Und wenn sie kommt …
Wir können auch anders, meint Tjards Wendebourg in seinem Kommentar für den aktuellen Newsletter. Wie er das meint, lesen sie hier.
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Als wir die Landschaftsbautagung in Freising geplant hatten, war es Herbst. Der Ölpreis strebte einem Rekordniveau entgegen, und die ganze Republik spekulierte darüber, ob die Gasspeicher reichen würden, den Bedarf bis zum Ende der Heizperiode zu decken. Unser Titel „Wenn die Ebbe kommt - Werkzeugkasten gegen die Flaute" sollte die sich für uns abzeichnende Krise thematisieren, ohne das Wort „Krise“ dabei zu bemühen. Schließlich weiß jeder, dass die Summe aller Unkenrufe zur selbsterfüllenden Prophezeihung werden kann.
Als der Winter vorbei war und der Ölpreis sich wieder dem Vorkriegsniveau näherte, haben wir uns gefragt, ob wir mit dem Konzept, Ideen für eine bessere Auslastung zu liefern, nicht Lügen gestraft werden würden. Aber als wir dann dem 16. Juni immer näher kamen, waren hinter vorgehaltener Hand bereits die ersten Krisenmeldungen zu hören. Mittlerweile ist klar: Dass sie dieses Mal wieder spurlos an uns vorbeigehen wird, ist äußerst unwahrscheinlich. Dafür gibt es gute Gründe und viele Anzeichen. Allerdings wird die Unruhe dadurch maskiert, dass viele Betriebe noch Aufträge aus dem Vorjahr abarbeiten oder Projekte in der Pipeline haben, die sich bereits in der Planungsphase befanden.
Richtig spannend wird es im Januar, Februar. Erstens ist das ohnehin eine unsichere Zeit, weil viele Unternehmerinnen und Unternehmer ob der laufenden Fixkosten bei gleichzeitig ruhendem Geschäft unruhige Nächte haben. Zweitens könnte die derzeit stabile Energieversorgung auch im mitteleuropäischen Winter 23/24 wieder in eine Stresssituation kommen, zumindest in Hinblick auf die Preise. Und drittens dürfte dann der Auftragsbestand so weit abgebaut sein, dass nur noch die Neuaufträge die Stimmung beherrschen werden. Bis dahin bleibt noch ein wenig Zeit zum Nachdenken, und die sollten wir nutzen.
Nachhaltiger werden, mehr Effizienz entwickeln und das mit weniger Fachkräften auf einem schwieriger werdenden Markt? Das klingt ein bisschen nach der Quadratur des Kreises. Und in der Tat ist es eine Herausforderung. Wir hatten für die Landschaftsbautagung ein paar Themen ausgewählt, die aus unserer Sicht im GaLaBau noch zu wenig Beachtung finden und mehr Bedeutung bekommen sollten. Dazu gehören die verschenkte Wertschöpfung im Erstgespräch (zu wenig Einsatz für den Aufbau von Beziehungen), das unterbewertete Potenzial von Pflegeleistungen (alleine die Präsenz ist Gold wert), die vergebenen Chancen, mit Pflanzen Geld zu verdienen (raus aus der Vergleichbarkeit) über die Nutzung von Regenwasser (Sammeln muss sexy werden) bis hin zur Diversifizierung (Aufbau von Wertschöpfungsketten). Dass ein Landschaftsbaubetrieb etwa zum Nahwärmeversorger seiner Nachbarn werden kann, hat der Unternehmer Frank Balzer gezeigt; ein heißes Thema angesichts des Bedarfs an bezahlbarer Wärme. Auch die Digitalisierung kann Teil des Werkzeugkastens sein; entweder in Bezug darauf, neue Leistungen anzubieten oder Abläufe effizienter zu machen. Auf der Tagung hat uns das Jonas Straub am Beispiel des Lidar-Scanners und der 3D-Planung gezeigt.
Jetzt ist auf jeden Fall der Zeitpunkt gekommen, wo wir ein Szenario „was wäre, wenn“ aufmachen sollten, bei dem wir uns überlegen, welche Optionen unsere Region und unsere Struktur hergeben. Wo gibt es Chancen, den Markt zu erweitern und angrenzende Leistungen mit anzubieten? Wo sollten wir uns fokussieren? Welche Möglichkeiten bestehen, die eigene Effizienz zu steigern, den Akquiseerfolg zu vergrößern und notfalls Ballast abzuwerfen? Auch gehören rechtzeitig vor dem Winter die Fixkosten noch einmal auf den Prüfstand. Was braucht es wirklich? Und welche Belastung ließe sich im Fall des Falles, auf welche Weise und in welchem Zeitraum verringern?
Am Ende bleibt eine, wie ich finde, beruhigende Erkenntnis: Wer einen mittelständischen Betrieb führen kann, hat erstmal das beste Werkzeug in der Hand, notfalls sein Leistungsspektrum an die Bedürfnisse anzupassen. Sollte es also mal hart auf hart kommen: Angesichts des Mangels an Handwerkern und dem großen Bedarf an bestimmten Dienstleistungen dürfte es kein Hexenwerk sein, einen GaLaBau-Betrieb auf die Montage von Solarpanelen oder die Installation von Wärmepumpen umzurüsten. Die Einzelkompetenzen einzukaufen, dürfte erheblich leichter fallen als einen entsprechenden Betrieb aufzubauen; zumindest, wenn man sich die Zeit nimmt, sich entsprechend vorzubereiten.
Wenn sie also kommt, diese Krise, müssen wir nicht weglaufen, sondern im schlimmsten Fall nur umsatteln.
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