Wer plant, trägt auch die Verantwortung
Im Gespräch mit Garten- und Landschaftsbauern sowie in einigen Leserbriefen an die DEGA taucht in letzter Zeit vermehrt die Frage nach der „Planungsverantwortung“ des Garten- und Landschaftsbauers auf. Zumeist stellt sich diese Frage, wenn der Landschaftsarchitekt als Planer fehlt, was im Privatgartenbereich in einer Vielzahl der Fälle so ist. Trotzdem macht es Sinn, sich der Planungsverantwortung von dem Fall her zu nähern, dass der Landschaftsarchitekt mit im Boot ist.
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Ausgangsfall – Planung durch den Landschaftsarchitekten
Zum einfacheren Verständnis folgender kurzer Fall: Der Auftraggeber errichtet eine Ferienanlage und plant eine parkartige Gestaltung eines großen Außengeländes, unter anderem soll ein Schwimmteich mit Sonnendeck errichtet werden. Dabei legt der Auftraggeber großen Wert darauf, dass das Sonnendeck möglichst langlebig ist, da er keinen Austausch alle 10 Jahre wünscht, sondern die Nutzbarkeit des Sonnendecks auf möglichst 30 Jahre erhalten will. Die Planung übernimmt ein Architekturbüro. Der planungsverantwortliche Landschaftsarchitekt entscheidet sich für eine Ausschreibung mit Douglasienholz und verlässt sich dabei auf die Herstellerangabe, dass alle zur Auswahl stehenden Holzarten für den Außenbereich geeignet seien. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass Douglasienholz zwar selbstverständlich zum Einsatz im Terrassenbau geeignet ist, dass aber die vom Auftraggeber gewünschte möglichst hohe Langlebigkeit hiermit nicht zu erreichen war. Um diese vom Auftraggeber gewünschte Nutzbarkeitsdauer überhaupt erreichen zu können, hätten entweder Ipé oder wenigstens Bankirai verarbeitet werden müssen.
Hier haftet der Landschaftsarchitekt für seinen Planungsfehler und muss für die Kosten des Neubaus des Sonnendecks mit dauerhafterem Holz aufkommen; lediglich etwaige Mehrkosten für die Beschaffung des teureren Holzes wird der Auftraggeber zahlen müssen. Hier hat das LG Dessau (Urt. v. 17.05.2013 – 1 S 19/13), das mit einem Fall von wenig dauerhaftem Holz bei Parkbänken befasst war, griffig ausgeführt: Ein Landschaftsarchitekt hat das von ihm in die Planung einbezogene und ausgeschriebene Baumaterial auf dessen Brauchbarkeit für die in Aussicht genommene funktionellen Zwecke zu überprüfen und den Auftraggeber auch insoweit aufzuklären und – insbesondere wenn sich Alternativen stellen – zu beraten. Es genügt dabei nicht, dass er sich auf Herstellerangaben verlässt. Vielmehr hat er sich beim Hersteller oder auf anderem Wege, etwa Holzlexika, Nachfrage bei Verbänden der holzhandelnden oder holzverarbeitenden Industrie, danach zu erkundigen welchen Dauerhaftigkeitsklassen die zur Auswahl stehenden Holzarten angehören.
Der GaLa-Bauer hingegen kann in o.g. Fall nur in Mithaftung genommen werden, wenn für ihn die Intention des Auftraggebers der Ferienanlage bekannt war oder hätte bekannt sein müssen und er gegen die Verwendung von Douglasie keine Bedenken angemeldet hat. Er kann also meist darauf verweisen, dass er gerade für die Planung nicht verantwortlich ist. Selbst wenn er von dem Vorhaben des Auftraggebers wusste, aber die Anmeldung der Bedenken unterlassen hatte, würde er nur anteilig neben dem Architekten haften.
Abwandlung – Planung durch planungserfahrenen Galabauer
Nun wollen wir den Fall abwandeln und den Auftraggeber eine parkähnliche Außenanlage auf seinem Villengrundstück mit Schwimmteich und Sonnendeck planen lassen. Auch ihm ist die hohe Dauerhaftigkeit des Sonnendecks extrem wichtig, er verzichtet aber auf die Einschaltung eines Landschaftsarchitekten, da er sich für ein GaLa-Bau-Unternehmen entscheidet, welches für seine innovativen Planungsleistungen bekannt ist und damit auch am Markt wirbt. Kann im Hinblick auf die Planungsverantwortung etwas anderes gelten als im Ausgangsfall? Die Antwort ist wenig überraschend und liegt auf der Hand: Natürlich nicht. Hier bietet der GaLa-Bauer ja gerade die entsprechenden Planungsleistungen proaktiv am Markt an, und auch von ihm erwartet man die gleiche Expertise wie beim Landschaftsarchitekten. Darüber hinaus kann der Unternehmer nun auch keine Bedenken mehr anmelden, denn er ist ja für die Planung allein verantwortlich. Da das Sonnendeck den Vertragszweck, eine hohe Dauerhaftigkeit aufzuweisen, nicht erreicht, ist es in dem konkreten Verhältnis zwischen Auftraggeber und Galabauer in diesem Beispielsfall schlicht mangelhaft. Hier aber teilt sich der GaLa-Bauer die Verantwortung nicht; er haftet alleine.
Abwandlung – Galabauer wird im Rahmen eines Kleinauftrages tätig
Wir wandeln noch einmal ab: Die junge Familie Müller wünscht sich für den neu anzulegenden Garten ihres kleinen Reihenhauses eine Holzterrasse. Auch hier soll eine möglichst hohe Dauerhaftigkeit erreicht werden da die Terrasse nur einmal angelegt werden soll und die Müllers dann für den Rest des Hausbesitzerlebens „Ruhe“ haben wollen. Allerdings wünscht sich die Familie Kundennähe und beauftragt auf Empfehlung der Nachbarn das örtliche GaLa-Bau-Unternehmen. Der Großauftrag des Ausgangsfalls ist also inzwischen zu einem Brot-und-Butter-Geschäft geschrumpft und trotzdem ändert sich nichts: Auch der kleine Gala-Bauer, der einen einfachen Privatgarten mit dauerhafter Holzterrasse anlegt, haftet für seine Planung, sprich dafür, dass das Holz eine Dauerhaftigkeitsklasse aufweist, die die gewünschte möglichst lange Haltbarkeit aufweist.
Zwischenfazit aus den Fallgestaltungen
Man kann also zunächst festhalten, dass die Planungsverantwortung den GaLa-Bauer immer dann trifft, wenn er ohne externen Planer (Architekten) arbeitet und seine Arbeiten aus „einer Hand“ anbietet, egal wie groß oder wie klein der Auftrag sein mag. Dann haftet der Unternehmer für die komplette, vertragsgemäße Herstellung des Werkes, ohne dass er Teile der Verantwortung an einen Planer abgeben und seiner Verpflichtung durch Bedenkenanmeldung nachkommen könnte. Er haftet dann in allen Belangen wie ein Planer, denn die Planung ist Teil der Vertragsleistung und hierfür ist alleine der Unternehmer verantwortlich. Er hat Material und Konstruktion auf die Brauchbarkeit für die in Aussicht genommenen funktionalen Zwecke zu überprüfen, den Auftraggeber insoweit aufzuklären und (insbesondere wenn sich Alternativen stellen) zu beraten. Er wird sich Gedanken machen müssen, inwieweit er bei allen Planungsleistungen die anerkannten Regeln der Technik kennt und beherrscht, denn diese hat er selbstverständlich vollständig einzuhalten. Weiterhin muss er darauf achten, dass er vom Auftraggeber solche Fachplanungsleistungen verlangt, auf die er seine eigene Planung und sein Gewerk aufbaut und die er nicht selbst erbringen kann, so z.B. Bodengutachten, Verdichtungsprüfungen, Wasserproben, etc. Wohlgemerkt: Es ist egal, ob der GaLa-Bauer einen ausdrücklichen Planungsauftrag erhalten hat, ob er für die Planung eine Vergütung empfängt, ob er Pläne zeichnet oder Leistungsverzeichnisse entwirft; es ist auch egal, wie klein die ihm übertragene Maßnahme ist: Soweit ihm keine Planungsleistung vorgesetzt wurde, soweit er also selbst berät oder Entscheidungen zur Ausführungsart trifft, liegt die Planungsverantwortung bei ihm.
Es kann also nur angeraten werden, im Vorfeld der Beauftragung zu überlegen, welche Leistungen man überhaupt ohne externen Planer ausführen kann und möchte. In unserem Beispiel vom Sonnendeck ist der Unternehmer für eine funktionierende Unterkonstruktion und Verschraubung genauso verantwortlich wie für die Dauerhaftigkeit des Holzes. Ebenso ist er dafür verantwortlich, dass das Sonnendeck an der dafür vorgesehenen Stelle so wie geplant gebaut werden kann und darf. Hier muss er sich ggf. einen Überblick über die Bodenverhältnisse sowie die einzuhaltenden öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Vorschriften verschaffen. Im Zweifel kann es sinnvoller sein, offen mit dem Auftraggeber zu besprechen, dass ein Planer ins Boot geholt werden soll, als in Haftungsrisiken hinein zu schliddern, die der Unternehmer nicht überblicken kann und für die er unter Umständen nicht einmal versichert ist.
Auch erwähnenswert: Fertigstellungspflege und Nachträge
Aber auch bei den Risiken, die zu überblicken sind, und die der Galabauer in seinem Alltag gut beherrschen kann, gibt es ein paar herausragende Punkte, denen etwas Raum in diesem Artikel gegeben werden soll.
Fertigstellungspflege
Zunächst ist dies das Feld der in der anwaltlichen Beratungspraxis immer wieder zu Problemen führenden Fertigstellungspflege. Es kann nicht genug darauf hingewiesen werden, dass gerade bei Eigenplanung die Fertigstellungspflege immer ganz konkret im Ausgangsangebot mit angeboten werden sollte. Die erfolgreiche Durchführung der Fertigstellungspflege führt sowohl nach der DIN 18916 als auch nach der DIN 18917 den Anwuchserfolg und damit die Abnahmefähigkeit überhaupt erst herbei (auch wenn in den Neufassungen der DIN von der Abnahmefähigkeit keine Rede mehr ist). Deswegen hilft es auch nicht, dem Bauherrn über die Fertigstellungspflege ein „Alternativangebot“ zu unterbreiten (wozu sollte das auch eine Alternative sein?) oder die Fertigstellungspflege als Bedarfsleistung auszuweisen (der Bedarf besteht schließlich immer!). Die Fertigstellungspflege gehört zu der Gesamtleistung und kann nur dann aus dem Angebot heraus genommen werden, wenn der Bauherr dies wünscht. In diesem Fall darf aber nicht vergessen werden, dass der planende Unternehmer Berater des Auftraggebers ist. Es muss also ein nachweisbarer und vollständiger, sinnvollerweise textlich fixierter Hinweises darauf erfolgen, welche Risiken bei nicht oder mangelhaft ausgeführter Fertigstellungspflege drohen. Weiterhin sollte beweissicher festgestellt eine für den Laien gut verständliche Pflegeanleitung übergeben werden. Beides kann in verbindlicher und freundlicher Form geschehen. Hier helfen rechtskundig vorformulierte Textpassagen weiter. Die Pflegeanleitungen selbst werden sogar von den Verbänden kostenlos für ihre Mitglieder angeboten. Plant übrigens ein Dritter und taucht die Fertigstellungspflege nicht im Leistungsverzeichnis auf, sollte der Landschaftsgärtner hierauf ebenfalls umgehend schriftlich hinweisen.
Nachträge
Weiterhin ist bei Eigenplanung an die Situation bei Nachträgen zu denken. Diese Situation in einmal im Hinblick auf die Haftungsseite zu beleuchten und einmal im Hinblick auf die Vergütungsseite.
Haftung
Wenn der Unternehmer selbst die Planung anbietet, denken wir an die Abwandlungen des Holzterrassenbeispiels, ergibt sich bei Nachträgen im Grunde keine Besonderheit: Der planende Unternehmer ist für die Nachträge ebenso planungsverantwortlich wie für den ursprünglichen Auftrag. Besondere Aufmerksamkeit verlangt aber der Fall, dass eigentlich ein Planer in das Bauvorhaben mit eingebunden ist und der GaLa-Bauer plötzlich „mal eben schnell“ eine Änderung oder Erweiterung ausführen soll. Oftmals sind die ausführenden Betriebe dann gern bereit, dem nachzukommen, obwohl Vorsicht angeraten ist: Wenn der GaLa-Bauer einen Nachtrag ohne eine Planungsvorgabe des ursprünglichen Planers ausführt, ist er selbst für diesen Nachtrag in der Planungsverantwortung, und zwar auch im Hinblick darauf, dass der Nachtrag mit der ursprünglichen Planung vollständig kompatibel ist. Gleiches gilt, wenn der Landschaftsgärtner nicht sofort loslegt, sondern erst ein eigenformuliertes Angebot in Form eines Leistungsverzeichnisses schreibt, ohne zuvor eine geänderte Planung erhalten zu haben. Hier ist also noch einmal gesteigert zur Vorsicht anzuraten und es empfiehlt sich, den Bauherrn in solchen Fällen zunächst auf den ursprünglichen Planer zu verweisen und eine Planungsgrundlage zu fordern. Sogar wenn aus einer bereits vom Architekten geänderten Planungsunterlage ein eigenes, neues Leistungsverzeichnis entwickelt werden soll, ist Vorsicht geboten, denn dann haftet der Unternehmer zumindest für die korrekte und vollständige, zudem den Regeln der Technik entsprechende Übernahme der Anforderungen in das Leistungsverzeichnis.
Vergütung
Bezüglich der Vergütung hat das Gesetz nach seit 2018 geltendem Recht in § 650c Abs. 1 S. 2 BGB eine Neuerung parat, die es in sich hat:
„Umfasst die Leistungspflicht des Unternehmers auch die Planung des Bauwerks oder der Außenanlage, steht diesem im Fall des § 650 Abs. 1 S 1 Nr. 2 kein Anspruch auf Vergütung für vermehrten Aufwand zu.“
Ohne zu sehr ins Detail der im neuen Vergütungsregelungen für Nachträge und Änderungen in §§ 650b und 650c BGB einsteigen zu wollen (dies würde den Rahmen dieses Artikels sprengen), ergibt sich nach dem Gesetzeswortlaut folgende Gefahr: Der selbst planende Unternehmer könnte in eine Situation kommen, dass der Werkerfolg deckungsgleich bleibt, er jedoch eine Leistung erbringen muss um diesen zu erreichen, die man bislang nicht vereinbart hatte. Als Beispiel hierfür mag das Anlegen eines Vegetationsbereiches dienen bei dem sich im Nachhinein herausstellt, dass ein kompletter Bodenaustausch erforderlich wird damit dort überhaupt die geplanten Pflanzen wachsen können. Nach dem Gesetzeswortlaut müsste der Galabauer diese Leistung nun kostenfrei erbringen, da er „falsch geplant“ hat. Noch ist nicht ganz klar, ob die Gerichte tatsächlich eine streng wörtliche Auslegung dieser Regelung vornehmen werden. Wahrscheinlich ist eher, dass sie der stärksten in der juristischen Literatur vertretenen Strömung folgen, die eine Abschwächung bevorzugt. Dann würde der Unternehmer zumindest diejenige Vergütung verlangen können, die bei Berücksichtigung der erforderlichen Leistungen ohnehin angefallen wäre.
Dies wäre sicher eine faire, vorzugswürdige Lösung da die gesetzlichen Grundlagen der Sowiesokosten auch in anderen Bereichen anerkannt sind. Sicher ist es aber keinesfalls, dass die Rechtsprechung sich in diese Richtung entwickeln wird. Hier bleibt nur, sich über die Entwicklung in der Rechtsprechung auf dem Laufenden zu halten und möglichst viele Notwendigkeiten an den Auftraggeber zurückzugeben, ihn also z.B. aufzufordern, ein Bodengutachten einzuholen. Sollte er dies nicht wünschen, sollten Annahmen formuliert werden, von denen man bei seiner Planung ausgegangen sei, z.B. einer fehlenden Belastung des Bodens. Das funktioniert freilich nicht, wenn man die Belastung bereits kennt oder zumindest kennen musste.
Fazit
Damit lässt sich als Fazit ziehen, dass jeder Landschaftsgärtner gut beraten ist, die Chancen und Risiken bei eigener Planung sorgfältig abzuwägen. In diese Abwägung kommt der Unternehmer schneller hinein als es ihm im täglichen hektischen Betrieb lieb sein kann, da er bei jeder Ausführung, die er ohne externen Planer auf Auftraggeberseite vornimmt, auch externe Planungsleistungen erbringt.
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