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Martin Joos, Joos Gartengestaltung in Fellbach

Die Kraft der ruhigen Hand

Wie schafft man es, als Inhaber eines vergleichsweise kleinen Betriebes den Job eines Verbandsvorsitzenden zu managen? Durch viel Erfahrung, Vertrauen in seine Mitarbeitenden, Delegation und gute Orga. Wir haben Martin Joos in seinem Büro in Stuttgart und auf dem Betriebshof in Fellbach besucht und uns erzählen lassen, wie er dahin gekommen ist, wo er heute steht und was er für seine nähere Zukunft plant.

von Tjards Wendebourg, Redaktion DEGA GALABAU erschienen am 10.10.2024
Martin Joos in Stuttgart © Tjards Wendebourg; Redaktion DEGA GALABAU
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In jeder Vita gibt es diesen Moment, an dem man sich an einer Gabelung für einen Weg entscheiden muss. Für Martin Joos liegt dieser Moment über 30 Jahre zurück. Es war kurz nach seinem Studium und die Wahl lautete: Hochbauamt oder GaLaBau-Unternehmen. Der damals 27-Jährige entschied sich für die Firma Link in Fellbach. „Ich glaube, das war die beste Entscheidung meines Lebens“, sagt er schmunzelnd über die entscheidende Weichenstellung. Denn die zweieinhalb Jahre als Kalkulator bei dem großen Traditionsbetrieb waren für den heutigen Vorsitzenden des VGL Baden-Württemberg nicht nur eine gute Schule, sondern auch das Sprungbrett in die Selbstständigkeit; wenn auch nur durch einen großen Zufall. Als 1995 eine Kundin anrief, um zu fragen, ob das Unternehmen nicht die Aufgabe ihres krank gewordenen Landschaftsgärtners übernehmen könnte, ahnte Joos noch nicht, dass er kurz darauf dessen kleines Unternehmen kaufen würde. 

Mit Abitur in die Gärtnerlehre

Dabei war es nicht mal vorgezeichnet, dass er überhaupt einen grünen Beruf ergreifen würde. „Im engeren Familienkreis war man völlig geschockt, dass ich mit Abitur Landschaftsgärtner lernen will“, lacht Joos. Das sei aber noch eine ganz andere Zeit gewesen, in der gesellschaftlicher Aufstieg immer mit einem Schreibtischjob verbunden war, bei dem man sich möglichst nicht schmutzig macht. „Ich habe es nie bereut und ich finde es nach wie vor einen wunderschönen Beruf“, meint der Unternehmer, der nach einer Lehre beim Gartenamt seiner Heimatstadt Stuttgart und praktischer Tätigkeit in verschiedenen GaLaBau-Betrieben in Nürtingen Landschaftsarchitektur studiert hat und immer noch die gute Ausbildung bei der Stadt lobt: „Was etwa Pflanzenkenntnis angeht, hatten wir da wirklich einen Vorsprung gegenüber vielen, die in Betrieben gelernt haben“, meint er. Das komme ihm bis heute zugute. Schließlich ist die Firma zum größten Teil in den Privatgärten in und um die Schwabenmetropole unterwegs. Dabei macht Joos immer noch Dreiviertel der Akquise und Staudenpflanzungen nehmen in der Nachfrage zu.

Eine persönliche Wende

Die ersten zwei Jahre stand Joos noch selbst auf der Baustelle. Dann setzte er auf Wachstum, baute in Fellbach einen eigenen Betriebshof. Zwei Ereignisse brachten eine Wende. Zum einen entschied der Sohn, den Joos als Nachfolger im Auge hatte, etwas ganz anderes zu machen. Zum anderen meldete sich 2013 die Gesundheit und zwang den Unternehmer nach einer OP erst mal kürzer zu treten. „Dann war mir die Betriebsstätte für meine restliche Planung einfach zu groß“, erklärt Joos den Umzug innerhalb Fellbachs in die ehemalige Werkshalle eines Maschinenbaubetriebs. Seit 2017 ist der Betrieb dort am Rande von Feldern und gärtnerischen Nutzflächen gut aufgehoben. „Das ist top von der Lage her und von der Zugänglichkeit“, freut sich der Unternehmer, der von hier seine Baustellen bestens erreichen kann. „Wir haben hier gleich die B14 in Richtung Remstal, Waiblingen, Winnenden und Schorndorf und sind in der anderen Richtung gleich in der Stadt“, erklärt er die gute Anbindung. Mitarbeiter, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kommen wollen, finden ideale Bedingungen vor: Die Haltestelle der Stadtbahn ist fünf Gehminuten entfernt.

Es läuft weiter gut

Umgekehrt lassen sich in Stuttgart prinzipiell auch viele Baustellen mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichen. Die gut situierten Halbhöhenlagen sind gut erschlossen. Dort laufen die Geschäfte auch ununterbrochen gut. Zwar gerät die Autostadt mit den Hauptsitzen von Mercedes und Porsche sowie zahllosen Zulieferern immer mal wieder in Schwingungen, wenn der durch die E-Mobilität getriebene Wandel die Hersteller in Bewegung setzt. Doch sowohl Mercedes (153 Mrd. Euro) als auch Porsche (40,5 Mrd. Euro) sind 2023 gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Kein Wunder, dass auch Joos keinen Einbruch merkt. „Ich könnte nicht sagen, dass die Nachfrage nachgelassen hat“, meint er. „Für uns ist es seit Corona eigentlich auf einem Niveau, kann man sagen.“ Natürlich gebe es Monate, in denen das Telefon mal weniger klingelt. „Aber dann ist es wieder wie die letzten drei, vier Wochen ein Wahnsinn“, meint der Unternehmer. „Dann kommt man kaum mal hinterher.“ Neulich habe ein Zahnarzt mal gefragt, weshalb es mit der Abwicklung so lange dauere. Da habe er geantwortet: „Weil wir alles nach der Reihe machen. Sie wollen ja auch nicht bei Ihren Patienten mitten in der Zahnbehandlung abbrechen, nur weil das Wartezimmer voll ist“, schmunzelt Joos, der für sich in Anspruch nimmt, immer individuell zu bauen und einen hohen Anteil Eigenleistung – auch bei Pools oder Beregnungsanlagen – zu verkaufen.

Insgesamt sei die Wirtschaftslage natürlich in manchen Regionen anders und gerade im Wohnungsbau müsse was passieren. „Sonst wird es sich definitiv auswirken“, meint er und ist damit auch wieder ganz Verbandsvertreter.

Jahrzehnte für das Ehrenamt

Als Joos 1995 die kleine Firma von Gerhard Seibold kaufte, war die schon Mitgliedsbetrieb im VGL Baden-Württemberg. Das blieb sie auch als er übernahm und der Weg war vorgezeichnet. Seitdem hat ihn das Ehrenamt begleitet. Schon 1998 wurde er stellvertretender Regionalvorsitzender, später übernahm er den Vorsitz. Seit 2008 ist er im Vorstand des Landesverbandes und war dort für die Aus- und Fortbildung zuständig. „2018 kamen Thomas Heumann und Reiner Bierig auf mich zu, haben mich in Südtirol, in meiner zweiten Heimat, besucht und haben mich dann auf nette Art und Weise überredet, mich für den Vorstandsvorsitz zur Verfügung zu stellen“, lacht Joos. 2019 wurde er gewählt und führt den VGL seither mit ruhiger Hand. Nächstes Jahr will er sich ein letztes Mal für drei Jahre zur Wahl stellen.

Die Nachfolge geklärt

Joos ist im Januar 60 geworden. Als er zugestimmt hatte, sich für den Verbandsvorsitz zur Wahl zu stellen, war seine Nachfolge noch nicht geklärt. Doch seit zwei Jahren steht eine Lösung im Raum. Für den Stuttgarter war es dabei ein Glücksfall, dass einer seiner ehemaligen Auszubildenden Bock und vor allem den Mut hatte, perspektivisch die Verantwortung zu übernehmen. Mirko Peikert (35) ist seit 14 Jahren im Betrieb und hat in diesem Jahr den Job als Betriebsleiter übernommen. „Vor drei Jahren hatten wir uns mal darüber unterhalten, ob er Interesse hat und es sich vorstellen kann“, erzählt der Unternehmer. Peikert kam das sehr gelegen, denn er hatte ohnehin vor, sich selbstständig zu machen. Seit zwei Jahren planen die beiden zusammen mit Alexander Tockuss (RWT) die Übernahme. „Ich sage jetzt mal, dass das in den nächsten zwei Jahren über die Bühne geht“, meint Joos, der dann noch zwei, drei Jahre seinen Nachfolger als Selbstständiger unterstützen möchte, sofern dies erwünscht ist.

Ausbildung im Fokus

Glück hat Joos bis heute mit seinen Auszubildenden – oder sagen wir besser ein glückliches Händchen. Zuletzt waren es immer wieder mal Abiturienten, die ein Studium begonnen hatten und dann doch von einer Sehnsucht nach etwas Praktischem getrieben im GaLaBau gelandet sind; etwa der ausgebildete Sanitäter, der das Kunststudium für die Ausbildung abgebrochen hat. „Es war witzig, als er das erste Mal das Berichtsheft abgegeben hat: Er hatte alle Pflanzen gezeichnet“, erzählt Joos begeistert über den jungen Mann, der dann auch in der Prüfung sehr gut abschnitt. Gerade hat wieder ein Abiturient angefangen, der über das Praktikum und den Ferienjob nahtlos in die Ausbildung wechselt. Da kann Joos offensichtlich von stadtnahem Publikum profitieren. Andererseits gebe es sowohl beim Image als auch beim Frauenanteil immer noch einiges aufzuholen. „Die Frauenquote dümpelt immer so bei 10, 12 Prozent vor sich hin“, meint der Unternehmer und das sei schon zu seiner Zeit so gewesen. Wie schwierig die Akquise auch in der klassischen Zielgruppe ist, hat Joos direkt vor der eigenen Haustür festgestellt. Seine Frau war, bevor sie für die SPD in den Landtag eingezogen ist, Direktorin einer Brennpunktschule mit 700 Schülerinnen und Schülern aus 56 Nationen: „Wenn es fünf Leute waren, die sich am Ausbildungstag für unseren Stand interessiert haben, waren es viele“, meint er. Zwar habe die Ausbildungskampagne schon viel bewirkt, aber es könne gut sein, dass es auch bei der städtischen Klientel mit Migrationshintergrund Nachholbedarf gebe und auch allgemein mehr Werbung für den Beruf gemacht werden muss; etwa bei Abiturientinnen.

BaWü forciert die Weiterbildung

Für Aus- und Weiterbildung setzt sich Joos im Ehrenamt schon lange ein, als Beauftragter im Vorstand und danach auch als Vorsitzender. In der Zeit entstand die GaLaBau-Web-Akademie und jetzt wird die Sache noch ein bisschen größer: Aus der DEULA in Kirchheim, die mittlerweile zu 85?% im Besitz des Verbandes ist (15?% bei der Stadt Kirchheim), soll ein grünes Kompetenzzentrum für den Südwesten werden. „Wir träumen vom fortschrittlichsten Bildungscampus der grünen Branche in Deutschland“, schmunzelt Joos. Sollte er im März ein weiteres Mal im Amt bestätigt werden, wäre es eine schöne Aufgabe, dieses Ziel zu erreichen. Daneben werden das Halten und Gewinnen von Fachkräften, die Nachfolgeproblematik und das Schärfen des Branchenprofils ganz oben auf der Agenda stehen; Letzteres um sich einerseits abzugrenzen, aber auch, um für potenzielle Arbeitskräfte attraktiv zu sein.

2026 wäre dann die große Zeit der personellen Veränderungen im Verband. Joos würde noch den Abschied des langjährigen Geschäftsführers Reiner Bierig moderieren und mit dem DEULA-Chef Marco Riley seinen Nachfolger begrüßen, bevor er selbst das Amt in die Hände einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers gibt. Vom Handwerkersohn zum Verbandsvorsitzenden und Branchengestalter kann er dann auf eine runde Karriere zurückschauen.

 

Kontakt:

Joos Gartenanlagen Illerstr. 25, D-70376 Stuttgart Telefon: +49 711/59 34 52 www.joos-gartenanlagen.de

 

VGL BaWü www. RWT (Unternehmensberatung) www.rwt-gruppe.de

Betriebsdaten Joos Gartenanlagen
  • Firmengründung: 1995
  • Gesellschaftsform: Einzelunternehmen
  • Geschäftsleiter: Martin Joos
  • Umsatz: 1,2 Mio. (2022)
  • Gewinn: 120.000 (2022)
  • Materialkostenanteil: 26 (2022)
  • Betriebsmittellohn: 56,50 (2023)
  • Kalkulator. Stundenlohn: 16,50 (2023)
  • Durchschnittl. Verrechnungssatz: 60 (2023)
  • Mitarbeiter: 17, davon 1 Ingenieur, 6 Gesellen, 3 Fachfremde, 1 Azubi, 6 Ungelernte
  • Mitarbeiter Büro: 2
  • Baustellenleiter: 4
  • Kolonnen: 5
  • Fuhrpark/Maschinen: 3 Pkw, 5 Lkw, 2 Bagger/Minibagger
  • Auftraggeberstruktur: Privat (95?%), Gewerbe (1?%), Wohnungswirtschaft (1?%), öffentliche Hand/Submissionswesen (3?%)
  • Umsatz nach einzelnen Leistungsbereichen: Hausgarten (95?%), Gewerbe, Kirche etc. (5?%)
  • Mitgliedschaften: VGL Baden-Württemberg
  • EDV-Lösungen: KS21
Kontakt
©

Illerstr. 25, D-70376 Stuttgart

Telefon: 0711/59 34 52

info@joos-gartenanlagen.de

www.joos-gartenanlagen.de

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