Der Schritt ins richtige Leben
Dieses Mal verrät Kolumnist Stefan Leszko, wieso er sich noch heute bester Gesundheit erfreut und was gut gemeinte Angebote von Kunden damit zu tun haben.
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Als ich noch ein unbedarfter Berufsanfänger war, ließ ich mich einmal ahnungslos auf das Angebot eines Kunden ein, mir ein „Käffchen“ zuzubereiten. Der Kunde setzte daraufhin eine chromglänzende Höllenmaschine in Gang, die nach kurzem Rumoren eine nach frischem Asphalt riechende Flüssigkeit ausspie. Schon nach dem ersten Schluck spürte ich, wie das hinterhältige Gebräu meine Magenschleimhäute anzuätzen begann; um mich zu retten, schickte ich den Attentäter um einen Katasterplan und goss in seiner Abwesenheit das Restkäffchen in den Topf einer Monstera, die am Fenster arglos in den Tag hineinrankte.
Als ich einige Wochen später zu einem weiteren Planungsgespräch wiederkam, fand ich zwar den glücklosen Barrista vor, nicht aber die Monstera: Diese sei, so erzählte mir ihr gewesener Besitzer, an einer Fäulnis eingegangen, deren Ursache er sich nicht erklären könne. Seither habe ich meinem Magen und sämtlichen Grünpflanzen dieser Welt zuliebe weitere Bewirtungsangebote von Kunden immer konsequent abgelehnt und erfreue mich noch heute bester Gesundheit.
Umso häufiger durfte ich miterleben, wie weniger vorsichtige Kollegen ihren Leichtsinn büßen mussten. Letzten Sommer ließ sich ein Baumpfleger allen Warnungen zum Trotz von einer Kundin einen Orangensaft verabreichen. Er war, wohlgemerkt, nicht so ein magenkranker Kamillentee-Typ à la Edmund Stoiber, sondern ein kräftiger Kerl in voller Blüte – bis dahin. Am nächsten Morgen erschien er schwunglos und irgendwie verwelkt zur Arbeit und erzählte mir, er habe die ganze Nacht übelst unter Sodbrennen gelitten.
Besonders gefährlich wird es, wenn der Kunde sich nicht mehr auf Getränke und Knabberzeug beschränkt, sondern ganze Mahlzeiten auszuteilen beginnt. Es sind dies vermutlich die nämlichen Leute, die früher mit ihren Essensresten in den Zoo gingen; seit man dort nicht mehr füttern darf, halten sie sich eben an ihren Gärtner.
Neulich war ein Mitarbeiter von mir für einen Pflegeeinsatz bei einer Kundin griechischer Herkunft tätig, die gleich morgens verkündete, ihn zur Mittagspause „so richtig verwöhnen zu wollen“. Als Fan der Mittelmeerküche schlug auch er alle meine Bedenken in den Wind, steigerte sich in Vorfreude hinein und kam am Abend ernüchtert zurück. „Na“,fragte ich ihn, „hast du griechische Köstlichkeiten gekriegt?“ „Nä“, knurrte er verbittert. „A Leberkäsbrödle hat se mer geben.“ Ein bildungsbeflissener Kollege hat es sich zur Regel gemacht, Bewirtungsangeboten mit dem Hinweis „Plenus venter non studet libenter“ zu begegnen. Dafür braucht man heutzutage allerdings eine Übersetzungsapp. Aber wie man die benutzt, muss man jungen Lesern nicht mehr erklären.
Die Kolumne von Stefan Leszko erschien in DEGA GALABAU 05/2021.
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