Gastkommentar: Tu felix Austria!
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Das glückliche Österreich haben schon viele beneidet. Im internationalen Vergleich hat unser Land sicherlich einige Vorteile. So tragen wir nicht an der Last einer Wiedervereinigung, haben weder Gewerbe-, Vermögens- noch Erbschaftssteuer und brauchen kein Hartz IV, weil wir uns über eine vergleichsweise niedrige Arbeitslosenrate von 4,6 % freuen dürfen. Der Staat zahlt für jeden Auszubildenden eine Prämie von 1000 Euro und gestaffelt 400, 200 und 100 Euro im Monat für jeden weiteren. Dafür zahlen wir jedem Arbeitnehmer 14 Monatslöhne, müssen 20 % Mehrwertsteuer auf jede Leistung schlagen (hier sind wir uns mittlerweile nahe), zahlen 1,53 % in eine Abfertigungskasse und haben einen eklatanten Fachkräftemangel. So hat jeder sein Päckchen zu tragen.
Mit staatlichen Prämien ist der Lehrlingsmangel nicht zu beheben, und ein vorbildliches Ausbildungswerk wie das deutsche AuGaLa wird von den Wirtschaftskammern in Österreich abgelehnt. Im Vergleich zu deutschen Zahlen haben wir weniger als die Hälfte an Azubis. Es hapert auch an der Weiterbildung. Es gibt keine Technikerschulen. Die Höhere Lehranstalt für Gartenbau in Wien-Schönbrunn mit ihrer fünfjährigen Ausbildung bis zum Fachabitur bietet keinen ausreichenden Ersatz. Da ist die Zusammenarbeit mit der Akademie Landschaftsbau Weihenstephan und dem Verband GaLaBau Bayern eine wertvolle Hilfe für uns.
Weitere Wermutstropfen bedeuten für uns die Situation in der Pflege und das Pflanzenangebot im Großraum Wien. Was die Fachpflege angeht, so lässt sich feststellen, dass der Markt so gut wie kaputt ist. Auf dem Sektor schlagen sich mittlerweile die Maschinenringe mit Facility-Firmen und Anbietern aus Osteuropa. Die einstige Domäne unserer Betriebe – ehedem ein guter Lückenfüller in auftragsschwacher Zeit – fällt damit aus. Dass es für die 300 Betriebe in der 2 Mio. Einwohner umfassenden Hauptstadtregion nicht eine vernünftige Baumschule gibt und die Gehölze aus Holstein angekarrt werden müssen, ist ein weiteres Trauerspiel.
Aber trotzdem bleiben wir ein glückliches Land, mit hochspezialisierten Betrieben (zum Beispiel im Schwimmteichbau und der Dachbegrünung), günstigen Entwicklungschancen und in vielen Bereichen auch reichhaltigem Angebot (zum Beispiel Befestigungsmaterialien, Mauerbaustoffe).
Schön, dass der Verlag Eugen Ulmer die Situation in Österreich dokumentiert.
(c) DEGA online
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