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KOMMENTAR | TJARDS WENDEBOURG

Die Messe ist tot, es lebe die Messe!

Zu den namhaftesten Opfern der Pandemie gehören Veranstalterinnen und Veranstalter. So wie auch Kunst und Kultur sind sie auf Menschen angewiesen, auf den Besuch, das Zusammenkommen, den direkten Austausch und den haptischen Genuss. Alles Dinge, die in den letzten anderthalb Jahren nur eingeschränkt und nie unbekümmert möglich waren. Die Ängstlichen blieben gleich ganz zu Hause, die Mutigeren haderten mit ihren Masken – auch in Phasen, in denen Veranstaltungen prinzipiell möglich gewesen sind.

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Barbara Sommer/ DEGA
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Für Messen, die nicht nur vom Zuspruch der Besucher leben, sondern auch von der Resonanz, die ihre Aussteller aus dem besuchenden Publikum bekommen, ist es besonders schwierig. Auf der einen Seite haben sich viele Menschen alternative Möglichkeiten gesucht, sich zu informieren und auf sich aufmerksam zu machen. Auf der anderen Seite haben sowohl Aussteller als auch Besucher gemerkt, dass die Welt auch ohne Messe nicht zusammengebrochen ist. Besonders fatal für die Ausrichter: Vielen Unternehmen ist der Kostenblock aufgefallen, der für Messen in die Planung eingestellt war und plötzlich nicht mehr abgerufen werden musste. Da sind viele Aussteller ins Grübeln gekommen.

Vor diesem Hintergrund war es besonders spannend zu sehen, wie die ersten größeren Events laufen würden. Wir haben deshalb am Dienstag die Doppelmesse FSB/aquanale in Köln und am Mittwoch die A+A – die führende Messe für Arbeitsschutz und -bekleidung - in Düsseldorf besucht. Unser Eindruck: Deutlich weniger Aussteller, deutlich weniger Besucher, aber ein gutes Gesprächsklima. Beide Messegesellschaften hatten sich um eine reibungslose Abwicklung bemüht und die digitale Kontrolle sowohl der Covid19-Pässe als auch der beleglosen Tickets funktionierten leidlich gut. Die Maskenpflicht wurde von Ausstellern und Besuchern leicht unterschiedlich interpretiert – aber für die meisten hieß es, den Messetag komplett mit Maske zu bestreiten. Wer sich vorher informiert hatte, ob die Aussteller, die ihn interessieren, auch da sind, durfte sich über die Möglichkeit freuen, sich in Ruhe informieren zu können. Wer einfach so hingegangen war, dürfte etliche Firmen vermisst haben.

Insgesamt liefen beide Messen auch im Versuchsmodus. Viele Unternehmen, die keinen Stand gebucht hatten, hatten sich unter die Besucher gemischt oder ihre Kunden in umliegende Hotels eingeladen. Nicht wirklich fair gegenüber den Veranstaltern, aber immerhin ein Bekenntnis zum jeweiligen Messestandort. Dauerhaft ist es natürlich nicht zu akzeptieren, weil es nur funktioniert, wenn sich ein kleiner Teil ausklinkt. Um so wichtiger ist es, dass sich die Veranstalter etwas einfallen lassen, um ihre Kunden zurückzugewinnen. Das hohe Ross, auf dem manche Veranstalterin oder Veranstalter saß, gehört schnell in den hintersten Stall geführt. Für Überheblichkeit lässt die Situation keinen Raum.

Wir jedenfalls haben uns auf und über die Messen gefreut. Wir haben ein Programm in überschaubarer Zeit abgearbeitet und interessierte Gesprächspartner gefunden. Jetzt bleibt abzuwarten – und da kommt eine ganz entscheidende Phase für die Messen – welche Bilanz die Aussteller in Bezug auf ihre Messeteilnahme ziehen. Sind diese am Ende unzufrieden, könnte das für viele Veranstaltungen der Anfang vom Ende sein. Gelingt es den Veranstaltern aber, auf ihre Kunden einzugehen und sich selbst neu zu erfinden, also ihren Markenkern, den persönlichen Austausch wieder in den Vordergrund zu stellen, kann es auch ein Revival geben; und zwar umso eher, je haptischer die Zielgruppen sind. Besonders schwer wird es dabei, den Restart wirtschaftlich zu gestalten, ohne Aussteller und Besucher zu melken. Denn teure WLAN-Pakete, um zeitgemäß arbeiten zu können, oder andere kostenpflichtige Zusatzleistungen könnten für viele Aussteller der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt. Für Messen heißt es, kleinere Brötchen zu backen, obwohl der teure Organismus auch weiter bezahlt werden muss. Das wird ein echter Spagat.

Aber so ganz ohne ein richtiges Branchentreffen ist es ja auch nicht schön, oder?

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