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Tobias Pinger in Waldbröl

„Wir wollen alles anders machen“

Tobias Pinger hat ein bisschen gebraucht, um das zu finden, was ihm wirklich Spaß macht. Jetzt baut er im Bergischen Land zusammen mit Menschen, die ihm persönlich nahe sind, Gärten aus lokalen Natursteinen, Holz, Stahl und Pflanzen. Eine Geschichte über einen Gärtner, der für sich die Frage beantwortet hat, worum es geht.

von Tjards Wendebourg, Redaktion DEGA GALABAU erschienen am 29.04.2025
Miriam und Tobias Pinger © Tjards Wendebourg, Redaktion DEGA GALABAU
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Regen im Bergischen Land. Schon seit ein paar Tagen ist das Wetter schlecht. Auch Tobias Pinger hat die Nase voll von der Regenphase. Seine Leute hat er nach Hause geschickt. Er weiß genau, wie es sich anfühlt, in nassen Klamotten arbeiten zu müssen. Und seine Mitarbeiter sind für ihn das A und O.

Pinger ist seit über 20 Jahren im Beruf, hat in verschiedenen Betrieben Erfahrung gesammelt, bevor er sich vor drei Jahren entschied, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. „Wir wollen alles besser machen“, schmunzelt der 40-Jährige. Den Anstoß gab das Private. Miriam Pinger ist in Waldbröl zuhause. Pinger pendelte lange vom gemeinsamen Zuhause in das eine Stunde entfernte Bonn ins Rheintal. Für den Landschaftsgärtnermeister viel ungenutzte Lebenszeit im Auto. Also wechselte er zu einem Betrieb im Bergischen Land und sah dort aber, wie er es nicht machen wollte. „Ich habe schnell gemerkt, dass genaues Arbeiten nicht Tagesprogramm war“, grinst Pinger. Auch die Sauberkeit auf dem Hof, das Arbeiten im Team und ganz besonders der Umgang mit der Pflanze entsprach nicht seinen Vorstellungen. „Am 1. April 2022 haben wir dann gesagt: Jetzt machen wir alles anders.“ Hohe Qualität, fachgerechte Ausführung, Sauberkeit und gute Pflege hatte sich die neue Firma als Leitmotive ins Profil geschrieben.

„Mit dem Schritt in die Selbstständigkeit haben wir gesagt: Jetzt machen wir alles anders.“ Tobias Pinger

Zuverlässigkeit und Nähe

Es anders zu machen, sieht Pinger als Gesamtkonzept. Das heißt zum Beispiel, dass wenn ein Kunde anruft – ganz gleich, ob es ein Neu- oder Bestandskunde ist – er innerhalb eines Tages Antwort erhält. „Die wenigsten erwarten es und kennen das, dass sich einer kümmert“, schmunzelt der Unternehmer und wundert sich zugleich über viele Kollegen. Zwar müssen Kunden bei einer Neu- oder Umgestaltung bei ihm mit langen Wartezeiten rechnen, aber das wissen sie im Vorfeld. Pinger geht es um einfache Regeln: Verlässlichkeit und Vertrauen. Er möchte seinen Kunden ein guter Partner sein. „Wenn uns jemand beauftragt, dann sind wir nicht die Handwerker, die nur sagen ,Wir kommen irgendwann vorbei‘, sondern wir machen das dann auch.“ Das sei ja eigentlich so einfach, meint er. Den Vorlauf für jedes Projekt braucht der Unternehmer alleine schon, weil er sich für seine Kunden, für den Entwurf, für die Materialauswahl und die Beratung viel Zeit nimmt. „Unser Planungsprozess dauert vier bis sechs Wochen.“ Es gebe mindestens drei Termine, an denen Kunden die Materialien gezeigt werden. „Deswegen müssen wir auch hochpreisig sein“, erklärt er und erzählt, wie er mit einem Kunden im Sommer zwischen 21.00 und 0.00 Uhr drei BEGA-Leuchten positioniert hat. Das gehe eben erst in der Dunkelheit.

Die Menschen im Zentrum

Wenn es darum geht, es anders zu machen, meint Pinger auch die Menschen – die Kunden und die Mitarbeitenden. Letztere sind dem Unternehmer besonders nah, denn in einer kleinen, familiären Struktur hat man ständig miteinander zu tun. Einen hat der Unternehmer aus seinem letzten Betrieb mitgenommen: „Thomas ist einer der geilsten Handwerker, die es gibt“, zeigt sich der Unternehmer begeistert: „Ich hoffe mit 50 so zu sein wie er“, gesteht er. Man habe sich schon in der alten Firma super verstanden. Thomas ist der kreative Konterpart. Auch der letzte Azubi seines alten Arbeitgebers ist etwas Besonderes. Der ist nach der Ausbildung in die Schweiz gegangen und hat es dort zum Vorarbeiter im Unterhalt gebracht. Im Januar ist er wiedergekommen und macht nun die Pflege bei Pinger. „Obwohl ich das selber auch gerne mache“, sagt Pinger, für den die Pflege wichtig ist. „Wir können den Garten nur bauen, wenn wir ihn nachher auch betreuen.“ Pflege oder Bau – bei dem kleinen Team gibt es kurze Wege und große Übereinstimmung in den Zielen: „Wir haben als Team das Ziel, dass die Arbeit Sinn und Spaß macht.“

„Wir haben als Team das Ziel, dass die Arbeit Sinn und Spaß macht.“ Tobias Pinger

Handwerk als USP

Und auch das ist ein Element des „anders Machens“: Pinger sieht sich als Dienstleister, der saubere und detaillierte Handwerksleistung abliefert. „Wir kombinieren altes Handwerk und neues Handwerk“, sagt er und meint damit sowohl die feine Naturstein- und Holzarbeit als auch das Arbeiten mit digitalen Tools. „Ich bin Handwerker geworden, um auch Handwerk zu machen.“ Dazu gehört das Pflastern mit Naturstein inklusive fachgerechter Verfugung (nicht nur oberflächlich, sondern richtig!), das Bauen von hochwertigen Trockenmauern, das Setzen von großen Felsen, das feine Bearbeiten und Verzieren von Hölzern und das stilvolle Verwenden von Pflanzen. Pinger geht es sowohl um die Details als auch um das Gesamtbild. Und er baut nach wie vor gerne selber, kann es sich kaum vorstellen, die Baustelle ganz Baustelle sein zu lassen.

Großes Denken

Pinger beweist, dass man auch als kleine Firma groß denken kann – gerade was den Maschineneinsatz anbelangt. „Ich bin wahrscheinlich weit und breit der einzige Landschaftsgärtner, der keinen eigenen Bagger hat“, lacht der Unternehmer. Das habe einen einfachen Grund: Das Gerät ist meist entweder zu klein oder zu groß. Dafür schöpft er die Infrastruktur aus. Als es 230?t Steine in einen steilen Garten zu bewegen galt, hat er sich einfach einen 120-t-Autokran gemietet. Für den Kunden war das großes Kino. Der wollte natürlich sofort wissen, was ihn denn der Kran koste. Aber als Pinger ihm vorrechnete, was es gekostet hätte, hätte man die Steine händisch über die Treppen zur Baustelle bewegt, war er überzeugt. „Man muss sich immer überlegen, wie geht es einfach, wie geht es besser“, findet der Rheinländer. Schließlich ging es in dem Fall nicht nur um Kosten und Zeit, sondern auch um die Gesundheit seiner Mitarbeiter. Und Steine gibt es bei Pinger oft zu bewegen. Im letzten Jahr hat er wieder 80?t gekauft, die für ihn abholbereit im Bruch liegen, bis er sie braucht. Auch so ein Vorteil lokaler Herkünfte. „Ich fahre oft mit Kunden in den Steinbruch und gucke mit ihnen zusammen Steine an“, meint er. Da seien dann auch schon mal Felsen dabei, die so groß wie der Tisch sind und über 2?t wiegen. „Da brauchst du dann den 14-t-Bagger“, schmunzelt Pinger. „Auch wenn wir ein großes Fundament haben, dann leihen wir uns den Bagger und wir bestellen die Betonpumpe. Das mischen wir nicht mit der Hand.“ Da würden die Leute dann auch immer fragen, was so eine Pumpe kostet. Dabei sei so ein großes Gerät in der Regel viel günstiger als Handarbeit. „Das machen sich auch viele Kollegen nicht klar“, wundert sich Pinger.

„Du kannst nur gut werden, wenn du wirklich mal Tonnen bewegt hast.“ Tobias Pinger

Marketing der besonderen Art

Einige Kunden sind Pinger gefolgt, als er vor zwei Jahren den Arbeitgeber verließ. Und mittlerweile ist das Auftragsbuch über Weiterempfehlungen ganz schön dick geworden. Trotzdem lässt sich der Unternehmer auch gerne mal auf Abenteuer ein. Als letztes Jahr eine Anfrage kam, sich an einem Bauernmarkt im 18?km entfernten Windeck-Leuscheid zu beteiligen, sagte er einfach mal zu. Das Team baute einen fertigen Garten mit Holzpavillon aus Robinienholz, einer Holzterrasse, Findlingen und Pflanzen. „Eigentlich haben wir in der Richtung nie etwas zu tun, aber der Auftritt hat uns mindestens zehn Aufträge eingebracht“, freut sich Pinger, dass sein Risiko belohnt wurde. „Wir haben teilweise direkt Termine vereinbart.“ Ganz offensichtlich gab es Bedarf für diese Art zu gestalten, für heimischen Naturstein, Robinie und Stauden. „Das war cool und das werden wir wieder machen.“ Gleichzeitig benutzt Pinger auch das Material als Ansatz für das Marketing: Die lokalen Gesteine – vulkanischer Basalt aus den prähistorischen Lavaströmen im Rheinland und Grauwacke als Ablagerung des Devon-Meeres – bieten ausreichend Ansätze die Geschichte des Rheinischen Schiefergebirges mit modernen Geschichten zu verknüpfen. Wenn Kunden mal ungeduldig werden und sechs Wochen Lieferzeit lang finden, sagt Pinger: „Die Platten liegen schon 360 Mio. Jahre im Boden. Da kommt es jetzt auch nicht drauf an.“

Ein Kleinod für Marketing und Menschen

Viel Geld haben die Pingers schon in den alten Hof gesteckt, der sich langsam Richtung Schaugarten und Beratungszentrum entwickelt. Im ersten Stock der Scheune haben die beiden einen Beratungsraum eingerichtet, der dem Team unter der Woche als morgendlicher Startpunkt dient. Statt in einer kalten Halle zu sitzen, trifft man sich morgens beim heißen Kaffee. Hier im „Kreativraum“ werden Projekte besprochen und hier ist auch der zweite Termin mit neuen Kunden. In der Scheune – die bei Pinger „Handwerkerraum“ heißt – ist auch Platz für Feiern. Zur letzten Weihnachtsfeier kamen die Lieferanten, der Steinbruchbesitzer, ein Subunternehmer, der für Pinger Bodenarbeiten ausführt. „Da sind wir hier bis 1.30 Uhr versackt“, lacht der Unternehmer, für den das Netzwerken mit lokalen Partnern zur festen Philosophie gehört. Rund um den Hof haben Miriam und Tobias Pinger angefangen, durch Pflanzungen und Gestaltung die Flächen aufzuwerten. Die Zweijahresbilanz kann sich jedenfalls sehen lassen. Die beiden haben viel Zeit und Geld in das Projekt gesteckt – aber nichts davon bereut. Denn am Ende erweist sich die Unternehmung als sinnstiftendes Vehikel, welches den Lebensunterhalt sichert, aber zugleich auch ganz viel Lebensqualität generiert; einfach, weil das gemeinsame Arbeiten mit Mitarbeitenden, Kunden und Lieferanten Spaß macht. Für Pinger war es gleichzeitig ein großartiger Weg, sich selbst zu verwirklichen.

 

 

 

 

 

Betriebsdaten

Pinger Gartengestalter und Team

  • Firmengründung: 2022
  • Gesellschaftsform: Einzelunternehmen
  • Geschäftsführer: Tobias Pinger
  • Umsatz: 488.600?€ (2023)
  • Gewinn: k.?A.
  • Materialkostenanteil: k.?A.
  • Betriebsmittellohn: k.?A.
  • Kalkulator. Stundenlohn: k.?A.
  • Durchschnittl. Verrechnungssatz: k.?A.
  • Mitarbeiter: 6, davon 1 Meister, 1 Geselle, 2 Fachfremde, 1 Azubi
  • Mitarbeiter Büro: 2
  • Baustellenleiter: 1
  • Kolonnen: 2
  • Maschinenpark: 3 Pkw
  • Auftraggeberstruktur: Privat (91?%), Gewerbe (9?%)
  • Umsatz nach einzelnen Leistungsbereichen: Hausgarten (70?%), Gewerbebegrünung (10?%), klass. Landschaftsbau (15?%), Dachbegrünung (5?%)
  • Mitgliedschaften: keine
  • EDV-Lösungen: Lexoffice, Time Track
Kontakt
Mit dem Gärtchen in Leuscheid hat sich Pinger viele neue Kunden gesichert.
Betriebsporträt Tobias Pinger © Jens Hakenbeck

Tobias Pinger – Gartengestaltung und Gärtnermeister Rossenbacherstr. 44, D- 51545 Waldbröl Telefon: +49 2291/901 09 67 buero@tobiaspinger.de www.tobiaspinger.de

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