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Gärtnerhof Jeutter in Göppingen

Natürlich nachhaltig

Der Gärtnerhof Jeutter ist eine Oase am Rand der schwäbischen Stadt Göppingen. Johann Martin und Nicole Jeutter führen dort in mindestens dritter Generation einen Landschaftsbaubetrieb, der sich sowohl durch soziale Ausrichtung als auch durch nachhaltiges Arbeiten auszeichnet. Wir haben die beiden im Marbachtal besucht.

von Tjards Wendebourg, Redaktion DEGA GALABAU erschienen am 15.09.2025
Nicole und Johannes Martin Jeutter für den Blog der GaLaBau © Martin Rottenkolber/BGL
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Die Jeutters haben sich gut versteckt. Man muss sich im erst 1975 eingemeindeten Stadtteil Faurndau an der ehemaligen Salamander-Schuhfabrik und dem Natursteinhändler Seltra vorbeischleichen, um über den Marbach in das quasi private Tal der Jeutters zu gelangen. Hier kommt man kaum zufällig vorbei. Wer hier herkommt, verfolgt ein Ziel. Seit gut drei Monaten erschweren zudem Leitungsarbeiten den Zugang erheblich. Die Jeutters nehmen diese Unbill relativ gelassen. „Da waren zwei Firmen zugange und die eine hat es nicht geschafft, die Leerrohre für dieses Kabel da oben richtig zu verlegen“, kommentiert Jeutter süffisant die suboptimal laufende Baustelle.

Der Umgang mit der Zugangsbeschränkung steht beispielhaft für den Umgang des Unternehmens mit Dingen, die nicht so gut laufen: Man klagt nicht, man geht mit einer gewissen Gelassenheit mit den Sachen um und sieht trotzdem das Positive. Als es 2023 eine Menge Unruhe in der Belegschaft gab, weil die Jeutters durch die Integration einiger schwieriger Auszubildender bis an die Grenzen ihrer sozialen Leistungsfähigkeit geführt wurden, war es am Ende und im Rückblick der Stolz darauf, auch diese jungen Menschen erfolgreich durch die Ausbildung gebracht zu haben, der übrigblieb. Auch wenn der Unternehmer Konsequenzen zog und erst einmal auf weitere Einstellungen schwieriger Jugendlicher verzichtete – die Bereitschaft, sich auch für die Schwächeren am Arbeitsmarkt einzusetzen, bleibt ungebrochen. Denn für Martin und Nicole Jeutter gehört dieses Engagement zur Philosophie.

Eine Firma als Familie

Dass sich die Unruhe nach dem Ausscheiden der schwierigen Akteure so schnell wieder gelegt hat, der Organismus quasi wieder in seinen harmonischen Ausgangszustand zurückgekehrt ist, hat eben ganz viel damit zu tun, wie die Jeutters die Firma führen. „Es gehört zu meinen Prinzipien, dass ich das Lebensgefühl spüren möchte, das wir unseren Kunden nahebringen wollen“, meint der Unternehmer. „Das ist für uns zum Beispiel ganz wichtig, dass die Leute Humor haben, weil Arbeit Spaß machen muss.“ Genau das sei im Moment der Fall. „Du kommst morgens raus zur Besprechung und das ist ungelogen: Das sind nicht Kollegen, du bist unter Freunden“, freut er sich. „Das ist so genial, gerade erleben wir eine super, super Zeit.“ Das mache die schwierige Zeit davor vergessen.

„Ich glaube, ganz viele Unternehmerinnen und Unternehmer haben in ihren Fabrikgebäuden noch nicht erkannt, dass wir ein Lebensgefühl in die Arbeit tragen müssen.“ Johannes Martin Jeutter

Damit ist auch schon eine der großen Stärken der Jeutters umrissen: der innere Zusammenhalt, die harmonische Ausstrahlung und das Funktionieren als familiäres Team. Das macht nicht nur die Leistungsfähigkeit aus, sondern wirkt auch anziehend – sowohl auf Kunden, wie auf Mitarbeitende. Letzteres hat sich gerade wieder erwiesen: Als ein Bauleiter für die Firma verloren ging, weil er die große Chance bekam, wieder in die Landschaftsarchitektur zu wechseln, stand kurz darauf ein adäquater Ersatz zur Verfügung. „Der passt super ins Büro und hat einen ähnlichen Humor wie wir“, freut sich der Unternehmer über die Verstärkung, die er „phänomenal“ nennt. „Ich glaube, ganz viele Unternehmerinnen und Unternehmer haben in ihren Fabrikgebäuden nicht erkannt, dass wir ein Lebensgefühl in die Arbeit tragen müssen“, erklärt Jeutter, weshalb er es für so wichtig hält, dass sich die Mitarbeitenden im Betrieb wohlfühlen. Dazu gehört natürlich auch die finanzielle Absicherung. Niemand fängt im Gärtnerhof unter 17,50 Euro/h an. Bei den Arbeitszeiten zeigt sich das Unternehmen ebenfalls hochflexibel. „Wir leben diese Teilzeitmöglichkeit eigentlich schon immer“, sagt Jeutter. „Ich finde es elementar, wenn du Menschen willst, die empathisch sind, die deine Ideen mittragen, dann brauchst du für diese auch die entsprechenden Freiheiten.“ Gerade Frauen müsse man Angebote entsprechend ihrer Bedürfnisse machen können. „Ich bin ja froh um jede Frau, die bei uns anfängt“, meint er. Schließlich sind soziale Kompetenz und Empathie nicht nur für den Zusammenhalt gefragt, sondern auch bei den Themen Pflanze und Pflege, die im Unternehmen eine große Rolle spielen.

Zum Erfolg dieses Modells trägt bei, dass die Jeutters den familiären Zusammenhalt vorleben: „Ich habe das Glück, dass wir eine super Familie sind, mit vier tollen Kindern“, hat der Unternehmer gegenüber dem GaLaBau-Blog gesagt. „Das familiäre Gemeinschaftsgefühl versuchen meine Frau und ich auch in die Firma hineinzutragen.“

Das gelingt offensichtlich nachhaltig und ist für Menschen, die für das brennen, was sie tun, wahrscheinlich der beste Weg; möglicherweise sogar der einzig richtige.

Der Schöpfung verpflichtet

Überhaupt kann man im Gärtnerhof Jeutter besichtigen, wie soziale, ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit erfolgreich ineinandergreifen. Denn nicht nur in Beziehung auf seine Mann- oder Frauschaft agiert das Unternehmen nachhaltig im besten Sinne des Wortes. Auch das Ökologische – also das Wirtschaften im Einklang mit Natur und Ressourcen – wird in Faurndau großgeschrieben. Die Jeutters sind in christlich geprägter Umgebung aufgewachsen. Nächstenliebe und der Erhalt der Schöpfung gehören für die Familie sowie das Unternehmen zu den Leitlinien des Handelns.

Kein Wunder also, dass im Betrieb auch bewusst mit Ressourcen umgegangen wird. Das Gärtnereigebäude ist mit viel Sandsteinen aus Abbrüchen gebaut, ergänzt wurde mit Tübinger Rhät-Sandstein, einem regionalen Naturstein, der ganz in der Nähe gebrochen wurde. Für die Erweiterungen kamen gelbe Sandsteine aus Thüringen und Oberfranken von Traco zum Einsatz und natürlich auch viel wiederverwendete Steine. Solaranlagen auf den Dächern produzieren den Strom für Büro und Fahrzeugflotte. Am Tag unseres Besuches sollte eigentlich der erste elektrische 7,5-Tonner ausgeliefert werden – das Folieren dauerte aber länger. „Mit dem dreieinhalb Tonner aus dem Bestand kommen wir dreimal nach Stuttgart und wieder zurück; ohne laden“, zeigt sich Jeutter zufrieden mit dem ersten Nutzfahrzeug in der Flotte. Das werde bei der Neuanschaffung nicht anders sein.

Mineralische Dünger und chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel sind schon lange aus dem Lager verbannt. Denn bei Jeutter heißt es schon auf der Webseite: „Wir planen, gestalten und bauen Ihren Garten im Einklang mit der Natur.“ Auch bei der Wahl der Materialien setzen die Jeutters auf Nachhaltigkeit. Viele Baustoffe werden recycelt. Bei Neuware kommen oft regionale Baustoffe zum Einsatz. Der Eppinger Mühlensandstein etwa, ein lokaler Schilfsandstein, wird in den Gärten von Jeutter oft verbaut; auch weil der Unternehmer die gute Beratung des Lieferanten schätzt.

Besonders stolz ist der Unternehmer auf zwei junge Fachleute, die sich auf die Arbeit mit Naturstein spezialisiert haben und ihre Erfahrungen über Kurse an Interessierte weitergeben. Ein weiterer junger Mann brennt für biodiverse Pflanzungen und ist damit im Gärtnerhof genau an der richtigen Adresse.

Die Pflanze im Herzen

„Dadurch, dass ich ja auch in einer Staudengärtnerei gelernt habe, bin ich den Pflanzen leidenschaftlich verbunden“, sagt Jeutter und erklärt damit den besonderen Stellenwert von Stauden und Gehölzen im Unternehmen. Denn das ist zwar 1937 als Landschaftsgärtnerei gegründet worden, war aber lange auch die größte Friedhofsgärtnerei und das größte Blumengeschäft vor Ort. In Wirklichkeit reicht die gärtnerische Tradition sogar bis ins 19. Jahrhundert zurück. Bereits die Urgroßväter waren Gärtner im nahen Kurbad Boll und 1907 entstand die erste Gärtnerei. Als das Unternehmen 2017 das 80-jährige Bestehen feierte, hätte es in Wirklichkeit also schon den 110. Geburtstag begehen können. Als Johannes Martin und Nicole die Firma 1999 übernahmen, war die Belegschaft auf 3 Mitarbeitende geschrumpft. Mittlerweile arbeiten auf dem Gärtnerhof wieder 34 Menschen.

Auch heute gibt es noch eine eigene Staudenproduktion und einen Gartenhandel, der die Bürger der nahen 60.000-Köpfe-Stadt auf die Schinderhalle lockt. Doch die Produktionskapazitäten von einst 3 ha haben die Jeutters stark reduziert. „Wir hatten zeitweise Gewächshäuser, die mit bis zu 80.000 Liter Öl im Jahr beheizt wurden“, blickt der Unternehmer auf die Zeit zurück, als der Großvater noch für den Wochenmarkt Erdbeeren produzierte.

Heute ist das Tal Betriebshof, Schaugarten und Naturparadies. Ein 2016 angelegter Wildobstpfad, zahlreiche naturnah bepflanzte Flächen und Gartentraumplätze machen das Gelände zum reizvollen Ausflugsziel. Der Herbstmarkt und die Seminare ziehen zusätzlich viele Menschen an.

Kommunikation eliminiert Ängste

Jeutter ist ein Idealist, der für seine Prinzipien einsteht und dafür auch viel Zeit investiert. Davon zeugen die Ehrenämter. So teilt er sich mit drei Kollegen und einer Kollegin den Vorsitz der Region Stuttgart im VGL Baden-Württemberg – eine Region, die mehr Mitglieder hat als mancher Landesverband. Auch die Seminare, die Jeutter im Gärtnerhof gibt, dienen in erster Linie dazu, Wissen weiterzugeben und damit naturnaher Freiraumgestaltung und vielfältiger Pflanzenverwendung den Weg zu eben. Ende dieses Monats (27. September) lautet der Titel „Ein Garten für den Lebensherbst“ und am 11. Oktober stärkt Jeutter unter der Überschrift „Garten aufräumen“ – ja oder nein?“ Menschen den Rücken, die es etwas wilder haben wollen, aber glauben, gegenüber den Nachbarn argumentieren zu müssen.

„Für uns ist die Pflege eine ganz tolle Sache, weil dann sind wir wieder nah dran an den Pflanzen.“ Johannes Martin Jeutter

„Ich würde alle herzlich einladen, sich mit dem Thema Pflanze mehr zu beschäftigen“, sagt der Unternehmer, der auch erlebt hat, dass seine Vorträge das Bewusstsein stärken und Menschen dazu bringen, Pflanzenfreunde zu werden. Dabei geht er auch bewusst Kompromisse ein, um am Ende mehr zu erreichen: „Wenn ich akzeptiere, dass sie vom Stabmattenzaun nicht abzubringen sind, verkaufe ich ihnen an anderer Stelle vielleicht eine Wiese oder eine naturnahe Staudenpflanzung und bekomme den Zaun am Ende vielleicht sogar begrünt“, erklärt er am Beispiel eines aktuellen Projektes. Über die Seminare lässt sich auch die Bedeutung von Pflege kommunizieren, die im Unternehmen eine große Rolle spielt: Erstens weil die pflanzenreichen Gärten kompetente Pflege benötigen und diese zugleich den dauerhaften Kontakt zum Kunden gewährleistet und zweitens auch aus Gründen der Auslastung: „Unsere guten Vorarbeiter schaffen es, im Sommer sechs, acht Wochen Urlaub zu nehmen – die sind dann im Winter da“, sagt Jeutter. „Da füllen besonders Schnittarbeiten den Arbeitskalender.“

Auch ökonomisch nachhaltig

Ökonomisch nachhaltig ist das Unternehmen, weil es mit seiner Ausrichtung gutes Geld verdient. Nach dem schwierigeren Jahr 2023, wo viel durch Reibungsverluste verlorengegangen ist, war 2024 ein richtig gutes Jahr; besonders wenn man berücksichtigt, dass die Jeutters auf Umsatztreiber beim Material bewusst verzichten – etwa durch Bepflanzungskonzepte, die ohne Bewässerung auskommen oder Recycling bei den Baustoffen. Außerdem ist der Verrechnungssatz von 55,70 Euro/h für Stuttgarter Verhältnisse eher niedrig, während zugleich der Durchschnittsmittellohn relativ hoch ist. Die Göppinger verdienen ihr Geld durch hohe Motivation im Team, Kunden, die eher überdurchschnittlich zahlen und einen guten Schnitt bei den Pflanzen. Außerdem gilt das Vieraugenprinzip: „Nicole hat den Blick für ordnende Zustände. Sie macht die Endkontrolle bei Angeboten und Kostenaufstellungen“, erklärt Jeutter die besondere Rolle seiner Frau im Unternehmen. Einen großen Teil des Gewinns haben die Jeutters ohnehin immer wieder in den Betrieb reinvestiert.

„Wenn du Menschen willst, die empathisch sind, die deine Ideen oder unsere Ideen mittragen, dann brauchst du für sie Freiheiten.“ Johannes Martin Jeutter

Zur ökonomischen Nachhaltigkeit gehört auch, dass das Konzept für die innerfamiliären Nachfolger attraktiv ist. Mit Johannes und Karl-Jacob steht bereits die 5. Generation in den Startlöchern. Die beiden Söhne haben im Unternehmen gelernt und bereits ihren Gärtnermeisterbrief in der Tasche. Der jüngere der beiden arbeitet bereits im väterlichen Betrieb, der Ältere wird nach dem Bachelor an der TUM in München die nächsten ein- bis zwei Jahre in ein Planungsbüro in die Schweiz wechseln. Die jüngste Tochter, Katharina, ist zur Zeit ebenfalls im Unternehmen beschäftigt. „Unsere Kinder sind unheimlich sozial und ehrenhaft miteinander, auch mit ihren Freundinnen und Freunden“, sagt der Vater mit deutlich hörbarem Stolz. Denn das Konzept von Johannes Martin und Nicole Jeutter scheint ganzheitlich aufgegangen und zukunftsfest.

Betriebsdaten

Jeutter Gärten und Pflanzen

  • Firmengründung: 1937, seit 1999 Einzelunternehmen
  • Gesellschaftsform: Einzelunternehmen
  • Inhaber: Johannes Martin Jeutter
  • Umsatz: 2.600.000 € (2024)
  • Gewinn: 250.000 € (2024)
  • Materialkostenanteil: 18 % (2024)
  • Betriebsmittellohn: 23,40 €
  • kalkulator. Stundenlohn: 38 €
  • durchschnittl. Verrechnungssatz: 57,10 €
  • Mitarbeiter: 29 (ohne Auszubildende), davon 6 Ingenieure, 3 Meister, 11 Gesellen, 9 Fachfremde, 6 Mitarbeiter im Büro, 2 Bauleiter, 5 Baustellenleiter, 6 Kolonnen, 4 Auszubildende, 2 Verwaltungsangestellte
  • Maschinenpark: 5 Pkw, 8 Lkw, 3 Bagger/Minibagger, 3 Radlader
  • Auftraggeberstruktur: Privat (94 %), Gewerbe (4 %), Wohnungswirtschaft (1 %), öffentliche Hand (1 %)
  • Umsatz nach Leistungsbereichen: Hausgarten (59 %), Gewerbebegrünung (2 %), klass. Landschaftsbau (25 %), Grünflächenpflege (2 %), Dachbegrünung (2 %), Baumpflege (10 %)
  • Mitgliedschaft: VGL Baden-Württemberg
  • EDV-Lösungen: KS 21, Datev, Vectorworks, Adobe Creative Cloud
Kontakt
© Gärtnerhof Jeutter

Gärtnerhof Jeutter Schinderhalde 1, D-73035 Faurndau Telefon +49 71 61/2 30 36 info@gaertnerhof-jeutter.de www.gaertnerhof–jeutter.de

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