Mulchen mit Moos
Weil Jörg Pfenningschmidt nach einer Staudenpflanzung am Hang kein Rindenmulch zur Hand hatte und das Gießwasser zu schnell versickerte, probierte er es mit dem Moos des Nachbarn als Ersatz. Die Ergebnisse sprachen für sich, und so arbeiteter heute immer wieder mit dem grünen Abfallprodukt.
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Vor ungefähr zehn Jahren habe ich ein Experiment gestartet. Es war Anfang April und ich hatte einen schattigen Hang mit Waldstauden bepflanzt. Funkien, Farne, Elfenblumen und andere, zum Teil sehr kostbare Pflanzenschätze auf rund 30 m2 .Bedingt durch die Hanglage war das Wässern der Stauden schwierig. Das Wasserfloss zu schnell ab und es bildeten sich Erosionsrinnen im Beet. Dagegen hilft am besten eine Abdeckung der Pflanzung mit Mulch. Das Wasser trifft dann nicht den ungeschützten Boden, sondern sickert über die Mulchschicht schön langsam in den Boden ein.Herbstlaub zum Mulchen gab es jetzt nicht mehr, und da es Samstagnachmittag war, bestand auch nicht die Möglichkeit, noch schnell ein paar Säcke Rindenmulch zu kaufen. Leicht genervt davon, diese Pflanzung jetzt nicht befriedigend abschließenzu können, fällt mein Blick auf das Nachbargrundstück, wo der Herr des Hauses sich seit dem Morgen vergeblich bemüht, eine Rasenfläche herzurichten. Er vertikutiert sich einen Wolf, die Berge aus Moos wachsen und wachsen und der „Rasen“ sieht mittlerweile aus wie eine Rugbyfeld am Ende der Saison. Ich habe eine Idee. Ich gehe zu ihm hin und frage ihn, ob ich das Moos für meinen Garten haben darf. Er ist an komische Dinge in meinem Garten gewöhnt und sagt verwundert ja. Ich packe mir ein Big-Pack voll mit dem wollig-leichten Grün und ziehe es zu meiner schattigen Pflanzung. Vorsichtig fange ich an, das Moos zwischen den noch sehr zerbrechlichen Stauden zu verteilen. Ich werde zusehends mutiger und schmeiße immer rößere Mengen Moos in die Luft, die sich dort verteilen und auf die Pflanzung niederrieseln. Super, nicht ein zartes Epimedium bricht unter dem Moos-Regen zusammen. Mit Rindenmulch hätte ich das so nicht machen können.
grün, grün, grün
Das Ergebnis sieht eigenartig aus. Alles ist grün. Die Stauden sind nicht mehr zu erkennen; sie sind versunken in einem ungefähr 12 cm hohen Moos-Meer. Ich hole den Wassersprenger und fange an, die Pflanzung zu wässern. Unter dem Regner sackt das Mooszusammen, bis es nur noch rund 5 cm hoch ist und auch wieder den Blick auf die Pflanzen freigibt. Mein Wunsch, durch das Aufbringen von Mulch das Wässern zu erleichtern und die Erosion zu stoppen, geht in Erfüllung. Das Wasser sickert langsam über das Moos in den Boden. Sehr schön. Mein Nachbar, der sich das Ganze über den Zaun angesehen hat, ist skeptisch. „ Ich schmeiß es raus und Sie holen sich das wieder rein“, war der erste Einwand. „Wenn das festwächst, erstickt Ihnen das Moos doch die ganzen anderen schönen Pflänzchen“, war sein zweiter bedenkenschwerer Satz. Wir werden sehen.Einen Monat später war das Moos an manchen Stellen tatsächlich angewachsen.Allerdings wurde nicht eins der sehr zarten Elfenblümchen dadurch in seiner Entwicklung behindert. An den Stellen, an denen das Moos durch Blätter beschattet wurde, zum Beispiel unter großen Funkien-Blättern, war es nicht angewachsen und zersetzte sich langsam. Durch das Vertikutieren waren natürlich nicht nur Moos, sondern auch Rasenstückchen mit auf die Pflanzung gelangt,die an einigen Stellen tatsächlich angewachsen waren. Das Entfernen dieses Grases war absolut unproblematisch, weil das Gras im Moos gewurzelt hatte und nicht in der darunterliegenden Bodenschicht. Mein Experiment war gelungen. Mit einem Abfallprodukt, das jedes Frühjahr zentnerweise in den Gärten entsteht und entsorgt werden muss, kann man Pflanzungen nicht nur problemlos, sondern auch ästhetisch ansprechend mulchen. Während Flächen mit Rindenmulch (Wichtig! SprechenSie das Wort Rindenmulch deutlich aus! Ich habe das Wort während der BSE-Krise undeutlich rausgenuschelt und die Kundin ist fast kollabiert, weil sie Rindermulch verstanden hat) oft einen etwas fremden und düsteren Eindruck machen, wirkt eine gemooste Fläche sehr natürlich und freundlich. Das vom Mulchen mit Rindenmulch oder Häckselgut bekannte Problem der Stickstofffestlegung tritt bei einer Moosmulchung nicht auf. Sie müssen also keine Ausgleichsdüngung vornehmen. Im Gegensatz zu Grasschnitt, der als starker Stickstofflieferant gilt, habe ich eine zusätzliche Düngung der Flächen durch Moos nicht feststellen können. Das Problem der freudigen Vermehrung von Nacktschnecken in Flächen mit Rindenmulch tritt allerdings ebenso in mit Moos gemulchten Flächen auf.
Je früher Desto besser
Einige Jahre später habe ich bei einer Ende Mai angelegten Pflanzung ebenfalls Moos als Mulchmaterial verwendet und eine Katastrophe erlebt. Offensichtlich war das von einem Kollegen gelieferte Vertikutiergut der Grund für die rasante Verbreitung von allen nur denkbaren Rasenunkräutern in der Staudenpflanzung. Die Erklärung für dieses Desaster war einfach: Die Kunden meines moosliefernden Kollegen hatten, in der sicheren Erwartung des Gärtners, bis Ende Mai den Rasen nicht gemäht. Dadurch waren Gras und Rasenunkraut nicht nur in Blüte, sondern teilweise schon in Saat gegangen. Und diese Saat hatte ich mir dann auf das wunderbare lockere Pflanzsubstrat geworfen.
Deshalb gilt für Vertikutiergut wie für Tee:First flush is the best! Je früher das Moos aus den Rasenflächen entfernt wurde, desto besser ist es als Mulchmaterial geeignet. Ich weiß allerdings auch, dass ich mit dieser Forderung im Widerspruch zum fachgerechten Vertikutieren stehe. Denn das sollte erststattfinden, wenn die Graswurzeln fest im Boden angewachsen sind. Eigentlich. In der Praxis wird mit dem Vertikutieren des Rasens wegen des alljährlichen Frühlingsstresses der Gärtner immer früher begonnen. Diezeitliche eingeschränkte Verfügbarkeit von Moos ist ein deutlicher Schwachpunkt des Materials. Dieser wird allerdings dadurchaufgewogen, das es extrem kostengünstig und leicht zu verteilen ist.
moos nur stanDortgerechtverwenDen
Kann man Moos flott, weil man es nun gerade zur Hand hat, im gesamten Garten als Much verteilen? Ein ganz klares nein! Moos ist als organisches Material natürlich nicht für Staudenpflanzungen geeignet, die man zum Beispiel dem Steingarten, der Felssteppe, dem mediterranen Garten oder der Trockenrasengesellschaft zuordnen würde. Lavendel und Moos geht nicht. Gleiches gilt übrigens auch für die Kombination aus Lavendel und Rindenmulch. Solche Staudenpflanzungen werden mineralisch gemulcht.
In Waldsituationen, in Schattenstaudenpflanzungen und in Pflanzungen mit Wiesenstauden ist Moos als Mulchmaterial nach meinen Erfahrungen unschlagbar und jedem Rindensubstrat vorzuziehen. Das gilt auch für das Mulchen von Gehölzen. Nach meinen Erfahrungen schätzen frisch gesetzte Hecken eine dicke Mulchschicht aus Rindensubstraten nicht sonderlich. Ich habe vor zwei Jahren eine Fagus-Hecke auf einem extrem exponierten Standort, der ganztägig austrocknendem Wind und Sonne ausgesetzt war, nach der Pflanzung mit einer circa 15 cm hohen Moosschicht abgedeckt und gründlich gewässert. Nicht eine von 400 Heckenpflanzen ist mir trotz einer extremen Hitzewelle eingegangen.
Hat Moos eine Unkraut unterdrückendeWirkung?
Nein, Moos unterdrückt weder Unkraut noch die von uns gepflanzten Stauden. Aber jegliche Aussaat, ob erwünscht oder nicht, lässt sich aus dem Moosmulch schnell und problemlos ohne irgendwelchesWerkzeug entfernen. Löwenzahn ist nach meiner Beobachtung eine der wenigen Pflanzen, die sofort eine Pfahlwurzel durch die Moosschicht schicken und sich fest im Boden verankern. Alle anderen Sämlinge machen es sich mit ihren Wurzeln in der lockeren, oberen Moosschicht bequem und können dort auch sehr unkompliziert entfernt werden.Also trauen Sie sich und probieren dochmal ein Mulchmaterial aus, das Sie sonst nur entsorgt haben. Moos gibt es jetzt überall haufenweise und vielleicht haben Sie irgendwo eine Gartenecke, in der Sie auch mal etwas experimentieren wollen.
Vor Jahren habe ich einmal einen Garten angelegt, der in seinen Schattenpflanzungen mit Moos und in den sonnig-trockenen Teilen mit Kies abgedeckt war. Nach Abschlussder Arbeiten habe ich dem Kunden gesagt, dass man an diesem Garten erkennen könne, was der Besitzer macht. „Wieso?“, fragte der Kunde. „Kies und Moos. Da weiß doch jeder, hier wohnt ein Wirtschaftsprüfer.“