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Leserbrief zu autochthonem Saat- und Pflanzgut

Im Juni 2009 hat der Deutsche Bundestag - trotz erheblichen Widerstands der norddeutschen Baumschulwirtschaft – die Pflicht zur Verwendung gebietsheimischer Pflanzen in der freien Landschaft im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verankert, welches am 1. März 2010 in Kraft tritt (siehe beiliegenden Auszug). Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen, unter anderem der LWG, haben immer wieder die Vorzüge „autochthoner“ Pflanzen gegenüber Standardware beliebiger Herkunft belegt, wenngleich nicht bei allen Arten. Die Baumschulen und Saatgutproduzenten sind nun vornehmlich in der Pflicht, in den nächsten 10 Jahren ein System zu schaffen, welches gewährleistet, dass spätestens 2020, besser natürlich eher, nachweislich regionales Saat- und Pflanzgut für die freie Landschaft in ausreichender Menge verfügbar ist. Im folgenden Artikel soll dabei nur auf Ansaaten eingegangen werden.
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Es wäre wünschenswert, würden die Wildsaatgutproduzenten in Deutschland für mehr Naturschutz im Landschaftsbau an einem Strang ziehen, anstatt sich in unsachlichen Scharmützeln aufzureiben. Schließlich bietet die neue Rechtslage große Marktchancen, die es zu nutzen gilt.
Es wäre wünschenswert, würden die Wildsaatgutproduzenten in Deutschland für mehr Naturschutz im Landschaftsbau an einem Strang ziehen, anstatt sich in unsachlichen Scharmützeln aufzureiben. Schließlich bietet die neue Rechtslage große Marktchancen, die es zu nutzen gilt. Martin Degenbeck, LWG Veitshöchheim
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Zertifizierung von Wildpflanzensaatgut als Chance für mehr Naturschutz im Landschaftsbau Im Juni 2009 hat der Deutsche Bundestag - trotz erheblichen Widerstands der norddeutschen Baumschulwirtschaft – die Pflicht zur Verwendung gebietsheimischer Pflanzen in der freien Landschaft im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verankert, welches am 1. März 2010 in Kraft tritt (siehe beiliegenden Auszug). Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen, unter anderem der LWG, haben immer wieder die Vorzüge „autochthoner“ Pflanzen gegenüber Standardware beliebiger Herkunft belegt, wenngleich nicht bei allen Arten. Die Baumschulen und Saatgutproduzenten sind nun vornehmlich in der Pflicht, in den nächsten 10 Jahren ein System zu schaffen, welches gewährleistet, dass spätestens 2020, besser natürlich eher, nachweislich regionales Saat- und Pflanzgut für die freie Landschaft in ausreichender Menge verfügbar ist. Im folgenden Artikel soll dabei nur auf Ansaaten eingegangen werden. § 40 (4) BNatSchG: „Das Ausbringen von Pflanzen gebietsfremder Arten in der freien Natur sowie von Tieren bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde. Künstlich vermehrte Pflanzen sind nicht gebietsfremd, wenn sie ihren genetischen Ursprung in dem betreffenden Gebiet haben. (...) Von dem Erfordernis einer Genehmigung sind ausgenommen: 1. Der Anbau von Pflanzen in der Land- und Forstwirtschaft (...) 4. das Ausbringen von Gehölzen und Saatgut außerhalb ihrer Vorkommensgebiete bis einschließlich 1. März 2020; bis zu diesem Zeitpunkt sollen in der freien Natur Gehölze und Saatgut vorzugsweise nur innerhalb ihrer Vorkommensgebiete ausgebracht werden.“ Es ist nun nicht so, dass die Wildsaatgutproduzenten bei Null anfangen müssten, ganz im Gegenteil: wie in DEGENBECK 2006 ausführlich dargelegt wird, bemüht man sich in Deutschland bereits seit etwa 10 Jahren um „Regiosaatgut“. Seit 2003 tagt der gleichnamige Arbeitskreis unter Beteiligung von allen tangierten Kreisen einschließlich der Wildsaatgutproduzenten. Bei der Vielzahl an Pflanzenarten ist die Abgrenzung einheitlicher „Vorkommensgebiete“ ein außerordentlich schwieriges Unterfangen und wird heiß diskutiert. Ging der AK Regiosaatgut zunächst von 13 Herkunftsregionen in Deutschland aus, ist man aktuell bei 22 angelangt, wobei nur wenige von nennenswerter wirtschaftlicher Bedeutung sind. Diese 22 Regionen sind das Ergebnis eines noch bis 2010 laufenden Forschungsprojektes der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) unter Federführung von R. Prasse und D. Kunzmann. Zahlreiche Arten können auch weiterhin aus naturschutzfachlicher Sicht nicht in einer kompletten Herkunftsregion verwendet werden. Ein Nachweis, dass Wildpflanzensaatgut wirklich aus gebietsheimischen Herkünften stammt, ist nur mit arbeits- und zeitaufwändigen Verfahren möglich, damit teuer und in der Praxis nicht umsetzbar. Der Nachweis für gebietsheimisches Saatgut wird deshalb vom Erzeuger geleistet, und zwar über ein Zertifizierungsmodell. Durch eine lückenlose Dokumentation des Vermehrungsprozesses für gebietsheimisches Saatgut, mit Rückverfolgbarkeit der käuflichen Ware bis hin zum Herkunftsstandort, wird den Anforderungen des Naturschutzes Rechnung getragen. Die Zertifizierung gewährleistet für den Anwender eine verlässliche Saatgutqualität hinsichtlich Herkunft, genetischer Bandbreite, Keimfähigkeit, Reinheit und Fremdartenbesatz, da es für Arten außerhalb des Artenverzeichnisses des Saatgutverkehrsgesetzes keine gesetzlichen Vorgaben gibt. Dieser Freiraum wird durch die jeweiligen Zertifizierungsrichtlinien klar definiert und geregelt. Natürlich wäre es aus Kundensicht wünschenswert gewesen, hätte man sich auf ein bundesweit einheitliches Zertifikat geeinigt. In den Jahren 2006 und 2007 haben deshalb die Bayerischen Landesanstalten für Landwirtschaft (LfL) sowie für Weinbau und Gartenbau (LWG) die wenigen Wildsaatgut-Produzenten mit nennenswerten Marktmengen an den Verhandlungstisch geholt. Diese sind organisiert im Verband deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e.V. (VWW) einerseits und im Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V. (BdP) andererseits. In beiden Lagern waren bereits weit entwickelte Ansätze für ein Zertifizierungssystem vorhanden, die zusammengeführt werden sollten. Es bleibt festzuhalten, dass diese Bemühungen zum Scheitern verurteilt waren. Mitte 2007 verließ der VWW den Verhandlungstisch, weil er sich offenbar einen Schritt voraus wähnte. Inhaltlich gesehen waren sich beide Konzepte sehr ähnlich. Die Diskussion, wer was wann von wem abgeschrieben hat, ist wenig zielführend. Als Konsequenz für die Anwender, Landschaftsplaner, Behördenvertreter und Landschaftsgärtner ergibt sich nun die ärgerliche Situation, dass jetzt zwei Zertifikate am Markt existieren, die voneinander nur geringfügig abweichen: der VWW hat 2008 das Label „VWW-Regiosaaten®“ herausgebracht, der BdP 2009 das Label „RegioZert®“. Die Verwirrung ist komplett. Details dazu kann jeder im Internet nachlesen, der Wildpflanzensaatgut verwenden will (siehe www.natur-im-vww.de und www.bdp-online.de). Dass für unsachliche Attacken wie im VWW-Infobrief Dezember 2009 (Zitate: „Oft kopiert – nie erreicht“; ..“optisch sehr ähnlich und im Inhalt an das Verfahren des VWW angeglichen“) überhaupt kein Anlass besteht, soll an wenigen im Internet nachlesbaren Beispielen deutlich gemacht werden. a) HerkunftsnachweisMehr dazu unter: Um das Siegel VWW-Regiosaaten® mit Regionalnummer zu erhalten, müssen zur Zeit nur mindestens 50% der Arten aus der gewünschten Herkunftsregion stammen; die restlichen Anteile stammen „aus gesicherten deutschen Herkünften“. Bei RegioZert®-Saatgut stammt jetzt schon das komplette Saatgut aus der jeweiligen Region. Darüber hinaus fasst der VWW aktuell die 22 Herkunftsgebiete aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen zu 8 sogenannten Produktionsräumen zusammen, wohlgemerkt explizit „übergangsweise“. Selbstverständlich müsste jedem Anwender klar sein, dass eine nach Herkunftsregionen differenzierte Wildsaatgutproduktion nicht von heute auf morgen auf die Beine gestellt werden kann und wir Übergangslösungen brauchen. Das soll nicht in Abrede gestellt werden. Wer „Regiosaatgut“ kauft, will allerdings auch wirklich Saatgut aus der betreffenden Region bekommen und nicht im Kleingedrucktem lesen müssen, das dem (noch) nicht ganz so ist. b) Mindestsammelmenge Um die genetische Bandbreite einer Art in ihrem Vorkommensgebiet ausreichend abzubilden, werden bei RegioZert®-Saatgut mindestens 1000 Individuen beerntet, bei VWW-Regiosaaten® dagegen nur mindestens 50 Individuen. Als Mindeststandard sind bei RegioZert®-Saatgut 5 Beerntungsstandorte pro Art und Herkunft vorgesehen. Ziel ist es, die Zahl der Sammelstandorte auf 20 pro Region zur erhöhen. Beim VWW findet man dazu auf der Homepage keine Aussagen. Es wäre wünschenswert, würden die Wildsaatgutproduzenten in Deutschland für mehr Naturschutz im Landschaftsbau an einem Strang ziehen, anstatt sich in unsachlichen Scharmützeln aufzureiben. Schließlich bietet die neue Rechtslage große Marktchancen, die es zu nutzen gilt. Der Anwender braucht einfach umsetzbare Modelle, somit herkunftsregionsweit einsetzbare (Grund-)Mischungen mit hohem ökologischem Wert. Dafür bieten beide Modelle sicherlich gute Ansätze, die noch ausgebaut und harmonisiert werden müssten. Das geht aber nur, wenn sich die Verantwortlichen an einen Tisch setzen und miteinander statt übereinander reden! Text und Bild: Martin Degenbeck, LWG Veitshöchheim für DEGA GALABAU, 23.12.2009 Literatur: Degenbeck, M. (2006): Artenreiche Ansaaten in der freien Landschaft – Spagat zwischen Naturschutzanforderungen, Saatgutrecht und Landschaftsbaupraxis – Rasen – Turf – Gazon 4/2006, S. 164-168. Wendebourg, T. (2009): Regionale Herkünfte – Züchterlobby lanciert neues Saatgut- Zertifikat – DEGA GaLaBau 10/2009, S. 8-9. Bild: Zertifizierte Saatgutmischungen mit Wildpflanzen sind im Kommen
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