Neustart am Knick
Die Agenda ist voller Themen, jetzt braucht es an der Spitze des Verbandes jemanden, der sie anpackt, meint Tjards Wendebourg im Kommentar für DEGA GALABAU 10/2023.
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In sehr angenehmer Atmosphäre ist auf dem 15. Kongress des Bundesverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) der Wechsel an der Spitze vonstattengegangen. Hanseatische Eleganz macht Platz für Ruhr-Pragmatismus. In einer Zeit, in der Zusammenhalt wichtiger ist als Visionen, ist das vielleicht eine sehr treffende Entwicklung. Nach Jahren des Dauerwachstums droht gerade ein Knick in der Kurve, und zudem ist die Agenda bereits voller Themen. Jetzt braucht es Mannschaftssport, um die Dinge auch in die Tat umzusetzen. Denn es sind nicht nur Selbstläufer auf der Liste.
Alleine das Thema Nachhaltigkeit: In der Begrifflichkeit abgenudelt, in der Konsequenz aber tiefgreifend – und deshalb nicht überall beliebt (um es vorsichtig zu formulieren), weil automatisch mit Verhaltensänderungen verbunden. Der Verband wird die Aufgabe haben, zwischen der Zukunftsfähigkeit seiner Mitglieder, den Wünschen der Kunden und den Fähigkeiten der Branche einen eleganten Weg zu finden. Das wird nur mit sehr viel Kommunikation und Austausch gehen.
Auch die Umsetzung von zukünftigen Auftragspotenzialen in praktisches Handeln und eingehende Aufträge erfordert noch einiges an Arbeit. Schließlich werden derzeit gut 60?% des Umsatzes im Hausgarten erwirtschaftet. Viele der Zukunftsaufträge werden aber – wenn überhaupt – bisher eher von wenigen und von größeren Betrieben bearbeitet. Sollen mehr Mitglieder davon profitieren, braucht es nicht nur kleinere, spezialisiertere Lose, sondern auch breiter verteiltes Know-how und insgesamt ein Herunterbrechen der Themen auf ein breiteres und konkreteres Niveau. „Stadtgrün“ ist ein wichtiges Thema, aber wie der Betrieb A oder B davon profitieren kann, muss klarer herauskommen; sonst bleibt es bei Worthülsen beziehungsweise wenigen Auftragnehmern aus der Branche.
So ist es auch mit dem Arbeitskräftemangel. Dass er kommen würde, wissen wir seit Jahren. Auch, dass er sich weiter verschärfen wird, ist klar. Aber, was können die Betriebe konkret und vor Ort tun? Wie gewinnt man Zuwanderer für eine Branche, zu der sie im Herkunftsland keinen Kontakt hatten? Wie kann man Frauen dafür begeistern, in eine klassische Männerdomäne vorzudringen? Wie kann man schwieriger zu erschließende Arbeitskräftepotenziale wirtschaftlich überschaubar nutzen? Fragen, für deren Beantwortung die Vorsitzende der Arbeitsagentur, Andrea Nahles, immerhin schon Anregungen zum Kongress mitgebracht hat. Konkrete Kochanleitungen werden die Verbände noch liefern müssen.
Ob es sonderlich dankbar ist, die Kärrnerarbeit zu machen, bleibt dahingestellt. Aber die Entscheidung, einen Pragmatiker damit zu beauftragen, ist zweifellos richtig.
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