Aufgepasst beim Technikkauf
Alles nur noch Schrott? Unser Technikfachmann Ekkehard Musche steht den Entwicklungen am Gartentechnikmarkt sehr kritisch gegenüber. Ihn nervt mangelnde Reparaturfähigkeit, oberflächliches Kopieren und begrenzte Haltbarkeit. Wer durchdachte Technik sucht, muss genau hinsehen. Ein paar Tipps hat er.
von Ekkehard Musche, Wusterwitz erschienen am 11.03.2025Die Wegwerfgesellschaft macht auch vor der Gartentechnik nicht halt. Die aus Haushalt-, Computer- und Unterhaltungstechnik bekannte Erscheinung greift überall Raum. Da werden Materialeinsparungen vorgenommen, die die Haltbarkeit und Lebensdauer der Maschine verringern, minderwertigere und teilweise offene Kugellager werden in Rasenmäherrädern oder Motorsensenwinkelgetrieben verbaut oder minderwertige Schrauben und Federn als Verbindungselemente eingesetzt, Wellen werden ohne Gleit- oder Kugellager ungefettet montiert, Elektronikbauteile wie Platinen oder Schalter sind nicht austauschbar, fehlende Schmiernippel an Laufbuchsen und Achsschenkeln, leicht abbrechende Gehäusenasen usw. usw.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass dann die Servicewerkstatt bei etlichen Herstellern zum „Baugruppenaustauscher“ degradiert wird, weil kaum noch Einzelteile, sondern nur noch Einzelkomponenten verfügbar sind.
- Starterfeder separat erhältlich? Nein, nur Starter komplett.
- Lagerwechsel bei Elektromotoren? Nicht vorgesehen.
- Kabelaustausch bei Akkugeräten? Nein, nur kompletter Kabelbaum.
Oder noch schlimmer: Fünf oder acht Jahre nach Produktionsende gibt es keine Ersatzteile mehr oder deren Lieferzeit ist exorbitant lange und der Preis ist hoch.
Und wieso das alles? Angeblich alternativloser Sparzwang. Man sei sonst nicht mehr wettbewerbsfähig. Böse Zungen dagegen behaupten, dass die Entwicklung systembedingt ist. Der Kunde soll ja schließlich schnellstmöglich wieder ein Neugerät kaufen. So kann man seine Umsatzzahlen steigern.
Der Besuch von entsprechenden Technikmessen erweist sich immer wieder als Trendmesser, wo es in der Zukunft in der Gartentechnik hingehen wird. Oft gehören die Stände zu Firmen aus Fernost. Das, was in der Unterhaltungs- und Computertechnik schon lange Usus ist, hat auch in der Gartentechnikbranche Einzug gehalten.
Dabei wurde es dem Reich der Mitte auch teilweise leicht gemacht. Durch massive Produktionsverlagerungen lieferte man den Chinesen das Know-how sozusagen auf dem Silbertablett. Das lud zum Technikklau geradezu ein.
Am Auffälligsten ist das Phänomen bei den Motoren, Beregnungsartikeln und Akkugeräten aller Art. Das, was zum Beispiel bei uns teilweise auf Rasenmähern und Motorhacken aufgebaut und mit wohlklingenden, weil altbekannten Markennamen versehen wird, kommt aus chinesischen Produktionsstätten. Das ist über die gesamte Bandbreite der Vertriebsformen vom Baumarkt bis zum Fachhandel zu beobachten. Hausieren gehen die Gerätehersteller damit eher nicht. Denn es wird (noch) als Makel empfunden, asiatische Motoren zu verbauen. Dabei sind sie im Preis-Leistungsverhältnis und motortechnisch durchaus konkurrenzfähig. Von ein paar kleinen Ausnahmen abgesehen, machen sie nämlich ihren Job meist gut. Zumal sie im Zwei- und Viertaktbereich alle in den letzten Jahren verschärften Anforderungen in puncto Kraftstoffverbrauch und Lärmemission auch ohne Drehzahltrickserei erfüllen. In wie weit sie dieses allerdings durch geistigen Diebstahl bewerkstelligen konnten, steht auf einem anderen Blatt.
Am schwierigsten gestaltet sich die Frage nach dem Original bei den Kleingeräten, wie Gartenhandbrausen, Astscheren, Astsägen, Äxte, Schläuche, Ersatzteile, Zubehör sowie Pflanzgefäßen. Ganze Regalwände voller nett anzusehender Gartenhandwerkzeuge und Pflanzenbehälter, die man alle schon irgendwie mal gesehen hat, werden auf Messen gezeigt. Damit sollen dann Importeure und Zentraleinkäufer aus aller Herren Länder angelockt werden, damit diese Waren endlich seecontainerweise den Weltmarkt „bereichern“ können. Die Menge und Vielfalt in diesem Segment ist einfach riesig und kaum mehr zu überblicken. Trotzdem sind dazwischen auch Innovationen wie drehbare Schlauchverbinder, nebelfähige Handbrausen, wirkungsvolle Langzeitbewässerungssysteme, funktionale Gartenduschen und vieles mehr zu finden. Aber es ist Vorsicht geboten, denn viele Produkte entsprechen nicht den europäischen Vorschriften und sollten nicht enfach so bei Temu & Co. geordert werden.
Gerade im Akkubereich ist die Zahl der Neuentwicklungen irre. Eine Vielzahl neuer Robotermäher und Akkugeräte wird jährlich neu vorgestellt. Dabei sind auch immer exklusive Sachen dabei, beispielsweise ein Akkurasenmäher mit über 50?cm Schnittbreite der manuell, automatisiert oder ferngesteuert inklusive Fangkorbentleerung betrieben werden kann.
Durch diese massive Erweiterung der Herstellerzahl im Bereich der Gartengeräte wird es für den Endkunden aus dem Profi- und Consumerbereich allerdings immer schwieriger, die Spreu vom Weizen zu trennen. Markennamen und Kenntnisse über die Herkunft reichen leider dazu alleine nicht mehr aus. Man muss schon genauer hinschauen und hinhören.
Spürbare Verbesserungen in den anwendungstechnischen, ergonomischen und ökologischen Parametern sind das entscheidende Kriterium, um die geeigneten Produkte und deren Anbieter zu erkennen. Denn es gibt glücklicherweise auf der ganzen Welt noch Hersteller, die ihr ingenieurtechnisches Gewissen nicht einem kurzzeitigen Gewinnstrohfeuer untergeordnet haben und lieber auf Nachhaltigkeit setzen. Die gilt es zu finden.
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