Ein Freund der Felsen
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Eigentlich verkauft Jethro Machacek Ruhe. Er kann mit Pflanzen und Steinen die Nachbarn wegretuschieren, den Alltag ausblenden. Und weil die Gärten der alten Meister im Land der aufgehenden Sonne nach denselben Prinzipien funktionieren, nennt der 50-jährige Wahl-Oberfranke sein Angebot „Naturform Japangärten & Koiteichbau“.
Dabei geht es Machacek weniger um geharkten Kies, Teehäuser und Pagoden. Vielmehr hat ihn die Wirkung der Gärten in Japan fasziniert – die Steinsetzungen und die alten, solitären Gehölze. „Wenn man da in einen Garten kommt, dann ist der vielleicht schon 500 Jahre alt. In einem solchen Garten spielt alles andere keine Rolle mehr. Da ist der Alltag weg. Da sind die schlechten Nachrichten weg. Und das ist das, was die Leute hier brauchen“, ist der gebürtige Niedersachse überzeugt. Und dieses Wirkprinzip hat der Unternehmer in eine mitteleuropäische Gestaltungssprache übersetzt.
Vor dem Erfolg stand das Sammeln von Erfahrungen
Vielleicht hat Machacek über den Japanischen Garten auch zu sich selbst gefunden. Sein Start ins Berufsleben war nicht ganz einfach. Nach mehreren Ortswechseln in der Jugend und einem Schulabschluss, der begrenzte Wahlmöglichkeiten bot, entschied sich der junge Mann seinerzeit für eine Lehre als Zierpflanzengärtner. Anschließend war er bei der Bundeswehr, vertrieb Zierpflanzen und arbeitete mehrere Jahre in einem namhaften Bayreuther Gartencenter, bevor er in den Garten- und Landschaftsbau ging – erst zu einem Gartenbau-Unternehmen, dann bei einer regionalen Baufirma. Als die den Bach runterging und er als Geschäftsführer der eigenständigen GaLaBau-Abteilung eine Menge Geld verlor, zog er sich an einen Ort zurück, an dem er in Ruhe nachdenken konnte. Dort, auf dem Großen Waldstein im Fichtelgebirge, an einem seiner Lieblingsplätze, wo die Landschaft von Granitfelsen bestimmt wird, kam ihm die Idee, sich auf die Sache mit den Japan-Gärten zu spezialisieren. Angesichts der beeindruckenden Natursteinformation entstand dort auch der Firmenname „Naturform“.
Das war vor gut zehn Jahren und seitdem ist einiges passiert. Das Geschäft lief gut an. Die Aufträge kamen. Allein die Wertschöpfung stimmte nicht. Machacek verkaufte sich zu billig, ließ sich runterhandeln und kam am Ende nicht mit den Erlösen klar. Als er sich 2012 für den taspo-Award bewarb, saß er gerade auf einem fetten Minus, das bei einem großen Hausgarten aufgelaufen war, und war kurz davor hinzuschmeißen. Doch nachdem er (für ihn überraschend) den Preis „Gartendesigner des Jahres“ gewann, war der Bann gebrochen. Seitdem geht es kräftig aufwärts.
Machaceks Problem war eines, das viele Gärtner haben. Wohl wissend, dass manche Stundensätze für den Unternehmenserfolg nicht ausreichen, hat er sich trotzdem nicht getraut, den notwendigen Satz zu nehmen aus Angst, den Auftrag nicht zu bekommen. Doch die Auszeichnung war ein Erweckungserlebnis. Sobald sie auf der Homepage kommuniziert war, brach die Zahl der Anfragen über die Website zwar um 50 % ein. Doch die, die trotzdem kamen, kamen in ernster Absicht und mit der Bereitschaft, auch seine Preise inklusive Planung zu bezahlen. Seinen Award hat der Unternehmer fleißig über Pressearbeit und die Webseite unter das Volk gebracht und so kam das eine zum anderen: Das Regionalfernsehen fragte an und die Tageszeitungen.
DEGA-Autorin Susanne Wannags überzeugte den Preisträger, als Herausgeber eines Buches über Japan-Gärten aufzutreten. Der Chefredakteur der Hochglanz-Publikumszeitschrift „Gartendesign Exklusiv“ nahm Machacek als Porträt ins Heft. Immer kamen Aufträge und ein Stück Wertsteigerung dabei heraus. Gleichzeitig hat der Unternehmer für sich festgestellt: Seine Kompetenz in Sachen Japan-Garten lässt sich blendend verkaufen. „Die Leute wollen keine Vergleiche vornehmen. Die Leute wollen einen Dienstleister, der sie versteht und ihnen den Garten gestaltet, den sie sich wünschen.“ Und darauf hat er sich spezialisiert.
Marketing wird ganz großgeschrieben
Und der Unternehmer hat sich zum Meister des Marketings und Netzwerkens entwickelt. „Wir sind überall anders als andere – oder versuchen es zumindest zu sein“, sagt Machacek grinsend und überreicht die Visitenkarte im Taschenbuchformat. Das kleine Ringbuch geht gerade noch für 2,20 Euro als Kompaktbrief weg, hat in der Produktion einen Stückpreis von 7 Euro und sorgt für nachhaltigen Eindruck.
Kommunizieren und Eindruck hinterlassen, das sind die Tugenden des Unternehmers. Und Machacek probiert immer wieder neues aus. Er hat ein Netzwerk auf Facebook geschmiedet und verbreitet regelmäßig Eindrücke von japanischer Gartengestaltung – entweder eigene Projekte oder schöne Beispiele aus Fernost.
Die Entwicklung seiner Webseite verfolgt er genau, checkt regelmäßig, wo er bei den wichtigsten Suchbegriffen steht, welche seine Leistung charakterisieren, und verändert die Seite, wenn sich Ranking oder Zugriffszahlen verschlechtern.
Als Nächstes sollen Fotobücher die realisierten Projekte dokumentieren. Und auch die Vereinszeitschrift „KLAN-Koi-Magazin“, für die er seit gut fünf Jahren Beiträge schreibt, generiert immer mal wieder einen schönen Auftrag. Für Kunden, die im laufenden Jahr einen großen Garten gekauft haben, gibt’s für
zwölf Monate ein Abo der zuvor genannten Hochglanz-Gartenzeitschrift. Auch das bringt immer wieder zusätzliche Aufträge nach dem Motto: „Sie haben uns da doch so eine Zeitschrift geschickt – das hätten wir auch noch gerne!“
Weiterbildung und Networking kombiniert
Statt vor sich hinzuwurschteln, hat der 50-Jährige sich weitergebildet und jedes Seminar zugleich als Kontaktbörse genutzt, hat weitere Gleichgesinnte kontaktiert und Kooperationen geschmiedet. Von einem Zeichenseminar bei Daniel Nies blieb ihm der Kontakt zu der Unternehmerstochter Maria Reischenböck aus dem Salzkammergut, die mittlerweile bei ihm ein Praktikum absolviert hat. Vom Award blieb ihm der Kontakt zu Peter Berg, einem weiteren begnadeten Selbstvermarkter in Sachen Gartenkunst. Machaceks Vision – oder besser: eine von seinen Visionen – ist es, mit anderen Partnern die Leistung Japan-Garten bundesweit anzubieten. Schon jetzt bedient der Waldauer Kunden, die zum Teil mehrere Hundert Kilometer entfernt wohnen und die über einen seiner Artikel, das Buch oder die Webseite zu ihm gefunden haben. Weshalb sollte das nicht auch mit Partnern funktionieren – zum Vorteil aller Beteiligten?
Seit Januar hat er ein neues Netzwerk. Mit sieben anderen Unternehmern (Joachim Dietrich aus Butzbach, Clemens Hahn aus Burghaun, Thomas Hau aus Friedrichsthal, Stefan Heininger aus Mömbris, Roland Köchel aus Au, Matthias Vorbau aus Bad Laasphe und Markus Wack aus Ehringshausen) hat er die dritte Gruppe des „UnternehmerForums Gärten“ von Unternehmensberater Georg von Koppen aufgemacht. Damit lässt sich der Erfahrungsaustausch noch etwas strukturierter angehen. Und auch die Chance, mit weit entfernten Partnern zu kooperieren – etwa bei Planung, Steinsetzung oder Pflanzung für die Kunden der anderen –, hat sich damit vergrößert.
Schwerpunkt auf den Steinen
„Wir machen kaum Zen-Gärten“, sagt der Unternehmer. „Bei mir geht es um Gärten der Ruhe.“ Der „Japan-Garten“ sei für ihn in erster Linie ein Überbegriff, um im Internet besser gefunden zu werden. Sein Hauptaugenmerk liege darauf, für Harmonie zwischen Garten, Haus und Umgebung zu sorgen sowie mit signifikanten Steinsetzungen der Ruhe Ausdruck zu verschaffen. Die Zusammensetzung der Materialien sowie das Anordnen von Steinen und besonderen Pflanzen, das sei das Entscheidende. Und den Steinen – oder „Felsen“, wie der Unternehmer die Hauptdarsteller in seinen Gärten nennt – kommt dabei eine besondere Rolle zu: Ihre beeindruckende Größe, die Ausstrahlung der Jahrmillionen ihres Entstehens und ihre scheinbare Unvergänglichkeit schaffen jenes entschleunigende Moment, das der Gestalter seinen Gärten verleihen möchte. Auch dazu hat er ein Netzwerk in verschiedenen Regionen entwickelt und Kontakte zu Steinbruchbesitzern geschmiedet, die für ihn geeignete Natursteine auf die Seite legen. So kann der Unternehmer auf unterschiedliche heimische Hartgesteine zurückgreifen. Granit (Rhyolit), Basalt, Diabas, Quarzit und Marmor, die teilweise in unmittelbarer Nähe seines Betriebssitzes gewonnen werden, schaffen weite Gestaltungsspielräume. Dabei kommt die Idee oft im Steinbruch: Die unterschiedlichen Einzelstücke sorgen für immer neue Inspiration. So liegt in dem einen Steinbruch noch ein meterlanger Basaltbrocken, aus dem das Natursteinunternehmen drei Säulen gebohrt hat; in einem anderen wartet ein brückenartiger Granitfels darauf, ein geeignetes Gewässer zu überspannen. „Das ist meine Welt. Die Felsen setzen, die Pflanzen aussuchen“, sagt Machacek.
Und auch betriebswirtschaftlich macht das Ganze Sinn – denn wer fragt bei einem Stein von 10 oder 20 t schon nach dem Einkaufspreis – ganz besonders, wenn der Fachmann ihn so platziert, dass er harmonisch ins Gefüge passt. Mit wenigen großen Stücken lässt sich da schon eine Menge Eindruck erzielen. Große Steine, besondere Pflanzen und keine risikobehafteten Spezialarbeiten – das sind Machaceks Bausteine für eine gute Wertschöpfung.
Nicht Mitarbeiter – Unternehmer!
Auch wichtig für die Wertschöpfung sind das Team und die Unternehmensethik. „Bei mir ist nicht der Kunde Nr. 1, sondern der Mitarbeiter. Damit der Kunde Nr. 1 ist“, sagt der Gestaltungsprofi. „Wenn sich meine Mitarbeiter wohlfühlen, geht es meinen Kunden automatisch gut“, ist er überzeugt. Und das scheint zu funktionieren, denn die Belegschaft ist engagiert bei der Sache und setzt sich voll für den Betrieb ein. Auch die Zahl weiterer Bewerber, die wegen eines Jobs anfragen, deutet darauf hin, dass er einen guten Ruf als Arbeitgeber genießt. Die Leute kämen, weil die Jobs spannender seien als in anderen Firmen, ist er sich sicher. Samstagsarbeit gibt es praktisch nicht, die Mitarbeiter haben zudem ein hohes Maß an Selbstständigkeit und sind modern ausgerüstet: Jeder Vorarbeiter der drei Baukolonnen sowie der Pflegeabteilung verfügt über ein iPad und kann die Arbeitszeiten von sich und den Baustellenmitarbeitern zentral eingeben, die Baustellen dokumentieren und die Kundenberatung unterstützen. Handschriftliche Tagesberichte waren gestern.
Wer die Steckbriefe der vier Vorarbeiter Marcus Degelmann – der an der GmbH beteiligt ist – Marco Heidenreich, Thomas Schnupp und Günter Pethke auf der Internetseite liest, merkt sofort, dass damit eine Menge Wertschätzung einhergeht.
Glück hat Machacek dabei auch noch, denn gleich fünf seiner Mitarbeiter besitzen die Fahrerlaubnis für den 7,5-Tonner – heute eine wertvolle Qualifikation.
Planung und Pflege als Erfolgsmodelle
Ein weiterer Erfolgsbaustein ist die bezahlte Planung. Die lohnt sich nicht nur an sich, sondern hilft auch, die Ausführungssumme zu steigern und die Kunden zu filtern: „Wenn die Leute nicht mal bereit sind, 500, 1.000 Euro für eine Planung auszugeben, dann wollen die auch keinen gescheiten Garten“, ist der Unternehmer überzeugt. Bei denen, die wollen, schafft Machacek mit der 3-Angebote-Strategie („eines in basic, ein schöneres und ein tolles“), eine höhere Auftragssumme zu erzielen. „Wenn ich den Plan mache, bekomm ich zu 90 % den Auftrag“, schätzt er. Und viele Kunden würden am Anfang von einer viel niedrigeren Bausumme ausgehen, als sie nachher wirklich zu zahlen bereit sind.
Die Planungsleistungen werden bei Auftragsvergabe zwar zu 50 % verrechnet – dafür kosten sie aber auch 2.000, 3.000 Euro. Bereits in diesem Frühjahr hatte er schon wieder Planungsaufträge für mehrere Zehntausend Euro eingesammelt. In Zusammenarbeit mit Carsten Iwan (dega2683), der für viele Entwürfe im Zuge von Fernplanungen die Perspektiven zeichnet, macht Machacek aus den Ideen Verkaufsunterlagen.
„Ohne die Planung wäre es auch ganz schwierig, den Mitarbeitern zu erklären, wie es aussehen soll“, fügt er an. „Das ist für mich gut und für den Kunden auch.“ Die Planung läuft über das Einzelunternehmen, das auch alle Hardware, also Immobilien und Maschinen besitzt.
Und am Ende des Auftrags bekommt jeder Kunde noch ein Pflegepaket mit drei Pflegegängen und der Wartung der Bewässerungsanlage verkauft. Dafür hat Machacek letztes Jahr einen Sprinter in Langversion in Dienst gestellt – von Bott (www.bott.de) mit Regalen ausgestattet, extra stark motorisiert, um auch schwere Last ziehen zu können. Und natürlich werbewirksam allseits bedruckt und mit der Webadresse versehen. Einmal im Jahr startet die Pflegekolonne von Günter Pethke sogar Richtung Berlin, um drei Gärten dort und auf dem Weg dahin zu unterhalten.
Die Anfangsprobleme sind Geschichte
„Vor drei vier Jahren konnte ich mit meinem Betrieb noch überleben. Jetzt kann ich leben“, erzählt Machacek. Das Selbstbewusstsein ist parallel mit dem Erfolg gewachsen, die Wertschöpfung ist überdurchschnittlich – auch weil er es schafft, seinen Kunden jeweils deutlich mehr Leistung schmackhaft zu machen, und weil er gelernt hat, dass 50.000-Euro-Gärten mehr Wertschöpfung versprechen als 400.000-Euro-Anlagen.
Der Hof, den er vor sechs Jahren in Neudrossenfeld-Waldau günstig erworben hat, ist nicht nur ein attraktiver kleiner Betriebshof, sondern auch ein Lebensmittelpunkt mit Perspektiven. Hier soll in Zukunft ein großer Japan-Schaugarten entstehen. Schon jetzt wirkt der Hof mit seinen Mauern aus historischen Sandsteinen als ruhiger Gegenpool zu Machaceks rastloser Umtriebigkeit. Ein Büro in der Stadt hat er sich auch im letzten Jahr gegönnt. In unmittelbarer Nähe der Autobahn hat er jetzt auch Platz für die Verwaltung.
Einen großen Traum hat Machacek noch: Den „One-trillion-year-garden“ auf der Chelsea Flower Show zu realisieren; die Geschichte der Erde auf die Größe der Wettbewerbsfläche realisiert. So steht es in seinem Unternehmensplan, den er 2012, auf 25 Jahre ausgelegt, aufgeschrieben hat. Mal schauen, ob er das auch noch realisiert bekommt.
aus: DEGA GALAVBAU 6/2015
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