Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Leserbrief | Elisabeth Focke, LWK NRW

Überstunden sind nicht nachhaltig

Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
MARTIN MAGUNIA, BONN
Artikel teilen:

Elisabeth Focke ist Unternehmensberaterin GaLaBau bei der Landwirtschaftskammer NRW in Münster. In letzter Zeit spricht sie immer häufiger mit den Betrieben über Überstunden und deren Auswirkungen. Daraus hat sie einen Leserbrief verfasst.

Der Umsatz als Erfolgsindikator ist immer noch in vielen Köpfen verankert. In der produzierenden Industrie ist das auch durchaus so. Denn dort ist die Kostenstruktur konstant bzw. führen Skaleneffekte zu geringeren Stückkosten mit steigenden Produktionszahlen, sodass ein höherer Umsatz „zwangsläufig" auch zu einem höheren Gewinn führt. Im GaLaBau als stark individualisierte Dienstleistungsbranche gilt das jedoch nicht. Hier sind eher Wertschöpfung und Deckungsbeitrag aussagekräftiger, da Verzerrungen durch Material- und Subunternehmeraufwendungen egalisiert sind. Jedoch sind Wertschöpfung und Deckungsbeitrag häufig als Planungsgröße zu abstrakt und werden vielmehr für die rückwärtsgewandte Beurteilung herangezogen.

Für die Planung sowie die unterjährige Beurteilung braucht man den begrenzenden Produktionsfaktor – die Arbeitszeit der Mitarbeiter. Nicht Steine oder Pflanzen limitieren die Leistung, sondern die zur Verfügung stehenden Produktivstunden, um aus diesen Materialien eine Wertschöpfung zu generieren. Somit ist die Produktivstunde die Basis einer serösen und praxisnahen Jahresplanung im GaLaBau.

Wenn die Produktivstunden nicht ausreichen, werden häufig Überstunden gemacht. In der Beratung muss ich immer wieder feststellen, dass der Hebel „Überstunden" nicht mit seiner ganzen Wirkung erkannt wird. Überstunden sind zwar auch ein fester Bestandteil einer Jahresplanung, allein schon, um das Arbeitszeitkonto für Schlechtwetterphasen füllen zu können. Und auch wenn durch übermäßige Krankheit, Mitarbeiterausfälle oder sonstige unplanbare Umstände die benötigten Produktivstunden nicht erreicht wurden, können Überstunden ein Mittel sein, dies wenigstens teilweise aufzufangen. Trotzdem gilt, Überstunden, die über das Arbeitszeitkonto hinausgehen, gehen zu Lasten der künftigen Leistungsfähigkeit.

Denn was kaum bedacht wird: Bei Überstunden handelt es sich um ein Zeitdarlehen des Mitarbeiters an das Unternehmen, welches er in unbestimmter Zukunft zurückfordern kann – also Überstunden abfeiert. Dieser Freizeitausgleich führt dann erneut zu einer Reduzierung der Produktivstunden. Diese Vorgehensweise ist also nicht nachhaltig. Denn die Bearbeitung aktueller Projekte geht zumindest teilweise auf Kosten zukünftiger Potenziale. Aufgrund hoher steuerlicher Belastung und des Umbruchs im Freizeit-Geld-Wertgefüge ist das Auszahlen von Überstunden bei den Mitarbeitern häufig unbeliebt.

Daher sollte es das Ziel sein, durch organisatorische Optimierung möglichst viele Überstunden in der normalen Arbeitszeit zu generieren. Unsere Erfahrung zeigt, dass 1.600 Produktivstunden pro Vollzeit-Mitarbeiter möglich sind. Um aus der Überstundenschleife herauszukommen, kann man beispielsweise ausrechnen, welcher Überstundenzuschlag vertretbar ist, damit einerseits der Mitarbeiter möglichst viel von der Auszahlung profitiert und andererseits das Unternehmen gut fährt, da ihm zukünftig wieder das volle Stundenbudget zur Verfügung steht.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren