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Ausbildungstage bei Helmreich: Ziel ist eine gute Abschlussprüfung

Dass man den Winter gut für Ausbildungszwecke nutzen kann, beweisen GaLaBau-Unternehmer Jochen Helmreich aus Fürth und Ausbilder-Kollegen anderer Betriebe. Seit Jahren organisieren sie die „Mittelfränkischen Schulungstage“, um Azubis auf ihre Prüfungen vorzubereiten und ihren Wissensstand abzufragen. Dabei zeigt sich: In der Ausbildung gibt es noch viel zu tun – nicht nur für die Lehrlinge

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Die Durchfallquote liegt bei circa 30 %, und das seit zehn Jahren“, schildert Jochen Helmreich. Er sieht den Hauptgrund in der Schulbildung. „Das Niveau der Abgänger sinkt, die Probleme gehen eigentlich schon im Kindergarten los.“ Doch diese Situation können Betriebe nicht ändern, sie müssen damit klarkommen – irgendwie. Helmreich klagt nicht, er handelt. Der Regionalvorsitzende Mittelfranken im VGL Bayern investiert jährlich 3000 bis 4000 Euro für zwei Ausbildungstage in seiner Firma. Er wird dabei unterstützt vom VGL Bayern und kooperiert mit einer Reihe von Ausbildern anderer Betriebe, des Berufsbildungswerks sowie mit der Berufsgenossenschaft.

80 % dieser Leute sind auch im Prüfungsausschuss. Sie alle betreuen, verteilt über die zwei Tage, vier Lernstationen (siehe Kasten) und den abschließenden Test. „Das Interesse von Ausbildern, bei den Schulungstagen mitzumachen, ist sehr groß, ich muss leider immer Kollegen absagen“, berichtet Helmreich. Pro Tag sind neun bis zehn Ausbilder da. Es gibt Unterlagen, Verpflegung für alle und für die Ausbilder ein kleines Präsent als Dankeschön für die ehrenamtliche Arbeit. Jeder Betrieb, der Azubis zu den „Mittelfränkischen Ausbildungstagen“ schickt (eingeladen werden auch Nichtverbandsmitglieder), bezahlt pro Lehrling eine Gebühr. Sie beträgt 45 Euro für Verbandsfirmen und 55 Euro für Nicht-Verbandsfirmen, jeweils plus MwSt. In diesem Jahr hatten sich 60 angehende Landschaftsgärtner, darunter drei Mädchen, aus Franken und der Oberpfalz angemeldet.

Pflanzenkunde Thema Nummer eins
Die vier Lernstationen behandeln die wichtigsten Grundlagen. „Wir machen das jetzt schon das achte Jahr, da haben wir eine gewisse Routine bei der Aufgabenstellung“, erklärt Helmreich. Die Pflanzenkenntnisse sind dabei Thema Nummer eins. Eine Baumschule in der Nähe stellt geschnittene Zweige zur Verfügung, an deren Merkmalen die Azubis die Arten erkennen sollen. Bei der Gelegenheit wird auch über Unterschiede von Arten und Sorten sowie über Verwendung gesprochen. „Hier behandeln wir keine Exoten, sondern das prüfungsrelevante Standardsortiment, das ist Anspruch genug“, weiß der engagierte Franke.

Bei der Station zum Thema Prüfung im GaLaBau erklären die Azubis zunächst, warum sie sich für diesen Beruf entschieden haben und was sie motiviert. Sie erfahren, wie Prüfungen organisiert sind und worauf es vor und während der Prüfung ankommt. Dabei gibt es auch Tipps zu Kleidung und Werkzeug und die Aufforderung, unbedingt pünktlich zu erscheinen. Das erscheint simpel, ist aber nicht aus der Luft gegriffen. Außerdem wird mit Vorurteilen aufgeräumt wie: Es müsse eine bestimmte Quote an Durchfallern erreicht werden; oder die Ausrede „das haben wir in der Schule nicht gehabt“ entschuldige Wissenslücken.

Gerne mal eine Eins vergeben
Ein großes Kapitel – immerhin neun Folien – nimmt das Thema „Verhalten und Auftreten bei der mündlichen Prüfung“ ein. Hierin spiegeln sich deutlich häufige Aussagen von Azubis und Erfahrungen der Ausbilder wieder. „Prüfung ist ein Angssthema, in Prüfungsmeistern werden ‘Götter’ gesehen“, sagt Robertin Schröter, Unternehmer, Ausbilder und stellvertretender VGL-Bezirksvorsitzender aus Markt Taschendorf. Bei der Schulung wird deshalb erklärt, wie man Prüfungsfragen beantwortet, Antworten in eine bestimmte Richtung lenkt, wie man durch Zwischenfragen Missverständnisse klärt oder um einen Anhaltspunkt bittet, um das Gespräch nicht abbrechen zu lassen. Ganz wichtig dabei ist die Aussage, das PrüferInnen nicht das Ziel haben, jemanden durchfallen zu lassen, sondern sich mit dem Prüfling über gute Ergebnisse freuen. Wie Helmreich es auch in rollendem Fränkisch ausdrückt: „Ich würd’ sooo gern mal wieder ‘n Einser vergeben!“

Der abschließende Test soll den Wissensstand der Azubis abfragen. Dieses Jahr war es kein „Ankreuztest“, sondern die Fragen mussten in Worten beantwortet werden. „Die Fragen kenne nur ich, damit sie nicht vorher schon die Runde machen. So ist das Ergebnis realistischer“, findet Helmreich. „Bei einem Schnitt von 3,5 gab es nur eine 1, achtmal die Note 2, fünfmal die Note 5, zweimal die Note 6 und der Rest waren Dreier und Vierer.“

Freundschaftlich ja, kumpelhaft nein
Es gibt unter den Azubis – wie unter allen Menschen – eine Reihe Engagierte, einen großen Teil mit durchschnittlichen Leistungen, aber auch ein Drittel Lustlose. Das bildet sich auch in den Schulungstagen ab. In der Mittagspause sitzen die Ausbilder gemeinsam am Tisch und tauschen sich aus, nicht ohne Humor und Ironie. Klar, dass man nach so vielen Jahren die Dinge entspannter sieht, auch wenn man seine Aufgabe ernst nimmt. Wir fragen, warum sie sich bei den Ausbildungstagen engagieren. „Es macht Spaß zu sehen, wenn die Azubis mitziehen. Hier sehe ich auch andere Lehrlinge und vergleiche deren Leistungen mit denen meiner Jungs. Außerdem kommt man mal raus und trifft die Kollegen“, sagt Till Mickain von der Firma Nordgrün aus Nürnberg.

„Es ist interessant, mit welchen Problemen Lehrlinge auf mich zukommen“, erzählt Robertin Schröter. „Viele trauen sich nicht, zu ihrem eigenen Ausbilder zu gehen, aus falschem Respekt oder aus Angst, sich die Blöße zu geben. Sie fressen das lieber in sich rein.“ Schröter und seine Kollegen wissen zu unterscheiden, was nur unsachliche Schimpftirade oder tatsächliches Problem ist.

Bernd Pollozek, Unternehmer und Ausbilder aus Wieseth, erzählt: „Im Winter, wenn also Zeit ist, setze ich mich öfter mal mit den Azubis zum Frühstück, wir reden dann auch über Persönliches, und man erfährt etwas von ihnen selbst. Ich versuche, auch Kontakt zu den Eltern zu pflegen.“ Schröter betont jedoch: „Ein freundschaftliches Verhältnis ist wichtig, aber es darf nicht kumpelhaft und zu nah werden.“ „Bei uns siezen wir uns mit den Azubis. Erst wenn sie dann übernommen werden, duzen wir uns“, ist Helmreichs Einstellung.

Ausbildereignung wird bisher nicht entzogen
Was die Azubis mit am meisten bewegt, ist die bevorstehende Prüfung. „Das ist ein echtes Angstthema“, empfindet Schröter. „Dabei ist den Azubis oft nicht klar, worin sie ausgebildet sein müssen. ... Einen Ausbildungsplan haben so manche Lehrlinge noch nicht gesehen. Wir haben aber wenig Einfluss auf die Betriebe. Es gibt Firmen, bei denen Azubis immer wieder durchfallen, bei denen sie nur billige Arbeitskräfte sind.
Bisher gibt es jedoch keine Möglichkeit, solchen Betrieben die Ausbildereignung zu entziehen. Es wird nie wieder überprüft. Das ist politisch nicht gewollt. Es werden auch Betriebe zur Ausbildung zugelassen, die dies gar nicht dürften. Wir wollen ja so viel wie möglich Lehrlinge“, sagt Schröter, der mit dieser Aussage schon häufig angeeckt ist. Er hat sich im Regierungspräsidium erkundigt. Antwort war: So lange der Azubi sich nicht selbst meldet, kann man nichts machen. Die Ausbilder sind sich einig: Dies ist ein Missstand, der dringend offen besprochen und beseitigt werden muss. Schließlich hat der GaLaBau nichts davon, wenn die dort Ausgelernten schnell die Branche verlassen und sich negativ über den Beruf äußern.

Die Ausbilder tun ihr Möglichstes, um allen Azubis die relevanten Kenntnisse zu vermitteln und ihnen die Angst zu nehmen. Wie groß der Einfluss der Schulungstage auf das spätere Prüfungsergebnis ist, lässt sich nicht beziffern. Aber hier offenbaren sich noch Wissenslücken rechtzeitig, bevor es ernst wird. „Vielleicht wird so mancher von den Ergebnissen der Schulung noch einmal wachgerüttelt“, hofft Initiator Jochen Helmreich. Das gelte auch für die Ausbilder in den Betrieben, die die Ergebnisse zugeschickt bekommen.

Claudia von Freyberg

(c) DEGA GALABAU online, 25. Februar 2010

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