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Grün+Dach Jürgen Quindeau in Heiligenhaus

Gründecker oder Dachgärtner?

Gründachwerbung in der Mustergartenanlage des Gruga-Parks: 1:1-Modell in Augenhöhe


Die Zahl der GaLaBau-Betriebe hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Viele Betriebe sind Kleinstbetriebe. Jürgen Quindeau aus Heiligenhaus lebt die kleinste aller Betriebsformen aus Überzeugung. Der Einzelkämpfer arbeitet als hochspezialisierter Netzwerker zwischen den Gewerken auf dem Dach.



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Kein Problem für den Dachdecker: Einbau einer Dampfsperre
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Die Arbeit ist getan, Jürgen Quindeau gießt sich in seinem großzügigen Wohnzimmer eine Apfelschorle ein und lehnt sich zurück. Der Ingenieur gehört nicht zu jener Gruppe Unternehmer, die in Kollegenkreisen abschätzig „Pick-up-Gärtner“ oder „Schubkarrenführer“ genannt werden. Der Rheinländer ist Überzeugungstäter. Er hat seine Rolle als Hauptdarsteller eines Ein-Mann-Betriebs bewusst gewählt.


Qualifikation strategisch erweitert

Quindeau baut Gründächer – und das seit Mitte der 80er. Was ihn und sein kleines Unternehmen so besonders macht, ist seine Qualifikation. Der 48-Jährige hat sich zu Beginn seiner Selbstständigkeit einen Paragrafen der Handwerksordnung zunutze gemacht, der besagt, dass man auch benachbarte Gewerke ausführen darf, soweit man über das notwendige Know-how verfügt.

Quindeau hatte bereits eine Ausbildung als Baumschuler abgelegt, Erfahrungen im GaLaBau gesammelt und schließlich ein Landschaftsarchitektursstudium abgeschlossen. Schon während des Studiums hatte er sich mit einem Partner selbstständig gemacht und sich auf Dachbegrünungen spezialisiert. Dann bekam er den Tipp mit der Handwerksordnung und büffelte für eine Prüfung als Dachdecker. „Ich dachte, das wird die größte Hürde, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass die besonders erpicht darauf sind, Gärtner bei sich aufzunehmen“, erzählt er rückblickend. Aber die Krefelder Dachdecker waren mit Quindeaus Wissen zufrieden und genehmigten eine Eintragung als Dachdecker in die Handwerksrolle – eingeschränkt auf den Leistungsbereich „Ausführungen aller funktionsbedingten Abdeckungen und Abdichtungen von Flachdächern aus hochpolymeren Dachbahnen einschließlich Vorrichtungen zum Ableiten des Oberflächenwassers“. Nun darf der Diplomingenieur zwar keine Pfannen oder Bleche auf das Dach legen, aber die Abdichtungen für seine Gründachleistungen inklusive einer Metallattika darf er selbst anbieten und ausführen.

Diese Besonderheit verschafft Jürgen Quindeau auch besondere Spielräume. Auf der einen Seite ist er als Dachbegrüner nicht automatisch der letzte im Glied – wie sonst üblich, sondern kann Bauherren und den Architekten den kompletten Service anbieten. Das macht ihn weniger abhängig vom Preis und verbessert auch seinen Stellenwert. Denn die hochwertige Abdichtung hat sowohl beim Bauherrn wie beim Planer höchste Priorität. Trotzdem reißt er sich nicht um die reinen Dachdeckerleistungen. Quindeau ist Vollblutgärtner und das spiegelt sich auch in seinem Portfolio wider. 75 % des Umsatzes macht er mit der reinen Dachbegrünung, nur 25 % sind Leistungen des Dachdecker-Gewerks. Der Rheinländer sucht lieber den partnerschaftlichen Kontakt zu den Kollegen, die bei der Dachbegrünung gewöhnlich als Vorgewerk auftreten. Deren Ängste vor Konkurrenz entkräftet er bereits im Vorfeld mit der Versicherung, sich ohnehin lieber auf das Gründach konzentrieren zu wollen. Bei einer zunehmenden Zahl von Dachdeckern ist er deshalb bereits gern gesehener Partner und Berater, denn die – so Quindeaus Erfahrung – reißen sich in der Regel nicht gerade um die „Blümchen auf dem Dach“. Besonders dann, wenn es um den sicheren Übergang von der Abdichtung zur Begrünung geht, ist Quindeaus Rat gefragt, denn Dachdeckerkollegen, Bauherren und Planer profitieren von der Beratungskompetenz in zwei Gewerken.


Ein Herz für Netzwerke

Generell sind Partnerschaften und Netzwerke ein Teil von Quindeaus Erfolgsgeheimnis. Seit er sich dazu entschlossen hat, seine Leistungen als Einzelunternehmer anzubieten, arbeitet er im Verbund mit Partnern. Da ist zum Beispiel Klaus Monreal, ehemaliger Mitgesellschafter einer gemeinsam geführten Firma, der mit zwei Mitarbeitern von Krefeld aus klassischen Landschaftsbau betreibt. Stehen bei Grün+Dach Großprojekte auf dem Dach oder bodenbürtige Leistungen an, kommt der Partner vom Niederrhein ins Spiel.

Zusätzlich arbeitet Quindeau auf dem Dach mit einem gelernten Dachdecker und einer Dachdeckerfirma zusammen. Die vier kleinen Firmen bilden seit vielen Jahren ein eingespieltes Team und Jürgen Quindeau gilt als pingeliger Bauleiter. Gerade erstellen sie in Duisburg ein 500 m² großes Gründach, das der 48-Jährige selbst geplant und ausgeschrieben hat.

Ein weiteres Netzwerk bilden die ZinCo-Partner, die sich auch über das jährliche Partnertreffen hinaus informell austauschen. So ruft er zum Beispiel schon mal bei Kollege Matthias Franz von Pronatur in Metzingen an (http://www.dega.de, Webcode dega1685), wenn es um eine schwierige Ausschreibung geht: „Da ist das Gespräch viel einfacher und offener, weil man sich gegenseitig nicht ins Gehege kommt“, erklärt Quindeau die Vorteile der großen Distanz für den Erfahrungsaustausch.

Sein eigenes Tätigkeitsfeld umreißt der Unternehmer so: „Aufträge, bei denen ich abdichte und begrüne, nehme ich nur an, wenn sie nicht zu weit von Heiligenhaus entfernt sind.“ Schließlich müsse er die Arbeit beenden, wenn es zu regnen anfange und dann würden sich die Fahrzeiten nicht mehr rechnen. Die weniger witterungsabhängigen Gründachleistungen bietet Quindeau im Radius von etwa 100km an.


Eigene Philosophie bei Planung und Pflege

Der zunehmenden Unsitte, Angebote für Planungen ohne Ausschreibung zu verlangen, begegnet der Rheinländer mit einer eigenen Strategie: Aufwendige Angebote erstellt er nur gegen Erstattung der Kosten. Allenfalls bei späterer Auftragsvergabe sei eine Verrechnung möglich. Wem das nicht passe, komme als Auftraggeber nicht infrage. Und gerade diese Freiheit, nicht alles annehmen zu müssen, ist es letztlich auch, die Quindeau hat zum Einzelkämpfer werden lassen. „Denn“, so ist der Dachbegrüner überzeugt, „wenn ich erstmal feste Mitarbeiter habe, bin ich auch für deren Auskommen verantwortlich. Da kann ich nicht einfach sagen, mach ich nicht, wenn mir mal ein Auftrag nicht passt.“ Dazu käme noch der hohe Verwaltungsaufwand: „Alleine die Bürokratie für meine beiden Aushilfen, kosten mich so viel Zeit, die mir woanders fehlt. Mit Angestellten würde das noch viel mehr werden“, meint er.

Und hinter dieser Aussage steckt ein weiterer wichtiger Grund für sein unternehmerisches Alleinsein: Quindeau ist die Zeit auf dem Dach ungeheuer wichtig; einerseits, weil das bei den Kunden viel besser ankommt, wenn der Chef als Ansprechpartner vor Ort ist, anderseits weil er so auch die Hand für die Qualität ins Feuer legen kann. Dass er gerne mit Pflanzen arbeitet, kommt letztlich als dritter Grund hinzu.

Was er ebenfalls gerne übernimmt, ist der Gründachunterhalt. „Viele Kollegen haben ja an der Pflege kein Interesse“, ist Quindeaus Erfahrung. Dabei sei dieser Teil der Arbeit für ihn besonders interessant: „Ich lerne, wie und ob etwas funktioniert.“ Denn oft zeigt sich erst nach einigen Vegetationsperioden die Funktionstauglichkeit der gewählten Gründachsysteme im Zusammenspiel mit den verschiedenen Standortfaktoren. Da Quindeau nicht nur „eigene“ Dächer pflegt und wartet, sondern auch „fremde“ Dächer übernimmt, verfügt er inzwischen über reichhaltige Erfahrungen mit den verschiedenen Gründachaufbauten. Ganz nebenbei ließen sich so bei eigenen Objekten auch Entwicklungen für die Projektdokumentation im Bild festhalten und der Kontakt zum Kunden halten.

Ein Problem, muss der Unternehmer zugeben, bringe die Struktur seines Betriebs natürlich schon mit sich. Manchmal müssen sich die Kunden in Geduld üben – denn zwei parallele Projekte sind nur in Ausnahmefällen möglich. So muss sich Quindeau gut überlegen, welche Projekte er akquiriert und welche Fertigstellungstermine er verspricht.

Nicht zufrieden mit der Imagekampagne

Quindeau ist sowohl im Verband der Dachdecker als auch im VGL NRW organisiert – in erster Linie der Logos wegen. „Das ist etwas anderes, ob ich sage, dass ich Spezialist für Dachbegrünung bin, oder ob die Leute meine Mitgliedabzeichen sehen“, sagt der Unternehmer. Mit seiner berufsständischen Vertretung im Landschaftsbau ist er aber nur bedingt zufrieden. „Ich habe ja den Vergleich“, sagt Quindeau. „Service und Marketing finde ich bei den Dachdeckern einfach besser.“ So beklagt der Rheinländer, dass er im Landschaftsbau für jedes Werbemittel zusätzlich zahlen muss und die Seminare um ein mehrfaches teurer sind. Auch der „Technische Fachberater“ des Dachdeckerverbands sei eine große Hilfe und ein Service, den es bei den Landschaftsgärtnern so nicht gebe.

Ganz besonders die Imagekampagne bringt ihn auf die Palme. Einerseits findet er es nicht gerecht, dass er als Ein-Mann-Betrieb das gleiche zahlt wie ein Großbetrieb, anderseits nervt ihn ausgerechnet das Motiv, welches sich die Werbeagentur für sein Geschäftsfeld ausgedacht hat: „Wir haben uns jahrelang spöttisch fragen lassen müssen, ob denn nun eine Ziege für das begrünte Dach angeschafft werden muss und nun wirbt der Verband ausgerechnet mit einem Schaf auf dem Dach für unsere Leistung.“

Quindeau selbst setzt neben der Netzwerkarbeit auf Eigenmarketing, arbeitet in Ausschüssen und Arbeitskreisen mit. Bei der Zeitschrift Dach + Grün sitzt er im Redaktionsbeirat und veröffentlicht auch die eigenen Projekte. Die Fachbeiträge hat er zusammen mit seinen Projektdokumentationen vorbildlich in seiner Präsentationsmappe eingeordnet; alle Seiten wetterfest laminiert und einheitlich aufgebaut.

17 Jahre gibt Quindeau sich noch auf dem Dach – und das, obwohl alle Welt gerade die Dachdecker als Beispiel für den vermeintlichen Unsinn einer Rente mit 67 zitiert. Immerhin verbleibt ihm die Alternative, sein Unternehmen in Richtung Planung und Bauleitung zu entwickeln.

Der Rheinländer lehnt sich auf seinem Stuhl zurück. Er hat sich finanziell soweit abgesichert, hat ein eigenes Häuschen mit Garten und eine Frau mit einem ebenfalls guten Job. Er sieht nicht so aus, als ob er sich in seiner Rolle als Einzelkämpfer unwohl fühlen würde.


(c) DEGA online







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