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Innovative Klimaschutz-Lösungen

Stadt Wien erhält europäischen Stadtbaumpreis (ECOT) 2021

Die Stadt Wien erhielt heute den Europäischen Stadtbaumpreis/European City of the Trees (ECOT) Award. Der Preis wurde im Rahmen vom European Arboricultural Council (EAC) mit Sitz in Bad Honnef auf dessen Jahreshauptversammlung in Wien mit internationalen Gästen verliehen. Den Juryvorsitz hat derzeit Jan Goevert, Deutschland. Der ECOT würdigt das herausragende Engagement der Stadt für ihr urbanes Ökosystem durch intensive Forschung und innovative Maßnahmen für eine verbesserte Anpassungsfähigkeit an sich wandelnde Klimabedingungen.
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Jan Goevert, Vorsitzender der Arbeitsgruppe ECOT Award des EAC, führt in die Begründung der Jury ein.
Jan Goevert, Vorsitzender der Arbeitsgruppe ECOT Award des EAC, führt in die Begründung der Jury ein. EAC
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Jan Goevert, Vorsitzender der ECOT-Arbeitsgruppe im EAC, zeigte sich am meisten beeindruckt von Wiens herausragendem Regenwassermanagement: „Hier reiht sich Wien uneingeschränkt in die Riege der jüngsten ECOT-Preisträger von 2018 (Apeldoorn) und 2019 (Moskau) ein. Auch dort spielen Klimabäume und Wasser eine entscheidende Rolle. Wiens allumspannendes Engagement für seine Bäume kann auch anderen europäischen Städten als nachahmenswertes Beispiel dienen.“

„Ich gratuliere den Wiener Stadtgärten herzlich zu dieser verdienten Auszeichnung“, sagte Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky. „Die Stadtgärtnerinnen und Stadtgärtner leisten Tag für Tag einen wichtigen Beitrag dafür, dass Wien die lebenswerteste Stadt der Welt ist. Damit dies auch angesichts der Auswirkungen der Klimakrise so bleibt, haben unsere Expertinnen und Experten innovative Maßnahmen getroffen, um unsere Stadtbäume klimafit zu machen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Schwammstadt-Prinzip zu, mit dem die Stadtgärten die besten Voraussetzungen für gesunde und vitale Bäume schaffen.“

„Die Wiener Stadtgärten legen ein ganz besonderes Augenmerk auf die grünen Lungen ihrer Stadt! Sie pflegen nicht nur 500.000 Bäume, sondern sind auch für die Planung, Errichtung und Erhaltung von derzeit 1.000 städtischen Parkanlagen zuständig.“, ergänzte Stadtgartendirektor Rainer Weisgram.

Exemplarisches Baummanagement

Als Basis der diesjährigen Entscheidung wurde das „exemplarische Baum-Management“ für die über 500.000 Wiener Bäume vom Expertinnen- und Expertenkomitee genannt. Im Rahmen des Auswahlverfahrens stand vor allem das Maßnahmenpaket der Wiener Stadtgärten zur Unterstützung der Stadtbäume im Fokus:

  • Entwicklung eines Stadtbaumsortiments
  • Patentiertes Wiener Baumsubstrat
  • Zentralisierte Baumpflege- und Baumkontrollgruppen
  • Gieß- und Jungbaumpflege-Management (z. B. standardisierte größere Baumscheiben)
  • Strenges Baumschutzgesetz
  • Verkehrssicherheit durch das Wiener Baumkataster



Innovation Schwammstadt-Prinzip

Bäume benötigen einen geeigneten unterirdischen Wurzelraum mit Poren für Bodenluft und Bodenwasser. In der Stadt sind Böden oft stark verdichtet, sodass sie kaum durchwurzelbar sind und/oder viel zu wenige luft- und wasserführende Poren aufweisen. Mit dem Schwammstadt-Prinzip wird den Stadtbäumen dieser lebensnotwendige Wurzelraum geschaffen. Damit kann langfristig die bestmögliche Versorgung mit Regenwasser gewährleistet werden – ohne Wasser in die Kanalisation abzuleiten.

Das Schwammstadt-Prinzip für Stadtbäume setzt wichtige Umweltziele um:

  • Regenwasserrückhalt, Verdunstung und Versickerung als Beitrag zur Annäherung an natürliche und lokale Wasserkreisläufe,
  • Verdunstung und Beschattung zur positiven Beeinflussung des städtischen Mikroklimas,
  • Die Entwicklung gesunder und leistungsfähiger Stadtbäume,
  • CO2-Bindung in großen Bäumen,
  • Förderung der Biodiversität – Bäume als Lebensraum für Pflanzen und Tiere,
  • Verbessertes Wohlbefinden von Stadtnutzerinnen und Stadtnutzern durch sichtbares und wirksames Stadtgrün,
  • Ressourcenschonung durch standortangepasste Bauweisen und Nutzung regionaler Materialien.

Das Wiener Baumsubstrat

Im Gegensatz zum „Naturstandort Wald“ oder zu einer Parkanlage sind Straßenbäume von bautechnischen Konstruktionen (Straßen, Gehweg, Radweg, Parkplatz, Stadtplatz, Fußgängerzonen, Brücken, Kabeltrassen oder Lärmschutzwänden) umgeben. Zusätzlich sind die Wurzelräume erhöhten Stressfaktoren durch Verkehr, Bodenverdichtung- und Versiegelung, unterirdische Einbauten, Bauarbeiten und Schadstoffe ausgesetzt.

Um den Wiener Stadtbäumen möglichst optimale Bedingungen bieten zu können, wurde von den Wiener Stadtgärten – gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern – ein spezielles Baumsubstrat entwickelt. Die Projektreihe „Entwicklung von Baumsubstraten für die Wiener Stadtgärten” wurde in mehrjährigen Tests, unter anderem unter realistischen Bedingungen im Stadtentwicklungsgebiet Sonnwendviertel, erprobt. Seitdem wird bei jeder Jungbaumpflanzung die jeweilige Baumscheibe mit diesem Substrat befüllt. Das Substrat besteht aus organischen und mineralischen Substanzen, die eine verbesserte Wasserspeicherfähigkeit und gute Durchlüftung garantieren. Die verwendeten Materialien kommen aus Wien oder der näheren Umgebung; die Substrat-Mischung wird von den Wiener Stadtgärten selbst hergestellt. Für das Wiener Baumsubstrat wurden zwei Patentschriften erteilt.

Das Wiener Straßenbaumsortiment

Mithilfe internationaler Expertinnen und Experten haben die Wiener Stadtgärten in den letzten Jahren eine Liste jener Baumarten erarbeitet, die mit den besonderen Gegebenheiten in der Stadt gut zurechtkommen. Das Wiener Straßenbaumsortiment wird laufend evaluiert und angepasst. Insgesamt besteht das Sortiment aus rund 30 Baumgattungen, -arten und -sorten, die sich durch besondere Hitzeverträglichkeit auszeichnen. Die häufigsten Baumgattungen im Straßenbereich in Wien sind Ahorn, Linde, Kastanie, Esche, Platane und Zürgelbaum. In den Wiener Parks und im Straßenbereich sind bis zu 150 Bäume in verschiedenen Gattungen, Arten und Sorten zu finden.

Wiens Jungbäume

Rund 4.500 Jungbäume werden jährlich von den Wiener Stadtgärten gepflanzt. Die Baumverankerung erfolgt über eine Dreipfahlverankerung. Ein weißer Stammanstrich dient dem ausgepflanzten Jungbaum als Sonnen- und Frostschutz, zusätzlich erhält er eine Mähschutzmanschette. Damit sich der junge Baum prächtig entfalten kann, erhält er regelmäßige Pflanz- und Erziehungsschnitte von den Wiener Stadtgärten.

Gießmanagement

Die Wiener Stadtgärten betreiben über 1.000 Bewässerungsanlagen. Jungbäume, die nicht durch automatische Bewässerungsanlagen versorgt werden, werden drei Jahre lang wöchentlich – während Hitzeperioden zweimal wöchentlich – händisch gegossen. 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit 50 Gießfahrzeugen bewässern täglich mit rund 300.000 Liter Wasser. Unterstützt wird das händische Gießen durch Bewässerungssäcke, die um den Stamm eines Jungbaumes gelegt werden.

Der Wiener Baumkataster

Das Führen eines Baumkatasters in Städten mit großen Baumbeständen ist unumgänglich.
Der Baumkataster ist in erster Linie ein Arbeitsinstrument für die Wiener Stadtgärten zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht (gemäß der ÖNORM L 1122). Alle Bäume und Baumbestände werden dokumentiert, lagemäßig eindeutig zugeordnet und können so leicht verwaltet werden. Der Baumkataster wird laufend adaptiert. Im Wiener Baumkataster sind rund 386.000 Bäume erfasst, davon rund 96.500 Straßenbäume (Alleebäume). So können wesentliche Daten zum gesuchten Baum wie beispielsweise Gattung und Art, Stammumfang und Kronendurchmesser, die Höhe des Baumes und – sofern Daten vorhanden – das Pflanzjahr erfahren werden.
Der Baumkataster ist abrufbar unter: wien.gv.at/umweltgut/public/

Der Europäische Stadtbaumpreis/European City of the Trees (ECOT)

Das EAC vergibt seit 2007 den ECOT-Award. Preisträgerinnen waren u.a. schon die Städte Valencia, Prag, Amsterdam, Frankfurt, Winterthur und Moskau. Eine international besetzte Jury mit Vertreterinnen und Vertretern aus den Mitgliedsländern des EAC bewertet und besichtigt die Vorschläge, die aus dem jeweiligen Gastland der jährlichen Mitgliederversammlung des EAC kommen. Den Vorsitz der Jury hält derzeit Jan Goevert, Deutschland, inne.

„Die Bedeutung von (Stadt-)Bäumen, vom Teile eines Ökosystems bis zum persönlichen „Lieblingsbaum“ fürs Wohlbefinden, rückt immer mehr in den Fokus“, so Jan Goevert vom EAC. „Durch die Herausforderungen des Klimawandels wie Extremwettereignisse, mehr Hitzetage mit Tropennächten, mehr toxische Stoffe in der Luft, steigender Wasser- und Energiebedarf, wird immer mehr Menschen die existenziell wichtige Funktion von Bäumen bewusst – auch als Wasserspeicher, Schattenspender und zu Bindung von C02, gerade in den Städten. Dieses Bewusstsein wollen wir mit dem ECOT weiter stärken – und Städte, die dabei vorangehen, auszeichnen.“

Der EAC und der Patzer Verlag Berlin, langjähriger ECOT-Sponsor, bedankten sich bei allen, die unterstützend dabei mitgewirkt haben, dass in diesem Jahr Wien als exemplarisches Beispiel für nachhaltiges und herausragendes Baummanagement ausgezeichnet werden kann.

Europäischer Baumpflegerat

Das European Arboricultural Council e. V. (EAC) (deutsch: Europäischer Baumpflegerat) mit Sitz im Haus der Landschaft in Bad Honnef ist ein Forum, in dem sich Delegierte europäischer Baumpflege-Organisationen zusammengeschlossen haben. Sie verfolgen das Ziel, den Qualitätsstandard zu erhöhen und den Beruf durch Förderung von Forschung und Ausbildung weiterzuentwickeln, um eine erfolgreiche Baumpflege und Verbesserung der Arbeitsmethoden zu gewährleisten.

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