Aus Tradition anders
Tradition verpflichtet, doch sie beflügelt auch. Wilfried und Felix Braun sprechen im Interview über das Besondere an Familienunternehmen, die Verantwortung gegenüber Generationen und Mitarbeitern, über Nachhaltigkeit in der Betonsteinbranche – und darüber, warum Innovation oft Mut, langen Atem und ein Stück innere Überzeugung braucht.
von Susanne Wannags erschienen am 15.09.2025
Wie wird das Produkt Betonstein zukunftsfähig? Felix Braun: Die Branche darf sich nicht länger über den Zementverbrauch definieren. Das hat früher Größe gezeigt. Beton besteht nicht aus schädlichen Stoffen, das Problem ist der CO2-Ausstoß bei der Zementproduktion. Hier gibt es viele Ansätze: Beimischungen wie Pflanzenkohle oder Geopolymere, Carbon Capture an Storage, also die CO2-Speicherung oder Carbon Capture an Reuse, bei dem das CO2 wiederverwendet wird. Auch Recycling ist ein Weg, wenn es logistisch Sinn ergibt. Wichtig ist die Regionalität: Wir haben nichts davon, wenn wir Material über hunderte Kilometer transportieren. Besser ist es, vor Ort zu recyceln. In einer 150-Jährigen Unternehmensgeschichte gibt es sicher viele Meilensteine. Was sind für Sie die wichtigsten in den vergangenen Jahren? Wilfried Braun: Ein Meilenstein für die Firma war die Gründung unseres Tochterunternehmens Aicheler und Braun in Tübingen-Hirschau. Anfang der 1980er-Jahre entschieden wir uns, stärker auf Gestaltungspflaster zu setzen – mit Formaten für den Garten und die private Einfahrt, teils auch eingefärbt. In dieser Zeit kam auch der gerumpelte Pflasterstein Tegula ins Programm, der von uns in Süddeutschland eingeführt wurde. Anfänglich gab es Reklamationen, weil die Steine nicht auf Paletten geliefert, sondern mit dem Lkw abgekippt wurden. Doch bald setzte sich das Produkt durch. Heute haben viele Hersteller Trommelsteine im Programm. Ein weiterer Meilenstein war die Idee des Spaltwackenpflasters. Wir ließen Abdrücke eines alten Pflasters in Ulm machen und präsentierten die ersten Arena-Steine auf der GaLaBau in Nürnberg. Anfangs belächelt, dauerte es sechs bis acht Jahre, bis sich der Stein durchsetzte. Heute ist Arena ein gefragtes Gestaltungspflaster. Um Trends zu setzen, braucht es innere Überzeugung – nicht alles funktioniert von Anfang an. Jubiläen sind immer ein guter Anlass für Zukunftsvisionen. Wie sieht die Vision von braun-steine aus? Felix Braun: Wir wollen Freiräume naturnaher gestalten. Wir wollen Ideengeber sein, der mit passenden Produkten das neue Bild des Freiraums ermöglicht. Unsere Vision ist es, Mensch und Natur positiv zu beeinflussen. Wir möchten ein innovatives und modernes Betonsteinwerk sein, das gilt für Produkte ebenso wie für die Qualität der Arbeitsplätze. Es braucht Unternehmen, die Dinge anders denken und sich nicht nur als Verbraucher von Materialien sehen. Sonst kommen wir ins Mittelalter der Betonstein-Zeit zurück, in dem es nur Stillstand gab – und Stillstand ist bekanntlich Rückschritt: Den Markt gestaltet man nicht über die Menge, sondern über Ideen. 1
Den Markt gestaltet man nicht über Menge, sondern über Ideen. Felix Braun
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