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13. Osnabrücker Baubetriebstage

Der Mensch bleibt im Mittelpunkt

Was heißen Lean Management, New Work oder Kaizen übersetzt auf den Landschaftsbau? Die 13. Baubetriebstage versuchten sich an einer Antwort und boten einen reichen Strauß an Anregungen. Einmal mehr war dabei Übersetzungsarbeit notwendig. Denn viele Referenten stellten Beispiele aus großen Firmen und anderen Branchen vor. Spannend war es deshalb nicht minder.
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Knapp 300 Besucher waren gekommen, das war Rekord. Und trotzdem hätten nach Auskunft der Organisatoren – Prof. Martin Thieme-Hack und Kai Breulmann – auch noch 100 mehr kommen wollen. Aber die Veranstaltung war vier Wochen vor Beginn ausgebucht. Und das mit Sicherheit nicht nur wegen des guten Essens und dem traditionellen „Baubetriebstreff" im Brauhaus Rampendahl.

Von Porsche kann man lernen

Gleich der erste Kandidat war ein Volltreffer: Dr. Manuel Schönwitz von Porsche Consulting GmbH, einer 550 Mitarbeiter umfassenden Firma innerhalb von Porsche. Am Beispiel des Sportwagenherstellers zeigte er, wie sich eine überkommene Produktionskultur durch die Einführung schlanker Prozesse wieder fit machen lässt. Das Schöne an dem Vortrag: Schönwitz vermied es, die üblichen Schlagworte unkritisch ins Publikum zu werfen. „Lean Management" sei ein Denkmodell, das Veränderungen bei allen Beteiligten bedeute. „Lean ist keine Diät, sondern eine ganzheitliche Ernährungsumstellung." BIM sei lediglich eine Plattform für Kommunikation, keine Problemlösung, und die „Digitalisierung" ein Schlagwort, das oft unreflektiert verwendet werde. Im Übrigen würden sich 75 % aller Mitarbeiter am Verhalten der Führungskraft orientieren, weshalb es umso wichtiger sei, dass die es entsprechend vorlebe. Fehler seien dabei Schätze, aus denen man lernen könne.

Prof. Dr. Patrick Schwerdtner von der TU Braunschweig (IBB Institut für Bauwirtschaft und Baubetrieb) betonte, dass man Lean nicht von heute auf morgen lernen kann, sondern es als kontinuierlicher Prozess verstanden werden muss, in den man schrittweise eintritt. Unternehmer müssten sich dabei entscheiden, ob sie Effizienz oder Flexibilität wollten. Flexibilität koste eben Geld.

Zum Abschluss des ersten Tages provozierte Prof. Dr. Felix Möhring von der Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Höxter mit der These, im Landschaftsbau gebe es gar keine Prozesse und deshalb auch erst mal keinen Ansatz, sie zu optimieren. Der Organisationsgrad sei im gesamten Handwerk extrem schlecht, wenn es überhaupt eine Organisation gebe. Oft werde versucht, jedes Einzelproblem mit einem Softwareprodukt zu lösen, ohne dabei einen ganzheitlichen Lösungsansatz zu suchen. Die Softwarelösungen würden dabei verstärkt die Prozessgestaltung bestimmen. Möhring riet dazu, in dieser Hinsicht kritisch zu sein. Gleichzeitig zeigte er auf, wie zielgerichtetes Prozessmanagement in Landschaftsbau aussehen kann. Die 4-Schritt-Methode (Identifikation und Abgrenzung, Analyse IST-Prozesse, Konzeption Soll-Prozesse, Realisierung von Verbesserungspotenzial) sei dabei für den GaLaBau durchaus geeignet. Eine reine Fokussierung auf die Kostenreduktion sei eine Katastrophe, ein systemisches Erfassen von Risiken zwingend notwendig.

Unterschiedliche Ansätze bei den Praktikern

Den ersten Aufschlag am zweiten Tag machte André Schomäker vom Systembaukonzern Goldbeck aus Bielefeld. Die Firma verdient ihr Geld damit, Gewerbeimmobilien aus vorgefertigten Modulen zusammenzusetzen. Dabei ist die integrale Kompetenz ein wichtiger Erfolgsfaktor: „Wir planen nur das, was wir bauen und bauen nur das, was wir planen", erklärte Schomäker. Kann ein GaLaBau-Betrieb von einem Konzern lernen? Ja, kann er. „Stellen Sie den Menschen in den Vordergrund, wenn Sie sich mit Prozessen beschäftigen", riet der Referent. Lean sei bei den meisten nur Taktung und Steuerung von Materialflüssen. Das sei aber nicht nachhaltig. „Sie fangen ja bei jeder Baustelle neu an. Sie müssen ganzheitlich denken", war sein Plädoyer, und weiter: „Ohne das Integrieren von Planung sind Sie beim Optimieren von Prozessen verloren."

Ebenfalls die Bauwirtschaft, aber den Tief- und Straßenbau, vertrat Thorsten Goerke von Dallmann in Bramsche. Sein Rat lautet, man solle keine „Kontrollillusionen" schaffen. Viele Prozesse seien gar nicht zu beeinflussen, weil sie von außen an das Unternehmen herangetragen werden. Auch das BIM, das Goerke als „digitalen Zwilling der Baustelle, der zur Kollaboration einlädt", beschreibt, sei so etwas. „BIM ist so ein bisschen wie eine Ketchupflasche: Man haut hinten drauf und irgendwann kommt alles mit einem Schwall raus". Vom digitalen Zwilling sei man noch relativ weit weg.

Trotzdem arbeiten bei Dallmann zahlreiche digitale Werkzeuge, die zum Teil über Diplom- und Masterarbeiten entwickelt wurden. Dallmann macht digitale Zeiterfassung (mit „Baumobil"), vermisst mithilfe von Drohnenfotografie, generiert Abrechnungen aus dem 3D-Modell oder bietet die digitale Rechnungsprüfung an. Die ERP-Software ermöglicht, die anderen Softwarelösungen einzuklinken.

Friedrich Klute, Gärtner von Eden aus dem Sauerland, erklärte, wie er das Aufräumen des Betriebshofs über das japanische Kaizen-Prinzip (ständige Prozessoptimierung) in das gesamte Unternehmen übertragen hat. „Der größte Kittelbrenn-Faktor war bei uns der Mangel an sauberen Prozessen", erzählt der Unternehmer. Angefangen habe alles mit 16 Mitarbeitern und einem Kaizen-Seminar. Am Ende sind aus drei Bereichen, die man sich vorgenommen hatte, durch den Input der Mitarbeiter 28 geworden. „ Am leichtesten ist der Start tatsächlich mit dem Aufräumen des Betriebs, weil es alle sehen und nachvollziehen können", ist Klute überzeugt. Die zehn Prinzipien des Kaizen finden Sie unter dega4544 ).

Nicholas Hoppe aus Uelzen zeigte anschließend, wie man Prozesse durch partnerschaftliche Gestaltung von Verträgen optimiert. Gerade im ländlichen Raum sehe man sich immer mehrmals im Leben, begründet Hoppe, weshalb die Firma bei Planern und gewerblichen Auftraggebern auf ein Miteinander setzt. Als Beispiele führte Hoppe an, dass Verträge vorher gründlich geprüft und nicht sinnvolle Bestandteile gestrichen werden, oder dass nur über Lieferscheine, nicht zusätzlich über Fläche abgerechnet wird.

Bei der Vertragsauslegung setzt das Unternehmen auf sinnvolle Absprachen (zum Beispiel Baustart/Baufreiheit). Behinderungsanzeigen werden nicht zur Profitmaximierung, sondern nur zur eigenen Absicherung geschrieben. Bedenken werden mit Lösungsansätzen angemeldet.

Auch bei den großen wird mit Wasser gekocht

Den Abschluss machte Bodo Lammers vom Branchenriesen „Grewe Gruppe" (rund 600 Mitarbeiter, dega4545 ) in Rotenburg Wümme. Er sei sehr froh über das Weißbuch Stadtgrün ( dega4554 ), weil die öffentliche Hand dazu gezwungen werde, beim Grünflächenmanagement umzudenken. Dem würden dann auch irgendwann die Wohnungsbaugesellschaften folgen, die bei Grewe die größte Auftraggebergruppe stellen. Lammers‘ Ziel ist es, die Prozesse zu digitalisieren; aber bei der Entwicklung von Organisationen und Prozessen sei man zugegebenermaßen noch ganz am Anfang. Trotzdem ist es dem Unternehmen schon gelungen, mit digitalen Tools die Abläufe zu verbessern. So können die Vorarbeiter über die C-Artikel-App alle Verbrauchsprodukte vom Handschuh bis zum Dünger selbst bestellen. Über die grewe-App können alle Maschinen digital verwaltet werden. „Wir geben die Verantwortung an die Mitarbeiter ab", erklärt Lammers. „Wenn der Radlader dreckig ist, nimmt der nächste ihn nicht an."

An allen Standorten sollen in Zukunft Begegnungsräume geschaffen werden, an denen die Mitarbeiter zusammenkommen. „80 % der Probleme werden beim Essen gelöst", ist Lammers überzeugt. Aber um saubere Prozesse zu erhalten, werde man nicht um eine Abteilung für Struktur- und Organisationsentwicklung herumkommen.

Am Ende gab es wieder zufriedene Gesichter: Thieme-Hack, der sich mit seinen neuen Wurfmikrofonen („Wollkäule") zwischendurch auch sportlich betätigen durfte, fasste wie gewohnt seine persönlichen Erkenntnisse aus der Veranstaltung knackig zusammen. „Ich habe gelernt, es geht um Menschen", sagte er und riet dazu, die nachfolgende Abteilung wie einen Kunden zu behandeln und ihr die Arbeit leicht zu machen. Das lässt sich auf alle Baubeteiligte übertragen.

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