Lean-Management im GaLaBau
Was heißen Lean Management, New Work oder Kaizen übersetzt auf den Landschaftsbau? Die 13. Baubetriebstage versuchten sich an einer Antwort und boten einen reichen Strauß an Anregungen. Einmal mehr war dabei Übersetzungsarbeit notwendig. Denn viele Referenten stellten Beispiele aus großen Firmen und anderen Branchen vor. Spannend war es deshalb nicht minder.
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Knapp 300 Besucher waren zu denBaubetriebstagen 2019 gekommen das war Rekord, Und trotzdem hätten nach Auskunft der Organisatoren – Prof. Martin Thieme-Hack und Kai Breulmann auch noch 100 mehr kommen wollen. Aber die Veranstaltung war schon vier Wochen vor Beginn ausgebucht. Und das mit Sicherheit nicht nur wegen des guten Essens und dem traditionellen „Baubetriebstreff“ im Brauhaus Rampendahl.
Gleich der erste Kandidat war ein Volltreffer: Dr. Manuel Schönwitz von Porsche Consulting GmbH, einer 550 Mitarbeiter umfassenden Firma innerhalb des Porsche Konzerns. Am Beispiel des Sportwagenherstellers zeigte Schönwitz, wie ein sich eine überkommene Produktionskultur durch die Einführung schlanker Prozesse wieder fit machen lässt. Das Schöne an dem Vortrag: Schönwitz vermied es, die üblichen Schlagworte unkritisch ins Publikum zu werfen. „Lean Management“ sei ein Denkmodell, das Veränderungen bei allen Beteiligten bedeute. „Lean ist keine Diät, sondern eine ganzheitliche Ernährungsumstellung“. BIM sei lediglich eine Plattform für Kommunikation, keine Problemlösung und die „Digitalisierung“ ein Schlagwort, dass oft unreflektiert verwendet werden. Im Übrigen würden sich 75% aller Mitarbeiter am Verhalten der Führungskraft orientieren, weshalb es umso wichtiger sei, dass die es entsprechend vorlebe. Fehler seien dabei Schätze, aus denen man lernen könne.
Katrin Haas und Sebastian Seger von der Unternehmensberatung einfach.effzient.GmbH&Co.KG in Oldenburg waren eingeladen worden, weil Sie einen großes, auf Golfplatzbau und –pflege spezialisiertes Unternehmen bei der Entwicklung einer Feedback- und Fehlerkultur zu unterstützen. Sie betonten, dass beim Lean der Mensch in den Vordergrund gestellt und die Prozesse um die Mitarbeiter und mit den Mitarbeitern entwickelt werden. Allerdings blieb Vieles vage und schien hinter einer Bezahlschranke verborgen. Am spannendsten war das Abfragetool slido.com, mit der sich alle Besucher per smartphone live an Umfragen beteiligen konnten. Dabei stellte sich auch heraus: Ein Großteil der Besucher konnte mit dem Begriff „New Work“ nichts anfangen.
Patrick Schwerdtner von der TU Braunschweig (IBB Institut für Bauwirtschaft und Baubetrieb) betonte, dass man Lean nicht von heute auf morgen lernen kann, sondern es als kontinuierlicher Prozess verstanden werden muss, in den man schrittweise eintritt. Es sei eine Implementierung und Akzeptanz der Lean-Philosophie bei allen Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette notwendig. Unternehmer müssten sich dabei entscheiden, ob sie Effizienz oder Flexibilität wollten. Flexibilität koste eben Geld. Am Ende gab’s nocheinen Ratschlag für die Gärtner: „Vereinbaren sie wenigstens, dass die Fertigstellung des Gebäudes und die der Außenanlagen zeitversetzt stattfinden.“
Zum Abschluss des ersten Tages provozierte Prof. Dr. Felix Möhring von der Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Höxter mit der These, im Landschaftsbau gebe es gar keine Prozesse und deshalb auch erstmal keinen Ansatz, sie zu optimieren. Der Organisationsgrad sei im gesamten Handwerk extrem schlecht, wenn es überhaupt eine Organisation gebe. Oft werde versucht, jedes Einzelproblem mit einem Softwareprodukt zu lösen, ohne dabei ein ganzheitlichen Lösungsansatz zu suchen. Die Softwarelösungen würden dabei verstärkt die Prozessgestaltung bestimmen. Möhring riet dazu, in dieser Hinsicht kritisch zu sein. Gleichzeitig zeigte er auf, wie zielgerichtetes Prozessmanagement in Landschaftsbau aussehen kann. Die 4-Schritt-Methode (Identifikation und Abgrenzung, Analyse IST-Prozesse, Konzeption Soll-Prozesse, Realisierung von Verbesserungspotetial) sei dabei für den GaLaBau durchaus geeignet. Eine reine Fokussierung auf die Kostenreduktion sei eine Katastrophe, ein systemisches Erfassen von Risiken zwingend notwendig.„Wir sind in einem absolut überhitzten Baumarkt. Das bekommen Sie auch nicht mehr auf den Boden. Da fehlen die Personalressourcen in den Behörden und bei den Planern“, meinte er.
Der zweite Tag der Baubetriebstage ist den Praktikern vorbehalten. Den ersten Aufschlag machte André Schomäker vom Systembaukonzern Goldbeck aus Bielefeld. Die Ostwestfalen beschäftigen mittlerweile 6.200 Mitarbeiter an 48 Standorte und in 10 Werke. Die Firma verdient ihr Geld damit, dass sie hauptsächlich Gewerbeimmobilien aus vorgefertigten Modulen zusammensetzt. Dabei ist die integrale Kompetenz ein wichtiger Erfolgsfaktor: „Wir planen nur das, was wir bauen und bauen nur das, was wir planen“, erklärte Schomäker.Kann ein GaLaBau-Betrieb von einem Konzern lernen? Ja, kann er. „Stellen sie den Mensch in den Vordergrund, wenn sie sich mit Prozessen beschäftigen“, riet der Referent. Lean sei bei den meisten nur Taktung und Steuerung von Materialflüssen. Das sei aber nicht nachhaltig. „Sie fangen ja bei jeder Baustelle neu an. Sie müssen ganzheitlich denken“, war sein Plädoyer, und weiter „Ohne das Integrieren von Planung, sind sie beim Optimieren von Prozessen verloren.“Auch die starke Kundenorientierung, das Denken in Produkten und das starke Standardisieren lassen sich mehr oder weniger in den GaLaBau übertragen.
Ebenfalls die Bauwirtschaft, aber den Tief und Straßenbau vertrat Thorsten Goerke von der Firma Dallmann in Bramsche. Sein Rat lautete, man solle keine „Kontrollillusionen“ schaffen. Viele Prozesse seien gar nicht zu beeinflussen, weil sie von außen an das Unternehmen herangetragen werden. Auch das BIM, das Goerke als „digitalen Zwilling der Baustelle, der zur Kollaboration einlädt“ beschreibt, sei so etwas. „BIM ist so ein bisschen wie eine Ketchupflasche: Man haut hinten drauf und irgendwann kommt alles mit einem Schwall raus“, verglich der Norddeutsche. Vom digitalen Zwilling sei man noch relativ weit weg.Trotzdem arbeiten bei Dallmann schon zahlreiche digitale Werkzeuge, die zum Teil über Diplom- und Masterarbeiten entwickelt wurden und über Share-Point-Server bestimmten Verantwortlichen zugewiesen werden können. Dallmann macht digitale Zeiterfassung (mit „Baumobil“), vermisst mithilfe von Drohnenfotografie, generiert Abrechnungen aus dem 3D-Modell oder bietet die digitale Rechnungsprüfung über das Programm Decide an. Die ERP-Software ermöglicht, die anderen Softwarelösungen einzuklinken.
Friedrich Klute, Gärtner von Eden aus dem Sauerland, erklärte, wie das Aufräumen des Betriebshofs über das japanische Kaizen-Prinzip zur Prozessoptimierung im gesamten Unternehmen beigetragen hat. „Der größte Kittel-brenn-Faktor war bei uns der Mangel an sauberen Prozessen“, erzählt der Unternehmer, der 2017 den väterlichen 70-Mann-Betrieb übernommen hat. Angefangen habe alles mit 16 Mitarbeitern und einem KaiZen-Seminar. Am Ende sind aus drei Bereichen, die man sich vorgenommen hatte durch den Input der Mitarbeiter 28 geworden. „ Am leichtesten ist der Start tatsächlich mit dem Aufräumen des Betriebs, weil es alle sehen und nachvollziehen können“, ist Klute überzeugt. Prozesse, die man nicht sehen kann – etwa die Abrechnung – ließen sich visualisieren; etwa durch Klebezettel. Prozessoptimierung sei kluges Aufräumen. Jeden umgestellten Ablauf gibt es dann bei Klute als Prozessbeschreibung. Die 10 Prinzipien des Kaizen finden Sie hier.
Nicholas Hoppe aus Uelzen zeigte anschließend, wie man Prozesse durch partnerschaftliche Gestaltung von Verträgen optimiert. Der Familienbetrieb aus dem dünn besiedelten Ostniedersachsen hat 147 Mitarbeiter und beschäftigt sich mit Gartengestaltung, Landschaftsbau sowie Erd- und Tiefbau. Gerade im ländlichen Raum sehe man sich immer mehrmals im Leben, begründet Hoppe, weshalb die Firma bei Planern und gewerblichen Auftraggebern auf ein Miteinander setzt. Man müsse dem Gegenüber immer ermöglichen, das Gesicht zu wahren. Als Beispiele führte Hoppe an, dass Verträge vorher gründlich geprüft und nicht sinnvolle Bestandteile gestrichen werden., oder dass nur über Lieferscheine, nicht zusätzlich über Fläche abgerechnet wird. Bei der Vertragsauslegung setzt das Unternehmen auf sinnvolle Absprachen (zum Beispiel Baustart/Baufreiheit). Behinderungsanzeigen werden nicht zur Profitmaximierung, sondern nur zur eigene Absicherung geschrieben. Bedenken werden mit Lösungsansätzen angemeldet. „Man kann sie auch dem Erfüllungsgehilfen geben und der kann sie als seine Lösung verkaufen“ beschreibt Hoppe.
Den Abschluss machte Bodo Lammers vom Branchenriesen „Grewe Gruppe“ (rund 600 Mitarbeiter) in Rotenburg Wümme. Er sei sehr froh über das Weißbuch Stadtgrün, weil die öffentliche Hand dazu gezwungen werde, beim Grünflächenmangement umzudenken. Dem würden dann auch irgendwann die Wohnungsbaugesellschaften folgen, die bei Grewe die größte Auftraggebergruppe stellen. Lammers Ziel ist es, die Prozesse zu digitalisieren, aber bei der Entwicklung von Organisationen und Prozessen sei man zugegebermaßen noch ganz am Anfang. Trotzdem ist es dem Unternehmen schon gelungen, mit digitalen Tools die Abläufe zu verbessern. So können die Vorarbeiter über die C-Artikel-App alle Verbrausprodukte vom Handschuh bis zum Dünger selbst bestellen. Über die grewe-App können alle Maschinen digital verwaltet werden. „Wir geben die Verantwortung an die Mitarbeiter ab“, erklärt Lammers. „Wenn der Radlader dreckig ist, nimmt der nächste ihn nicht an.“ Über die App von Eurogarant Autoservice AG werden alle Fahrzeugschäden entgegengenommen.An allen Standorten sollen in Zukunft Begegnungsräume geschaffen werden, an denen die Mitarbeiter zusammenkommen. „80% der Probleme werden beim Mittagessen gelöst“, ist der Grewe-Mann überzeugt. Aber um saubere Prozesse zu bekommen werde man wohl nicht um eine Abteilung für Struktur- und Organisationsentwicklung herumkommen. Jetzt hat das Unternehmen erstmal mit einem Führungskräfteseminar zum Thema Fehlerkultur den Anfang gemacht.
Am Ende gab es wieder zufriedene Gesichter: Thieme-Hack, der sich mit seinen neuen Wurfmikrofonen („Wollkäule“) zwischendurch auch sportlich betätigen durfte, fasste wie gewohnt seine persönlichen Erkenntnisse aus der Veranstaltung knackig zusammen. „Ich habe gelernt es geht um Menschen“ sagte er und riet dazu, die nachfolgende Abteilung, wie einen Kunden zu behandeln und ihr die Arbeit leicht zu machen. Das lässt sich auf andere Baubeteiligte übertragen.
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