Symposium startete 160-Jahr-Feier
160 Jahre Lorenz von Ehren gab den Anlass, das 19. ausgerichtete Symposium der Baumschule als Auftakt in eine dreitägige Veranstaltung zu integrieren. Klimaresiliente Planung bildete das Bindeglied der acht Vorträge, die von Bautechnik, Pflanzenverwendung, Stadtplanung bis zu den großen klimatischen Zusammenhängen reichten. Keynote-Speaker war der Meteorologe und Ozeanograph Mojib Latif.
von Heike Vossen erschienen am 25.09.2025„Wir sind die grüne Zunft, wir kennen die Theorie. Jetzt gilt es, dies nach außen zu tragen”, so fasste es Bernhard von Ehren, Geschäftsführender Gesellschafter von Lorenz von Ehren, das Auftaktsymposium zusammen, das anlässlich des 160-jährigen Bestehens der Baumschule am 18. September stattfand. Unter dem Motto „Grün ist das neue Grau", diskutierte die grüne Branche, wie wir unsere Städte klimaresilienter gestalten können und welche Konzepte, Stakeholder und Techniken es dazu braucht. Einig waren sich alle, dass Stadtbäume und Klimabäume eine Schlüsselrolle einnehmen.
„Wir haben kein Wissensdefizit, sondern ein Umsetzungsdefizit.” Stiftung Grüne Stadt
Philipp Sattler und Jens Spanjer von der Stiftung Grüne Stadt moderierten das ganztägige Symposium, das sehr gut besucht war und für intensiven Wissensaustausch und Netzwerken genutzt wurde. Das Resümee am Ende: „Wir haben kein Wissensdefizit, sondern ein Umsetzungsdefizit.”
Die Referenten und ihre Themen
Jan Dieterle, Professor an der Frankfurt University of Applied Sciences (UAS) sprach über die Notwendigkeit einer grünen Revolution für unsere Gesundheit und forderte auf, wegzukommen, von der Schadensbegrenzung hin zu einer gestaltenden Zukunft: “Noch reagieren wir defizitorientiert”, wünschenswert sei hingegen “Transformation by Design”. Er fordert zu neuem Denken auf uns zu radikalerem Handeln, denn die Zukunft der Stadt liege nicht in Schadensbegrenzung oder Resilienz, sondern in Regeneration. Dies könne nur mit größeren Zielen erreicht werden. Ergänzend stellte er Zukunftsvisionen vor wie “Rewild my City” oder “Nationalpark London”. Außerdem müssen wir, um die regenerativen Kapazitäten zu nutzen, uns intensiver mit dem Boden beschäftigen.
Martin Schmitz, Landschaftsarchitekt und Geschäftsführer bei Atelier Loidl stellte den klimaökologischen Loop im zukünftigen Stadtteil Oberbillwerder vor, bei dem Animal Aided Design ( AAD) zentral im Konzept verankert wurde. Der Ansatz hierbei: Soziale Orte und Ökologie gleichauf zu berücksichtigen.
Nadja Kabisch, Professorin an der Leibnitz University Hannover, sprach über naturbasierte Lösungen für urbane Klimawandeladaptionen und stellte einige ihrer Forschungsprojekte vor, bei der Wasser zur Kühlung eine Schlüsselposition einnimmt, das immer mehr und häufiger eingesetzt werde.
Marco Schmidt vom Institut für Architektur der TU Berlin vertiefte das Leuchtturmprojekt Bunker Sankt Pauli, seit Eröffnung im Herbst 2024 kamen über 2,7 Mio. Besucher. Das Fachgebiet Gebäudetechnik begleitet die Begrünung wissenschaftlich. Sowohl die Beschattung durch die Bepflanzung als auch deren Verdunstungspotenzial seien wichtige Faktoren zur Kühlung - ein begrünter Bunker habe überdies Signalwirkung und zeige Potenziale und eine Vision für begrünte Städte auf, so Schmidt. Einzig Verdunstungsprozesse schaffen Niederschläge. Fassadenbegrünung mindere den Wärmeeintrag achtmal besser als ein konventioneller Sonnenschutz, der zudem im Unterhalt wesentlich teurer sei als die Begrünung.
Bernhard von Ehren glüht für Bäume, das erlebte man in seinem Vortrag. Er gab Einblicke in die Baumschule und Baumschultechniken und hielt ein Plädoyer für große Bäume und deren Wert: „Wenn wir viel Grün in die Städte bringen, können wir dort die Temperatur um bis zu 10 Grad senken." Aktuell habe man jedoch eine negative Baumquote und zu wenige Vielfalt an Arten. Häufig sei der Wuchs durch die knappen Baumstandorte in den Städten rückwärts und das Absterben verfrüht. Mit der Züchtung sogenannter Zukunftsbäume, als klimaresilienter Arten reagiere die Baumschule von Ehren aktiv auf die klimabedingt veränderten Ansprüche in unseren Städten.
„Wenn wir viel Grün in die Städte bringen, können wir dort die Temperatur um bis zu 10 Grad senken." Bernhard von Ehren, Baumschule Lorenz von Ehren
Daniel Zimmermann von 3:0 Landschaftsarchitektur in Wien stellte die Initiative "Klimakonkret" vor, mit der das Planungsbüro in Eigeninitiative einen niederschwelligen Zugang für österreichische Kommunen geschaffen hat. Anlass für das Projekt war die Erkenntnis, dass unsere Stydtbäume nicht alt werden, sondern meist nach 22 bis 25 Jahren ausgetauscht werden. Hoffnung gebe nun die EU-Renaturierungs-Verordnung (Natur restoration law), die seit 2024 in Kraft getreten ist und darauf abzielt, geschädigte Ökosysteme in der EU wiederherzustellen. Daraus ergebe sich eine Aufgabe für alle: Bis 2030 muss die EU mindestens 3 Mio. Bäume zusätzlich pflanzen.
In konkreten Beispielen vertiefte Zimmermann das Schwammstadt-Prinzip, wie es in Wien und Graz praktiziert wird - mit Biochar und ausreichendem und stabilem Porenvolumen. Denn „die Überverdichtung ist das Hauptproblem für unsere Stadtbäume, es fehlt das Porenvolumen - was wir bislang pflanzen sind eigentlich Riesenbonsais.” Ein Forschungsversuch in Schönbrunn ergab, dass ein 15-m2- Wurzelraum-Test bereits nach 6 Jahren voll durchwurzelt war.
Auch Landschaftsarchitekt Henning Breimann von Breimann + Cie forderte in seinem Vortrag auf, die Komplexität unserer Entwürfe zu steigern, um die Biodiversität zu stärken. Hinsichtlich Bäume und Klima bräuchten wir ein transgeneratives Denken und mehr Demut im Umgang mit unserer Schöpfung. Breimann holte weit aus und referierte über den Wert von Wald, Hecken, Wasser und Boden, sowie die Bedeutung von oralen und olfaktorischen Erlebnissen im Garten.
Den Abschlussvortrag hielt Mojib Latif, Meteorologe, Ozeanograph und Klimaforscher. Der Experte für globale Erwärmung und Präsident des Club of Rome führte zurück in die Historie: Sowohl über die Gefahren eines Kohlenstoffdioxid-Anstiegs, als auch über die Endlichkeit fossiler Brennstoffe und Notwendigkeit, regenerative Energien zu nutzen, informierten Wissenschaftler bereits vor über 100 Jahren. Trotz Latifs Aussage, „mite Physik kann man nicht verhandeln und keine Kompromisse schließen”, und obwohl wir es mit trägen Systemen zu tun haben und faktisch schon die 1,5-Grad-Marke gerissen haben, ermutigte er im Vortrag, nicht aufzugeben sondernLösungen zu suchen. Denn das Klimaproblem sei hauptsächlich ein Energieproblem und bereits heute gäbe es mehr Investitionen in erneuerbare Energien als in fossile.
Baumschule Lorenz von Ehren
“Unser größtes Kapital sind die Mitarbeiter”, so Bernhard von Ehren bei der Präsentation des 160 Jahre alten Unternehmens, das in 5. Generation geführt wird. Am Hauptstandort in Hamburg Süden arbeiten rund 140 Mitarbeiter, insgesamt sind es 200 Festangestellte, ergänzt durch Saisonkräfte. Das Sortiment umfasst von der Aussaat bis zu 100-Jahre alten Exemplare.
Das 160jährige Jubiläum feierte die Baumschule als dreitägige Veranstaltung vom 18. Bis 20. September mit Symposium, Exkursionen und Fachvorträgen im Rahmen der von Ehren-Akademie und einem abschließenden Tag der offenen Tür.
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