hat. Der wirkt immer noch sehr schlüssig und ist schön in die Gesamtanlage eingebettet. Viele Pflanzen und heimischer Naturstein machen den Garten zu einem schönen Ausflugsziel, das zu jeder Jahreszeit andere Eindrücke bietet. Schließlich müht sich Claudia Hügel auch im Gartencenter, beständig Neues zeigen zu können.
Viel Interaktion mit der Umgebung
Einen besonderen Anlass für einen Besuch gibt es im Sommer: Ein Höhepunkt des Gartenjahres in der Region ist das Sommernachtsfest, das bereits um 12 Uhr beginnt und dieses Jahr auf den 6. Juli fiel. Dann erwarten die Hügels zwischen 2.000 und 5.000 Menschen am Ortsrand von Rümmingen. Es gibt einen Handwerkermarkt auf dem rund einen Hektar großen Gelände, es spielen Bands und ein Feuerkünstler begeistert die Gäste mit seinen Fähigkeiten. Die Baumpflegeabteilung macht Klettervorführungen, ein Mitarbeiter zeigt im Pool die Wirkung der Gegenstromanlage und Markus Hügel führt Interessierte zu den Gehölz-Besonderheiten in den Quartieren. Der Eintritt ist frei, weswegen das Unternehmen nicht genau sagen kann, wie viele Leute jeweils kommen. Das Fest ist aber so gut eingeführt, dass auch dieses Jahr trotz suboptimalem Wetter zahlreiche Menschen kamen. Für den Termin wird jeweils der ganze Betrieb auf den Kopf gestellt und jede Ecke hergerichtet. Ein Job, bei dem alle Hand in Hand arbeiten. Höhepunkt dieses Jahr war natürlich der neu gestaltete Schaugartenbereich mit Pool, Naturpool und Infinity-Becken. Selbstverständlich dient das Fest dazu, die Firma einem noch größeren Kreis von Kunden bekannt zu machen – und das funktioniert. Denselben Zweck erfüllt das Seminarprogramm, das Claudia Hügel mit ihrem Team alljährlich auf die Beine stellt. Es gibt Veredelungskurse, Seminare zum Gehölz- und Rosenschnitt, Staudenbeetplanung und einen Fotowettbewerb, es werden Kränze gebunden und Pflanzen vorgestellt. Die Kurse sind kostenpflichtig und werden zu Kundenbindungsinstrumenten. Mitte Dezember lädt das Unternehmen dann noch einmal zum Weihnachtsmarkt ein.
© Tjards Wendebourg, Redaktion DEGA GALABAU„Wenn man in der Zeitung sagen kann: ‚Wir haben einen Preis gewonnen‘, dann kommt es immer gut.“ Markus Hügel
Synergien zwischen Handel und Dienstleistung
Von der Frequenz leben zuerst einmal das Gartencenter und das Café. Denn wenn man schon mal raus in die Gärtnerei fährt, kommt man auch nicht mit leeren Händen zurück. Schließlich hat Claudia Hügel nicht nur für GartenfreundInnen Produkte im Angebot. Die Dekoauswahl erweitert die Zielgruppe gewaltig. Aber auch das Dienstleistungsangebot profitiert von den Veranstaltungen. Denn es hat sich herumgesprochen, dass man bei den Hügels am Pool Kaffeetrinken kann und die Firma den Pool auch in den heimischen Garten baut. Interessierte Kunden können sich umsehen, ohne dafür einen Termin buchen zu müssen. So wirkt der Schaugarten, in den das Gartencenter eingebettet ist, gleichzeitig vertrauensbildend. Umgekehrt ermöglicht es der GaLaBau dem Gartencenter, schnell mal eine Idee umzusetzen und für die Besucher immer neue Anregungen zu schaffen. Dann baut die Werkstatt in der Winterpause mal ein Holzgerüst für die Warenpräsentation oder zwei Landschaftsgärtner ziehen mal eine Mauer hoch, um den Verkaufsraum neu zu gliedern. Die Werkstatt übrigens kann auch Stahlbau. Alles was die Firma aus Metall braucht, können die beiden Mitarbeiter realisieren.
Die Breite fördert die Ausbildung
Die Breite des Angebotes fördert auch die Ausbildung. Hügel, der sich durch den Besuch der Meisterschule an der LVG Heidelberg und eine Fachagrarwirt-Ausbildung selbst thematisch breit aufgestellt hat, gibt dieses Wissen auch an den Nachwuchs weiter. Durch Schaugarten und Gartencenter kommen alle Auszubildenden von Beginn an mit der Pflanze in Berührung und erhalten durch das kleinteilige und vielgestaltige Privatgartengeschäft der Firma (90 bis 95?% Anteil am Umsatz) Einblicke in sehr viele Bereiche. Und was die Auszubildenden dabei auch lernen: „Unser Anspruch ist bei allem, was wir tun, dass wir es gut machen“, fasst Markus Hügel die Philosophie zusammen. Dabei verbessert die gute Stimmung sicherlich den Lernerfolg: „Was uns immer und von Anfang an ausgezeichnet hat, war die familiäre Atmosphäre, das nette Miteinander, der kollegiale und faire Umgang miteinander“, meint der 51-Jährige. Das macht attraktiv und spornt an. „Du hast dann nachher Leute, auf die du dich verlassen kannst und die sich mit der Firma identifizieren“, ist Hügel überzeugt. Derzeit lernen zehn Menschen im Unternehmen den Beruf. Jedes Jahr kommen für die Absolventen drei dazu. Viele bleiben und werden zu Leistungsträgern – neben Mitgesellschafter Marius Abels zum Beispiel auch Simon Riese, der 2021 zusammen mit Robin Göppner beim Landschaftsgärtner-Cup in Erfurt Deutscher Meister wurde.
„Ja, man muss sich um Azubis kümmern. Das ist natürlich eine Aufgabe. Aber wenn du es nicht tust, kannst du dich auch nicht über fehlende Fachkräfte beschweren.“ Markus Hügel
Erfolgreich durch Ganzheitlichkeit
Es ist ein besonderer regionaler Markt, in dem die Hügels aktiv sind. Die Grenze zur Schweiz ist einen Steinwurf entfernt, Frankreich ist nicht viel weiter weg. Für den Dienstleistungsbereich heißt das: Zwei Drittel des Einzugsgebiets fallen weg – wenn man sich nicht mit den sehr heterogenen Bedingungen in den beiden extrem unterschiedlich strukturierten Nachbarländern auseinandersetzen will. Trotzdem versucht das Unternehmen die Entfernung im übrigen Drittelkreis auf 50?km zu beschränken. „Wenn wir einen Pool einbauen, fahren wir auch schon mal eine Stunde“, sagt Hügel.
„Das schätzen auch unsere Mitarbeiter: den pünktlichen Feierabend, die Nähe zur Familie. Das wird ja immer wichtiger.“ Markus Hügel
Andererseits arbeiten viel Deutsche aus der Region in der Eidgenossenschaft, wohnen aber weiter in Deutschland. In der nahen Industrieagglomeration Basel gibt es zahlreiche hochdotierte Jobs – zum Beispiel in der Chemieindustrie. Davon profitiert auch die 50.000 Einwohnende zählende Kreisstadt Lörrach. Die Kaufkraft ist hoch. Auf der anderen Seite müssen die deutschen Betriebe die Konkurrenz der schweizerischen Lohn-Angebote aushalten. Denn auch auf der anderen Seite der Grenze herrscht Fachkräftemangel. Da spricht es für die Hügels, dass der Mitarbeiterstamm stabil ist. Flache Hierarchien, familiärer Umgang und Spaß bei der Arbeit scheinen das beste Rezept gegen Hochlohnkonkurrenz zu sein. „Das sind keine Mitarbeiter, das sind Freunde“, lacht Claudia Hügel. Und natürlich sei die Ausbildung ein wichtiger Erfolgsfaktor, ergänzt ihr Mann. „Wer nicht ausbildet, darf auch nicht über den Fachkräftemangel klagen“, findet der Südbadener. Unter den zehn jungen Menschen in der Ausbildung ist zum ersten Mal ein Baumschuler. Für den haben die Hügels sich extra eine Ausbildungsberechtigung für diesen Bereich organisiert, um den pflanzenbegeisterten jungen Mann nicht zu verlieren. Für die eigene Ausbildung hat die Firma übrigens 2023 einen Taspo-Award erhalten. 2021 gab es dieselbe Auszeichnung schon für das beste inhabergeführte Gartencenter. Markus Hügel ist nicht derjenige, der großen Wert darauf legt, in der Öffentlichkeit zu stehen. Großspuriges Auftreten ist seine Sache nicht. Aber vielleicht ist gerade das Teil des Erfolges; sich selbst nicht so wichtig zu nehmen, die Kompetenzen auf viele Köpfe zu verteilen, viel Freiheiten zu lassen und das Geschäft als große Familie zu betreiben. Das sorgt nicht nur für innere Stabilität, sondern setzt auch ganz viel Energie und Kreativität frei.
Hügel mehr Garten GmbH Mühlenstraße 1, D-79595 Rümmingen Telefon: 0040 7621/140 299gartencenter@huegel-gartenbau.dewww.huegel-gartenbau.de
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