Ergänzende Informationen
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Im Folgenden finden Sie weitere Informationen des Autors Volker Uflacker.
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Neue Ausnahme„ländlicher Raum“
Für nur einen sehr geringen Anteil von Unternehmen wird die neue Ausnahme gemäß § 1, Abs. 2, Nr. 8 BKrFQG in Anspruch genommen werden können. Diese greift, wenna) die Beförderungen im „ländlichen Raum“ zur Versorgung des eigenen Unternehmens des Fahrers erfolgt, b) das Führen von Kfz nicht die Hauptbeschäftigung des Fahrers ist,c) die Beförderung gelegentlich erfolgt undd) die Beförderung unter Beachtung der sonstigen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften erfolgt.Wichtig: Nicht einzelne, sondern alle vier Voraussetzungen müssen gleichzeitig erfüllt sein. Und angestellte Mitarbeiter dieser Unternehmen dürfen diese Ausnahme ausdrücklich nicht in Anspruch nehmen, sondern lediglich der Betriebsinhaber!
Welche Regionen in Deutschland als „ländlicher Raum“ gelten, ist in der Anlage zum BKrFQG klar geregelt. In dieser sind alle Stadt- und Landkreise, sortiert nach Bundesländern, in den Kategorien „Städtischer Raum“ und Ländlicher Raum“ aufgelistet. In NRW zum Beispiel gelten lediglich Höxter und der Hochsauerlandkreis als „ländlicher Raum“. Diese Anlage ist nicht statisch, sondern wird jährlich in Abhängigkeit der Geografie, der Bevölkerungsdichte und dem Klima auf Aktualität überprüft und, sofern erforderlich, angepasst.
Eine gute Idee war es vom Gesetzgeber in § 1, Abs. 3 BKrFQG auch gleich zu definieren, was unter den Begriffen „gelegentlich“ sowie „zur Versorgung des eigenen Unternehmens“ zu verstehen ist – auch wenn die Definitionen noch nicht alle Fragen beantworten, die sich aus der Praxis ergeben. So erfolgt eine Beförderung zur Versorgung des eigenen Unternehmens, wenndie beförderten Güter Eigentum des Unternehmens sind oder von diesem verkauft, gekauft, vermietet, gemietet, hergestellt, erzeugt, gewonnen, bearbeitet oder instandgesetzt worden sind unddie Beförderung der Anlieferung dieser Güter zum Unternehmen, ihrem Versand vom Unternehmen, ihrer Verbringung innerhalb oder – zum Eigengebrauch – außerhalb des Unternehmens dient.Die Begriffe „manchmal“, „ab und zu“ oder „streckenweise“ sind laut Duden Synonyme des Begriffs „gelegentlich“. Eine Beförderung erfolgt „gelegentlich“, wenn sie häufiger als einmal, jedoch nicht regelmäßig oder dauerhaft erfolgt.
Anerkennung als Schulungsstätte
Die einschneidendste Änderung im aktuellen Berufskraftfahrerqualifikationsrecht ist die Zusammenlegung der bislang fünf verschiedenen Anerkennungsarten der Schulungsstätten. Die typischen GaLaBau-Unternehmen sind von diesen Änderungen sicherlich nicht betroffen – oft aber Kommunen, die Behördenfahrschulen betreiben. Zur Aus- und Weiterbildung der KraftfahrerInnen berechtigt waren zunächst die vier sogenannten gesetzlich anerkannten Schulungsstätten. Dazu zählen alle Fahrschulen mit einer Fahrschulerlaubnis der Klassen CE oder DE, Behördenfahrschulen und Fahrlehrerausbildungsstätten, die keiner Fahrschulerlaubnis und keiner Anerkennung bedürfen, sowie Ausbildungs- und Umschulungsbetriebe nach dem Berufsbildungsgesetz, wenn diese in den Ausbildungsberufen Berufskraftfahrer oder Fachkraft im Fahrbetrieb aktiv ausbilden.
Darüber hinaus gibt es die staatlich anerkannten Ausbildungsstätten. Seit dem 2. Dezember 2020 gibt es nur noch eine Anerkennungsart – die staatliche Anerkennung. Die bis vor dem 2. Dezember 2020 bestehenden Schulungsstätten mit einer der genannten gesetzlichen Anerkennungen behalten ihre Schulungsberechtigung bis spätestens 2. Dezember 2022 – bis zu diesem Stichtag müssen sich alle bislang gesetzlich anerkannten Schulungsstätten staatlich anerkennen lassen. Zu empfehlen ist, sich zeitnah um eine staatliche Anerkennung zu bemühen, da die Anforderung gemäß § 9 BKrFQG teilweise höher sind, als die bislang für die gesetzlich anerkannten Ausbildungsstätten. Zum Beispiel darf nur noch namentlich in der Anerkennung aufgeführtes Lehrpersonal eingesetzt werden, kurzfristige Ausfälle sind nicht mehr durch anderweitiges Schulungspersonal aufzufangen. Damit geht ein Teil der Flexibilität der bislang gesetzlich anerkannten Schulungsstätten verloren.
Verlängerungsregelung gilt auch für später ablaufende Dokumente
Bisher galten nach einer EU-Verordnung bestimmte Dokumente/Bescheinigungen, die zwischen dem 1. September 2020 und dem 30. Juni 2021 abgelaufen wären, als um zehn Monate verlängert. Ab sofort gelten auch solche, die zwischen dem 1. Juli 2021 und dem 30. September 2021 abgelaufen wären oder noch ablaufen würden, als um zehn Monate verlängert.
Diese neue Regelung betrifft folgende Bescheinigungen:
- Die Fristen für den Abschluss der Weiterbildung durch den Inhaber eines Befähigungsnachweises (Art. 2 Abs. 1 der VO (EU) 2021/267); damit auch die Gültigkeitsdauer der Schlüsselzahl 95 (Art. 2 Abs. 3)
- Die Gültigkeitsdauer der Fahrerqualifizierungsnachweise (Art. 2 Abs. 5 der VO (EU) 2021/267).
- Die Gültigkeitsdauer von Führerscheinen (Art. 3 Abs. 1 der VO (EU) 2021/267). Beispiel: Ein Führerschein, der normalerweise am 30.09.2021 auslaufen würde, gilt nach Art. 3 Abs. 1 der VO (EU) 2021/267 ab dem auf dem Führerschein angegebenen Ablaufdatum (also ab dem 30.09.2021) als um 10 Monate verlängert.
Wichtig:
Die Ausweitung des Bezugszeitraums um 3 Monate gilt vorerst nur innerhalb Deutschlands und nicht im EU-Ausland. Das kann bedeuten, dass eine Fahrt mit einer so verlängerten Gültigkeit im Ausland als Fahren ohne Fahrerlaubnis gewertet werden könnte. Ob andere EU-Staaten die Verlängerungsoption ebenfalls in Anspruch nehmen werden, ist derzeit noch nicht abzusehen. Auch gibt es keine offizielle Übersicht, welche EU-Staaten neben Deutschland von der Verlängerungsoption Gebrauch gemacht haben. Informieren Sie sich daher bei grenzüberschreitender Beförderung vor Fahrtantritt über die rechtliche Lage in dem jeweiligen EU-Staat.
Den Wortlaut des Beschlusses können Sie HIER nachlesen.
Literatur- und Gesetzeshinweise
- Weißbuch vom 28. März 2011 mit dem Titel „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem“
- Gesetz über Änderungen im Berufskraftfahrerqualifikationsrecht vom 26.11.2020, BGBl. 56 vom 01.12.2020
- Verordnung zur Ablösung der Berufskraftfahrer-Qualifikations-Verordnung und zur Änderung anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 09.12.2020, BGBl. 62 vom 16.12.2020
- § 28, Abs. 3 BKrFQG
- § 7, Abs. 1 BKrFQG a. F.
- § 17 FahrlG „Erfordernis und Inhalt der Fahrschulerlaubnis“
- § 44 FahrlG „Fahrlehrer, Fahrschulen und Fahrlehrerausbildungsstätten bei Behörden“
- § 30, Abs. 1 BKrFQG „Übergangsvorschriften“
- Die Umkreisberechnung gilt ab Betriebssitz (genaue Adresse des Betriebes). Es gelten nicht mehr die politischen Gemeindegrenzen.
- Karsten Lipinski und Thomas Kaps, „Änderungen im Berufskraftfahrer-Qualifikationsrecht“ Teil 2, Verkehrsdienst 05/21
- § 1, Abs. 2, Nr. 5 BKrFQG
- Anwendungshinweise zum Berufskraftfahrerqualifikationsrecht, Bundesamt für Güterverkehr
- Erwägungsgrund 6 der Richtlinie (EU) 2018/645
- Bundesrat-Drucksache 443-20 (neu) vom 07.08.2020 – Gesetzesbegründung zu § 1, Abs. 2
- § 1, Abs. 2, Nr. 8 BKrFQG
- Ausweislich der Begründung BR-Drucksache 443-20, zu § 1, Abs. 3
- § 1, Abs. 3 BKrFQG, vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 25. Oktober 2012 – 11 ZB 12.1975 –, juris; Landgericht Dortmund Urteil vom 03.04.2009 - 3 O 29/08; vgl. auch der Maßstab zum gelegentlichen Cannabiskonsum in BVerwG Urteil vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13, Rn. 16-21).
- Anlage 9 FeV, Ziffer 133
- § 2, Abs. 5 BKrFQG und § 4, Abs. 4 BKrFQV
- Ausbildung gemäß Anhang I der Richtlinie 2008/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über die Beförderung gefährlicher Güter im Binnenland (ABl. L 260 vom 30.9.2008, S. 13) für Fahrzeugführer, die zuletzt durch den Beschluss (EU) 2019/1094 (ABl. L 173 vom 27.6.2019, S. 52) geändert worden ist.
- Schulung gemäß Artikel 6 Absatz 5 in Verbindung mit Artikel 17 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97 (ABl. L 3 vom 5.1.2005, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2017/625 (ABl. L 95 vom 7.4.2017, S. 1) geändert worden ist.
- § 2, Abs. 5 BKrFQG „Erwerb der beschleunigten Grundqualifikation“, § 4, Abs. 4 BKrFQV „Weiterbildung“
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