200 Interessierte kamen ins Gartenbauzentrum
Mit ausverkauftem Haus und 200 Besuchenden im Gartenbauzentrum Münster-Wolbeck bestätigte auch die 23. Ausgabe des von Markus Reher organisierten GaLaBau Symposiums seine besondere Rolle innerhalb der Frühjahrsveranstaltungen im GaLaBau. Ganz offensichtlich hatte der Symposiums-Erfinder auch mit dem Thema „Die Pflanze muss es wuppen …“ einen Nerv getroffen.
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Dabei hatte er den Begriff „wuppen“ - norddeutsch für schaffen, bewältigen - wohl von Claudia Blaurock entliehen, der ersten Referentin. Jedenfalls motivierte er auch alle weiteren Referenten, sich darauf zu beziehen.
Klassischerweise bezieht sich Reher in seiner Anmoderation auf den Karneval, der mit dem Veranstaltungstag alljährlich zu Ende ist. So griff er auch dieses Mal einen Motivwagen aus dem Düsseldorfer Rosenmontagszug heraus, der daran erinnert, dass der Klimawandel trotz aller Krisen, auf die sich die Medien fokussieren, auch noch da ist. Da sei für den GaLaBau noch einiges an Potenzial zu heben, und in Sachen Pflanze liege in der Branche einiges im Argen.
Auch für Josef Mennigmann, Präsident des Verbands GaLaBau Nordrhein-Westfalen, steht die Anpassung an die Klimafolgen ganz oben auf der Agenda seiner Jahresthemen. „Klimafolgenanpassung ist ohne Pflanze nicht denkbar“, sagte der Westfale und warb für mehr Dach-, Fassaden- und Innenstadtbegrünung. Auch das Thema Pflege sollte mehr bespielt werden. „Die Pflanzenkenntnis ist die DNS des GaLaBau!“ zeigte sich Mennigmann überzeugt.
Ein Feuerwerk an Ideen lieferte im Anschluss daran die Dresdner Landschaftsarchitektin und Hochschullehrerin Claudia Blaurock. Am Beispiel von Paris, Kopenhagen, London, Wien und Singapur zeigte die Planerin, wie dort Klimaanpassung stattfindet. „Wer etwa in Singapur baut, muss 100 % ausgleichen“, erzählte sie. Das könnten sich Investoren hier gar nicht vorstellen. Sie warb dafür, die Pflanzenauswahl an den Standort anzupassen (nicht umgekehrt) und dafür, auf das Konzept der Lebensbereiche zurückzugreifen. Sie setzte sich zugleich für die Verwendung kalkreicher Gesteine als Pflanzsubstrat und Mulch, für die Vorteile botanischer Sonnenschutzsysteme in der Architektur, die Wertschätzung von Sukzessionsflächen und grünere Räume für Kinder ein. „Wir verlangsamen mit der Pflanze das Tempo und deshalb passieren auch weniger Unfälle“, fasste sie ihre Erfahrungen zusammen. Dabei stellte sie auch die Bedeutung qualifizierter Pflege heraus: „Das ist Sachbeschädigung, was an vielen Stellen in der Pflege passiert!“
Prof. Wolfram Kircher hatte als Franke über das Programm zum ersten Mal von „wuppen“ gehört und baute es intensiv in seinen Vortrag ein. Er erklärte noch einmal die Arbeit mit den 16 Bernburger Mischungen und die Arbeit des Arbeitskreiseses Staudensichtung. Mischungen, die aus Bernburg kommen, seien qua des Klimas dort trockenheitserprobt, versicherte Kircher. Im Juni 2023 wurde an der Hochschule ein Aufpflanzversuch gestartet, um alle Mischungen noch einmal zu überarbeiten. Dabei pflanzte er in eine 10-cm-Schicht aus Sand (0,2 bis 2 mm). Gute Erfahrungen vermeldete er auch mit Aufpflanzversuchen auf dem sandreichen Baumsubstrat des Anbieters tegra. Kircher erinnerte daran, dass es bei der Pflanzenverwendung darum gehe, den Standort zu treffen, wo die Pflanze die größte Konkurrenzkraft entwickelt (ökologisches Optimum). Platycodon etwa, die eigentlich in der feuchten Prärie heimisch ist, erweist sich auch auf trockenen Standorten außerordentlich dauerhaft.
Für den designierten Unternehmensnachfolger Jan-Gerd Bruns war der Auftritt in Wolbeck eine tolle Chance, für seine Baumschule und deren Produkte zu werben. So strich er die Vorteile großer Gehölze und den Besuch mit Kunden bei Bruns heraus. Da er dort den schweizerischen Markt betreut, lag es nahe, Enzo Eneas erfolgreiche Bemühung vorzustellen, mithilfe von Solitärgehölzen zur Marke zu werden. „Enea hat es geschafft, dass Wohlhabende sagen: Ich will einen Richter an der Wand und einen Garten von Enea“, meinte Bruns. Dabei lägen Schirmformen seit etwa drei Jahren im Trend. Auch Solitärstauden seien im Kommen. Osmanthus burkwoodii werde zu einem Trendgehölz. Bruns erinnerte die Landschaftsgärtner außerdem an die Bedeutung des Pflanzschnitts und daran, dass lieber zu hoch als zu tief gepflanzt wird.
Auch Manuel Kornmayer, Bereichsleiter bei der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover, hat schon einiges gewuppt. Seit 2020 ist die Stadt Teil des Insektenbündnisses, das bereits 50 Mitglieder hat. Hannover hat sich vorgenommen, abgehende Bäume im Verhältnis 1:3 zu ersetzen und hat dafür Sektoralpläne für die 13 Stadtbezirke aufgesetzt, über die bereits 2.300 potenzielle neue Baumstandorte ermittelt wurden. Dabei orientiert sich die Stadt an einer Gehölzampel, die über zwei Positivlsten und eine Schwarze Liste Bäume empfiehlt oder ausschließt. So wird etwa kein Gingko mehr gepflanzt, weil der für die heimische Fauna uninteressant ist.Verwendet werden tendenziell eher wieder kleinere Qualitäten (14/16). Baumsensorik, eine modernisierte Bewässerungsflotte sowie Standortsanierung mit Hilfe von Saugbaggern sollen auch die Situation der Bestandsbäume verbessern.
„Das Insektenbündnis ist ein wichtiges Steuerinstrument – auch bei den Grünflächen“, hob Kornmayer hervor. Schließlich ginge es nicht nur um den Klimawandel: "Wir stecken in einer Biodiversitätskrise!" Deshalb seien in den letzten Jahren viele Areale von Scherrasenflächen (5 bis 7 Mahden) in insektenfreundliche Blühwiesen (0 bis 2 Mahden) umgewandelt und neue – gerade im Verkehrsraum – durch Ansaat regionaler Mischungen hinzugewonnen worden. „Wir beobachten dabei einen sehr positiven Trend, die Leute beklagen sich mittlerweile eher, wenn wir mähen“, freut sich der Bereichsleiter. „Wir haben auch ein gutes Standing in der Stadtpolitik.“
Den Abschluss machte Gudrun Esser (Gudrun Esser e.K.) die einen emotionalen Blick zurück in die Geschichte des gärtnerischen Berufs wagte und den Verlust des Bezugs zur Pflanze der zunehmenden Technisierung der Branche zuschrieb. Gerade die überbordende Smartphone-Nutzung lasse Menschen das Gefühl für natürliche Abläufe und körperliches Arbeiten verlieren. Dabei warb die Gärtnermeisterin aus dem rheinischen Rösrath dafür, Kindern wieder den Zugang zur Natur ermöglichen und deren Bedeutung für unser eigenes Leben zu verdeutlichen. Schließlich saßen im Publikum viele Mütter und Väter, die die Entwicklung bei ihren eigenen Kindern erleben oder erlebt haben.
Insgesamt war das GaLaBau-Symposium einmal mehr eine thematisch gut geplante, gut moderierte und gut organisierte Veranstaltung, bei der die Besuchenden sowohl in Sachen Austausch als auch in Form kulinarischer Versorgung bestens bedient waren.
Das 24. GaLaBau Symposium ist dann am 5. März 2025 – wieder mit DEGA GALABAU als Medienpartner.
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