Aus Besuchern werden Besuche
1,5 Mio. Besucher wurden zur dezentralen Bundesgartenschau in der Havelregion erwartet. Knapp einen Monat vor Ende der Schau betreibt die BuGa komplizierte Arithmetik, bei der aus "Besuchern" "Besuche" werden. Der fehlende Buchstabe ist derzeit etwa 10 Mio. Euro wert - so hoch wird das Defizit geschätzt.
- Veröffentlicht am
Trotzdem fällt das Zwischenfazit der BuGa freundlich aus. Von einem großen touristischen Gewinn für die Region ist da die Rede. „Auf so viele Gäste und Besucher wie in den vergangenen fünf Monaten konnten die fünf BUGA-Städte noch nie zurück blicken", sagte Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dr. Dietlind Tiemann. Was allerdings vor dem Hintergrund der BuGa kein Kunststück dargestellt haben dürfte. Die BUGA 2015 sei ein wahrer Wachstumsmotor und habe den Bekanntheitsgrad deutschlandweit gesteigert, führte die Bürgermeisterin aus "Unsere Region zählt durch die Bundesgartenschau zu den TOP-Adressen der touristischen Regionen Deutschlands. Allein diese Tatsache ist ein unbezahlbares Marketing. Zudem: Die Bürgerinnen und Bürger sind stolz auf ihre Städte und das ist das Wichtigste, denn wir haben diese BUGA hauptsächlich für die Menschen in unserer Region ausgerichtet.“
Weiter sagt sie: „Natürlich wissen wir jetzt, dass die geplanten 1,5 Mio. Besucher nicht erreicht werden, da braucht man gar nicht drum herum reden. Aber Zahlen sind nicht der einzige Gradmesser für den Erfolg unserer einmaligen dezentralen BuGa. Mit der Bundesgartenschau haben wir in einem einzigartigen Konzept unsere Städte schöner gemacht und zwar nachhaltig und behutsam. Wir haben gärtnerische, touristische und städtebauliche Höhepunkte in unserer Havelregion miteinander verbunden und die Attraktivität unserer Region erheblich gesteigert.“
Bereits zur Halbzeit hatten die Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und Brandenburg, Dr. Reiner Haseloff und Dr. Dietmar Woidke ein positives Fazit gezogen. Brandenburgs Ministerpräsident betonte bei seinem BuGa-Besuch in Brandenburg an der Havel im August die landesweite Bedeutung der Bundesgartenschau: "Die BuGa ist bereits heute schon ein Erfolg, sie hat die Havelregion, die Stadt und das ganze Land touristisch voran gebracht und weiter bekannt gemacht. Es geht bei einer Bundesgartenschau nicht nur um eine tolle Schau für 6 Monate, sondern darum die Region nachhaltig weiter zu entwickeln. Die Region hat bereits jetzt schon enorm von der Bundesgartenschau profitiert."
Ab von den "weichen Erfolgen" kam BuGa Geschäftsführer Erhard Skupch dann eher zu den harten Fakten. „Die Dinge, die sich zählen lassen, sehen derzeit so aus: Vor allem durch nicht getätigte Ticketverkäufe, geringere Parkerlöse und Mindereinnahmen bei der BUGA-Gastronomie ist eine Finanzlücke von knapp 10 Millionen Euro zu verzeichnen. Zu unterscheiden sei zwischen den BuGa-Besuchen, die für die haushalterische Abrechnungsstatistik gezählt werden und den Mehrfachbesuchen, die nicht in die Haushaltsstatistik eingehen. Das 20-Euro-Ticket konnte mehrmals genutzt werden. Zähle man alle "Besuche" zusammen, komme man derzeit auf knapp 1,5 Millionen. Im Durchschnitt werde die BuGa-Eintrittskarte damit 2,5 Mal genutzt. Bei den Dauerkarten habe man bis zu 16 Besuche je Karte verbuchen können, was die hohe Nachhaltigkeit der Besucherbindung und Identifikation der Gäste mit den Standorten zeige. "Die extremen Wetterbedingungen mit Hitzerekorden, Stürmen und Unwettern, die die temporäre Schließung von einzelnen Arealen erforderlich machten, sowie der wochenlange Bahnstreik und der kommunale ÖPNV-Streik hinterlassen natürlich ihre Spuren in den Zahlen. Solche Ereignisse kann man mit keinem Marketing der Welt kompensieren, hierfür werden wir einen Nachtragshaushalt vorlegen“, sagte Skupch.
Jochen Sandner, der Chef der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft mbH (DBG), zog heute ebenfalls ein erstes Fazit: „Das, was in den letzten Jahren in Bezug auf die Vorbereitung und Durchführung der Gartenschau unternommen wurde, ist beispielshaft. Diesen dezentralen und nachhaltigen Ansatz für eine gesamte Region gab es in der Geschichte der Bundesgartenschau noch nie. Die Region wird lange davon profitieren. Mittlerweile kommen Delegationen aus den zukünftigen BuGa-Schauplätzen und wollen diesen dezentralen und regionalen Ansatz übernehmen.“ Das klingt ein wenig so, als hätte er das kurz vor Ende der BuGa sagen müssen und man darf gespannt sein, ob es in den kommenden Jahren noch mal eine dezentrale Veranstaltung geben wird.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.