Aufgehende Lichter
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Die spinnen die Belgier! – hat der französische Comictexter Goscinny seinem Helden Obelix einmal in den Mund gelegt. An diesen Satz musste ich denken – unsere Leser jenseits der Grenze mögen mir diese Flapsigkeit verzeihen – als ich neulich von Brüssel nach München flog: jede Straße zeichnete sich als strahlende Ader vom dunkleren Hintergrund ab, jede Ansiedlung leuchtete, als hätte es die Sterne vom Himmel geholt. An der Grenze zu Deutschland war der Spuk vorbei: Autobahnen und Fernstraßen schienen im Nichts zu enden, wie abgeschnitten von einer Wand aus Dunkelheit. Schön sah sie schon aus, diese nächtlich beleuchtete Landschaft, in der fast alles aus der Luft zu erkennen war. Doch zugleich stimmte das Bild nachdenklich.
Denn um die Nacht zum Tage zu machen, rauschen Megawattstunden an Strom durch die Leitungen, Myriaden von Nachtfaltern sterben in einer einzigen Nacht und zahllose Menschen leiden unter Störungen der Psyche, weil sie aus Mangel an Dunkelheit keine Ruhe mehr finden. Alles das ist von oben nur zu erahnen. Sehen tut man es nicht.
Und all das, was für den öffentlichen Raum gilt, gilt in kleinem Maßstab auch für den Garten – einem Raum, der bisher eher zufällig beleuchtet worden ist; von angrenzenden Laternen und von dem Licht, das vom Haus abstrahlt. Wenn wir diesen Raum für uns erobern, um in der Marktlücke Geld zu verdienen, dann heißt es bewusst vorzugehen; dann heißt es, die Rahmenbedingungen genau zu analysieren, um genau die Beleuchtung in den Garten zu bringen, die den Anforderungen am besten gerecht wird; die maßvoll im Stromverbrauch ist, wenig Licht nutzlos in den Himmel abstrahlt und den Nachbarn nicht die Ruhe raubt.
Lichterfeste sind viel schöner als dauerhafte Lichtspielatmosphäre. Und niemand muss den wenigen Passanten in der Nacht noch die Repräsentationsfähigkeit seines Gartens vorführen. Für die Sicherheit reichen Bewegungsmelder und dezent auf den Boden strahlende Lichtquellen. Dioden kommen mit unendlich viel weniger Strom aus als herkömmliche Leuchtmittel und ein höherer Preis lässt sich schon über die längere Lebensdauer meist leicht wieder einspielen.
Wer seinen Garten auch des Nachts zur Bühne machen möchte, dem sollte schon während der Planung ein Licht aufgehen: Es ist großartig. Aber es kann auch Schäden verursachen. Beleuchtete Nächte sind noch schöner, wenn sie nicht zur Selbstverständlichkeit werden, sondern fein dosiert daherkommen, wie jedes Ding, das sich genießen lässt.
(c) DEGA online, 18. April 2007
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