Tele-Visionen
Gelegentlich sehe ich gern mal eine Gartensendung. Nicht, weil ich mir davon fachliche Erkenntnisse verspreche, sondern aus unternehmerischem Interesse. Immerhin ist das Fernsehen ein Massenmedium, und was darin gesendet wird, sollte folglich dem Geschmack der Mehrheit entsprechen, oder zumindest dem, was die Programmdirektion dafür hält. Das gibt uns Hinweise, wo wir im öffentlichen Bewusstsein stehen. In manchen Sendungen ist der Gärtner offenbar eine Hybride aus Harry Potter und Rudi Carrell. Nach dem Motto „Lass dich überraschen“ fällt ein Fernsehgärtnerteam über eine bis dahin trostlose Parzelle her, um diese in Abwesenheit des Besitzers völlig neu zu gestalten. In grünem Blitzkrieg werden Mobiliar und Auslegeware ausgetauscht, Kirschlorbeer und Rollrasen statt Krakelrosen und Moosflecken, und fertig ist das neue Freiluft-Zimma. Natürlich würde ich es nie wagen, über den Mehrheitsgeschmack zu spotten. Ich will es also mal positiv ausdrücken: Wer sowas als „Gartengestaltung“ ausgibt , hätte in dem Wettbewerb „Blödester Mann Deutschlands“ eine Superchance auf Platz eins. Andere Sendungen sind da anspruchsvoller. Sie präsentieren als „Hausgärten“ hektargroße Parks von so erlesener Bepflanzung, dass sämtliche Ikonen der Gartenplanung, von Karl Foerster bis Beth Chatto, vor Neid erblasst wären .In diesen Sendungen kommt der gewerbliche Gärtner nicht vor, denn die Eigentümer dieser Gartenparadiese brauchen keinen. Sie haben von der ersten liebevollen Handzeichnung bis zur letzten gesteckten Tulpenzwiebel alles, alles selbst gemacht, und auch die Pflege geht ihnen in der Freizeit, die ihnen ihr erfolgreiches Berufsleben lässt, leicht von der Hand. Eh klar. Bleibt die Frage: Wenn diese Sendungen den Mehrheitsgeschmack des Publikums wiedergeben oder zumindest das, was die Programmdirektion dafür hält, wenn also der Zuschauer mehrheitlich ein Garten-Gourmet mit fundierten Kenntnissen und erlesenem Geschmack ist, warum sehen dann deutsche Gärten im repräsentativen Durchschnitt so aus, wie sie aussehen? Um das zu beantworten, möchte ich auf einen Sketch von Gerhard Polt zurückgreifen. Es gehen also zwei Herren durch eine scheußliche Vorstadtgegend und führen ein hochkulinarisches Gespräch über die Küche der verschiedenen europäischen Länder, wobei sie zu dem Fazit gelangen: Überall sonst kann man sich allenfalls ernähren, essen aber kann man nur in Frankreich. Als ihre Konversation soweit gediehen ist, erreichen sie eine Imbissbude. Sie studieren die Angebotstafel, bestellen beide eine Currywurst, kosten, nicken anerkennend und sagen unisono: „Sehr gut!“ Treffender, so glaube ich, kann man die Befindlichkeit des deutschen Gartensendungs-Publikums nicht wiedergeben.
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