Kommentar: Pflegen, nicht schlagen
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Baumpflege hört sich irgendwie zärtlich an – so nach Creme und Massageöl. Das täuscht – nicht nur in Bezug auf den Werkzeugeinsatz. Denn auch die Protagonisten der Szene gehen zum Teil alles andere als pfleglich miteinander um. Schon seit Jahren tobt ein Glaubenskrieg zwischen Anhängern unterschiedlicher Diagnoseverfahren. Für Außenstehende kaum nachvollziehbar, beharken sich die Kontrahenten offen oder subversiv. Wer Recht hat, spielt schon lange keine Rolle mehr.
Gleichzeitig werden die wenigsten begreifen, worum es en Detail eigentlich geht. Denn letztlich dreht sich der Streit um physikalische Berechnungen, Feldforschungen und Beobachtungen, deren Ergebnisse zusammen mit wirtschaftlichen Interessen zu einer bunten Gemengelage vermischt werden. Da wird viel mitgelaufen und nachgeplappert – und ganz schnell unterliegt man der Gefahr, instrumentalisiert zu werden. Das sollten besonders all jene beachten, die böse Briefe schreiben, ohne wirklich die Tiefe des Stoffs zu durchschauen. Gerade diese bösen Briefe, aber auch die Arroganz, die Verleumdung Dritter und das undiplomatische Auftreten der Akteure hat für eine totale Vergiftung des Klimas gesorgt. Alleine das, was bei uns in der Redaktion (und bei den Kollegen dürfte das ähnlich sein) an Schriftverkehr eingegangen ist, lässt eine maßlose Überschätzung der eigenen Bedeutung bei manchem Streithahn erkennen.
Es geht um Pfründe, um Einfluss, um Ansehen, um das Rechthaben und nicht zuletzt für einige wohl auch um alles oder nichts. Den Bäumen hilft das Ganze herzlich wenig. Wenn man der Baumpflege etwas Gutes tun wollte, so würde man deshalb unabhängige Wissenschaftler beauftragen, die Rechengrundlagen zu überprüfen, um so eine gesicherte Basis für die Rechtsprechung zu schaffen. Das würde zumindest den Baumpflegern, aber auch den Städten und Gemeinden einen wertvollen Dienst erweisen.
Derweilen bleibt Ihnen nur das, was uns auch bleibt: in Angesicht der Person, deren wissenschaftliche Reputation und die Glaubwürdigkeit ihrer Informationen gründlich abzuwägen. Ob Sie dabei immer richtig liegen, wird Ihnen niemand in der Szene zweifelsfrei sagen können. Womit Sie aber immer richtig liegen, ist der weise Vorsatz, sich aus dem Konflikt herauszuhalten.
(c) DEGA online
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