ÖNorm L 1128 sowie Stellungnahme von Peter Petrich
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Stellungnahme zur ÖNORM L 1128
Der Schwimmteich-und Naturpoolbau befindet sich in dynamischer technischer Entwicklung. Es ist eine Zeit des raschen Fortschritts und der großen Umwälzungen. Diese Entwicklung wurde in Österreich durch die ÖNORM L 1128 leider mit einem Streich abgewürgt, denn die Norm stellt mit ihren vielen Einengungen und Einmischungen eine massive Gefährdung des österreichischen Schwimmteichbaues dar.
Eine grundlegende Annahme, die im allgemeinen Teil (4.1) getroffen wurde, geht davon aus, dass sich Sedimentation und biologische Filtration ausschließen. Diese These ist jedoch falsch und die Norm daher grundlegend in Frage zu stellen. Demnach ist es in Österreich jetzt nicht mehr möglich, die heute am meisten verbreiteten Schwimmteich Bauweisen anzuwenden. Das sind jene Anlagen, die in ihrer Erscheinung als Schwimmteich ein natürliches Gewässer mehr oder weniger nachahmen, deren Wasserreinigung aber über zusätzliche Filteranlagen (Kies- und andere Filter) mit Pumpen erreicht wird. Es sind daher nur mehr fast technikfreie Schwimmteiche oder naturferne Pools möglich. Im krassen Widerspruch dazu werden in einem nachgeordneten Kapitel mineralisierende Filter beschrieben, die in Schwimmteichen verwendet werden dürfen.
Eine ÖNORM sollte den aktuellen anerkannten Stand der Technik und der Wissenschaft abbilden. Diesem Anspruch wird der vorliegende Entwurf nicht gerecht. Er stellt vielmehr den Stand der wissenschaftlichen Spekulation dar. Z.B. wurde für die Füllwasseranalyse ein neuer Parameter eingeführt, das Sulfat. Dieser Zeigerwert ist bisher noch nirgends in der Fachliteratur beschrieben, jetzt schreibt die ÖNORM L1128 einen Grenzwert von 40 mg/l vor.
In Summe wird diese ÖNORM für den Schwimmteichbau in Österreich folgende Auswirkungen haben:
1. drastische Verarmung des künftigen Schwimmteich- und Naturpoolbaus
Die hohe Zahl von Vorschriften und starren Einschränkungen beschränken die Vielfalt der gestalterischen Möglichkeiten. Z.B. sind im Naturpool überhaupt nur sechs Pflanzenarten „erlaubt“. Schilf, die weltweit bekannteste und effektivste Pflanze zur Wasserreinigung darf in österreichischen Schwimmteichen nicht mehr verwendet werden.
2. Bürokratie pur
In der ÖNORM werden für Planung, Beratung und Bau umfangreiche Dokumentationen gefordert, die die Papierflut explodieren lassen.
3. Rechtsunsicherheit für Schwimmteichbauer
Die ÖNORM L1128 ist entgegen der ursprünglichen Intention sowohl für private als auch öffentliche Schwimmteiche gültig. Die zahlreichen Widersprüche, die sich mit der ÖNRM L1126 für öffentliche Schwimmteiche ergeben werden zur Verwirrung bei Rechtsstreitigkeiten führen. Auch die Widersprüche innerhalb der Norm (siehe oben) machen den Schwimmteichbau zum Glücksspiel bzw. zum Spielball der Gutachter.
4. Wettbewerbsvorteil für bestimmte Firmen
Es scheint, als würden durch die Vorschriften im Naturpoolbau nur wenige bestimmte Firmen stark bevorzugt, für die die Norm maßgeschneidert wurde. Z.B. werden für die Wasseraufbereitung von Naturpools ausschließlich die vom Vorsitzenden des Önorm Arbeitskreises propagierten sog. „Biofilm-aufbauenden“ Filter beschrieben und daher auch zugelassen. Die in meinem System inzwischen hundertfach bewährte Aufbereitung wird nicht beschrieben und entspricht daher nicht mehr dem Stand der Technik. Auch so kann man Mitbewerber los werden.
5. Hemmung der Weiterentwicklung
Die Ausschließlichkeit der vorgegebenen Methoden bilden ein starres Korsett, die eine Weiterentwicklung des Schwimmteichbaus kaum mehr zulässt.
6. Erhebliche Verteuerung des Produktes
Vorschriften wie die zur Dimensionierung von Teichrändern, überdimensionierte Schwallwasserbehälter und die geforderten Analysen aller verwendeten Materialien führen zu einer beträchtlichen Erhöhung der Herstellungskosten.
Neben dem Ergebnis dieser ÖNORM war auch deren Zustandekommen kurios, denn nach Vorliegen des Entwurfes kam es zu einer wahren Lawine von Einsprüchen: Über 100 Eingaben – eine noch nie dagewesene Zahl - trafen im Austrian Standards Institut ein, was allein schon als Indiz für die Mangelhaftigkeit zu werten ist. Aber anstatt den Entwurf zurückzuziehen und zurück an den Start zu gehen, wurde die Norm nahezu unverändert veröffentlicht. Und die Einsprüche wurden auch nicht von Fachleuten bearbeitet, sondern in einem übergeordneten Gremium, das vor allem aus Funktionären und Kammervertretern besteht. Zur fachlichen Beurteilung wurde dabei nicht etwa ein außenstehender Experte zugezogen, sondern wiederum genau jener Vorsitzende des Arbeitskreises , der den Normenentwurf ja zuvor selbst erarbeitet hatte(!). Es war ihm anscheinend ein Leichtes die Funktionäre von seinem Entwurf zu überzeugen.
Diese Vorgangsweise machte es möglich, dass diese Norm trotz massiven Widerstandes von Fachleuten durchgezogen wurde und es kann einen nur wundern, wie das in einem demokratischen Rechtsstaat möglich ist. Das Austrian Standards Institut hat damit dem österreichischen Schwimmteichbau einen Bärendienst erwiesen. Den geneigten Kollegen kann ich nur empfehlen, in den betreffenden Positionen Ihrer Leistungsverzeichnisse die ÖNORM L 1128 als Vertragsgrundlage auszuschließen.
Dieser Kommentar stellt die persönliche Meinung von Dipl.-Ing. Peter Petrich, Geschäftsführer der Biotop Landschaftsgestaltung dar.
Die ÖNORM L 1128 kann über das Austrian Standards Institute bezogen werden (69,40 Euro (Papier)/55,52 Euro (digital)): Normenshop
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