„Mir ist das Schöne ganz wichtig“
Vor fast 20 Jahren haben wir Steffen Zufahl zum ersten Mal besucht. Damals hatte er gerade das elterliche Unternehmen vor der Insolvenz bewahrt. Heute hat das Unternehmen an der Grenze zur Schweiz zwanzig Mitarbeitende und verdient Geld mit Privatgärten und dem Eventgeschäft. Für den Unternehmer ist das Streben nach Schönheit weiter Triebfeder.
von Tjards Wendebourg, Redaktion DEGA GALABAU erschienen am 14.09.2025Es ist heiß in Gottmadingen. Im Schaugarten von Freiraum Faszination Garten ist der Rasen braun von der Trockenheit im Juni. Auf der großen Freifläche zwischen den Gebäuden ist es heute kaum auszuhalten. Umso angenehmer ist es auf dem Sitzplatz unter den Dachplatanen, wo die Bäume für Luftfeuchtigkeit und kühlenden Schatten sorgen.
Als wir 2006 zum ersten Mal in Gottmadingen waren, residierte die Firma noch zur Untermiete in einem Gewerbeobjekt ein paar Ecken weiter. Vor gut 10 Jahren hat Zufahl dann am Rande des Industriegebietes gebaut. Ein schön eingegrüntes Holzgebäude und ein großer Freiraum bieten heute Platz für das Unternehmen sowie für Hochzeiten oder andere größere Events. Die Logistik hat der Unternehmer im Norden des Geländes versteckt. Sie stört den Schaugarten nicht, von dem aus man direkt ins Nachbarland über die im Zickzack verlaufende Grenze schauen kann. „Wo die Grenze verläuft, konnte man während der Pandemie am Flug der Drohnen nachvollziehen“, schmunzelt Zufahl. Die ferngesteuerten Luftfahrzeuge sicherten hier die Landesgrenze.
1Start mit Hürden
Als Zufahl 2004 nach dem Studium in Geisenheim, der Arbeit in einem australischen Landschaftsarchitekturbüro und einem Jahr als Bauleiter bei Immo Herbst in Frankfurt etwas überstürzt in die familiäre Unternehmertradition einsteigen musste, war das mit Hürden behaftet. Das Bauträgergeschäft, in dem der Vater den meisten Umsatz erwirtschaftet hatte, war für das elterliche Unternehmen zum Problem geworden. Um die Insolvenz zu vermeiden und den Ruf zu schützen, entschieden sich Vater und Sohn für eine Neugründung durch den Sohn und eine Sanierung des Altunternehmens. Kundendatei, Maschinenpark und sonstiges Eigentum der Firma „Zufahl Garten- und Landschaftsbau“ gingen in das Eigentum des neuen Unternehmens über, das den Betrieb mit dem vorhandenen Mitarbeiterstamm weiterführte.
Allerdings sei es schwierig gewesen, die Banken von der Finanzierung der Neugründung zu überzeugen, erzählt Zufahl im Rückblick. „Manche Banker haben einfach in ihre Rating-Tabellen geschaut, wo der GaLaBau steht, und haben auf dieser Basis entschieden“, blickt er zurück. Da habe auch der schöne Businessplan nicht geholfen. Erst ein Kundenberater bei der Volksbank Konstanz glaubte an das Konzept des Jungunternehmers und konnte sein Institut davon überzeugen, als Bürgschaftsbank gegenüber den Förderbanken aufzutreten. Die stellten damals immerhin 50 % der Finanzierungsgrundlage.
„Man wird den Jungen wieder beibringen müssen – geht’s der Firma gut, geht’s dir gut.“ Steffen Zufahl
Im Privatgarten durchgestartet
Von den Wehen der Anfangsjahre ist heute nichts mehr zu spüren. Schon aus Leidenschaft für die Gestaltung war Zufahl seinerzeit klar, dass seine Zukunft im Privatgarten liegen würde. Das machte der Name „Freiraum Faszination Garten“ von Beginn an deutlich. Als der Unternehmer 2014 beschloss, neu zu bauen, war das noch vor dem Boom von Social Media. Er integrierte deshalb ein Konzept, um in der Region eine starke Aufmerksamkeit zu erzielen. Die Idee war, durch Veranstaltungen möglichst viele und zahlungskräftige Menschen in den Schaugarten zu bekommen und darüber Synergieeffekte zu erzielen. Daraufhin wurde auch das Konzept optimiert. Es entstand eine große Freifläche, die leicht zu möblieren ist, ein großer Raum, um Veranstaltungen auch regensicher durchführen zu können sowie ein großzügiger Garten, um das eigentliche Thema des Unternehmens gut präsentieren zu können. So wurde der Freiraum gegenüber der Logistik privilegiert. Auch wenn Zufahl die Synergien vielleicht noch nicht so ausschöpft, wie es möglich wäre – der Eventbereich läuft und sichert dem Betrieb ein gutes Nebeneinkommen. „Bei mir wird so circa 35 mal im Jahr geheiratet“, lacht der 49-Jährige. Dazu gibt es Geburtstage und Firmenevents.
Acht Teilzeitkräfte sichern das zweite Standbein. Und zwei bis drei Gärten im Jahr kommen darüber auch in die Auftragsbücher.
2Enzo Enea als Vorbild
„Mir ist das Schöne arg wichtig“, erklärt der Unternehmer, der seine gestalterische Ausbildung und Ausrichtung nicht verhehlen kann. „Für mich beginnt ,schön‘ schon damit, entschleunigt hier unter Bäumen zu sitzen.“ Für Zufahl ist der schweizerische Gestalter Enzo Enea ein großes Vorbild. Das individuelle Gestalten, das Arbeiten mit großen Gehölzen – für den Süddeutschen ist das die Leitschnur für die eigene Arbeit. Dabei gehe es auch darum den Mehrwert zu kommunizieren. „Stehen wir im Sommer unter einem Baum oder stehen wir gefühlt auf einem Aldi-Parkplatz?“, erklärt Zufahl. „Wir sind eine Luxusbranche. Wir können froh sein, dass es uns noch so gut geht“, meint der Unternehmer und begründet damit auch die Notwendigkeit, den Menschen den Zuwachs von Lebensqualität durch gute Gestaltung nahezubringen. Auch wenn sich der Süddeutsche die „Qualitätssicherung für das Schöne“ auf die Fahnen geschrieben hat, geht es auch um den Mehrwert, den die Menschen durch die Benutzung ihres Gartens erzielen können.
„Mit der schweizerischen Bürokratie kannst du grundsätzlich besser kommunizieren als mit der deutschen.“ Steffen Zufahl
Die Schweiz vor der Haustür
Die Grenzlage zur Schweiz ist für das Unternehmen dabei Lust und Last zugleich. Einerseits bietet die Eidgenossenschaft immer ein Potenzial, auf der anderen Seite ist das Arbeiten dort auch mit ein paar Hürden verbunden und die Nachbarschaft heizt zusätzlich den Wettbewerb um Mitarbeitende an. 5.000 Franken kann eine junge Fachkraft nach der Ausbildung auf der anderen Seite der Grenze verdienen. Zieht man dann gleich in die angrenzenden Kantone Aargau, Schaffhausen, Thurgau oder Zürich, vermeidet man auch die Doppelbesteuerung. Für viele junge Landschaftsgärtnerinnen und Landschaftsgärtner ist das verlockend. Gerade hat Zufahl einen seiner Gesellen an einen schweizerischen Betrieb verloren. „Der möchte eine Familie gründen und früh Kinder haben. Da habe ich gesagt, Hey, da will ich dir nicht im Weg stehen“, erklärt der Unternehmer sein Verständnis für die Entscheidung. Schließlich komme der ja vielleicht auch irgendwann zurück.
Andererseits sorgt die Nachbarschaft auch für Wohlstand. Als wir den Betrieb besuchen, kommen wir an zwei Bentleys mit Thurgauer Kennzeichen vorbei, die im Ort geparkt sind. Die Schweizer kommen zum Einkaufen und viele Badener arbeiten in gehobenen Stellungen in der Pharma- und Chemie-Industrie in Basel und Schaffhausen. Das sind gute Kunden für Freiraum Faszination Garten.
Die Mühe, in der Nachbarschaft zu akquirieren, hat sich Zufahl dabei in den letzten Jahren gar nicht gemacht. Eine Dependance hat er wegen des hohen bürokratischen Aufwands wieder aufgegeben. Zu groß war die Nachfrage diesseits der Grenze, als dass er sich den höheren Verwaltungsaufwand mit strengen Baustellenkontrollen hätte antun wollen. „Vor zwei Jahren hätten wir uns den Schweizer nicht mal angehört, weil wir so viel zu tun hatten“, lacht er. Dabei lobt der Unternehmer sowohl die Behörden als auch die Kunden im Nachbarland. Anders als in Deutschland würden sich die Ämter eher als Beratungsorgane sehen und bei Vergehen die Aufklärung vor die Bestrafung stellen. „Mit der schweizerischen Bürokratie kannst du besser kommunizieren als mit der deutschen. Hast du Fragen, bekommst du Antworten“, freut er sich. Die Kunden wiederum lobt Zufahl für Offenheit und Verlässlichkeit. „Der Schweizer ist ehrlich zu dir. Wenn er sagt, er hat 50.000, dann hat er 50.000“, schmunzelt der Süddeutsche. Die Angebotsphase sei dort außerdem einfacher, weil vieles bankenfinanziert sei. Da werde dann eben das Geld aufgenommen, was gebraucht wird.
„Wenn wir jetzt drüben sind, nutzen wir die 90-Tage-Regel. In der Zeit können wir gefahrlos dort arbeiten“, meint er.
3Kein Problem mit Nachwuchs
Aber auch wenn der harte Franken lockt und Mitarbeiter abzieht: Das Wachstum hat das Unternehmen in der Vergangenheit nicht zuletzt durch die eigene Ausbildung erzielt. Die liegt Zufahl am Herzen und so konnte er sich dieses Jahr über einen Erfolg besonders freuen: Sein Azubi Ruben Soares holte zusammen mit Noel Weber von Westenfelder Garten- und Landschaftsbau den Landschaftsgärtner-Cup im Ländle und trat letzten Monat in Berlin als Titelverteidiger im Bundeswettbewerb für Baden-Württemberg an. „Dass da jetzt ein Mitarbeiter von mir den gewonnen hat, hat mir noch mal einen Motivationsschub gegeben“, meint er. „Was geil ist: Ich habe grundsätzlich wieder extremen Lehrlingszulauf. Das geht seit zwei Jahren steil nach oben“, ergänzt er. Dafür geht der Unternehmer auch an die lokale Realschule, um seine Firma den Schülerinnen und Schülern vorzustellen. Denn gerade hier erwartet er junge Menschen, die nach der Schule keinen Bock mehr auf Lernen haben und lieber etwas Praktisches machen wollen. Wer anfängt, durchläuft ein zweiwöchiges unentgeltliches Praktikum, in das Zufahl auch die Eltern einbezieht. Das sei wichtig zu wissen, aus welchem Umfeld die jungen Leute kommen. „Stand heute, bin ich mit den jungen Leuten sehr optimistisch.“
„Was ich merke, was geil ist: Ich habe wieder extremen Lehrlingszulauf. Es geht seit zwei Jahren steil nach oben.“ Steffen Zufahl
Entschleunigung versus Digitalisierung
GaLaWork, Digitales Dokumentenmanagement, Digitale Bauakte, Datev Unternehmen online – Zufahl ist ein großer Fan der Digitalisierung. Allerdings beklagt er gleichzeitig die Beschleunigung der Abläufe in der Gesellschaft und führt eine zunehmende allgemeine Aggression auch darauf zurück, dass viele der Geschwindigkeit nicht mehr gewachsen sind. „Im Privatbereich bist du in der Bauleitung zunehmend Schlichter, weil der Kunde jede Aussage auf die Goldwaage legt“, führt der Unternehmer als Beispiel an.
„Ich für meinen Teil sehe die Zukunft in einer gewissen Entschleunigung“, meint er „Für mich bedeutet das, dass man wieder miteinander spricht und etwas entwickelt.“ Die Toleranz müsse zurückkehren. „Dieses Amazon-Zeitalter finde ich schwierig. Davon müssen wir uns wieder lösen“, ist der Unternehmer überzeugt. Es ist deshalb auch eine gewisse Ambivalenz, dass Zufahl das persönliche Gespräch dem Mail-Pinpong vorzieht, denn es bedeutet die richtigen Entscheidungen zu treffen, wo man beschleunigt, um die Abläufe zu verbessern und, wo man entschleunigt, um die Lebensqualität zu gewährleisten. Digitalisierung findet im Unternehmen deshalb streng nach der Maßgabe statt, dass sie einen Mehrwert schafft und die Menschen im Betrieb mitnimmt. „Ich find die neuen Möglichkeiten saugeil. Aber wenn alle mein Tempo mitmachen müssten, würden sie mir das Tablet rechts und links um die Ohren hauen“, lacht der Unternehmer.
„Ich finde Krise auch cool. Es muss ja irgendwie auch mal wieder der Staub vom Betrieb runter.“ Steffen Zufahl
Die Krise sorgt für Bewegung
Nach den fetten Jahren empfindet er die Marktberuhigung auch durchaus als Chance. „Die Krise sorgt für Bewegung im Betrieb“, schmunzelt er, wobei das Wort „Krise“ eigentlich gar nicht angebracht sei. „6, 8, 12 Wochen Vorlauf. Das waren wir früher gewohnt“, erinnert sich der Süddeutsche. „Ich finde die Situation auch irgendwie cool. Es muss ja auch mal wieder der Staub vom Betrieb runter.“ Problematischer seien die Rahmenbedingungen – das Management der Krankenstände und die Zähigkeit der Bürokratie. Kleines Beispiel: Letztes Jahr hatte eine Nachbarin, die im Gewerbegebiet wohnt, versucht, seinen Eventraum schließen zu lassen – wegen Lärmbelästigung. Trotz der Zusagen der Gemeinde während des Baus gab es jahrelang nichts Schriftliches und jetzt brauchte es sechs Monate und ein 6.000-Euro-Gutachten, bis die Gemeinde mit der Sondergenehmigung überkam. Gerade vor dem Hintergrund der Erfahrung mit schweizerischen Behörden nerven den Unternehmer die schwer kalkulierbaren Alltagshindernisse der deutschen Bürokratie. An eine räumliche Erweiterung, um das 1 km entfernte Außenlager an den Betrieb zu holen und die Logistik zu erweitern, ist aufgrund des Flächennutzungsplans erstmal gar nicht zu denken.
Trotzdem schaut Zufahl optimistisch in die Zukunft – gerade mit Blick auf die Branche. Besonders das Managen der Klimawandelfolgen bringe für den GaLaBau ja auch Chancen – etwa bei Bewässerung, der Schattierung und dem Umgang mit Ressourcen. Auch die Künstliche Intelligenz bringe wieder neue Perspektiven. Und bei den digitalen Entwicklungen ist Zufahl ja schnell dabei.
Steffen Zufahl sieht die ERFA-Gruppen als eine der größten Errungenschaften seines Verbandes. Der Unternehmer tauscht sich viermal im Jahr unter Moderation von Alexander Tockuss mit den Kollegen aus. Die Gruppe umfasst neben Zufahl Dennis Heim (heim-gruenanlagenbau.de), Markus Böcherer (boecherer-gartenbau.com), Stefan Burkhardt (burkhardt-gartenbau.de), Claus Heckenberger (garten-thomas.de), Christopher Müller (mueller-bammental.de), Klaus Ring, Clemens Ring (garten-ring.de) sowie Jan Eulenbach (gramenz-galabau.de). „Durch Besichtigungen der anderen Betriebe und den kontruktiven Austausch nimmt man immer etwas für sich mit und kann offen über Probleme reden, weil es keine Konkurrenz ist“, sagt der Unternehmer. Außerdem sei gegenseitige und selbstlose Hilfe an der Tagesordnung. Zufahl, der auch Mitglied in einem BNI-Netzwerk ist, sagt: „Ich kann jedem Landschaftsgärtner nur empfehlen, einer ERFA-Gruppe beim Verband beizutreten und sich mal mit anderen aus dem Netzwerk in der Region auszutauschen.“
Freiraum Faszination Garten
- Firmengründung: 2005
- Gesellschaftsform: GmbH & Co. KG
- Inhaber: Steffen Zufahl
- Umsatz: 2.000.000 € (2024)
- Gewinn: k. A.
- Materialkostenanteil: 33 %
- Betriebsmittellohn: 20,10 € (2024)
- kalkulator. Stundenlohn: 24,80 € (2024)
- durchschnittl. Verrechnungssatz: 67 € (2024)
- Mitarbeiter: 19, davon 1 Ingenieur, 1 Meister, 4 Gesellen, 5 Fachfremde, 4 Auszubildende, 3 Verwaltungsangestellte, davon 1 Eventkoordinator, 3 Mitarbeiter im Büro, 1 Bauleiter, 5 Baustellenleiter, 5 Kolonnen
- Maschinenpark: 10 Pkw, 2 Lkw, 7 Bagger/Minibagger, 3 Radlader, 3 Dumper
- Auftraggeberstruktur: Privat (80 %), Wohnungswirtschaft (10 %), öffentliche Hand/Submissionswesen inkl. Pflege (10 %)
- Umsatz nach einzelnen Leistungsbereichen: Hausgarten, inkl. Pflege (45 %), Gewerbebegrünung (5 %), Grünflächenpflege (15 %), Poolbau (30 %), Baumpflege (5 %)
- Mitgliedschaften: VGL Baden-Württemberg, Maschinenring
- EDV-Lösungen: Vectorworks, Docbox, Datev Unternehmen online, Dataflor, Galawork
- Zulieferer: örtlicher Baustoffhandel, Capena, TVR Holland, Sibo, Behncke
Zeppelinstraße 26, D-78244 Gottmadingen Telefon: +49 7731/83 65 46
info@freiraum-gestaltung.com
www.freiraum-gestaltung.com
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