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Bohr Gärtner von Eden in Merzig

Unterwegs in drei Ländern

Von Merzig ist es weder nach Frankreich noch nach Luxemburg weit. Dagmar und Peter Bohr haben darauf ihr Betriebskonzept aufgebaut. Sie bedienen im Umkreis von 100 km Kunden in drei Ländern. Wir haben das saarländische Unternehmerpaar am Stammsitz besucht.
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Dagmar und Peter Bohr sind seit über 30 Jahren auch unternehmerisch ein Team.
Dagmar und Peter Bohr sind seit über 30 Jahren auch unternehmerisch ein Team.© Thorsten Scherz
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Es ist diesig im Tal des Kohlenbrucherbaches. Der kleine Wasserlauf fließt durch das Gelände der Bohrs, bevor er 1 km weiter in die Saar mündet. Brücken verbinden den Betriebshof mit dem Schaugarten und den ehemaligen Baumschulflächen auf der anderen Seite des Baches. Das Wasser bestimmt die Atmosphäre: viel Natur, Erlensäume, ein brütendes Entenpaar und manchmal kommt der Eisvogel vorbei. Schatten und hohe Luftfeuchtigkeit sorgen für üppiges Wachstum, auch von Moos und Algen auf Steinen und Hölzern.

Früher eine Baumschule

Die andere Bachseite erzählt auch eine Geschichte vom Strukturwandel. Die 1985 gegründete Baumschule Bohr war mal auf die Region fixiert. Das Gelände liegt direkt an der Hauptstraße nach Luxemburg. Bis die Autobahn, die nur 1 km weiter das Tal überquert, fertiggestellt war, rollte der gesamte Verkehr durch das Dorf. Das war schlecht für die Bewohner, aber gut für die Baumschule. Vor zehn Jahren haben die Bohrs dann begonnen, aus dem Baumschulgeschäft auszusteigen. Ein Teil der Fläche ist im Lauf der Jahre in einen Schaugarten umgewandelt worden, in den die Firma immer mal wieder investiert hat. Doch auch der hat mittlerweile an Bedeutung verloren. Denn das Geschäft der Bohrs ist mobiler geworden. Es findet in einem großen Umkreis und drei Ländern – dem Saar-Lor-Lux-Raum statt, also dem Saarland, dem französischen Lothringen (Lorraine) und dem Großherzogtum Luxemburg. Viele Kunden müssen nicht mehr per Schaugarten überzeugt werden. Sie kommen auf Empfehlung bereits zufriedener Kunden.

Begrüßt werden Besucher auf dem Gelände derzeit von einer Trophäe, die sich die Bohrs letztes Jahr auf der GaLaBau gesichert haben: Die riesige Plane, die in Nürnberg den Gärtner-von-Eden-Stand geschmückt hat, ist nach der Messe nach Merzig gekommen und hängt nun in der Bohr’schen Mehrzweckhalle. Die hat das Unternehmen schon 1988 gebaut und später zu einer Kombination aus Gerätehalle, Bürotrakt und Kundenberatungspunkt ausgebaut. Was einerseits ein idealer Schutzraum für Sommerfeste bei Regenwetter ist, hat andererseits den Nachteil, dass für Besucher die Arbeit und das Arbeitsgerät noch stark im Vordergrund stehen. Denn der Besprechungsraum liegt am anderen Ende der Halle. „So sehen die Kunden, dass wir nicht nur schwätzen und planen, sondern auch in der Lage sind anzupacken und wissen, wovon wir reden", sagt Dagmar Bohr.

Aber das Ganze hat sich eben organisch entwickelt – von der Baumschule an der Luxemburger Straße über den Bach auf das 1986 erworbene Grundstück, auf dem später die Halle entstand. Vom Ausbau der Halle zu einem Büro- und Wohnbereich über der Halle bis zum Neubau eines nicht weit entfernten Wohnhauses. Demnächst wird noch einmal umstrukturiert. Eine Lösung dazu liegt bereits in der Schublade, aber dazu später.

Vom Erfahrungsaustausch profitiert

Die Bohrs sind seit 2002 Mitglieder der Genossenschaft „Gärtner von Eden". Das war auch das Gründungsjahr des Zusammenschlusses. Sie haben die Entwicklung von der durch die Gütersloher Medienfabrik auf Marketing getrimmten Vertriebsgemeinschaft zu einem auf Austausch und Weiterentwicklung ausgerichteten Unternehmerverbund intensiv miterlebt und sind immer noch davon überzeugt, seinerzeit die richtige Entscheidung getroffen zu haben. „Ohne die Gärtner von Eden wären wir nicht da, wo wir heute sind", ist Peter Bohr überzeugt und bestätigt damit seine Frau, die damals die treibende Kraft für den Beitritt war. Für die Bohrs stehen besonders das GvE-Unternehmensmodell und die Erfa-Treffen im Mittelpunkt. Denn obwohl sie sich in vielen Bereichen schon weit fühlen, haben sie sich für andere Bereiche noch Ziele gesetzt, die sie erreichen wollen. Und was ist da besser, als sich mit anderen, die in ähnlicher Struktur und mit ähnlichem Kundenportfolio arbeiten, zu messen.

Was sich die Bohrs noch wünschen, wäre auch ein weiterer GvE-Betrieb in der Nähe. „Das ist eigentlich nicht zu verstehen, dass wir zwischen dem Rheinland und Schwetzingen der einzige Betrieb sind", findet der Unternehmer.

Systematik übernommen

Was die Bohrs zum Beispiel aus dem GvE-Unternehmensmodell übernommen haben, ist die Beteiligung der Mitarbeiter an den Entscheidungsprozessen. Strukturiert findet das etwa in Form der „Kernteam-Runden" statt. Das Kernteam setzt sich aus dem Ehepaar Bohr und sechs weiteren Mitarbeitern quer durch alle Bereiche des Betriebes zusammen. Dabei können auch Auszubildende zum Zuge kommen. Derzeit ist zum Beispiel Franziska Hansen Teil der Gruppe. Sie hat nach dem Abi bei dem Merziger Unternehmen eine Ausbildung zur Landschaftsgärtnerin begonnen.

Viermal im Jahr trifft sich das Kernteam, um strategische Entscheidungen zu treffen. Dieses Jahr im März bereits zum zweiten Mal, manchmal mit professioneller Moderation, manchmal mit „Gasthörern", Mitarbeitern, die nicht Mitglied des Kernteams sind. Wer etwas in die Firmenspitze tragen möchte, kann das auch über die „Abgeordneten" der Belegschaft tun.

Derzeit arbeitet das Kernteam im Bereich „Wirksame Menschenführung" an den Elementen „Mitarbeiter konsequent einbeziehen" und „Mitarbeiter aktiv fördern" sowie im Bereich „Gärtnerische Exzellenz" an dem Element „Baustellenabläufe".

Zweimal im Jahr kommt die gesamte Mitarbeiterschaft zusammen.

Luxemburger Dependance

Bereits 1995 hatten sich die Bohrs die Nähe zum wohlhabenden Luxemburg zunutze gemacht und im 30 km entfernten Wellenstein an der Mosel – direkt hinter der deutschen Grenze – eine Dependance gegründet; die Gartengestaltung Bohr Sàrl. Nach einem Umzug sind Büro und ein kleiner Betriebshof jetzt im nahen Schwebsange.

Die Präsenz hilft, die Nähe zu den Kunden im Großherzogtum zu dokumentieren. Denn die Auftraggeber in dem Nachbarland sind für das deutsche Unternehmen besonders wichtig. Hier werden zwischen 35 und 40 % des Umsatzes generiert. In dem kleinen Land ist ziemlich viel Geld kumuliert und die Luxemburger wissen zugleich deutsche Handwerksqualität sehr zu schätzen. „Da gibt es eine echte Dankbarkeit", erzählt Dagmar Bohr und beschreibt positive Rückmeldungen, selbst wenn es mal zu Terminverschiebungen kommt. Dort freu man sich einfach aufrichtig darüber, dass man Bescheid gibt. Ganz offensichtlich ist da die Erfahrung mit lokalen Dienstleistern nicht ganz so gut. Dank einheimischen Mitarbeitern können die Bohrs auch mit dem ortstypischen Dialekt, dem Letzeburgisch, punkten.

Luxembourg ist auch ein teures Land. Die Grundstückspreise sind nach wie vor im Höhenflug. Die Preise in der Hauptstadt lägen teilweise schon höher als in der City of London, meint Peter Bohr. Da fallen die Planungs- und Baukosten für den Garten dann gar nicht mehr so ins Gewicht – oder stehen zumindest in einem anderen Verhältnis zur Gesamtinvestition als in Deutschland.

Erheblicher Mehraufwand

Das französische Lothringen ist nicht ganz so wohlhabend wie das benachbarte Großherzogtum, sichert den Bohrs aber trotzdem einen kleineren Teil des Umsatzes (5 %). Hier profitiert das deutsche Unternehmen besonders davon, dass das Dienstleistungsangebot im südwestlichen Nachbarland noch lange nicht so ausdifferenziert ist wie bei uns – ganz besonders im Garten- und Landschaftsbau.

So schön das aber ist, drei unterschiedliche Märkte bedienen zu können – es hat auch eine Reihe von Nachteilen. So ist die Bürokratie in drei Sprachen und drei Verwaltungsstrukturen zu leisten. Es gibt neun Mehrwertsteuersätze und zahlreiche landestypische Regelungen zu beachten, etwa bei Arbeitsschutz und Gewährleistung. In Luxemburg liegt der Regelsteuersatz bei 17 % (Pflanzen 6 %). Unter bestimmten Voraussetzungen lässt er sich auf 3 % herabsetzen. Allerdings muss das unter Vorlage aller notwendigen Unterlagen bei den Behörden beantragt werden und der Bau kann erst beginnen, wenn die behördliche Zusage vorliegt. In Frankreich verhält es sich ähnlich, hier kann die Steuerbehörde den Regelsteuersatz von 20 auf 10 % ermäßigen. Aber auch hier muss man Zeit und Aufwand einplanen, bis es losgehen kann. Für die Bohrs ist das ein nicht zu unterschätzender Mehraufwand. Zusätzlich müssen die Mitarbeiter relativ weit fahren und immer wieder umdenken.

Schwimmteiche im fokus

Was in beiden Nachbarländern und zu Hause rege nachgefragt wird, sind Wasseranlagen. Über 130 Schwimmteiche und Naturpools hat das Unternehmen schon gebaut. Anfangs mit einem System, von dem Peter Bohr lieber gar nicht sagen will, welches es war. Mittlerweile bauen sie nach eigener Technik, und das ziemlich erfolgreich. Das Geschäftsfeld ist für das Unternehmen so wichtig, dass es auf der Homepage mit dem Reiter „Zuhause Schwimmen" beworben wird. Die Frage „Naturpool oder Schwimmteich?" erscheint zudem als eigener Button auf der Homepage.

Auch auf dem Firmengelände sind zwei Anlagen aufgebaut; die jüngere auf der anderen Seite des Baches ist im Winter 2017/18 noch einmal auf den neuesten Stand gebracht worden und beinhaltet auch ein Poolhäuschen, das zugleich als Besprechungsraum ausgestattet ist. „Wir zeigen den Kunden auch ganz bewusst unseren Teich, damit wir wissen, ob sie das auch wollen, was wir bauen", sagt Peter Bohr. Es helfe ja nicht Erwartungen zu wecken, die im Nachhinein zu Unzufriedenheit führen. Dabei baut die Firma nach wie vor vornehmlich Schwimmteiche – also Anlagen, die einen natürlichen Charakter behalten und in denen auch mal ein paar Algen wachsen dürfen. „Leute, die keine Kaulquappen und Frösche wollen, können das gleich hier herausfinden, ob ihnen das gefällt."

Als Unterstützung bieten die Bohrs auf ihrer Webseite eine „Kleine Froschkunde" an; dort wird erklärt, welche Frösche im Teich leben („Wer quakt am Teich?"), wie sich das mit den Kaulquappen verhält und welchen Nutzen die Amphibien für den Garten haben.

Mit einem neuen kompakten Filter aus Österreich wollen die Bohrs jetzt noch mal den Kundenkreis vergrößern. Im 2-m³-Kompaktfilter für 50¿m³ Wasser befindet sich ein speziell entwickeltes, schwimmendes Filtermaterial, das konstant angeströmt wird und die Basis für den Biofilm bildet. „Geerntet" wird der Biofilm durch eine integrierte Luftspülung. Bei durchschnittlicher Belastung erfolgt dies ein- bis zweimal pro Jahr. Um die biologische Filtration zu unterstützen, wird zusätzlich eine mechanische Filterschicht in Form von Sanden eingebaut. Die Pflanzenzone wird integriert, wodurch sich ein minimaler Flächenbedarf ergibt. Das setzt die Hürden herunter, um beispielsweise von einem Chlorpool auf Naturpool umzusteigen.

… und natürlich Pflanzen!

Neben den Teichen spielen Gehölze bei Bohr eine große Rolle – wie könnte das bei der Tradition anders sein. Zwar kam Peter Bohrs Vater aus dem Obstbau, der in der Umgebung früher eine große Rolle gespielt hat; für den Sohn hat die Pflanze aber immer die zentrale Rolle gespielt. „Schließlich sind wir Gärtner", sagt der Unternehmer. Mit Solitärgehölzen, die der Betrieb seinen Kunden im Schaugarten zeigt, lockt das Unternehmen nach wie vor. Pflanzenkompetenz wird weiter gepflegt, schließlich bietet Bohr auch eine qualifizierte Pflege mit kompetentem Gehölzschnitt an. Die Schulung der Gärtner von Eden in Grünberg zu Beginn des Jahres – es war bereits die dritte – wird von dem Unternehmen ebenfalls gern genutzt. Mitarbeiter Andreas Müller hat wieder daran teilgenommen.

Ans Aufhören wollen Peter und Dagmar Bohr noch lange nicht denken. Dazu mache es einfach auch noch zu viel Spaß. Nachdem es den beiden in diesem Jahr endlich gelungen ist, das schon lange als Lagerfläche gepachtete Nachbargrundstück zu kaufen, soll hier demnächst eine neue Halle entstehen – das ist das nächste Großprojekt. Eine Menge Anregungen haben sie schon gesammelt: So kamen sie zum Beispiel begeistert und mit neuen Ideen von einem Besuch bei Forster in Bonn (siehe dega4693 ) zurück. Ganz so groß wird der Betriebshof in Merzig nicht werden – aber der Besuch gab ausreichend Anlass, noch mal die Abläufe zu überdenken und in die Planung für die eigene Halle zu integrieren. Schon jetzt ist Peter Bohr davon überzeugt, dass der Neubau die Rüstzeiten deutlich reduzieren wird.

Und dann geht es jetzt noch einmal darum, wie man das Schaugartengelände zur Weihnachtszeit noch attraktiver machen kann. Seit der Übernahme des „Kunsthandwerkermarkts Schwemlingen" 2016 kommen am 2. Adventswochenende mehrere Tausend Besucher auf das Gelände. Die möchten die Bohrs natürlich adäquat empfangen und trotz der winterlichen Zeit zu Gartenkunden machen.

Die vier Töchter der Bohrs haben andere Wege eingeschlagen. Aber mit Benedikt Engels arbeitet schon mal der erste Schwiegersohn im Unternehmen. Eine Zukunftsperspektive ist damit schon mal vorhanden. Alles andere wollen die beiden auf sich zukommen lassen.

kontakt

Kohlenbrucher Weg

66663 Merzig

Tel. +49 68 61/ 751 67, Fax 746 09

info@eden-bohr.de

www.eden-bohr.de

Online-Inhalte

www.dega-galabau.de | Weitere Porträts von GvE-Betrieben, die in der Vergangenheit in DEGA veröffentlicht wurden, finden Sie, wenn Sie den Webcode dega4726 in die Suchmaske oben rechts auf der Webseite eintippen und das Lupensymbol anklicken.

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