Neue Wege, um bei Erdarbeiten effektiver zu werden
Beim Praxistag am 24. Oktober auf dem Gelände von Aerzener GaLaBau in Hameln konnte der Softwareentwickler DATAflor seine Technologie für die Maschinensteuerung live auf der Baustelle vorführen. Der Fokus lag dabei auf 3D-Maschinensteuerungssystemen. Philipp Windberger war für DEGA GALABAU dabei.
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Es war noch einmal richtig schön sonnig und warm an diesem Donnerstag im Oktober und somit ein perfekter Tag für DATAflor, um live auf der Baustelle ihre Technologie für die Maschinensteuerung vorzuführen. Der Fokus lag dabei auf 3D-Maschinensteuerungssystemen. Diese funktionieren über einen an der Baumaschine installierten GNSS-Empfänger, der es dem Maschinenführer ermöglicht, anhand von eingespeisten CAD-Planungsdaten, die vorgegebene Geländekontur unmittelbar herzustellen. Das eröffnet neue Wege für den GaLaBau, um bei Erdarbeiten effektiver zu werden und Zeit und Geld einzusparen. Rund 42 Teilnehmer, darunter 23 Firmen, hauptsächlich aus dem GaLaBau aber auch aus dem Tiefbau, waren angereist. Ein Team kam sogar vom Bodensee in das niedersächsische Hameln, wo der Rohbau eines zukünftigen Fahrradladens als Tagungsort und seine Außenanlage als Vorführungsobjekt diente. Doch der Aufwand der Anreise sollte sich für die meisten gelohnt haben. Durch die Aufteilung des Nachmittages, in einen Vortrags- und in einen Vorführungsteil, kamen sowohl die Besucher aus administrativen als auch aus maschinenführenden Positionen auf ihre Kosten.
Nach einer Begrüßung und Einleitung in die Thematik durch Götz Thomas (Produktmanager CAD, DATAflor AG) wurde der theoretische Teil von Dipl.-Ing. (FH) Ulrich Strecker eingeleitet. Er ist mir seiner Firma IBS Bauvermessung GmbH auf die Themen Vermessung, Abrechnung, Maschinensteuerung und digitale Geländemodelle spezialisiert und unterstützt dabei die ausführenden Betriebe im Erdbau, Tiefbau und GaLaBau. Zu Beginn seines Vortrags erläuterte Herr Strecker kompakt zusammengefasst die Grundlagen der Vermessung und kam dann zu den Vor- und Nachteilen von Tachymetern gegenüber der Satellitensteuerung. Bei einem Tachymeter ist eine aufwendige Stationierung über Festpunkte nötig und es muss eine Sichtverbindung gewährleistet sein. Dafür ist die Genauigkeit sehr hoch und die Methode kann auch Indoor sowie ohne Verbindung zum Internet eingesetzt werden. Die 3D Satellitensteuerung per Dual-GNSS hingegen ist auf eine freie Sicht nach oben angewiesen und funktioniert nur mit Hilfe einer Basisstation oder Internetverbindung. Außerdem ist eine Transformation der CAD-Daten nötig, um die Funktionalität auf der Maschine zu gewährleisten. Sofern die Voraussetzungen für eine Satellitensteuerung gegeben sind und die CAD-Datei passend an die Maschine übergeben wird, kann auf der Baustelle eine Menge Zeit gespart werden.
Dafür ist aber laut Strecker im Vorfeld von den Baubeteiligten auf eine richtige Vorgehensweise zu achten. Als erstes sollte durch den Vermesser der Lageplan mit Hauptachsen georeferenziert (also in ETRS89 oder Gauß-Krüger) und Festpunkte in Lage und Höhe angegeben sein. An diesen Lageplan sollte die Planung durch den Planer angepasst sein. Eine bekannte Fehlerquelle ist, dass der Planer einen Lageplan vom Kataster oder dem Vermesser in ETRS89 bekommt und in diesen ein Gebäude im Maßstab 1:1 plant. Dadurch entsteht ein Grundrissplan, der in sich selbst nicht mehr maßstäblich ist, da verschiedene Faktoren in einer Zeichnung enthalten sind.
Es sollte eng mit dem Fahrer kommuniziert werden, welche Informationen für ihn entscheidend sind.
Ein weiterer Punkt ist die Aufbereitung der Daten für die Übergabe an die Maschine, bzw. den Maschinenführer. Hierbei ist einerseits auf Formalitäten zu achten, wie einer angemessenen Schriftgröße und Farbauswahl, damit alle Angaben auf dem Display in der Maschine gut leserlich sind. Außerdem sollte eng mit dem Fahrer kommuniziert werden, welche Informationen für ihn entscheidend sind. Eine sinnvolle Fülle an Informationen hängt auch von den Fähigkeiten des Maschinisten ab. Ein Beispiel ist, dass bei Erdarbeiten nur die Endhöhe angegeben werden könnte. Sofern mehrere Schichten gefordert sind, die parallel zu dieser Endhöhe verlaufen, können diese vom Baggerfahrer pro Arbeitsschritt dann selbstständig als „Offset“ eingestellt werden. Im Zweifel gilt: Manchmal ist weniger mehr, denn der Fahrer möchte keine Dreiecksvermaschung sehen! Eine Ausnahme sind starke Windungen im Gelände, für die zusätzliche Punkte angegeben werden sollten, um eine homogene Geländeausbildung möglich zu machen. Für die Dichte der Punkte ist die Arbeitsbreite der Maschine, z. B. die Schaufelbreite an einem Bagger, mit einzubeziehen.
Zum Abschluss des Vortrags wurden mehrere Praxisbeispiele gezeigt. Besonders gut kamen die Vorteile der 3D-Maschinensteuerung anhand einer Baustelle zur Geltung, bei der vor einem Schloss eine erhebliche Fläche mit wassergebundener Wegedecke ausgeführt werden sollte. Der erste Versuch, mittels einer herkömmlichen Arbeitsweise vorzugehen, bereitete große Schwierigkeiten, da die Fläche in sich ohne Gefälle, aber dafür mit zahlreichen Trichtergefällen und Abläufen ausgestaltet werden sollte. Erst gab es also ein großes Schnurchaos und es waren viele manuelle Arbeitsschritte nötig. Die Tatsache, dass der Schichtaufbau dreischichtig war, machte die Sache nicht besser. Letztendlich war die herkömmliche Art der Ausführung mit so viel Aufwand und Verzweiflung verbunden, dass während der Baumaßnahme auf die satellitengestützte Maschinensteuerung umgeschwenkt wurde und so die Baustelle erfolgreich abgewickelt werden konnte. Ein weiteres Beispiel zeigte die Arbeit eines Baggers im, bzw. unter Wasser. Die Technik ermöglichte dem Baggerfahrer hierbei sozusagen das Sehen unter Wasser.
Da Herr Strecker sowohl die wichtigsten Grundlagen der Vermessung erläuterte als auch entscheidende Hinweise für die Nutzung der Satellitensteuerung lieferte und Praxisbeispiele zeigte, war es ein sehr runder Vortrag. DATAflor überlegt deswegen, daraus eine Schulung anzubieten. Noch war nichts Genaues geplant, jedoch halten wir diesbezüglich natürlich weiter die Augen und Ohren für Sie offen.
„Man muss losgehen, um anzukommen!“
Der zweite Vortrag folgte von Firmenchef Björn Joachim und Bauleiter Markus Holz von der Aerzener GaLaBau GmbH. Bereits vor einem Jahr mit der Technologie gestartet, sind die beiden sozusagen Experten auf dem Gebiet und konnten Tipps geben, die vor allem für Betriebe wichtig sind, die überlegen, ihre Maschinen mit der 3D-Steuerung auszustatten. „Man muss losgehen, um anzukommen“ war eine wichtige Botschaft an die Betriebe. Aktuell gäbe die Marktsituation es her, Investitionen in die Verbesserung von Prozessen zu tätigen. Denn wenn immer nur gewartet würde, bis eine neue Technologie noch ausgereifter und besser ist, dann sei irgendwann der Zug abgefahren. Und obwohl vor einem Jahr selbst noch skeptisch, wie lange es wohl dauern würde, bis man mit der Technologie Geld verdiene, können mittlerweile klare Erfolge verzeichnet werden. Das zeigt ein Beispiel an einem 8t Bagger, bei dem die effektive Geräteauslastung deutlich erhöht werden konnte. Seit März 2019 bis Oktober 2019 verrichtete dieser Bagger rund 500 Betriebsstunden, in denen ohne vorangegangenes Einmessen und Ausschnüren unmittelbar gearbeitet werden konnte.
„Baggerfahrer 2.0“
Wie firmeneigene Messungen zeigten, waren nämlich gerade die Erdarbeiten eine Position, in der nicht effektiv gearbeitet wurde (wir alle kennen den zweiten Mann mit dem Zollstock, der stets zur Nachkontrolle um die Maschine herumarbeitet). Durch die neue Maschinensteuerung erhielt man jetzt aber den „Baggerfahrer 2.0“. Besonders in Hinblick auf den Fachkräftemangel kann dies große Vorteile haben, da zum einen weniger Personal benötigt wird und zum anderen so auch weniger geschulte Maschinisten wissen, was sie zu tun haben. Mittlerweile ist man deswegen dabei, bereits die dritte Maschine auszustatten. Dabei zeigte sich, dass das Einsatzgebiet nicht nur bei großen Baggern mit z. B. 20t liegt, sondern besonders im Landschaftsbau auch bei Maschinen der 5t oder 8t Klasse.
Neben dieser Gesamteinschätzung zeigte Herr Holz auf, wie es im Detail zu der Entscheidung für einen Systemanbieter gekommen war. Die Wahl bestand unter anderem zwischen „Leica“, „Trimble“ (über den exklusiven Vertriebspartner SITECH), „Topcon“ oder „Moba Mobile Automation“. Als wichtigster Punkt, so erklärte Herr Holz, stand die Benutzerfreundlichkeit im Vordergrund. Dazu zählten ein großes Display in der Maschine, einfache Bedienbarkeit und guter Support. Bis hierhin lagen mehrere Systemanbieter etwa gleich auf und die letztendliche Entscheidung war somit auch eine Geschmacksfrage. Wenn Sie sich selbst einen Marktüberblick verschaffen wollen, lohnt sich ein Blick in die Diplomarbeit von Dipl.-Ing.(BA) Robert Müller aus dem Jahr 2017. Die Arbeit mit dem Titel „Einführung von GPS gestützten Maschinensteuerungen im mittelständigen Baubetrieb im Bereich des Kanal- und Straßenbaus“ ist über das Internet zu finden und öffentlich zugänglich. Sie enthält unter anderem einen Systemvergleich und wurde von Herrn Holz als Entscheidungshilfe empfohlen.
Bei Aerzener GaLaBau hatte letztendlich Trimble die Nase leicht vorne. Die Installation des GNSS Empfängers an der Maschine dauerte etwa 2-3 Tage und wurde durch SITECH unterstützt durchgeführt. Anschließend wurden mit dem Vertriebspartner Trimbles auch verschiedene Baggerlöffel eingemessen. Hierbei macht es Sinn, sich dieses Vorgehen genau zeigen zu lassen, damit neue Anbaugeräte selbstständig in das System aufgenommen werden können. Danach war das System einsatzbereit. Um die Planungsdaten an die Maschine zu übergeben und loslegen zu können, ist jedoch vorerst noch eine Umwandlung der Daten über das Trimble Business Centers nötig. Dies mag für den einen oder anderen abschreckend sein, wie jedoch vorgeführt wurde, ist dies eine Sache von etwa 5 bis 10 Minuten. Die Geländemodelle können vorher nach wie vor mit DATAflor GREENEXPERT gezeichnet werden, bei dem besonders das Errechnen von Böschungen (z. B. für den Aushub von Fundamenten) schnell gemacht ist und Geländeschnitte einfach zu erstellen sind.
Positives Fazit nach dem ersten Jahr
Insgesamt fällt das Fazit nach diesem ersten Jahr sehr positiv aus. Die einfache Handhabung hat sich unter Beweis gestellt und die Erdabreiten können effektiver durchgeführt werden. Die Kommunikation der Systeme funktioniert gut und Änderungen können schnell an die Baustelle weitergegeben werden. So ist es zum Beispiel möglich, Daten über das Internet aus dem Büro direkt an die Maschine zu übergeben. Auch andersrum können Arbeitsabläufe beschleunigt werden. Wenn z. B. der Baggerfahrer merkt, dass an einer bestimmten Stelle aufgrund schlechter Bodenbeschaffenheit mehr Aushub nötig wird, kann er dies unmittelbar im System vermerken und sowohl Position als auch Mengen des Mehraufwandes vermerken. Im Büro können diese Daten dann direkt weiterverarbeitet werden.
Neben den Vorteilen wurden auch Schwachstellen genannt. Sofern diese jedoch mit der Technologie zusammenhingen, stellte sich heraus, dass die meisten der Probleme bereits behoben werden konnten. Beispielsweise erkennt das System mittlerweile automatisch, welches Anbaugerät gerade an der Maschine ist. Als dies noch nicht der Fall war, konnte dies leicht zu Fehlern führen, wenn sich das Programm auf die Maße eines „falschen“ Löffels bezog. Sofern derartige technische Probleme gelöst werden, wird etwa alle drei Monate von SITECH ein Update zur Verfügung gestellt. Eine technologieunabhängige und vor allem im Landschaftsbau auftretende Schwierigkeit sei vielmehr, dass viele Planungsunterlagen nicht georeferenziert sind. Dazu gab Herr Holz allerdings den Hinweis, dass man dies für etwa 100 € durch einen Vermesser durchführen lassen könne, was in Relation zum Gesamtaufwand meist eine kleine und somit lohnende Investition ist. Ein anderer Kostenfaktor, der nicht verschwiegen werden darf, sind jährlich etwa 2000 €, die für die Nutzung eines GNSS Korrekturdienstes anfallen.
Als letzten großen Part an diesem Tage führte Aerzener GaLaBau auf der örtlichen Außenanlage vor, wie es in 4 Schritten von Uraufmaß zur präzisen Ausführung kommt. Im ersten Schritt wurde dafür das Urgelände mit dem Leica Roverstab iCON gps 70 aufgenommen. Anschließend wurden in DATAflor GREENEXPERT die Planungsdaten mit den Aufmaßdaten abgeglichen und zu einem 3D-Modell aufbereitet. Für die beispielhafte Vorführung wurde eine Grube für ein Fundament verortet und eine Böschung in 45° eingezeichnet. Nach der Umwandlung der Daten im Trimble Business Center konnten die Daten in einem dritten Schritt per USB-Stick an die Maschine übergeben werden. Was im letzten Schritt folgte, lies die meisten Besucher fasziniert zuschauen, denn ohne das vorher etwas eingemessen werden musste, konnte der Baggerfahrer unmittelbar damit beginnen, die geforderte Geländeprofilierung durchzuführen. Jetzt war auch Zeit den Maschinenführer auszufragen oder sich selbst an einem Simulator zu versuchen.
Nach einem anschließenden Umzug, von dem authentischen Veranstaltungsort auf der Baustelle, hinein in ein Restaurant, konnten bei einem gemeinsamen Abendessen noch fachliche Meinungen ausgetauscht werden. Somit neigte sich ein lehrreicher Tag dem Ende zu, bei dem die versprochene Praxisnähe eingehalten wurde und der, bei Wiederholung, für Interessierte in jedem Fall weiterempfohlen werden kann.
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