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Kundenwünsche ergründen

Was ist denn eigentlich pflegeleicht?

Noch bevor es für einen Kunden um das Budget geht, kommt in der Regel die Anforderung, dass das zu Schaffende pflegeleicht sein muss. Doch was heißt das eigentlich? Wir haben uns dazu mal Gedanken gemacht.

von Tjards Wendebourg, DEGA GALABAU erschienen am 26.05.2025
Reduktion auf null – ein tragischer Trend in der Privatgartengestaltung © Tjards Wendebourg, Redaktion DEGA GALABAU
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Weshalb sagen denn Kundinnen und Kunden zwischen Flensburg und Bozen, dass ihr Garten pflegeleicht sein muss? Offensichtlich entspringt der Wunsch einer tiefergehenden Motivation, die so universell ist, dass sie überall und ungeachtet regionaler Besonderheiten geäußert wird. Da der Wunsch stark auf das Ergebnis einwirkt und alles vermeintlich nicht Pflegeleichte erst mal ausschließt, lohnt es sich, der Frage nach der Motivation auf den Grund zu gehen.

Die Angst vor Kontrollverlust

Man kann nicht in die Köpfe der Menschen hineinschauen, aber die Antwort auf die Frage, was eigentlich pflegeleicht ist, findet sich in der durchschnittlichen Grundstücksgestaltung. So ist festzuhalten, dass der Anteil befestigter und mineralisch geschütteter Flächen ebenso zugenommen hat, wie der automatisch gepflegter Rasenflächen. Der Anteil der Pflanzflächen hat dagegen abgenommen – parallel mit der Gartenerfahrung und dem damit einhergehenden Wissen. Oft beschränkt sich die Pflanzenverwendung auf vermeintlich einfach zu pflegende, immergrüne Hecken oder statische Formgehölze. Die Angst vor der Pflege bezieht sich also offensichtlich auf die Pflanze. Das wird auch in Aussagen wie „Bäume machen Dreck“ oder „das macht bestimmt viel Arbeit“ in Bezug auf Staudenpflanzungen deutlich. Laubfall und vermeintlich unkontrollierbares Wachstum machen also offensichtlich besonders Angst. Das wird auch am Beispiel der Schnittgehölze deutlich: Die künstlich wirkenden „Pömpelbäume“ sind in der Regel immergrün und kommen durch ihren Zustand beim Kauf komplett gezähmt daher. Es ist dabei der abnehmenden Gartenerfahrung zuzuschreiben, dass nicht berücksichtigt wird, dass diese Form nur durch regelmäßigen Schnitt – also durch Pflegeeinsatz – zu gewährleisten ist. Doch mit einer einzelnen Pflanze als Statussymbol bleibt das Risiko, den Überblick zu verlieren, immerhin überschaubar.

Der Garten als Beweis der Integration

Weshalb aber ist die Angst, den Überblick zu verlieren, so groß? Dafür dürfte es einen relativ einfachen Grund geben – auch wenn man für die Erklärung weit ausholen muss: Ordnung bedeutet Integration und gesellschaftliche Akzeptanz; zumindest in einer konservativen Umgebung. Wer unordentlich ist, muss sich mindestens unangenehme Fragen stellen lassen oder läuft sogar Gefahr, gesellschaftlich geächtet zu werden. Die Angst, ausgeschlossen zu werden, ist aber bei den meisten Menschen groß. Niemand möchte das Risiko auf sich nehmen, gemieden oder schräg angeschaut zu werden. Deshalb ist für viele das präventive Erfüllen einer ungeschriebenen Norm selbstverständlich. Dabei ist die Tendenz groß, die vermeintliche Norm überzuerfüllen. Selbst das aus der Reihe tanzen durch ungewöhnliche Gestaltungsansätze, für die es in der Nachbarschaft keine Vorbilder gibt, wird nur von solchen Kundinnen und Kunden akzeptiert, die dank eigener Überzeugungen und dem notwendigen Selbstbewusstsein eine Unabhängigkeit gegenüber ihrer Nachbarschaft besitzen. Alle anderen halten sich an den angenommenen Standard und verlassen sich auf die Sicherheit in der Herde. Das ließ sich bei den Kies- und Schotterwüsten studieren, die sich über ganze Straßenzüge und Siedlungen ausgebreitet haben. Nicht, dass jeder die Schüttungen als attraktiv wahrgenommen hätte. Aber durch die bereits vorhandenen Anlagen wurde das Bild zum angenommenen Standard („Das macht man wohl jetzt so.“). Treiber sind – neben dem Wunsch, in Sachen Ordnung so zu sein, wie alle anderen – abnehmende Gartenerfahrung, vermeintliche Zeitnot, neue konkurrierende Beschäftigungen, kleinere Grundstücke und Marketing der Industrie.

Die Kinder Instagrams

Gerade die abnehmende Gartenerfahrung bei gleichzeitig tief verankerter (und vererbter) Angst vor Isolation führt zur Reduktion des Risikos und der Gefahrenquellen: Wer nicht einschätzen kann, wie Pflanzen wachsen, vermeidet das Risiko, sie zu verwenden und wenn zugleich die Erfahrung fehlt, welche Lebensqualität ein pflanzenreicher Garten mit sich bringt, wissen er oder sie auch nicht, was sie vermissen. Gleichzeitig sorgt die Bilderflut aus dem Netz auch für eine Verschiebung der Realitätswahrnehmung: Das weiße Haus mit weißer Zuwegung und blauem Himmel bleibt auf dem Bild weiß. Dort fällt niemals ein Blatt auf den Belag und hinterlässt im Herbst hässliche Farbspuren. In der Realität stellt sich das dann meist anders dar: Ein Baum über weißem Belag ist da nicht pflegeleicht, wie ein heller Belag nie pflegeleicht ist; wenn man nicht zu akzeptieren bereit ist, dass er auf Dauer weder einheitlich noch hell bleibt.

Was das für die Praxis heißt

Wir können also festhalten, dass Pflegeleichtigkeit keine klar definierte Eigenschaft ist, sondern ein von Erwartung und Ängsten geprägter Wunsch. Je besser es uns gelingt, die Stärke der Motivation zu ermitteln, desto besser können wir auch mit der Gestaltung und der Pflege darauf eingehen. Ein Rasen, der ein Blumenrasen sein darf, ist pflegeleichter, als einer, der immer grün sein muss. Das hilft aber nur dem, für den der Blumenrasen schön oder wenigstens akzeptabel ist. Eine Staudenpflanzung kann pflegeleichter als ein Rasen sein, wenn sie stabil ist oder der Kunde Dynamik akzeptiert. Laubabwerfende Gehölze sind dann pflegeleicht, wenn der Garten in der Lage ist, das Herbstlaub zu schlucken oder die Bewohner Freude an Laub empfinden. Ungebundene Fugen sind dann pflegeleicht, wenn der Auftraggeber den Wert von Moosen und Kräutern im Belag zu schätzen weiß. Je gerader die Linien, je heller das Material, je steriler das Gesamtbild, desto aufwendiger ist es, es zu erhalten. Denn jede Abweichung fällt dann auf. Pflegeleichtigkeit ist also zusätzlich abhängig vom aktuellen Zustand und vom Zustand der angestrebt werden soll.

Dabei ist Angst vor der Unordnung wertschöpfend und wertschöpfungsbegrenzend zugleich. Denn sie treibt die Menschen dazu, Dienstleistung zu beauftragen, beschränkt sie aber auch bei der Investition – aus Angst, am Ende komplexere Anlagen auf einem geordneten Stand halten zu müssen. Diesen Grad muss jeder Dienstleister entsprechend seines Angebotes, seiner Beratungskompetenz und seiner Fähigkeit zu überzeugen, ausloten. Je stärker es aber gelingt, Pflege und Gestaltung in Anlehnung an die natürlichen Entwicklungen zu verkaufen, desto geringer ist das Risiko von Unzufriedenheit und Reklamation. Fachkundige und selbstbewusste Beratung hilft, sich gegen Beziehungsabbrüche und Zahlungsausfälle zu wappnen oder im Umkehrschluss stabile, langjährige und wertschöpfende Kundenbeziehungen zu entwickeln.

Gleichzeitig kann es lohnend sein, Aufklärungsarbeit zu leisten und Gartenbegeisterung zu entfachen. Denn gerade bei Kunden, die gartenfern sozialisiert sind, fehlt oft das Verständnis für die Möglichkeit, den Garten als Quelle für Lebensqualität zu nutzen. Wer aber nicht weiß, was er vermisst, wird auch nur eingeschränkt investieren. Hier liegt unsere Chance als Fachkundige, Menschen Möglichkeiten aufzuzeigen und gleich in die Realität umzusetzen. Das Verständnis von Pflegeleichtigkeit ändert sich dann parallel mit der wachsenden Erkenntnis, welches Bild sich am Ende ergibt und welcher Nutzen für das eigene Lebensgefühl daraus entstehen kann.

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