Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Visuelles Arbeiten

Baumkontrolle: Ein sinnvolles Instrument für den Pflanzenschutz?

Baumkontrolle dient in aller erster Linie der Bewertung der Verkehrssicherheit, meint Thomas Lohrer. Für den Pflanzenschutz ist sie eher ein Nebenschauplatz.

von Thomas Lohrer, HSWT erschienen am 28.11.2025
Artikel teilen:
Im Rahmen einer Baumkontrolle ist auch auf Veränderungen oder Auffälligkeiten im Wurzelbereich und Baumumfeld zu achten. Eine kritische Betrachtung der in Stammnähe  liegenden Blätter zeigt einen Befall mit Platanennetzwanze und Echtem Mehltau. Das ist zwar im Hinblick auf die Vitalität der Pflanze von Bedeutung, nicht aber für die Verkehrssicherheit.
Im Rahmen einer Baumkontrolle ist auch auf Veränderungen oder Auffälligkeiten im Wurzelbereich und Baumumfeld zu achten. Eine kritische Betrachtung der in Stammnähe liegenden Blätter zeigt einen Befall mit Platanennetzwanze und Echtem Mehltau. Das ist zwar im Hinblick auf die Vitalität der Pflanze von Bedeutung, nicht aber für die Verkehrssicherheit. © Thomas Lohrer, HSWT

Bäume können von zahlreichen abiotischen und biotischen Schadursachen heimgesucht werden. Lässt sich nun - so eine naheliegende Frage oder Vermutung - die Gesundheit eines Baumes über eine Baumkontrolle im Rahmen der Regelkontrolle wie sie nach der FLL-Baumkontrollrichtline angeboten und durchgeführt wird, abbilden und überprüfen? Ob eine Baumkontrolle diese Erwartungen erfüllen kann, entscheidet maßgeblich, welches Ziel sie verfolgt. So beruht eine Baumkontrolle als Regelkontrolle nicht auf pflanzenschutzrechtlichen Vorgaben, sondern nimmt Bezug zum §823 BGB (Schadensersatzpflicht) und damiot auf die zivilrechtlich greifenden „Verkehrssicherungspflicht“. Dieser etwas sperrige Begriff verpflichtet diejenigen, die Eigentümer einer Gefahrquelle sind, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Dritte vor Schäden zu bewahren. Ein Besitzer von Bäumen, sei es nun im privaten oder öffentlichen Umfeld, muss somit sicherstellen, dass von den Bäumen keine vermeidbare Gefahr für Dritte ausgeht (Astbruch, Umsturz). Das erfordert eine regelmäßige Kontrolle des Baumbestandes. Die FLL-Baumkontrollrichtlinie ist somit ein Instrument, mit dem der Baumeigentümer grundsätzlich allein seiner Verkehrssicherungspflicht nachkommt. Die Dokumentation - sei es über Formblätter oder ein Baumkataster - ist immer Teil der Kontrolle und muss deshalb so gewissenhaft geführt werden, dass sie vor Gericht als belastbares Beweismittel anerkannt wird. Auf Basis der FLL-Baumkontrollrichtlinien wurden seit ihrer Einführung im Jahr 2004 - die aktuelle Version stammt aus dem Jahr 2020 - über 8000 Personen für diese Aufgabe zertifiziert.

Eine Baumkontrolle erfolgt ausschließlich vom Boden aus, ohne Zuhilfenahme spezieller Untersuchungsgeräte, jedoch unter Nutzung einfacher Utensilien wie Taschenlampe, Schonhammer, Sondierstab und Fernglas. Anhand einer vierteiligen Checkliste (Krone, Stamm, Stammfuß und Wurzelanlauf, Wurzelbereich und Baumumfeld) werden von der zertifizierten Person nahezu sechzig einzelne Aspekte in Form von sichtbaren Symptomen und Auffälligkeiten abgeprüft (u.a. Astrisse, Totholz, Höhlungen, Verletzungen, Pilzbefall). Die Mehrheit dieser Aspekte fokussiert sich dabei auf unterschiedliche Schäden im Holzkörper. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht stets die Frage zur Auswirkung auf die Stand- und Bruchsicherheit und damit der Verkehrssicherheit.

Das Auftreten von typischen Pflanzenschutzproblemen, wie Blattläusen, Spinnmilben, Echtem Mehltau oder der Platanennetzwanze (Abbildung) ist ohne Einfluss auf die Statik eines Baumes, stellt somit aus Sicht einer Baumkontrolle zunächst „kein Problem“ dar (auch wenn der Baum offensichtlich „krank“ ist). Bei einer erkennbaren Infektion mit Baumpilzen schließt sich der Baumkontrolle in der Regel eine eingehende Baumuntersuchung an (etwa Bohrwiderstandsmessung, Schalltomographie, Zugversuch), da eine alleinige visuelle Betrachtung häufig keine abschließende Bewertung erlaubt. Auch hier geht es in erster Linie wieder um die Verkehrssicherheit der Bäume.

Ein Beispiel für eine mögliche Zusatzkontrolle ist das Auftreten des Eichenprozessionsspinners in Form seiner Raupen.
Ein Beispiel für eine mögliche Zusatzkontrolle ist das Auftreten des Eichenprozessionsspinners in Form seiner Raupen. © Thomas Lohrer, HSWT

Neben der normalen Regelkontrolle sind in besonderen Fällen einer Baumkontrolle auch Zusatzkontrollen erforderlich, beispielsweise nach Extremwetterereignissen, Anfahrschäden oder bei größeren Baumaßnahmen im Wurzelbereich. Als Zusatzkontrolle einzustufen ist auch die Kontrolle zum Auftreten des Eichenprozessionsspinners als Gefahr für die Gesundheit. Einzelfallabhängig ist dann zu entscheiden, welche Maßnahmen zielführend, aber auch zugleich notwendig und wirtschaftlich zumutbar sind (etwa Sperrung, Hinweis- und Warnschilder, Entfernung der Nester). Die Zustandsverantwortlichkeit liegt auch hier beim Grundstücks- oder Baumeigentümer. Er kann auch dazu verpflichtet werden, die von dem Baum ausgehende Gefahr - im Sinne einer juristischen Zustandsstörerhaftung - auf eigene Kosten einzelfallabhängig zu beseitigen oder geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

Die Kernfrage für die klassische Baumkontrolle lautet stets „Ist der Baum sicher?“ Es geht also nur darum, ob eine Gefahrenlage vorliegt und nicht, ob der Baum gesund ist.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren