Was tun für den Baumschutz auf Baustellen?
- Was tun Sie für den Baumschutz auf Baustellen?
- Wie gehen Sie nach Auftragsannahme vor?
- Weisen Sie auch vorige Gewerke auf die Notwendigkeit des Baumschutzes hin?
- Falls Ihnen das Thema noch nicht in dem Maße bewusst war: Würden Sie in Schulungen investieren?
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Verdichtungen vermeiden
Wir versuchen, Bestandsbäume bestmöglich zu schützen und den Boden so wenig wie möglich im Wurzelbereich oder in der restlichen Fläche zu verdichten. Dabei verwenden wir auch Absperrungen und Markierungen oder binden weg. Andere Gewerke weisen wir natürlich darauf hin, wenn mal wieder der Eimer mit dem Fliesenkleber im Wurzelbereich ausgeleert wird oder Ähnliches passiert.
Johnny Tevlin arbeitet bei Thomas Brand-Gärten in Sulzbach am Main.
Pflanze steht auf dem Spiel
Wir weisen immer auf den Baumschutz hin. Das ist der unschönste Teil eines Kreativen. Nach dem Motto: „Bitte achten Sie darauf, das dürfen Sie nicht, das kann man so nicht machen.“ Das ist enorm wichtig für ein reibungsloses Projekt. Jetzt steht die Pflanze aber auf dem Spiel. Die liegt viel höher im Regal als alles andere. Ich versuche stets zu vermitteln, dass die Bäume und die Luft zum Atmen das Wichtigste sind, wenn wir am letzten Tag nichts mehr haben. Baum- und Pflanzenschutz sind für mich ein wichtiger Punkt bei der Gestaltung von Flächen und Gärten. Wir geben den Menschen oft, was sie sich wünschen, drängen aber auf eine standortgerechte Bepflanzung mit modernen Möglichkeiten.
Dominic Lindenberg ist der „Gartentyp“ in Sprockhövel.
Ökologische Baubegleitung für Bauherren
Wir bieten unseren Bauherren eine umfangreiche ökologische Baubegleitung an, um vorab Bestandsbäume bei jeglichen Arbeiten bestmöglich zu schützen.
Osama Ahmad ist Inhaber von Grasgrau Gartendesign in Berlin.
Planung muss verbessert werden
Als Baumpfleger bist du immer nur am Reden, Hinweisen auf die Wurzeln, auf DIN, RAS Lp4, ZTV Baumpflege und Möglichkeiten aufzeigen, wie es besser geht. Die Person, die im Bagger sitzt, sagt meist: „Das ist im Plan so drin, was soll ich denn machen!“ Das Problem fängt am Zeichenbrett oder Computer an oder sitzt davor. Wenn die Planung in manchen Fällen besser wäre, würde man uns in der Umweltbaubegleitung Baum viel weniger brauchen.
Marco Heller ist selbstständig in Kulmbach.
Beteiligte Gewerke nehmen keine Rücksicht
Wenn wir auf die Baustelle kommen, waren vorher etwa 10 bis 15 Gewerke da, denen es total egal ist. Da steht alles voll oder ist schon weggebaggert, weil Platz auf der Baustelle immer Mangelware ist. Ich wüsste nicht, wie das in Zukunft besser werden soll. Es ist Sache des Bauleiters/Architekten, der auch schauen sollte, dass die anderen Gewerke ihren Müll mitnehmen, was auch nicht gemacht wird. Wenn ich meinen Leuten sage „im Kronenbereich nur Handschachtung“, wird man auch nur schief angeschaut. Beim klassischen Neubau ist zu 95?% alles gerodet, und im Altbestand wird halt rumgewurschtelt, so richtig fachlich vorbildlich mit Baumschutzzaun habe ich das in 30 Jahren keine fünfmal gehabt. Was wir ab und zu machen, sind Wurzelschutzvorhänge für die Neubauten. Aber da muss schon die untere Naturschutzbehörde dem Kunden auf die Füße steigen. Bei uns ist da auf jeden Fall Luft nach oben.
Andreas Rilk ist Inhaber eines Betriebs in Eurasburg.
Bauleitung ist gefragt
Es kommt wie immer auf die Bauherren/-Leitung/Architekten an. Bei der Renaturierung des Neckars in Tübingen sind wir für den Tiefbau als Betreuung der Bestandsbäume in einigen Bauabschnitten zuständig. Da aber in Tübingen Umweltschutz großgeschrieben wird, kommt großer Druck von Seiten der Stadt oder Behörde, dass auf den Baustellen alles nach Vorschrift abläuft. Es werden beispielsweise Bestandsbaumfelder entlang der Fahrspuren abgesperrt. Entlang der vorhandenen Baumallee werden neue Wege gebaut, das heißt, bevor die Tiefbauarbeiten beginnen, werden die Lichtraumprofile der Bäume geschnitten und dann mit langen Dielen und Leerrohren und Jutesäcken die Stämme geschützt. Wenn dann der Bagger im Wurzelraum gräbt, schneiden wir diese fachgerecht nach und decken sie mit dickem Vlies ab. Unter dem Vlies läuft dann auch eine Tröpfchenbewässerung, und der Zustand der Bäume wird periodisch überwacht.
Auf der anderen Seite sollen wir eine Schaukel zwischen vier Kiefern setzen, Fallschutz inklusive. Sauberkeitsschicht und Drainage sind dann gleich 60 bis 70?cm im Wurzelbereich. Da muss dann erst mal Aufklärung geleistet werden.
Tendenziell wird es mehr und präsenter und auch auf Seiten des Baus (im öffentlichen Bereich) wird mehr auf Bäume geachtet. Das kommt aber erst durch die hohen Kosten für beschädigte Altbäume, da wirken sich die neuen Bewertungen zum Beispiel bezüglich Klimaleistung aus.
Pirmin Killinger, Baumschulen und GaLaBau Killinger, Haiterbach
Baumschutzvorschriften sind oft nicht bekannt
Egal, wann man zu einem Baum hinzukommt, ab dem Zeitpunkt kann und sollte man ihm helfen. Dass das unter anderen Einflussnehmern an Bäumen nicht die Regel ist, ist leider immer noch der graue Alltag. Ich habe vor einigen Jahren eine Fortbildung zum Umweltbaubegleiter absolviert, um genau diese Lücke zu schließen. Nur: Welcher Entscheidungsträger kennt die Notwendigkeit, sieht auch deren Dringlichkeit und ist auch bereit, exakt dafür Geld in die Hand zu nehmen?
Leider musste ich in einem Fall, den ich seit 2017 betreue, mitverfolgen, dass ich zwar beauftragt war, Baumschutz einzufordern und auch zu betreuen, man mich jedoch stets erst dann informierte, wenn erneut gravierende Fehler geschehen waren und man nun von mir wissen wollte, was jetzt zu tun sei. Die Möglichkeiten, Fehler zu machen, sind derart vielfältig, dass es auf keine Kuhhaut passt, und sie wurden alle mitgenommen!
Am liebsten wären mir Inhouseschulungen bei Architektenvereinigungen, Baufirmen und Statikbüros, Baugenossenschaften und Bauträgern. Denn der Verweis auf DIN 18920, RAS-LP4 und sonstige Standardwerke im Kleingedruckten einer Beauftragung wird nicht nur nicht beachtet, sie werden erst gar nicht gekannt und das, obwohl sie Bestandteil der Ausschreibung und des Auftrags sind.
Olaf-Christian Pressel ist Inhaber des Baumpflegebetriebs Die Pressler in Stuttgart.
Bäume in Bestandsgärten oft geschädigt
Das Thema kommt langsam auch bei den Auftraggebern an. Fast alle Schulen und Fortbildungsanbieter haben es aufgegriffen und bieten es branchenübergreifend an. Auf eigenen Baustellen ist es selbstverständlich. Leider kommt man in Bestandsgärten oft zu spät und andere Gewerke haben schon Schäden angerichtet. Oftmals Bodenverdichtung auf Transportwegen, Kappungen, um das Gerüst einfach aufzustellen, oder Schäden beim Abladen von Material. Meistens kann man durch Bodenbelüftung oder sauber geführten Nachschnitt noch etwas retten, aber das Ziel ist immer die Prävention.
Wenn wir mit anderen Gewerken reden oder die Möglichkeit haben, frühzeitig einzugreifen, nutzen wir das natürlich. Ein absolutes Totschlagargument bei solchen Gesprächen ist immer die Wirtschaftlichkeit. Baumschutz kostet normalerweise sehr wenig, während eine Ersatzpflanzung oder Nachbehandlung eher teuer ist. Oft wird man durch ein kurzes Gespräch als fachlicher Ansprechpartner wahrgenommen und kann so noch neue Aufträge generieren.
Martin Weller führt einen Betrieb in Beilstein.
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