Kein Rauch ohne Feuer
Nach dem Auto ist der Grill der Deutschen liebstes Accessoire. Was das für die Gartengestaltung bedeutet, beleuchtet Stefan Leszko in seiner aktuellen Kolumne.
von Stefan Leszko, Unterpleichfeld erschienen am 05.08.2025Die Hauptursache für Konflikte sind unerwünschte zwischenmenschliche Konfrontationen auf engem Raum. Werden diese nicht schon im Vorfeld vermieden, sind nie endende Auseinandersetzungen die Folge, wie die Geschichte und das gegenwärtige Weltgeschehen uns anschaulich demonstrieren. Bei meinen Gartenplanungen bin ich daher stets bemüht, Konfliktpotential möglichst zu minimieren. Oberster Grundsatz ist es dabei, mit Imissionsquellen wie Sitz- und Spielplätzen dem Nachbarn nicht zu dicht auf den Pelz zu rücken.
Naturgemäß macht die chronische Schwindsucht deutscher Grundstücke mir diese Aufgabe nicht gerade leichter. Noch problematischer aber ist der Gesinnungswandel in der Bevölkerung. Noch unsere Elterngeneration war geradezu ängstlich darum bemüht, Nachbarn nicht zu belästigen, was wir damaligen Kinder durch ständige Ermahnungen zum leise sein zu spüren bekamen. Heute hat jeder frischgebackene Grundstücksbesitzer den Ehrgeiz, auf seiner 300m²-Doppelhausparzelle so zu leben wie auf einer Ranch in Montana. Sandkästen, Spielhäuser, Hundehütten und Mülltonnen werden natürlich grundsätzlich direkt an die Grenze platziert. „Da stören sie uns net so.“
Das gleiche gilt für die Streitquelle Nummer eins, den Grillplatz. Der Deutsche ist ja im Grunde seines Herzens ein Wildbeuter geblieben, und im Sommer nährt er sich hauptsächlich von Grillgut. Die dazu benötigte Feuerstelle platziert man vorzugsweise direkt neben das nachbarliche Schlafzimmerfenster. Nicht von ungefähr baute der verewigte Kabarettist Richard Rogler in eins seiner Programme den Satz ein, er habe in diesem Sommer eine Bratwurst gegessen, aber schon 100 inhaliert. Gebe ich aber als Planer zu bedenken, eine solche Grillplatzwahl störe die Nachbarn, so bekomme ich sinngemäß und meist auch wörtlich zu hören: „Das ist mir doch egal.“
Ich bin mir über die evolutionsbedingt problematische Veranlagung des Menschen durchaus im Klaren, aber soviel Rücksichtslosigkeit geht auch bei einer domestizierten Schimpansen-Mutation zu weit. In Kevin Costners Ethno-Western „Der mit dem Wolf tanzt“ macht ein Yankee in der Prärie ein heftig qualmendes Lagerfeuer an, um seine mitgeführte Sättigungsbeilage zuzubereiten. Während er hineinpustet und vor sich hin singt, erscheinen drei Pawnees, erschießen ihn, skalpieren ihn und nehmen seine Habseligkeiten mit, soweit sie dafür Verwendung haben. Im Wegreiten sagt der eine zu seinen Gefährten: „Nur ein weißer Mann würde ein Feuer anzünden, das jeder riecht.“ Das hat mir gefallen. Es sollte in deutschen Wohnsiedlungen mehr Pawnees geben.
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