Wie stehen Sie zu den Landwirten?
Im Januar haben sich die Bauern zu Protesten versammelt. Historisch gesehen gehört der GaLaBau zur Landwirtschaft. Gleichzeitig konkurrieren an einigen Stellen subventionierte landwirtschaftliche Betriebe mit dem GaLaBau. Wie sehen Sie das:
- Machen Sie mit Ihren Fahrzeugen mit, und wenn ja – was motiviert Sie?
- Wie definieren Sie Ihre Position zur Landwirtschaft?
- Wo sehen Sie mit der Landwirtschaft gemeinsame Positionen?
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Wir waren dabei
Da ich selbst auch nebenbei (Voll)-Erwerbslandwirt bin, waren Mitarbeiter bereits mit meinem Schlepper zweimal bei der Demo dabei. Von 1984 bis 1987 habe ich einen Aussiedlerhof für 50 Milchkühe gebaut. Inzwischen dienen alle Gebäude dem GaLaBau, meine 25 Ammenkühe und Rinder sind nebenan.
Auf der einen Seite ist die volle Dieselsteuer zu bezahlen, das, was das Fass sprichwörtlich zum Überlaufen bringt, auf der anderen Seite sind die Auflagen und Kosten in den letzten 20 Jahren stetig gestiegen: Kennzeichnungspflichten, Tierwohl, Preisstagnation bei der Milch … Daher finde ich es nur richtig, gegen die Beschlüsse der Ampelregierung vorzugehen, da die Verantwortlichen von Landwirtschaft keinerlei Ahnung haben. Passend ist der Demo-Spruch: „Sie säen nicht, sie ernten nicht, wissen aber alles besser.“ Wieso guckt man nicht in die Nachbarländer und gestattet einfach, dass landwirtschaftliche Fahrzeuge mit Heizöl betankt werden dürfen. Dann wäre die ganze Bürokratie der Steuerrückerstattung für Diesel gespart. Rationelles Denken ist bei Behörden offenbar ein Problempunkt.
Cölestin Huhn ist Chef eines Landschaftsbaubetriebs in Schlüchtern-Wallroth.
Hört mit dem Wahnsinn auf!
Als Gärtner und aber auch jemand, der sich ab und an mal mit Marktwirtschaft auseinandersetzt, muss man ganz klar postulieren: Hört mit dem Wahnsinn auf! Diese Unmenge an Subventionen an allen Ecken! Eindampfen! Es bleiben die Betriebe bestehen, die es können! Die Restaurantbesitzer können ihre Restaurants auch nicht an die Autobahnauffahrt versetzen. Die müssen jetzt „irgendwo“ 12 % hernehmen. Entweder haben sie eine sehr dicke Marge und geben es ab oder aber es werden die Preise angehoben. Auch hier wird der Untergang des Abendlandes prophezeit. Genau wie zu Coronazeiten. Aber unsere wichtigsten Restaurants sind alle noch da. Es ist keiner abgängig, weder während Corona noch nach der MwSt.-Erhöhung. Es wird aber auch genauso ausgehen wie immer: Die, die gut sind, finden Lösungen. Die, die gut sind, werden die Chancen sehen, die der Markt hergibt. Und ein paar von denen, die jetzt mit ihrem bar bezahlten 250.000 € Schlepper an der Autobahn stehen, werden es auch überleben.
Der durchschnittliche landwirtschaftliche Betrieb erwirtschaftet einen Gewinn von 90.000 € im Jahr! Das ist übrig nach allem anderen wie Lohn und Privatentnahmen. Wenn ich dann noch sehe, dass keiner der landwirtschaftlichen Betriebe auf ihren Hofläden oder auf dem Wochenmarkt auch nur eine halbwegs gesetzeskonforme Kasse betreibt, sondern nur das Kästchen aufgeht und das Geld ist drin, dann frage ich mich doch, ob da nicht versehentlich der ein oder andere Schein „runterfällt“ und nie wieder auftaucht, und dafür werden aber zehn Sack Kartoffeln als Fäuleschaden abgeschrieben. Wenn die Branche wenigstens ehrlich wäre und nicht nur gierig wie mittlerweile fast alle Berufssparten. Und da tun sich viele Gartenbaukollegen nichts. Wie oft werde ich gefragt, ob mit oder ohne MwSt. Und solange das alles so läuft, mache ich mir keine Sorgen um meine Möhren, um meine Milch und um meine Stiefmütterchen.
Peter Hölzer, Vertriebsleiter Deutschland bei Birchmeier
Besser Sparmaßnahmen für Großagrarkonzerne
Ich fahre nirgends mit! Ich bin Landwirtschaftsmeister, verstehe den Ärger und kann es nicht fassen, wie sich diese Regierung von einem Fettnäpfchen ins nächste bewegt. Wir haben es eilig, ja das stimmt, denn das Klima wird uns alle lehren, dass die Stunde geschlagen hat, aber unüberlegte Schnellschüsse nutzen niemandem außer den Extremisten. Die Sparmaßnahmen der Regierung sollten bei Großagrarkonzernen ansetzen und denen die klimaschädlichen Subventionen streichen, dann stünden sie allein mit der sogenannten Ungerechtigkeit da und die kleinen und mittelständischen Bauern bekämen wieder reelle Chancen zum Überleben. Außerdem würden sie dann auch nicht auf die Straße gehen.
Olaf Pressel ist Baumpfleger in Stuttgart.
Proteste maßlos übertrieben
Im betrieblichen Alltag haben wir kaum Schnittmengen zur Landwirtschaft. Als Konkurrenz empfinden wir sie also nicht. Die aktuellen Proteste sind aus meiner Sicht maßlos überzogen. Ich behaupte nicht, die Nöte der Bauern beurteilen zu können. Natürlich habe ich Verständnis für einzelne Betriebe, die die Subventionskürzungen hart treffen.
Die Faktenlage ist aber auch: Die Landwirtschaft hat ein Rekordjahr hinter sich. Die Gewinne sind im Schnitt um 45 % gestiegen. Den Aufschrei der Branche kann ich in Tonfall und Lautstärke nicht unterstützen. Als Gesellschaft stehen uns in den nächsten Jahren noch einige Veränderungsprozesse bevor. Wenn bei jeder Belastung der Untergang des Abendlandes ausgerufen wird, verroht der Diskurs. Große Sorgen bereitet mir, dass der Protest auch Demokratiefeinden eine Bühne bietet. Für die Herausforderung der Zukunft brauchen wir mehr Gesprächsbereitschaft, mehr Ringen um die beste Lösung und sogar mehr Demut. Auch unsere Boom-Branche wird ihren Anteil beitragen. Zu hoffen, dass dies ohne Anstrengungen und Kosten passieren wird, halte ich für realitätsfern.
Stefan Böhm, Blattwerk Gartengestaltung in Stuttgart
Laut sein kann sich lohnen
Es war laut – und das war auch gut so! Mit ihren Protesten haben die Landwirte sicherlich die ganze Nation erreicht. Seit Jahren fordern sie weniger Bürokratie und eine faire Bezahlung, und die Politik hat immer wieder weggehört. Auch bei uns im Zollernalbkreis sind die Bauern auf die Straße und haben den Verkehr lahmgelegt und mit Hubkonzerten auf ihre missliche Lage aufmerksam gemacht.
Sicherlich mögen die einen oder anderen Forderungen der Landwirtschaftsverbände überzogen klingen. Aber seien wir mal ehrlich: Regionale Lebensmittel liegen im Trend. Viele wollen Gemüse vom Acker nebenan auf dem Teller, und das Schwein für unser Schnitzel sollte um die Ecke geschlachtet worden sein. Außerdem sichern vor Ort produzierte Nahrungsmittel nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die autarke Versorgung unseres Landes. Obwohl die Agrarwirtschaft von der EU massiv unterstützt wird, reicht es vor allem kleineren Betrieben gerade mal so zum Überleben. Hinzu kommt eine überbordende Bürokratie. Den Landwirten reißt allmählich der Geduldsfaden. Wer kann es ihnen verdenken? Wer also laut ist, wird gehört. Das beweisen gerade unsere Landwirte.
Mir ist kein einziger Landwirt bekannt, der sich an den Subventionen maßlos bereichert, der Luxusautos fährt, Segeljachten besitzt und sich regelmäßig längere Urlaube gönnt. Nein, es sind bodenständige und hart arbeitende Menschen, für die eine Vier-Tage-Woche noch nie ein Thema war und auch sicherlich nie sein wird. Ein Berufsstand, der meinen Respekt verdient.
Jochen Thomann, Thomann GaLaBau in Bitz
Uns alle drückt derselbe Schuh
Wir machen aus Zeitgründen nicht mit. Natürlich gibt es Konkurrenz in gewissen Bereichen, trotz allem empfinden wir Solidarität mit den Landwirten. Und es sind ja nicht nur die Landwirte, die aktuell auf die Straße gehen. Der Gütertransport und die Handwerkskollegen sind ja ebenfalls dabei. Uns alle drückt doch derselbe Schuh! Die gestiegenen Energiepreise, die ständig steigenden Kosten durch bürokratische oder hygienische Auflagen, die vielfach auch zu Betriebsschließungen von Handwerksbetrieben führen, zum Beispiel beim Bäcker- und Metzgerhandwerk. Die Bauern sind vielfach gar nicht in der Lage, die gestiegenen Kosten umzulegen. Sie vermarkten an Großhändler und Industriekonzerne, die am gesamteuropäischen Markt oder am Weltmarkt operieren. Die kaufen dann eben nicht in Deutschland oder zu nicht wettbewerbsfähigen Preisen ein. Am Ende geht der Ausverkauf der landwirtschaftlichen Flächen an Großinvestoren und Konzerne noch schneller vonstatten. Eine super Lösung, oder?
Viele in unserem Land haben sowieso schon finanzielle Probleme nach der Energie-preissteigerung. Wenn jetzt noch die Lebensmittelpreise weiter steigen, wird es für Rentner und Normalverdiener mit mehr als einem Kind wirklich schwierig. Gott sei Dank, wir haben Putin, der ist ja an allem schuld, organisiert und finanziert jetzt zum Glück die Proteste. Es wird absurd!
Oliver Prell, Gärten fürs Leben, Pettstadt
Für faire Preise demonstrieren
Ich halte nichts von den Protesten der Landwirte. Sie protestieren augenscheinlich für eine veraltete Subventionspolitik, die umweltschädliche Technik fördert, anstatt sie zu bestrafen. Wir bezahlen alle, egal ob wir privat oder beruflich unterwegs sind, denselben Preis an der Tankstelle und müssen damit wirtschaften. Warum sollte eine Berufsgruppe herausgenommen werden und weniger zahlen als alle anderen? Und gleichzeitig zahlen unsere Kinder noch Generationen lang für den Schaden, den wir gerade im Moment anrichten.
Klar ist auch, dass fossiler Sprit noch teurer werden muss, um Anreize zu schaffen, andere Konzepte zu entwickeln und einzusetzen. Nur durch Verteuerung wird ein Anreiz geschaffen und nur so wird auch ein Markt für e-Fuel oder Wasserstoff oder auch e-Mobilität entstehen. Wir bezeichnen uns gerne als „die grüne Branche“, eigentlich sollten wir, um glaubwürdig zu bleiben, alles dafür tun, dass die Klimaziele schnellstens erreicht werden, halten aber stattdessen am Status Quo fest und protestieren gegen jede Art der Veränderung. Eine schwierige Situation.
Was ich gerade mitkriege, ist, dass sehr viele Landwirte nicht für ihre Subventionen auf die Straße gehen, sondern um gegen die Regierung zu protestieren. Anstatt für bessere Preise zu kämpfen, kämpfen sie gegen eine Regierung, die in ihren Augen zu viel verändert. Ein Land „stillzulegen“, weil einem die demokratisch gewählte Regierung nicht zusagt, ist nicht mehr als Revolution, Aufruf zur Diktatur und entgegen jede demokratische Struktur. Ich finde die Lage der Bauern verheerend und, dass sie ihre Kosten nicht weitergeben können, ist fatal, aber über Jahrzehnte von den konservativen Parteien so gewollt und geplant gewesen. Ich kann verstehen, dass die Landwirte protestieren, aber die Ziele sind fragwürdig. Die Lösung muss doch darin liegen, dass jeder in diesem Land ein gerechtes Auskommen für seine Arbeit bekommt. Warum ein Liter Milch billiger ist als eine Flasche Mineralwasser, erschließt sich mir nicht. Faire Preise für gute Produkte sollte das oberste Ziel sein. Daran sollten wir arbeiten und dafür sollten wir protestieren. Alles andere ist scheinheilig.
Günther Schwab ist Geschäftsführer bei Schwab Rollrasen in Pörnbach.
Standpunkt ist nachvollziehbar
Ich zeige mich solidarisch mit der Landwirtschaft und kann deren Standpunkt nachvollziehen. Ein Konkurrenzdenken gibt es bei mir nicht. Wir können unsere Kunden auswählen und daher die Preise gewissermaßen beeinflussen. Ein Landwirt steht hingegen unter dem Druck der Handelsriesen und kann gegenüber der ausländischen Konkurrenz nur durch Subventionen mithalten.
Dennis Harnischmacher, Harnischmacher GaLaBau in Menden
Strukturelle Änderungen nötig
Das ist natürlich eine komplexe Gemengelage. Tatsächlich konkurrieren viele landwirtschaftliche Unternehmer mit dem GaLaBau, sei es Baumpflege und Fällung, Häckselzüge, Landschaftspflege und anderes, durch zum Beispiel Dieselprivilegien begünstigt. Maschinenringe machen in manchen Fällen „Gehölzpflege“ zu einem konkurrenzlos billigen Preis, aber die Qualität ist diskussionswürdig.
Andererseits ist die ganze Subventionsmaschine sowohl der EU wie auch des Staates unfähig, zukunftsfähige Strukturen zu fördern. Sämtliche brauchbaren Vorschläge scheinen ungehört zu verhallen.
Gestern hatte ich den Eindruck, dass der Wunsch nach geräuschvoller Wutmitteilung groß ist, und das umfasst wohl viele Branchen. Für mich persönlich ist das zu diffus, wenn da Transportunternehmer die Kreisverkehre blockieren, die jedoch gestiegene Kosten weitergeben. Ich stimme zu, dass ein Subventionsabbau über Nacht quasi nicht geht, ohne dass strukturelle Änderungen implementiert werden. Und ich finde, der GaLaBau gehört aus der Landwirtschaft entfernt, zugunsten eines neuen Feldes, wie zum Beispiel urbane und landschaftliche Ökologie.
Georg Dangel ist Inhaber von Natur & Form in March
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