Kommentar: Die Angst vor der Pflege
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Wer kennt sie nicht, die Frage. Es ist gleich die zweite, direkt nach der Kostenfrage: „Ist das denn auch pflegeleicht?“. Und sicherlich haben Sie auf eine ähnliche Frage - „Ist eigentlich ein Garten ohne Pflege möglich?“ - auch schon dem einen oder anderen Kunden - wie der Vater dem Sohn - erklärt, dass sich der Garten ohne Pflege auf Dauer zum Wald entwickelt. Im Kopf des Kunden wird das wahrscheinlich so aussehen, wie bei Asterix „In der Trabantenstadt“: Dort entnerven die unbeugsamen Gallier römische Siedler rund um ihr Dorf mit Zauber-Eicheln, die, einmal den Boden berührend, in Sekundenbruchteilen zu Baumriesen aufschießen.
Denn tatsächlich ist die Unberechenbarkeit des Pflanzenwachstums und anderer Naturschauspiele ein Grund dafür, dass viele Gartenbesitzer nur ungern von ausgetretenen Pfaden abweichen: Sie wollen keinen Garten, der ihnen eines Morgens über den Kopf wächst.
Die Angst, vor dem Wachstum kapitulieren zu müssen, mündet gleich in die nächste: „Was werden meine Nachbarn denken?“. Unordnung im Garten - wo immer diese anfängt - wird von der Mehrzahl der Menschen mit mangelnder gesellschaftlicher Konformität gleichgesetzt. Wer nicht pflegt, ist entweder eine Art Anarchist, ist asozial oder zumindest finanziell angeschlagen und muss ganz schnell um die Anerkennung der Nachbarschaft fürchten. Und wer die verliert, braucht schon ein dickes Fell beziehungsweise eine gute Portion Selbstbewusstsein, um sein Leben unbeeinflusst davon weiter zu leben.
Diese Ängste muss man kennen, um sie entkräften zu können. Denn so sehr die Angst vor der potenten Natur auch die Kassen für Pflegeleistungen füllt, so sehr gefährdet sie die Bereitschaft, spannende, abwechslungsreiche Gärten anzulegen. Und nur damit lässt sich vernünftig Geld verdienen. Schließlich braucht man uns nicht wirklich für ein bisschen Rasen mit einer Hecke drum herum.
Die Angst vor der Geringschätzung durch die Nachbarschaft ist nicht abzubauen. Sie macht Menschen zu Porsche-Käufern und lässt sie ganz generell über ihre Verhältnisse leben. Aber Vorurteile kann man abbauen, auf Ängste kann man eingehen und die Abläufe des Wachsens und Vergehens lassen sich im Rahmen einer guten Kundenberatung erläutern.
Mit einem weiteren Aspekt der Pflege sollten Sie etwas vorsichtiger umgehen: der meditativen Seite. Zahlen gestresste Menschen nicht Unsummen dafür, mithilfe komplexer Veranstaltungen den Arbeitsalltag abzuschütteln? Das ginge doch im Garten viel preisgünstiger. Alleine das Sich-beschäftigen mit dem Garten bringt soviel Ruhe und Gelassenheit, dass es sich lohnen würde, diese unterschätzte Dimension deutlicher den Ängsten vor der Pflege gegenüberzustellen. Aber Vorsicht: die Ängste sind manchmal so stark, dass alles, was wie einfaches Relativieren aussieht, beim Kunden nicht gut ankommen würde.
(c) DEGA online
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